Einige Texte
(nicht überprüfbar)
Hr. Werner Erni, früher auch für den "Kober Verlag" tätig, zeigt auf seiner
Homepage einige Texte des Meisters, die heute
vielleicht unauffindbar wären. Mit seiner freundlichen Genehmigung finden sie sich auch hier wieder.
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Geistige Baukunst (die ewige Seele als Baustein am ewigen Tempel der Menschheit)
aus der Zeitschrift „Die Säule”, Januar 1927
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Wahrheit (Bô Yin Râ`s Beitrag zur E.B.D.A.R.)
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Vor alten Zeiten stand es einmal so schlecht in der Welt, dass alle
Menschen stöhnten und voll Wehklage waren.
Alles war grau und trüb, und die Freude kannte man nur noch vom
Hörensagen.
Da beteten die Menschen zu ihrem großen Gotte
Re‐Nai‐Schu, dass er sich ihrer unerträglichen Leiden erbarmen möge.
Aber Re‐Nai‐Schu hörte sie wohl nicht.
So beteten sie denn weiter, vierzig Monate und drei Tage …
Als es aber an jenem Tage Abend geworden war und alle wieder voll
Trauer ihren Schlaf suchen wollten, siehe, da erhob sich am Rande des
Himmels ein kleines Wölkchen von der Farbe einer Zitrone.
Es stieg höher und höher und nahm zu an Grösse, so dass es den ganzen
Himmel überdeckte.
Zugleich kam eine geheimnisvolle Freude über alle Menschen und sie
glaubten, dass Re‐Nai‐Schu jetzt wohl erscheinen würde.
Re‐Nai‐Schu erschien nicht, sondern die Wolke löste sich auf in
winzige Tröpflein, die wie ein Licht- und Feuerregen zur Erde fielen.
Wo aber dieser Regen fiel, da ward alles leuchtend.
Die Bäume des Waldes wurden golden und die Felder und Wiesen glänzten
und flimmerten von Gold.
Die Bettler in ihren Lumpen erstrahlten wie Könige im goldbrokatenen
reichen Krönungsgewand.
Das Wunderbarste aber war, dass von allen Menschen alles Leid zur
Stunde floh, so dass Jauchzen und frohes Leben fortan die Erde
erfüllte.
Dies währte nun an die dreihundert und neunzig Jahre. Damals jedoch
standen einige auf und sagten:
„Uns genügt nicht, zu besitzen und glücklich zu sein.
Wir sehen wohl, dass dieses heilige Gold nicht nur Schönheit allen
gibt, sondern auch alles auf geheimnisvolle Weise nährt und am Leben
erhält, ‒ allein wir wollen wissen,
weshalb alles so
ist.”
Eines Tages sprachen diese Grübler untereinander und einer machte den
Vorschlag und sagte:
„Wir wollen von dem Golde nehmen, es in den Schmelztiegel tun und es
peinigen im Feuer, bis uns seine Wesenheit kund werden wird.” Und sie
taten also …
‒ Da entstand am Himmel alsobald eine große, undurchdringliche
Finsternis und die Erde bebte, dass die Grundmauern der Tempel
zerrissen wurden.
Als aber das Beben vorüber war,
da lag die Welt grau und trübe und die Menschen fühlten sich elend,
wie nie zuvor.
Alle Schönheit war von der Erde geflohen.
Jammer und Not herrschten wieder
und werden weiter herrschen, wenn nicht Re‐Nai‐Schu einen neuen
Goldregen schickt.
Vorher aber werden die Menschen wohl wieder vierzig Monate darum
bitten müssen…
Wer weiss aber, ob Re‐Nai‐Schu einen neuen Goldregen schicken wird,
bevor nicht jene gestorben sind, die keine Ruhe finden im Glück,
solange sie nicht wissen,
warum das Glück die Menschen
glücklich macht. ‒
An diesem Artikel wurden
einige kleine, redaktionelle Änderungen und kleine Kürzungen
vorgenommen, damit der in der damaligen Zeit und für die damalige Zeit
geschriebene Text besser in die heutige Zeit passt. (Änderungen sind
kursiv gesetzt) WE
Unter den Lesern dieser Zeitschrift sind meines Wissens nicht wenige,
denen mein Autorenname bereits durch meine Bücher bekannt geworden
ist.
Wenn mir nun der verdienstvolle Herausgeber die
Möglichkeit bietet, auch von dieser Stelle her an der Erneuerung und
Vertiefung seelischen Lebens mitzuwirken, so bedeutet das für mich
eine nicht geringe Freude.
Schon lange war es meine Absicht, vor einem
religiös ernst gestimmten und verstehenden Kreise, wie ich ihn gerade
unter den Lesern dieser Blätter zu finden glaube, die Frage zu
erörtern, die ich dieser kleinen Abhandlung als Überschrift gab; und
ihre Erörterung dürfte denn auch denen nicht ganz unwichtig sein, für
die eine solche Frage, aus tiefstem inneren Fühlen heraus, von
vorneherein beantwortet ist.
Ich sehe Bestrebungen in dieser Zeit am Werke,
die zwar von den edelsten Motiven her geleitet sein mögen, deren
Auswirkung mir aber gerade für
die Deutschen verhängnisvoll
zu sein scheint; und es wird mir die Pflicht, von meiner durch
keinerlei konfessionelle Bindung bedingten seelischen Einschau her vor
einer Gefahr zu warnen, die viele bedroht.
Die Welle geistiger Erneuerung, die schon lange
vor dem Kriege einzelne Schichten
der Deutschen ergriffen
hatte, wächst zusehends zu einer mächtigen Woge an, von der sich nun
auch gar manche tragen lassen, die vorher in den stagnierenden Wassern
religiöser Gleichgültigkeit ihr Behagen fanden.
Die aufrüttelnden Erlebnisse des Krieges
(Anm.: 1914/18),
das unsägliche Leid und die äußerste Not der
Kriegsjahre, die ja im Grunde trotz aller „Friedens”-Verträge noch
nicht beendet sind, mögen immerhin das Ihrige dazu beigetragen haben,
dass die Seelen sich mehr und mehr auf Inneres und Allerinnerstes
besinnen; aber es wäre doch eine arge Täuschung, wollte man alles
Streben nach religiöser Vertiefung lediglich aus diesen Momenten
heraus erklärbar finden und somit allem Suchen nach geistigen Gütern
in dieser Zeit nur eine vorübergehende Bedeutung zuerkennen.
Ich sehe weitaus Tieferes hier am Werke, und es
dürfte weit eher erlaubt sein, das schwere Erleben, das der Krieg so
vielen brachte, als ein zwar schmerzendes, aber letztlich doch zur
Gesundung führendes Heilverfahren ewiger, leitender Mächte anzusehen
….
Vielleicht war man doch, bevor diese harten Tage
kamen, oft allzusehr geneigt, zu übersehen, dass die
weltgeschichtliche Aufgabe eines Volkes nur dann zu lösen ist, wenn
jeder einzelne, der ein Glied dieses Volkes bildet, durch eigene
seelische Vertiefung so gefestigt wurde, dass der ganze Volkskörper
aus seinen tiefsten Wurzeln heraus jene überschüssige Gesundheit
erlangen kann, die der Welt einst Heilung bringen können.
Das dunkle innere Ahnen, dass dem so sei, lässt
heute die neue Sehnsucht nach religiöser Vertiefung in vielen keimen
und wachsen.
Wird diese Sehnsucht
zur Tat und tritt sie
gestaltend
ins Leben des Alltags ein, nicht nur für Sonn- und
Feiertage reserviert, ‒ so kann sie wahrhaftig
die Deutschen zu
jenem Aufstieg führen, den seine erleuchtendsten Geister ihm wieder
und wieder prophetisch zeigen zu müssen glaubten, und nach dem es
heute mehr als je verlangt.
Sie werden dann einem Aufstieg entgegengehen, den
keine Erniedrigung mehr bedroht. ‒
Noch aber besteht die Gefahr, dass diese
Sehnsucht sich verwirren lässt und auf irre Wege führt..
Man fühlt die Notwendigkeit neuer, vertiefter
Religiosität und lässt sich nun gar vielfach verleiten, statt
dessen nach einer neuen
Religion zu suchen.
Selbst bis in tiefgläubige Kreise christlicher Frömmigkeit hinein trägt moderne
Zweifelsucht ihre Unheilsaat und möchte Seelen beirren in ihrem
Vertrauen an die ewige Lebenskraft dessen, dem gerade deutsche Art ihr
bestes dankt.
Historische und philologische Kritik wurden, als
die ungeeignetsten Instrumente, angesetzt, um einen Boden zu
unterwühlen, der nur mit den subtilen, seismographisch empfindsamen
Organen
der Seele untersucht werden darf, will man seine
überzeitlichen Quelladern finden, die wahrlich tiefer liegen als die
lose Krume, die oft gutgläubiger wissenschaftlicher Forschungseifer zu
untersuchen vermag.
Nun steht man verwirrt auf dem an manchen Stellen
arg verwüsteten Lande, das einst der Seele blühender Garten war, und
wagt es fast nicht mehr, daran zu glauben, dass neues Leben ihm
entsprießen könne.
Zugleich aber finden sich eilfertig gar manche
Karrenführer ein, die Erdreich aus fremden Zonen bringen mit der oft
durchaus ehrlich gemeinten Versicherung, dass erst diese fremde
Erdkrume, die sie von fernher holten, an ihrem Ursprungsort nur
deshalb fruchtbar war, weil sie aus den gleichen tiefen Quelladern
ihre Kraft empfing, aus der auch die Blumen der Seele ihre Nahrung
zogen, die aus dem Boden sprossten, den sie jetzt verschütten
möchten.
Diese
allem seelischen Leben gemeinsame
Quelladern gilt es aufzusuchen, wenn man wahrhaft zu einer
Verwurzelung mit dem ewigen Seinsgrund gelangen will, und sie sind
dort aufzusuchen, wo sie seit Jahrhunderten sich für die deutsche
Seele wirksam zeigten, die deutsche Seele, deren schönstes Vorrecht
ihrer Eigenart darin besteht, dass sie nichts eigentlich „Fremdes” auf
dieser Erde kennt, dass sie zu jeder anderen seelischen Eigenart
Zugänge findet, die aber nur allzu leicht bereit sind, völlig zu
vergessen, dass sie alles fremde Saatgut nur auf
eigenem Boden
zu eigener Ernte heranreifen sehen kann.
Mit anderen Worten: Es bedarf durchaus keiner
anderen Religion, um den tiefsten Quellgrund allen Seins der Seele
zu erschließen, sondern es braucht nur die
glühende Inbrunst der
Seele selbst, und sie wird von der Stelle aus, an der sie
eingewurzelt ist, ihre Wurzelfasern immer tiefer in das ewige Herz des
Seins zu versenken vermögen, weit sicherer, als wenn sie sich selbst
erst in anderen Boden verpflanzen wollte, mag dieser Boden ihr auch
erfüllter erscheinen von geheimer Kraft, als der, aus dem sie selbst
ihres einstigen Keimens Nahrung zog.
Deutscher Seelenart ward das
Christentum zum eigenen Blütengarten, und
christliche
Glaubensglut ward zur
deutschen Frömmigkeit.
Noch haben zu allen Zeiten nur einzelne
Deutsche den Mut gehabt, bis zu den
innersten Mysterien
vorzudringen, die sich in dieser deutschen Frömmigkeit, diesem
deutschen Christusglauben, dieser deutschen Christusliebe bergen. Es
ist hier mehr Mysterium verborgen, als die meisten ahnen mögen!
Kein echter Mysterienkult der alten Zeiten, so
ehrwürdig er auch sein mag, reicht völlig an dieses Mysterium
deutscher Frömmigkeit heran, und selbst die weiseste Erkenntnis alten
indischen Denkens führt kaum zu den Vorhallen dieses Heiligtums, ja
das meiste all solch erdachter Weisheit schuf nur Wolkenträumen
phantastische Brücken aus luftigem Gespinst, Brücken, die niemals in
Wirklichkeit eines Menschen Fuß betreten könnte.
Alle letzte Erkenntnis aber gilt
einer
Wirklichkeit, vor der alles Denken und Träumen jeglichen Wert
verliert und ihn nur wiedergewinnen kann, nachdem es diese
Wirklichkeit zu seinem Ausgangspunkt zu machen vermag.
Das Mysterium deutscher Frömmigkeit ist nichts
anderes, als die für die deutsche Seeleneigenart deutbarste
Darstellung dieser
kosmischen Wirklicheit auf unserer Erde, und
in der Sage vom heiligen
Gral ist sie am deutsamsten geworden.
Kein Symbol, sondern ein
Abbild irdisch
verankerter geistiger Wirklichkeit ist hier gegeben.
„Suchet, und ihr werdet finden!” Suchet und ihr
werdet
gefunden werden.
Aber suchet nicht etwa in alten und neuen fremden
Kulten, sondern lasst erst alles, was ihr in anderen Zeiten und Völker
heiliger Lehre findet, nur zu Erhellung
des eigenen Weges
dienen!
Euer Christenglaube ist das gegebene Feld des
Suchens und Findens für euch!
Euer Christenglaube ist kein Ideengebilde und
kein Märchenwahn.
Euer Christenglaube entspricht einer
Wirklichkeit, die man wohl auch mit
anderen Namen nennen
kann, als die euch vertraut geworden sind, zu der ihr aber am ehesten
ohne Irrweg hinfinden werdet, wenn ihr auch alles, was
andere
Darstellung dieser gleichen Wirklicheit zu sagen hat, in die
euch
vertraute Sprache übersetzen lernt.
Wehe denen, die den Glauben an diese
Wirklichkeit als „Wahn” verlachen!
Wenn sie euch aber sagen: „Das Christentum hat
heute aufgehört, eine wahre Lebensmacht zu sein; wir müssen nach
anderer Offenbarung Ausschau halten!”, dann findet den Mut zu
einer Antwort, die lauten möge:
„
Nicht das Christentum ist tot, sondern
wir, die wir uns Christen nennen, standen nicht genug in seinem
Leben!”
Wahrlich, das Christentum ist noch gar jung, und
viele Jahrhunderte mögen noch vergehen, ehe es seine volle Entfaltung
dereinst erreicht!
Ich glaube, dass
deutscher Frömmigkeit bei
seiner allmählichen Entfaltung eine Weltaufgabe winkt.
Es wird das Wesen des Christentums sein, das
der Welt einst „Heilung” bringen kann. Das Christentum in
seiner seelisch geheimnisvollsten Darstellung. Es wird die
Frömmigkeit der Deutschen sein, die ihrem Wesen sein kosmisches
Gepräge gibt, die alles Tun des deutschen Menschen durchdringen und
veredeln muss, genährt aus Tiefen, die kein Forscherauge je erspäht,
die nur der
Inbrunst der Seele sich eröffnen und ihr die Kräfte
ewigen Lebens spenden.
Die Arbeit des Alltags wird dann zum Gottesdienst
werden, und den Hierarchien der Ewigkeit wird ein wahrhaft würdiges
Ebenbild in der Gliederung menschlicher Weltaufgaben erstehen.
Weder müde Weltflucht, noch raffgieriges Wühlen
nach den Schätzen, die Rost und Motten verzehren, wird der Menschheit
Gedeihen bringen.
Nicht mit Mordmaschinen wird die Freiheit der
Völker jemals zu sichern sein.
Nur aus der
Wiedergeburt der Seele kann
Heil erwachsen, und hier wird
deutsche Seeleneigenart
allen Völkern der Erde noch zum Segen werden!
Es gab eine Zeit ‒ und vielleicht mag sie noch nicht zu Ende sein ‒ da
man „Körper” und „Seele” fein säuberlich zu scheiden suchte.
Wer der
Seele dienen wollte, der glaubte beinahe, des Körpers
nicht zu bedürfen, hielt ihn bestenfalls für ein lästiges Bleigewicht,
das nur die Seele niederziehen könne, für ein vielleicht notwendiges,
aber gräuliches Übel, ein widerwärtiges Hindernis aller seelischen
Entfaltung. ‒
Man suchte den Körper nach Möglichkeit
„abzutöten” um die Seele frei zu
machen, und ahnte nicht, dass „die Seele” eine gähnende Leere, ein
inhaltloses Unendliches, bestimmungs- und grenzenlos wäre, ohne den
Reichtum, den ihr der Körper gibt.
Man wusste nicht, dass wir keinen einzigen Gedanken denken können, der
nicht im
Körper seine
analoge Beziehung, seinen
eigentlichen Inhalt, real ausgedrückt fände, dass all unsere
Vorstellungsbilder, selbst die kompliziertesten, im Körper vor-gebildet
sind. ‒
Aber auch heute sind noch die
Wenigen zu zählen, die da wissen, dass beim Denken
etwas mehr in
Tätigkeit gesetzt wird, als nur das
Gehirn …
Der Vorgang jeglichen Denkens, ‒ und was wir „
fühlen” und
„
empfinden” nennen, ist nur eine besondere
Abart des Denkens, die
zu genau der gleichen Schärfe und
Sicherheit emporentwickelt
werden kann, ‒ ist dem blitzschnellen aussenden bewusster und
unbewusster
Fragen vergleichbar, auf die meist mit der gleichen
Schnelligkeit die
Antwort erfolgt.
Bei jedem Gedanken, und sei er noch so abstrakter, noch so sublimer Art,
sendet unser Gehirn gleichsam einen Kundschafter aus in jene Teile des
Körpers, die der Art des Gedankens entsprechen, und fast im
gleichen Moment kehrt der Bote zurück und berichtet von seinen
Findungen.
Es ist nicht leicht, diesen Vorgang
im Rahmen einer kurzen Abhandlung zu erklären.
Beispiele mögen zum eigenen Forschen anleiten, aber auch da können nur
die einfachsten Fälle herangezogen werden.
Nehmen wir an, ein Mensch denke über den „
Standpunkt” nach, den
er in irgend einer Frage einzunehmen willens sei.
Er kann den Begriff „Standpunkt” unmöglich denken, ohne einen Strom vom
Gehirn bis zu den Ganglienknoten seiner
Füße zu senden, mag er
sich dessen bewusst sein oder nicht, und in den
Füßen, nicht im
Gehirn,
empfindet er, was der Begriff „Standpunkt” besagt. Das
Gehirn
empfängt nur die Botschaft und
stellt die bewusste
Empfindung fest.
Ein anderes Beispiel!
Man denkt: ich weiss etwas vom „
Hörensagen”.
Hier werden gleich
zwei Ströme
ausgesandt, einer zum
Ohr und einer zum
Mund, und beider
Botschaft bei der Rückkehr veranlasst erst das
Bewusstwerden des
eigentlichen
Wortinhalts. ‒
Ähnlich geht es bei Worten wie:
„Handreichung”, „Fortschritt”, „Niederlage”‚ etc. etc.
Je stärker die betreffende Körperstelle reagiert, je besser die
Verbindungsdrähte, die sensorischen Nerven, Frage
und
Botschaft leiten, desto
intensiver wird der
Inhalt des
Wortes
gefühlt, desto sicherer wird der Gedanke „verstanden”.
Ich habe hier absichtlich nur die allereinfachsten Beispiele gewählt und
man könnte ein ganzes Wörterbuch mit der Aufzählung ähnlicher Beispiele
füllen.
Hier enthält noch das gedachte Wort selbst schon den Hinweis auf einen
Körperteil oder eine körperliche Funktion.
Der Vorgang ist aber der gleiche, wenn wir etwa das Wort: „
Gewölbe” denken. Blitzschnell erfüllt
der ausgesandte Strom das
Innere der
Schädeldecke, während er bei dem Worte:
„
Kuppel”, das
Äußere des Schädels umfasst und seine Botschaft
zurückbringt. ‒
Je mehr sich die Begriffe dann dem
Abstrakten nähern, um schließlich scheinbar völlig abstrakt zu
werden, desto schwieriger wird zuerst das
Auffinden der
entsprechenden
Analogien des Körpers für die Ströme, die das
Gehirn aussendet, und eine
neue Begriffsbildung, die ihrem
Urheber nur deshalb gelang, weil die von
seinem Gehirn
ausgesandten Ströme im Körper Verhältniswerte vorfanden, die noch nie
von den Strömen eines
anderen Gehirnes gefunden wurden, bleibt
solange bei Anderen
unverstanden, bis auch die Ströme, die
ihre
Gehirne aussenden, die in Frage stehenden Verhältniswerte im
eigenen
Körper finden. ‒
So haben wir den ganzen Reichtum unseres Fühlen- und Denkenkönnens vom
Körper empfangen, und längst bevor der Mund des Kindes Worte
einer willkürlichen Verständigungskonvention stammeln lernt, ist das
kleine Menschenwesen voller „Sprache”.
Es gibt gewisse, uralte Lehren, die
nur Wenigen zugänglich sind, und die mit aller Sicherheit verkünden,
dass des Menschengeistes zeitweilige Verbindung mit dem Körper lediglich
erfolge, um dem Geiste zur „Individualisierung” zu verhelfen, um ihm
Vortellungsinhalt zu geben,
und ihn „zu Wort” kommen zu lassen....
Doch ich will hier nur von Dingen reden, die Allen zugänglich und sicher
erfahrbar sind, und meine Erörterungen sollen uns weiter führen zum
Verständnis der
künstlerischen Ausdrucksform, der Wirkungsmittel
des
bildenden Künstlers.
Mag auch beim Maler in erster Linie an das Auge gedacht werden,
während man im Bildhauer ein besonders ausgeprägtes
Tastempfinden vermutet,
so bildet doch für beide Kunstarten das, was
man „den Tastsinn des Auges” genannt hat, die gemeinsame
Rezeptionsbasis.
Aber innerlich „
erfasst”, künstlerisch
„
verstanden”
wird das Aufgenommene wieder nur mit Hilfe des Denkmechanismus, mit
Hilfe der Ströme die das Gehirn in die verschiedenen Teile des Körpers
sendet, um sich dort seine Antworten zu holen. ‒
Das Gleiche gilt für den
Beschauer
des vom Künstler geschaffenen
Kunstwerkes, sofern er überhaupt willens ist, es nachzuerleben.
Der Künstler
suggeriert durch die von ihm geschaffenen
Ausdrucksformen dem Beschauer, was er selbst
innerlich erlebte.
Verhält sich der Beschauer nicht
passiv, ist er in
andere
Betätigung seines körperlich-geistigen Denkvermögens verwickelt,
dann wird die Suggestion nicht bemerkt, wie stark sie auch sei.
Ergibt er sich aber der Suggestion, so wird sie um so intensiver
wirken, je besser die Ströme vom Gehirn zu den einzelnen Körperstellen
bei ihm „eingearbeitet” und, je mehr des Künstlers Schaffenserlebnis
gerade von
solchen körperlichen „Antwortpunkten” angeregt war,
die auch im Beschauer bereits gewohnheitsmäßig, oder doch leicht
gefunden werden. ‒
Alles was das Auge des Künstlers
dem Gehirn vermittelt, löst dort als Bildgedanke seine Ströme aus und
sendet sie nach
jenen körperlichen „
Antwortpunkten”, die
seiner
Art entsprechen, und erst die Antwort bringt dem Gehirn
das „Verstehen” des aufgenommenen Bildes. ‒
Nehmen wir an, es werden etwa
Tannenzweige in ihren äußersten Verästelungen wahrgenommen.
Sofort geht ein Strom vom Gehirn zur
Hand und wieder zum Gehirn
zurück, denn die fragliche Form wird uns nur verständlich im Gefühl der
ausgespreizten Hand. ‒
Die Wahrnehmung eines
Laubbaumes von beiläufiger Kugelform
wird zur Folge haben, dass der Strom, der vom Gehirn ausgeht, sofort den
ganzen
Kopf umfasst und so das Verständnis dem Gehirn
zurückbringt.
Tragendes Gebälk wird mit Hilfe unserer
Schultern, unserer
Arme verstanden, die
Pfeiler einer Brücke verstehen wir als
unsere gespreizten
Beine, die
Brücke selbst wird durch die
Empfindung des gekrümmten
Rückens verständlich.
Bei einem Kirchturm verstehen wir das
Fundament durch
unsere Füße, alles Übrige durch
Beine und Rumpf in straff
aufrechter Haltung, und den obersten Teil durch die Empfindung
des Kopfes, wobei das
Dach durch die Empfindung unserer
Schädeldecke uns zum Verständnis kommt.
Dass die
Fenster eines
Gebäudes durch unsere
Augen, die
Türen durch den
Mund verstehbar werden, haben
Karikaturisten und phantastische Zeichner schon zur Genüge ausgenützt …
Auch alle
Farbenempfindungen sind nur durch Beihilfe des
Körpers möglich, doch sind hier die körperlichen „Antwortpunkte” mit
dem Aufnahmeapparat selbst identisch.
Für jede außen wahrnehmbare oder
vorstellungsmögliche Farbe findet sich das körperliche Analogon im Auge
selbst.
Wird also eine Farbe wahrgenommen,
so gelangt die Wahrnehmung zuerst vom Auge ins Gehirn, setzt dort Ströme
in Bewegung, die in das körperliche Auge zurückfluten und sich die in
ihm enthaltenen Analogiepunkte suchen, um mit der Antwort ins Gehirn
zurückzukehren, wo dann erst die Farbe bewusst „verstanden” wird.
„Farbenblindheit” ist nichts anderes, als die partielle oder absolute
Unfähigkeit eines Auges zur verlangten Antwortfunktion.
Es würde ins Uferlose führen, wollte man die stete Rückwirkung des
Körpers auf den
Geist
in allen ihren einzelnen Phasen, von dem
Erlebnis des Schaffensanstosses beim Künstler bis zum Kunsterlebnis des
Betrachters aufzuzeigen versuchen.
Ob sich der Künstler den Formen und Farben der Natur nahe hält, oder ob
er ein Kunstwerk aus völlig naturfremden Formen und Farben schafft,
stets wird das Gehirn im Körper nach den
Analogien, nach den
Antwortpunkten suchen und ein „Verständnis” des Werkes ist nur
möglich, wenn die entsprechenden Antwortpunkte
gefunden werden.
Dass auch die Tonkunst uns nicht ohne
Hilfe des
Körpers zugänglich ist, bedarf wohl nach allem Gesagten
kaum mehr der Erwähnung. Jede Tonvibration, jedes Intervall, jeder
Rhythmus ist im Körper
vor-
gebildet und nur die
Auffindung des „Antwortpunktes” im
Körper bringt das „Verständnis”. ‒
Die vorliegenden Erörterungen wollen nichts weniger als erschöpfend
sein. Sie können kaum mehr, als kurze Hinweise geben, denn der Stoff ist
unübersehbar.
Es genügt, wenn es mir gelungen sein sollte, Künstler und
Kunstgenießende zu einem größeren Verständnis der
Funktion zu
führen, die der Körper sowohl beim Vorgang
der künstlerischen
Konzeption und des Schaffens, wie beim
Nacherleben eines Kunstwerkes ausübt.
Geistige Baukunst
(die ewige Seele als Baustein
am ewigen Tempel der Menschheit)
aus der Zeitschrift „Die Säule”, Januar 1927
Nicht von ungefähr ward dem Menschen schon in ältesten Zeiten aus der irdischen
Baukunst ein fast überreiches Symbol
geistiger
Selbstgestaltung!
Nicht von ungefähr waren die „des Bauens und der Zierde Kundigen” einst wissende
Priester der Gottheit, ‒ und wahrlich nicht von ungefähr lassen
heute noch
Tempelruinen und hohe
Dome Kundige
verborgenes Weistum ahnen! ‒ ‒
Hier geht es um
Allertiefstes, und nur wer erfaßt hat, dass alles Hohe, so es
sicher stehen soll,
in der Tiefe gründen muß, ‒ nur wer
seine
eigene Tiefe nicht fürchtet, ‒ wird hier belehrt aus
uralter Lehre, ‒ erschreckend für den, der
unreinen Herzens
kommt, ‒
trostreich Allen, die in
Lauterkeit nach
Licht verlangen. ‒ ‒ ‒
So ist es denn
auch in diesen neueren Tagen gewiss kein kindisches Unterfangen, aus
der Baukunst das
Symbol zu heben, und allgemach aus ihren alten
Werken
deuten zu lernen, was annoch
dunkel erscheint, so
dies nur
nüchternen Sinnes und frei
von Deutesucht
geschieht. ‒
Wahrlich, es war
den Alten kein müßiges Spiel, den Symbolreichtum der
Baukunst
dienstbar zu machen dem
geistigen Tempelbau,
der aus dieser
Erdenmenschheit höchsten Seelenkräften erstehen, und alles
wahrhaft
Menschgewordene dereinst auf Erden
einen soll!
‒ ‒ ‒
Denen, die in
sich selber die Tiefe erreichten, allwo ihr Dasein gründet, werden
aufs neue heute wieder durch wissende Werkmeister die so lange
verschütteten, nun gereinigten, wiedergefundenen Wege gewiesen, die zu
den Werkhütten geistiger Baukunst führen.
Nicht jeder
aber ist berufen, diese Wege zu beschreiten, und es ward auch
wahrhaftig nicht etwa von Männern,
aus der Macht des Mannes,
angeordnet, dass diese, ‒
auch nicht jedem Manne offenen Wege,
niemals von einer Frau betreten werden können, ‒ was allen
Anschein einer Geringerwertung der Frau verliert, wenn man
bedenkt, dass auf diesen Wegen Kräfte zu
geistiger Wirkung
kommen müssen, die physisch und psychisch
nur dem Manne
angeboren sind und ihn allein zum Manne
machen.
Es wäre eben so
töricht, hier von einer schicksalsmäßigen „
Bevorzugung” des
Mannes reden zu wollen, wie es töricht wäre, wollte der Mann dem Weibe
seine Mutterwürde neiden und sich im ungerechten Nachteil
wähnen, weil er ‒ auch als Vater ‒
niemals in jener
engen
Vereinung mit dem
werdenden Leben steht wie das
Weib.
‒ ‒
So aber, wie der
Mann nur
durch das Weib zum
Vater werden kann, und wie
das Kind dann
beider Art und Wesen in sich eint, ‒ so kann auch
der Frau nur durch den
berufenen Mann ihr Anteil an dem reinen
Segen geistiger Kunstausübung in den Werkhütten geistiger Baukunst
werden, und was der Mann allhier in werkgerechter Arbeit sich erwirbt,
wird gleicherweise zum Miteigentum der
Frau, die mit ihm in
wahrer geistgegründeter Ehe dieses Erdenleben teilt, ‒ obwohl er
erworbenes Kunstgeheimnis nie vor ihr offenbaren darf und kann, da
hier „Erklärung”: ‒
Geistverwirrung wäre,
könnte sie
gegeben werden.
Nur weil hier
niemals Werk in Worten
darzustellen ist, verpflichtet sich
der Mann, der solches Werk vollbringt, zum absoluten
Schweigen
über seine Kunst, ‒ und nicht nur etwa vor der
Frau allein,
sondern auch vor jedem
Manne, der nicht am gleichen Werke in
der gleichen Weise wirkt. ‒ ‒
Es würde nur
Heiligstes
entweiht, und dennoch würde kein Begriff von dem
vermittelt, was hier verborgen bleiben
muß, da es sich niemals
anders fassen läßt, als
in der eigenen Ausübung, die lange,
ernste Schulung fordert. ‒
So kann denn das,
was
wirklich hier „Geheimnis” ist, auch selbst durch den, der
sich mit untilgbarer Schuld beladen wollte, keinesfalls „
verraten”
werden, denn was ein solcher etwa sagen könnte, wären
Worte,
die nur
wirre Vorstellungen wecken würden, ohne irgend einen
Einblick aufzutun. ‒
Wer aber auch nur
seine
erste Schulung in der Werk-Kunst wirklich mit Erfolg
bestand, so dass ihm schon ein Weniges zu sicherer Erfahrung wurde, der
ist in sich schon so
gewandelt, dass es ihm unmöglich wird, nur
den
Gedanken auszudenken, dass hier einer einem Andern, der
nicht selbst die gleichen Wege wandelt, irgend etwas Wesentliches
jemals offenbaren könnte, denn er
weiß bereits,
wie hier
allein ein „Wissen” zu
erlangen ist.
Alles, was jemals
über diese Dinge an „
Enthüllungen” geboten wurde, ist
barer
Unsinn, oder aber nur Enthüllung kindlich simpler, pietätvoll
festgehaltener Gebräuche solcher Zirkel, die
längst, ‒ wie sie
auch selbst gestehen, ‒ gerade das
verloren haben, was dem
Gebrauchtum, das sie üben, einst Bedeutung gab.
Ich zweifle nicht
daran, dass einst auch sie die Wege finden werden, die nun wieder
gangbar wurden, um bei den werkvertrauten Wissenden die alte
Werk-
Kunst zu erlernen, die
allein erst ihrem
Namen
dann erneut
Berechtigung verleihen kann.
Dies alles mußte
ich vorerst erwähnen, weil es deutlichste Erwähnung
fordert,
will man nicht die üppige Phantastik weiter wuchern lassen, die aus
frivol verstreuten Samen allerorten blüht und, ungehindert,
giftigunheilvolle Früchte zeitigt.
Nun aber will ich
hier zu
Frauen und zu
Männern reden, die vielleicht in
stiller Ahnung zu ermessen wissen, was es heißen will, dass
Werkeskundige erneut in dieser Zeit erstanden sind, die jetzt auf dem
so lange schon verlassenen Werkplatz
weiterbauen, auf dem in
alten Zeiten kunstgeübte Maurer nach den Rissen hoher Wissender die
ersten Säulen setzten zu der Erdenmenschheit höchstem Weihetempel. ‒ ‒ ‒
Ich will zu
Menschen reden hier, die wohl den Bau des allgemeinen Tempels
fördern wollen, auch wenn sie
nicht sich selbst
gerufen
hören,
auf dem Werkplatz, tätig und der Kunst beflissen,
mitzubauen!
Es ist nicht
nötig, dass sich jeder, der den Tempelbau in seiner unermeßlichen
Bedeutung zu bewerten weiß, auch
selbst zur Arbeit meldet, und
jeder, der ihn fördern
will, kann ihm in bester Weise dienen,
wenn er zu seinem Teil die Arbeit
an sich selbst zu leisten
sucht, die wahrlich mancherlei von ihm verlangt, denn hier ist
gleichsam jede Menschenseele „
roher Stein”, der erst
behauen
werden muß, um einst dem Tempel eingefügt zu werden, und
auch die
Bauenden sind „
Steinmetz,
Stein und Meißel”
für sich selbst...
In jedem
einzelnen der „Steine” muß der Tempel vorgebildet werden, der nur
erstehen kann, wenn er, in strengster „Maßgerechtigkeit”, nach
Maß
und Winkel aufgerichtet wird. ‒
Die
Menschheit
ist ‒ um hier im Gleichnis zu verbleiben ‒ wie ein
großer
Steinbruch, angelegt für diesen Tempelbau, den erst in fernsten
Erdentagen einst die Kuppel überwölben wird ...
Nicht
jeder
Stein, der aus dem Steinbruch kommt, ist aber gleicher
Art
und gleicher
Form und gleicher
Größe! Doch jeder trägt
verborgen in sich selbst die Werkform, die ihm werden kann, und erst
wenn er nach dieser Werkform
zubehauen wurde, kann sich
entscheiden, wo er einzubauen ist. ‒ ‒
‒ Hier haben
Jene zu entscheiden, die vormaleinst des
Baues Risse gaben
und auch heute wieder wachen über dem von ihnen selbst erneuerten
Maurerwerk...
Die Bauenden, die
werkgerecht „des Bauens und der Zierde” hohe Kunst erlernten, sind nur
die treuen
Diener nach dem Willen
Derer, die sie bauen
lehrten und zur Werkarbeit
bestimmten.
Soll der
Tempelbau nicht in sich selbst zusammenstürzen, so muß in seinen
Mauern jeder Stein nach Schwere, Form und Größe seine baugerechte
Stätte finden, die durch des Tempels planbewusste Baumeister allein
gewiesen wird.
So darf hier
jeder „rohe Stein”, der durch die Arbeit an sich selbst die ihm gemäße
Formung sich erwirbt, wahrhaftig sicher sein, dass er zu seiner Zeit im
Tempelbau an jene Stelle kommt, die ihm allein nur: ‒ an-gemessen
ist.
Das gilt nicht
minder von den Bauenden, wie von den vielen Andern, die zwar nicht am
Bau ein zugewiesen Werk verrichten müssen, aber sich in aller Stille
aus dem „rohen Stein” hervor zu formen wussten.
Es wird sich aber
jeder bei den Bauenden stets Rat erbitten können, wie er am besten
seine Formung sich erwerben soll, denn wahrlich wissen diese
werkgerechten Maurer ihm zu helfen!
Jeder, der guten Willens
ist, und das Seinige beizutragen sucht um den Tempelbau zu fördern,
gehört im Geiste auf reingeistige Weise der Bauhütte an, auch wenn er
nicht als Kunstbeflissener mit Hammer, Kelle und Senkblei an der
Arbeit steht. ‒ ‒
Von solcher
Zugehörigkeit im Reich des wesenhaften reinen Geistes, wird auch in
gleicher Art die Frau umschlossen, sofern sie ihren Willen dem der
Bauenden bewußt vereint, auch wenn sie nicht in einer wahren Ehe hier
auf Erden eines echten Maurers Erdenleben teilen kann.
Es wird ihr dann
vom Geiste her zuteil, was sie benötigt, um sich selbst zum
werkgerechten Stein zu formen, und geistig fließen ihr die
Segenskräfte zu, die aus der Werkarbeit der Bauenden entströmen. ‒
Wenn ich einst
sagte, dass da jegliche „Gemeinde” nur den Leichenzug ihres toten
Glaubens bilde, ‒ so muß ich nun hier in erneuter Bekräftigung dieser
Worte auch aufs Deutlichste betonen, wie die Vieleinheit in
maurerischer Bruderschaft das denkbar ausgeprägteste Gegenbeispiel zu
aller „Gemeinde”-Formung bildet! ‒ ‒
Von der Welt des
wesenhaften, reinen Geistes her betrachtet ist die Anhäufung von
Menschenseelen zur „Gemeinde” nur verzeihliche Folge erdenhafter Ängste,
und bedingt durch tiertriebhafte Sicherungsinstinkte, ‒ oft nicht mehr
ganz der Würde des zum reinen Geiste Strebenden vereinbar, ja für
manchen gar ein arges Hindernis, ‒ während die Brudereinung, die einst
Urmaurer hier auf Erden zur Erscheinung brachten, und die in diesen
Tagen neu erstand, vom ewigen Geiste her gefordert wird, als ihm gemäße
Art der geistig-menschlichen Gemeinsamkeit. ‒ ‒ ‒
Entsteht „Gemeinde”
immer dort, wo atavistisch eingefleischter Herdentrieb die Einzelnen
zusammendrängt, so bildet die freie Einung werkwissend bauender, wahrer
Maurer ‒ und auch der ihnen geistgeeinten Förderer des Tempelbaues ‒
gleichsam eine geistig berechtigte Ritterschaft, ‒ den einzigen „Adel”,
der vor dem Königtum des Geistes gilt, und ewig gelten wird. ‒ ‒ ‒
Es gilt aber hier
auch die Sprichwortwahrheit, dass „Adel verpflichtet”, ‒ und wer solche
innerste Verpflichtung noch nicht in sich fühlt, der bleibe lieber der
Werkhütte fern, ‒ ja er bleibe ihr auch geistig fern, und wähne nicht,
als Förderer sei er aller Pflicht entbunden!
Es ist besser für
ihn: er wird erst nach dieser Erdenzeit zu seiner kubisch-winkelrechten
Form gestaltet, ‒ in jener Zeit, da er sich selbst nicht mehr gestalten
kann, da ihm das Werkzeug fehlt, ‒ ‒ als wenn ihn hier bereits in seinem
Erdenleben, die Baumeister des Tempels wieder aus dem Mauerwerk
entfernen müßten, als einen „toten” unbrauchbaren Stein ‒ ‒ ‒ ‒
Der Tempel duldet
nur, was leuchtend werden will, denn was hier scheinbar in der
Zeitlichkeit geschieht, ist ewigliches Werk der Ewigkeit, und was der
Mensch davon vorerst gewahrt, ist nur das Wenige, das er in
zeitlich-irdischer Beschränkung fassen kann. ‒ ‒
Will nun ein Mensch
des Tempels „Maßgerechtigkeit” erkennen, so wie der „Eckstein” sie
gebietet, der, den Kundigen bekannt, im Fundamente ruht, so wird er
jenes hehre Bauglied suchen müssen, das nach Außen Ausdruck
Allerinnerstem verleiht.
Wenn dieser Mensch
sich selbst bereits berechtigt hat zum Finden, so wird sein Suchen ihn
zur Säule führen, die, fest auf dieser Erde Boden stehend, ‒
ragend ‒ tragend ‒ sich erhebt um aufzunehmen, was von oben sich auf sie
herniedersenkt, ‒ Last und erhabene Krönung zugleich!
Das innerste
Mysterium des Tempels zeigt sich hier der Vorahnung von ferne, ‒ auch
wenn es erst dann zu erleben ist, wenn der Mensch, als „Baustein”
eingefügt, mit seinem ganzen Sein ein Teil des Tempels wurde, ‒ auf ewig
leuchtend im lebendigen Licht! ‒ ‒ ‒
‒ Älter als jede der bekannten Religionen, ‒ alt wie die ältesten
Zeichen menschlicher
Kultur, die auf diesem Erdball aufzufinden
sind, ist die ursprüngliche
Freie Maurerei:
die Priestergemeinde derer, die des
„Bauens” kundig, die der „Kunst” mächtig sind, auch wenn sie jeweils
sich unter anderem Namen verborgen hielt.
Die
Hiram‑Legende heutiger Logen könnte ein jüngeres Datum
ihrer Begründung vermuten lassen und die heutige
Bezeichnung
des Bruderbundes würde ihm gar nur ein Alter von zweihundert Jahren
zugestehen, aber in Wahrheit reicht die echte alte Maurerei in jene
Erdenzeit zurück, da die
ersten der Leuchtenden des Urlichtes
auf dieser Erde wirkten und sich ihre Helfer schufen unter
denen, die zu ihrer Zeit die Erde trug...
Nichts anderes waren die allerersten wahren „Maurer” als solche
Helfer jener
Wenigen, die den in das „Tier” gefallenen
Geistesmenschen wieder zu
retten suchten und um diese
Rettung durchzuführen sich eine Helferschar erzogen, die auf Erden
weitergab, was sie an Geistigem empfangen hatte.
Selbst „Künstler” im Sinne
reinster Erkenntnis der Gesetze, die
sich in aller „Kunst” der Erde widerspiegeln, hatten die ersten
Leuchtenden kein besseres Mittel zur Verfügung, wollten sie sich
Helfer schaffen, als die dafür tauglichen Menschen mit den
Gesetzen der
Kunst, die zugleich
faßbarste Form der
Gesetze des
Geistes sind, vertraut zu machen.
So kommt es, dass die ältesten Werke der
Kunst auf dieser Erde
dem Kundigen heute noch zeigen können, dass ihre Schöpfer auch der
Gesetze des
Geistes vollbewußt geschaffen hatten, dass sie
wahrhaft
geheimer Weisheit ergebene
priesterliche Künstler
waren. ‒ ‒
Die Tempelbauten und Paläste
Babylons, die Burgen der
minoischen Zeit, die
Pyramiden Ägyptens und seine Tempel
kündigen solche Künstlerschaft nicht minder als der
Parthenon.
Die lichten Tempel der
Griechen und
Römer, die Basiliken
der
Christenheit und später ihre hohen
Dome, ja noch die
ganze Kunst der Renaissance, bilden ihres Wirkens Zeugnis.
Da ist nichts zu finden, das nicht zum mindesten doch ihre
Spuren
noch zeigen würde, und
Vieles, das ihre geistige
Erkenntnis
in
Maß und
Rhythmus wahrhaft
herrlich heute noch
bezeugt. ‒ ‒ ‒
Erst nach der letzten Kunstperiode geriet die uralte
Priesterkunst
der Wissenden und wahrhaften
freien Maurer fast völlig in
Verfall.
Aus ihren Bauhütten rettete sich ‒ dem
Äußeren nach noch bis auf unsere Zeit ‒ was eben noch zu retten
war...
Viel war es wahrlich
nicht mehr. ‒ ‒
‐
Im Altertum waren diese
Priesterkünstler, diese freien Maurer,
vielfach noch weit in geschichtliche Zeit hinein, auch die
offiziellen Priester der jeweilig gepflegten höchsten Kulte, ja
selbst noch in christlicher Zeit verbanden viele aus ihnen ihre Kunst
dem Priestertum.
Stets aber wurden sie auch wieder von Zeit zu Zeit durch Unberufene,
die sich in ihre Reihen schlichen und das Priestertum nur als Mittel:
Macht und
Willkür auszuüben, wählten, aus dem dann
herrschenden Priesterkreis
verdrängt, schieden auch
freiwillig, angewidert von dem, was sie um sich her gewahrten, aus
der Priesterschaft aus, so dass sie für ihre Umwelt nur noch als freie
Künstler galten.
Im
Geheimen aber übten sie, die wahrlich ihrer Priesterschaft
Bewussten, nach wie vor den
Dienst am
Heiligtum
nach
ältestem Gebrauch. ‒
Dies wiederholte sich schon immer wieder innerhalb der
Kulte der
alten Welt, bis schließlich dann das erstarkende
Christentum
einen besseren Schutz zu gewähren schien.
Je mehr aber die nun zur Herrschaft gelangte Hierarchie, die ihren
ganzen
Aufbau der
freien Maurerei verdankte, der
Scheiterhaufen Flammen lodern ließ, desto mehr mußte die geheime
Künstler‑Priesterschaft der
freien Maurer nach
Symbolen
und
Formen suchen, die es ihr möglich machen konnten, ihre
heiligen
Riten auszuüben, ohne dies Tun als
priesterliche
Übung zu verraten. ‒
So kam denn allmählich alles das als Form und Gebrauchtum in die
„Logen”, was man zwar heute noch bewahrt, was aber schon
Jene
nicht mehr sachlich zu
deuten wussten, die aus den Resten der
alten
Werkmaurerei vor zweihundert Jahren das neue
symbolische Maurertum erstehen ließen.
Nur auf diese Art war man leidlich sicher, nicht sein wahres
priesterliches Wirken zu verraten.
Nur so ward
älteste geheime Weisheit mitteilbar, ohne als das
erkannt zu werden, was Unverstand und enger Zelotismus mit
Folter und Henkerbeil zu vernichten strebten.
Man barg sich in die Form der
Zünfte, die ja
Zunftlegenden
und geheime
Kennzeichen besaßen, die manche sonderliche
Seltsamkeit sich wahrten, auf die der hohen Herren herrschender
Priesterschaft sonst so listiges Auge lächelnd niederblickte, und so
war man ‒ gerettet. ‒ ‒ ‒
Urälteste
freie Maurerei war jedoch
anders geartet:
Hier soll sie nun, ohne der Wandlungen
in der Zeiten Lauf zu achten, in ihrer
echten Form ans Licht
gehoben werden.
Soweit ich mich etwa erst später entstandener
Worte bediene,
geschieht dies nur zur
Verdeutlichung.
Auch vergesse man nicht, was ich schon vordem sagte: ‒ dass die
Schöpfer der
Form der römischen Priesterhierarchie des
Christentums, sowie die Schöpfer ursprünglichen kirchlichen
Kultes
noch wirkliche
freie Maurer, Künstler der königlichen
Kunst, Priester der höchsten Weisheit waren, die sich in
jedem
Kult, den sie durchdringen kann mit ihrem
Licht, zu
verherrlichen weiß.
Man wolle aber wahrlich vergessen, was alles sich heute „freie Maurer”
nennt, ‒ und wolle ebenso der törichten Forschung hier entraten, die
nur von
außen her der Loge Geschichte zu verstehen sucht.
Nur wer auf
Allerinnerstes in diesen Dingen sich verläßt, wird
nicht verlassen sein!
Der Tempel aller
freien Maurer aller Zeiten ist zu tief im
Geistigen gegründet, als dass die
äußere Geschichte seines
Baues jemals seine
Fundamente offenbaren könnte....
Uroberste Instanz
der Loge seit ihrem Bestehen in der Welt der Sichtbarkeit: ihr
Ausgangsort, waren stets jene hohen Brüder der Lichtgemeinschaft
der „Leuchtenden”, die einst ihre Kunst jenen ersten
Helfern
lehrten und so sie zu
freien Maurern am geistigen Tempel
bereiteten.
Höchste Leitung
lag in eines
Leuchtenden Hand, der sich zu solcher Leitung
berufen fand durch seine hohen Brüder.
Eines unsichtbaren Reiches
ewiger König, ‒
Hoherpriester
in Ewigkeit, ‒ der
Kunst Kundiger, ‒ „Pontifex maximus” ‒
Brückenbauer und auch
Fährmann zugleich, ‒ war dieser
Leuchtende das
Licht der Loge.
Von ihm gingen alle hohen
Weihen aus!
Er gab
Vollmacht zur Weihe, gab
Gesetz und
Norm,
er
band und
löste!
Von ihm aus wurden
Ströme lebendigen Wassers durch die Loge
in die Welt geleitet.
Wie aber war die Loge
auferbaut?:
Hier, O Neuling und wenn du auch aller „Geschichte” Durchforscher
sein magst, wirst du „anderes” hören, als was die bisher dir
zugängliche Kunde zu berichten wusste....
Die urälteste Loge
priesterlicher Künstler, die
Ur‑Loge
aller
freien Maurer, umfaßte nicht mehr und nicht weniger als
sieben wohlgeordnete
Grade.
Wer durch
Art,
Begabung und
Tat als würdig gelten
mochte, der Loge Glied zu werden, der fand für sich den
ersten
Grad bereit: den Grad der
Neophyten oder Katechumenen. Du
kannst ihn noch erkennen in dem
Lehrlingsgrad der „Blauen”
Logen.
Hatte er sich in diesem Grade dann wohl bewährt und zuletzt eine
strenge Prüfung gut bestanden, so gab man ihm den
zweiten Grad:
den Grad eines bereits
Belehrten, eines
Gläubigen oder
Mitarbeiters. Die Benennung des Grades kommt hier nicht in Betracht,
da sie vielfach wechselt. Die heutige Zeit nennt ihn den „
Gesellengrad”.
Auch hier bewährt befunden und strenger Prüfung standhaltend, fand er
den
dritten Grad: den Grad des
Mysten. Du findest ihn
wieder in dem
Meistergrade der heutigen Maurerei. Diese drei
Grade bildeten den Konvent der
Laienbrüder.
Viele Glieder der
freien Maurerei blieben im Grade des
Laienbruders ihr Leben lang, viele wurden aber auch für reif
befunden, höher emporzusteigen zu den
Priestergraden.
Der
vierte Grad war bereits der eines
Priesters und ihm
folgten die beiden höheren: der
fünfte und
sechste Grad,
zu deren Weihe man nur nach langjähriger strenger Prüfung endlich
gelangen konnte.
Für jeden
höheren Grad wurde eine
strengere Prüfung,
eine
längere Bewährungszeit gefordert.
Die strenge Auslese bewirkte, dass die Zahl der Inhaber eines Grades
sich mit jedem höheren Grad bedeutend verringerte.
War der
Laienkonvent noch sehr zahlreich, so standen ihm
dagegen verhältnismäßig weniger
Priester gegenüber und die
höchsten Priestergrade wurden nur von sehr wenigen erlangt: am
seltensten der „sechste” Grad. ‒ ‒ ‒
Von ihm aus führte dann ein seltener Weg von Zeit zu Zeit einen
besonders würdigen Inhaber dieses Grades auch empor zum höchsten,
dem
siebenten Grad, den stets nur ein
einziger unter den
Lebenden hier auf Erden innehaben kann, ‒ dem Grad des
Patriarchen, des Vaters der „Väter”,
mit welch letzterem Namen alle
Priester‑Grade
bezeichnet wurden.
Er stand nun in steter Verbindung mit dem hohen
Leuchtenden,
der die Loge aus der Gemeinschaft der Lichtgeeinten leitete durch
ihn.
Von diesem
Leuchtenden allein konnte er seine
Weihe
empfangen und ihm nur war er geistig verpflichtet.
Dieser eine des
siebenten Grades ward stets von allen Brüdern
der Erde hoch geehrt, und von ihm aus gingen die Strahlen geistigen
Lichtes, die ihm der
Leuchtende, der Meister der „Weißen Loge”
sandte, weithin über die ganze Erde, soweit irgendwo die Loge wirkte.
Er allein konnte die Weihe für den sechsten Grad erteilen.
Der durch ihn geweihte Inhaber des
sechsten Grades aber erhielt
durch ihn die Vollmacht, die Weihe des
fünften und des
vierten Grades zu erteilen, während sodann dem
vierten Grad
die Befugnis wurde, die drei ersten oder
Laiengrade zu
verleihen.
So war das ganze Gebäude dieser Hierarchie
priesterlicher Künstler
und wahrhaft
freier Maurer am geistigen Tempelbau der
Menschheit in sich selbst gefestigt und jeder Baustein konnte sicher
auf dem anderen ruhen.
Freiwillige Unterordnung der niederen Grade war durch die Wahrnehmung
begründet, dass der höhere Grad auch
tatsächlich höhere Einsicht
in den Plan des Tempelbaues besaß und die Gesetze der Kunst
vollkommener verstand.
Jedes Höherschreiten war auf das Sicherste jeweils durch einen „Kanon”
geregelt, so dass nur der
wirklich Erprobte die Beförderung
erlangen konnte.
Für die drei unteren oder Laiengrade kannte diesen Kanon nur der
vierte Grad.
Für den
vierten und
fünften war er nur dem
sechsten
Grad bekannt.
Den Kanon für den
sechsten Grad aber kannte nur der Inhaber des
höchsten, des siebenten Grades, der wieder nur durch den
Leuchtenden des Urlichtes, der durch ihn die Loge leitete, die
hohe Weihe seines Grades empfing.
Für jeden Grad bestand ein besonderer
Tempeldienst und
besondere
Kunstverpflichtung oder Arbeitszuteilung.
Um jede irrtümliche Auffassung dieser Darstellung zu vermeiden, betone
ich nochmals, dass die von mir hier gebrauchten
Namen und
Bezeichnungen nur der
Verständlichung dienen sollen, denn
es ist die
Sache selbst, deren Aufbau gezeigt werden soll,
während die
Namen stetigem
Wechsel je nach der
Zeit
und der
Örtlichkeit des Wirkens unterlagen.
So wirkte denn die ursprüngliche freie Maurerei unter vielen Namen
segensreich von Uranfang an, bis sie in den letzten Bauhütten dann ihr
Ende fand, und die wenigen ihrer Anhänger, die noch etwas von ihrer
einstigen Würde ahnten, dazu trieb, einen „neuen” Anfang zu suchen.
Was aber dazumal begonnen wurde, hat
nicht zu einer
wahrhaftigen Erneuerung des Tempels geführt und
konnte nicht
dazu führen, da die Grundvoraussetzung fehlte, die
Wiederherstellung der Verbindung mit dem ursprünglichen Ausgangspunkt
der Maurerei.
Erst in neuerer Zeit wird diese Verbindung in aller Stille wieder
erstrebt.
Es wird gewiß keine leichte Arbeit sein, die mannigfache Überbauung
abzubrechen um zu den ersten
Fundamenten zu gelangen, und
manches eingestürztes Mauerwerk wird vorher fortzuräumen sein.
Dennoch kann sich die alte, echte, freie Maurerei, das alte
Priestertum der Künstler, der
Kundigen der Kunst des Bauens
und der Zierde, aus seinem Schlafe zu wacher
Tat
erheben, um so wie einst der Menschheit ein Segen zu sein, obwohl der
Name, den die Sache heute trägt, schon wahrlich viel von seinem
guten Klang verlor. ‒
Es kommt bei dieser Erneuerung alles auf die mannhafte
Tat, auf
die
Reinheit des
Wollens und auf die
Einsicht an,
dass nur die
ursprünglichen Fundamente noch verwendbar sind,
soll nicht aufs neue in sich selbst
zusammenstürzen, was man
nun in bester Absicht neu errichten will. ‒
Nur auf den
alten Fundamenten kann erneut der hehre
Tempel
erstehen, den Unkenntnis zerstört und in seinem eigenen Schutte
begraben hat, so dass man seit Jahrhunderten aus diesem die Steine nahm
um seltsamste Baugebilde auf den Trümmern kunstlos herzurichten, ohne
Plan und Maßgerechtigkeit. ‒ ‒ ‒
Mehr denn je könnte die Menschheit heutiger Tage in ihrer schier
grenzenlosen Verwirrung einen solchen
priesterlichen Weltbund
der
des Bauens Kundigen gebrauchen!
Viel Vorurteil
werden die Neuerer allerdings zu berichtigen haben, denn was heute
noch den
Namen der Sache trägt,
hat gar wenig mit
dem
zu tun, aus dessen Zerfall es vor zweihundert Jahren ersprießte, um
nach dem Willen seiner Neubegründer wenigstens noch jene
Tugenden
zu üben, die den alten,
echten, freien Maurern heilig
waren. ‒
Nicht als
politischer Geheimbund, wie er sich in manchen
Ländern etablierte, nicht als
humanitäre Bankettgesellschaft
mit absonderlichen Bräuchen und nicht als
theosophisch-
okkultistischer Verein wird die wahre echte
freie Maurerei aufs neue erstehen können, sondern nur durch die bewußt
geübte Einstellung aller ihrer Glieder auf das Hochziel reiner
Geisteserkenntnis und eines aus solchem Erkennen strömenden
Lebens nach höchstem
geistigen Gesetz!
Dann werden viele der alten Gebräuche
fallen können, an die man
sich jetzt noch ängstlich zu klammern müssen meint, da sie nur aus der
Not einer unduldsamen Vorzeit sich erklären, und heute weder
nötig,
noch dem
Werke förderlich sind.
Hingegen wird man aber einen
Tempeldienst aufs neue
einzurichten haben, der in erhebender Symbolik
höchste
Geistesweisheit, die in
Worten unaussprechlich bleibt, der
Seele nahe bringt, und wenn einst jene priesterlichen
Künstler
ihr
Erkennen in die
Werke ihrer Hände fließen ließen, so
wird der freie Maurer
künftiger Tage ebenso zum „
Künstler”
werden müssen, danach trachtend, dass alles, was sein Beruf von ihm
verlangt, ‒ was immer er schaffend ins Leben treten läßt oder sonstwie
bewirkt, ‒ zum offenbaren
Zeugnis seines hohen geistigen
Erkennens werden. ‒ ‒ ‒
In
seiner Volksgemeinschaft
sicher wurzelnd, wird er für den Bruder,
der aus einem anderen Volke stammt, aus eigenstem Empfinden
tiefstes
Verständnis gewinnen, und nie kann ihm die
Liebe, die ihn
seinem Stamm verbindet, zum Anlaß des Hasses gegen fremde Stämme
werden.
So
wird ein
Weltbund freier Maurer, der den
Tempel neu auf
seinen
echten Fundamenten aufzubauen unternimmt, wahrlich ein
Anderes sein als alles, was noch in diesen Tagen sich mit gleichem
Namen nennt! ‒
Hier kennt man genugsam die
Werke und weiß ja leider, dass längs
tot und
kalten Herzens ist, was noch den Namen führt, als ob es
lebe....
Töricht aber wäre es zu glauben, dass ein entehrter
Name auch für
alle Zeit das große
Werk entehren könne, das dieser Name zu
bezeichnen fähig ist.
Wenn kommende Geschlechter jene großen, echten, freien
Maurer neu
erstehen sehen werden, die mein Geist vor sich erblickt, dann wird man
meine Worte einst zu segnen wissen und mehr noch wird man
jene
segnen, die ich kommen sehe als
ritterliche Streiter wider alle
Torheit und Verblendung und als die Priester einer neuen Zeit..
Nichts liegt mir ferner als „Prophetengeste”, allein ich weiß, dass wir
im Dämmergrund eines
neuen Tages liegen, dass aller Albdruck, der
uns heute noch bedrückt, in wenig „Weltenstunden” schon der
Sonne
weicht ‒ und da ich solches weiß, heißt mich die
Liebe reden, um
denen, die gleich mir das
Dunkel dieser Zeit ertragen, den
neuen Tag zu künden. ‒
In jenes
neuen Tages
Licht wird auch der
Tempel
endlich sich erheben, den seit Jahrhunderten die echten freien Maurer zu
errichten suchten auf den
Fundamenten, die im
Felsengrund der
Ewigkeit verankert sind, und dann erst wird man die Geschichte der
Kultur des Menschen auf der Erde endlich
deuten können,
wird
Wahn und
Wahrheit dauernd wie die Spreu vom Weizen
sondern! ‒ ‒
Wahrheit
(Bô Yin Râ`s Beitrag zur E.B.D.A.R.)
Dass man sich, ‒ durch sein Schaffen und Werk in der Öffentlichkeit bekannt
geworden, ‒ auch auf allerlei Verunglimpfung gefasst machen muss, gilt
besonders dann, wenn man auf dem Gebiet seines geistigen Schaffens zum
Tempelreiniger wurde, dadurch dass man vor aller Augen aufzeigte,
wieviel Aberglaube, Selbstbetrügertum, und Spekulation auf die Börse der
Allzuleichtgläubigen sich auch in der heutigen, vermeintlich so nüchtern
abwägenden
Zeit doch noch in Bezirken festgenistet zeigt, die ihm
längst verwehrt sein sollten.
So war ich denn gewiss noch
niemals darüber erstaunt, wenn die Teilnehmer an dem „Okkultistischen
Karneval”, die ich (nebenbei auch unter diesem Titel) etwas deutlicher
beleuchtet hatte als es ihren mühelosen Geschäften dienlich sein konnte,
sich immer dadurch zu salvieren suchten, dass sie innerhalb
Deutschlands, das hier seit vielen Jahren ja nur allein in Frage kam,
alle Kreise zu denen sie direkt oder indirekt die gerade verlangte
politische Beziehung fanden, mit den abenteuerlichsten Behauptungen
hinsichtlich meiner Person infiltrierten, um nur ja des lukrativen
Arbeitsfeldes nicht verlustig zu gehen, das ihnen auch weiterhin leicht
zu behebende Gewinne bot, wenn es ihnen nur gelang, den ihnen
unbehaglichsten Kenner ihres volkswirtschaftlich so schädigenden
Treibens, an Stellen, die gerade jeweils den besten Schutz verhießen,
als suspekt erscheinen zu lassen. Neuerdings hat man nun zu besagtem
Zweck eine „Sekte” erdacht, der ich angehören solle, und zum
vorgeblichen „Beweis” jede nur mögliche Missdeutung aufgeboten.
Wahr ist jedoch, dass mir lebenslang nichts ferner lag als alles, was
nach „Sekte” oder „Geheimer Gesellschaft” aussah.
Wahr ist vielmehr, dass
ich, weit von allen solchen Dingen fern, einer Vereinigung
ausschließlich religiös eingestellter Gottsucher, die eine dogmenfreie,
nur im inneren Erkennen des Menschen wurzelnde Religiosität erstrebte,
ausdrücklich
erbetene psychophysische
Ratschläge erteilte,
die ich schließlich
in einem
Buchmanuskript unter dem
Titel „Ritualienbuch” zusammenfasste, zu dessen Gebrauch ich die kleine
Gesellschaft
allein ermächtigte, da das Manuskript ja mein
geistiges Eigentum ist und bleibt, und ich es nur von Menschen, denen
ich eine richtige Verwendung zutrauen konnte, gebraucht sehen wollte.
Ich erkläre in diesem Buche ‒ das ich bisher nur
als Manuskript
vervielfältigen ließ, weil es nun einmal nur
für Männer allein
und primär nur für den besagten engen Kreis den ich zu seinem Gebrauch
ermächtigte, bestimmt ist ‒ eine Anzahl der bereits
lange vor
meiner Kenntnis von dem
Bestehen eines in solcher Richtung
seelisch suchenden Kreises, in meinen frühesten Schriften schon unter
anderem besprochenen
alten Riten der mittelalterlichen
Dombauhütten-
Bruderschaften und vorangegangenen antiken, ebenfalls
auf einer dogmenfreien Erkenntnis fußenden Tempelbauwerkstätten, deren
letzte, wenige und teilweise schon sehr korrumpierte Reste von der 1717
in England entstandenen „Freimaurerei” zwar
für sich in Anspruch
genommen und unter Heranziehung
sehr fremder Vorstellungen,
in damals neuer Art, unter Benützung alttestamentlicher Namen etc.
symbolisch benützt worden waren, aber sonst auch
rein gar nichts
mit der nun in Deutschland verbotenen Institution der „Freimaurerei” wie
man sie dort präzise zu verstehen meint und definiert, zu tun haben.
Es wäre hingegen gewiss zulässig, von den durch mich auf Grund geistiger
Einsichten rekonstruierten alten Dombauhüttenriten, ‒ also von der
mystischen traditionellen Bauhüttenpraxis, die wahrhaftig ein Erbe aus
der
Urzeit ist, ‒ gleichsam als von einer, der „Freimaurerei”
tatsächlich
von sich aus unzugänglichen und in jeder Hinsicht
fremden „Ur”‑Maurerei zu sprechen, was ich auch in Erläuterungen und
Hinweisen den allein durch mich mit diesen alten Riten Bedachten
gegenüber absichtlich ausgesprochen habe, um damit die sachlich und
psychotechnisch durchaus gegebene entscheidende
Andersartigkeit
gegenüber der Institution die sich „Freimaurerei” nennt, auf
deutlichste Art zu betonen. Was viele nach seelischer Gewissheit allein
strebende Naturen in der Freimaurerei vergeblich zu finden
hofften,
hätten sie in dem von mir beratenen kleinen Kreise wahrscheinlich
gefunden.
Von dem
Folgenden zu sprechen, sehe ich mich leider nun verpflichtet, da es
Anlass zu irrigem Urteil wurde, wo kein Verstehen vorausgesetzt werden
konnte. Was also von mir erwähnt wird, hat keinerlei Ursache mehr,
unerwähnt zu bleiben. Es gibt hier
nichts, das nicht
der
hellsten Beleuchtung standhalten könnte!
Im Jahre 1921 (das genaue Datum ist mir entfallen, wie denn bekanntlich
und
von mir stets betont, auch späterhin diese ganze geistige
Hilfe und Aufklärung des kleinen Gottsucher-Kreises nur „
an der
alleräußersten Peripherie” meiner geistigen Interessen lag)
erreichte mich die erste Kenntnis vom
Bestehen der dann später
von mir zum Gebrauch meines „Ritualienbuches” ermächtigten, zahlenmäßig
kaum nennenswerten Vereinigung, durch einen Brief ihres, wie ich später
kontrollieren konnte, mystischer Versenkung sehr zugänglichen und dafür
auch besonders begabten Gründers und Leiters. Die kleine Gruppe seelisch
Suchender nannte sich damals ‒ auf Grund der altfranzösischen
„Graal”-Sage: „Ordre du Saint Graal”, um sich deutlich von gewissen
vulgärokkultistischen, sogenannten „Gralorden” zu unterscheiden.
Da ihr Leiter auf alle Fälle mystisch religiöses erkennendes Urteil
genug hatte, um nach allgemeiner Lektüre meiner Schriften, soweit er sie
gelesen hatte, zu wissen, dass, wenn irgend ein Mensch, so nur ich die
alten Riten der Dombauhütten eruieren und zum Gebrauch der heutigen Zeit
formen könne, war sein Anliegen lediglich, durch mich diese alten Riten
mitgeteilt zu erhalten. Man darf nicht sagen, dass ich zu schnell zur
Erfüllung dieses Wunsches bereit gewesen wäre. Volle anderthalb Jahre
ließ ich den sehr aktiv veranlagten Mann, trotz allem Drängen und
Bitten warten, um sicher zu sein, dass keinerlei andere Absichten ihn
leiteten, außer seinem Verlangen nach einer methodischen Förderung
seines eigenen seelischen Suchens und des seelischen Strebens der von
ihm gegründeten kleinen Gesellschaft. Allerdings brauchte ich auch
diese Zeit, um mir selber die nötigen geistigen Einblicke zu erwirken.
Da mir die Bezeichnung als „Orden” zu manchen vermeidbaren Irrtümern
Anlass bieten schien, schlug ich bei der Überlassung des ersten
Fragments der Riten (mehr hat er nie erhalten!) dem „Ordensgroßmeister” vor,
seine Vereinigung doch lieber eindeutig als „Bruderschaft”
zu bezeichnen, analog den
konfessionell religiösen
Bruderschaften und denen
der alten Dombauhütten. Das geschah dann
schließlich auch, aber romantische Neigungen des seiner Sache hingebend
dienenden Mannes, der zwar im bürgerlichen Leben den prosaischen Beruf
eines Zahnarztes erfolgreich ausübte, führten ihn zur Einführung vieler
pompöser barocker Titel, Anreden, Formeln und Signaturen, die mit dem
von mir Gegebenen
nicht das allergeringste zu tun hatten. Er
beschwor mich aber, ihn gewähren zu lassen, denn er war überzeugt, das
alles sei, seiner Erfahrung nach, psychologisch nötig um den Einzelnen
bei dem Bewusstsein zu erhalten, dass er sich mit
Heiligem,
Religiös-Weihevollem beschäftige. Da ich seinen Erfahrungen nichts aus
eigener Praxis entgegenzusetzen hatte, ließ ich den wunderlichen
Wünschen, denen ich nicht wehren konnte, ihren Lauf. So ist auch der
Einfügung eines natürlich in jedem Punkte bis in das letzte Wort
gesetzlich einwandfreien Aufnahme-„Eides” in das Zeremoniell, von mir
entsprochen worden, da der offenbar Erfahrene nur dadurch die Gewähr
dafür gegeben sah, dass mein geistiges Eigentum vor jeder Profanierung
gesichert bleibe. Dass dieser „Eid” praktisch nichts anderes als eine
jeweilig verwendete
Aufnahmezeremonie war, und auch nicht im
Traum etwa als „juristisch” gemeinte „Vereidigung” betrachtet wurde,
zeigte sich später deutlich genug! Ich konnte dem Wunsche um so eher
entsprechen, als ich ja wie niemand sonst
wusste, dass Antike und
Mittelalter weitaus strengere Bindungen kannten, und dass tatsächlich
kein anderes Motiv, außer vielleicht einem entschuldbaren
Prestigebedürfnis, für die Aufnahme dieser Schweigeverpflichtung
bestand. (In der Praxis hat die vermeintlich so gewisse Gewähr für das
Vermeiden der Profanierung des Meinigen bei der ersten Probe prompt
versagt!)
Die Folgezeit
zeigte den ehemaligen „Großmeister” des früheren „Ordens” der nun auf
meinen Wunsch hin: „
Ermächtigte Bruderschaft der alten Riten”
genannt worden war, (abgekürzt „E.B.D.A.R.”) so stark von romantischen
Neigungen und einem Hang zu phantastischen Deutungen beherrscht, dass
ich schon im Jahre 1925, oder gar schon eher (
? ) die Absicht
aussprach, meine Ermächtigung zum Gebrauch des Ritualienbuchfragmentes,
als meines geistigen Eigentums, zurückzuziehen, was nur unterblieb, weil
mir das gewiss ehrlich
gemeinte Versprechen gegeben wurde, alles
von mir Beanstandete aufzugeben.
Zeitweise wurde das Versprechen
auch sehr erfreulich eingehalten, aber fast Jahr um Jahr schien mir
wieder die Zurückziehung der gegebenen Ermächtigung, mein geistiges
Eigentum zu gebrauchen, fast zwingend nötig. Wenn ich trotzdem bis 1931
zuwartete, so geschah das in erster Linie deshalb, weil ich nun auch
immer mehr und immer deutlicher sah, dass manchen im Geistigen besonders
vorangekommenen Mitgliedern der „Bruderschaft” nun, nach ihrer
Auffassung, der Boden unter den Füßen fortgezogen sein würde, wenn ich
nicht doch noch, trotz allem Erfahrenen, die Ermächtigung bestehen
lassen wolle.
Kurz bevor ich dann aber dennoch mich unaufschiebbar dazu gezwungen sah,
sie dem Leiter der Bruderschaft zu entziehen, hatte ich schon meine
ehedem erbetene geistige „Protektion”, die zwar jederzeit eindeutig nur
segnendes
Wohlwollen war, als äußere, allenfalls verkennbare
Form zurückziehen müssen, nachdem ich erfahren hatte, dass der Gründer
und Leiter der meinerseits immer von mir distanzierten Bruderschaft
intern die Ansicht nährte, dass er zu einer töricht herrischen
Behandlung mancher Mitglieder, die sich bei mir darüber beklagten, quasi
‒ meine, ihn deckende Zustimmung habe.
Mein Schreiben lautete, nach einem Durchschlag wiedergegeben, wie folgt:
„Da mir unzählige Erfahrungen in einer Reihe von Jahren gezeigt haben,
dass der Irrtum, als habe ich in irgend einer Weise Anteil an der
Leitung der E.B.D.A.R. nicht aus der Welt zu schaffen ist, solange
ich nominell das „Protektorat” innehabe, lege ich hierdurch, nach
langewährender geistiger Prüfung der Angelegenheit, ebendieses
„Protektorat” in aller Form nieder, so dass ich vom heutigen Tage an in
keiner wie immer gearteten äußerlich persönlich bestimmten Beziehung
zur E.B.D.A.R. stehe, und daher auch in Briefen ihrer Mitglieder an
mich alle bisher von der Leitung angeordneten Anreden und dergleichen
fortzufallen haben.
Dieser wohlerwogene Schritt
schließt jedoch nicht aus, dass mir das weitere geistige Gedeihen der
ehrwürdigen Bruderschaft überaus am Herzen liegt.
Wohl aber schließt er
definitiv aus, dass mir von Mitgliedern der Bruderschaft irgendwelche
interne Mitteilungen gemacht, Klagen vorgebracht, oder irgendwelche
Dinge vorgelegt werden dürfen, die Angelegenheiten der E.B.D.A.R.
als selbständiger, von mir ganz unabhängiger Vereinigung sind.
Ich bitte dringend darum,
diese meine Mitteilung unverzüglich im Wortlaut allen höheren
Funktionären der Bruderschaft vorzulegen, die ihrerseits wieder gebeten
sind, jeden einzelnen Bruder von diesem Wortlaut zu verständigen.
Lugano‑Massagno, am 15. November 1931 ”
(Meine Unterschrift)
Ich gebe den streng
genauen, durch meinen Notar und jede Amtsstelle kontrollierbaren
Wortlaut dieses Briefes hier wieder, weil er besser als alles andere
beweist,
wie mein absolut freies Beziehungsverhältnis zu dem
kleinen Kreise
wirklich beschaffen war. Dass die Tonart meiner
Briefe, der Form nach, ebensowohl auch einem
größeren Kreise
entsprochen haben würde, war Folge einer Höflichkeitskonzession
meinerseits.
Es ist dem allenthalben
angesehenen Manne an den dieser Brief gerichtet war, gewiss nicht leicht
gefallen, mir das ihm seinerzeit zum Gebrauch in seiner Vereinigung
überlassene Ritenfragment zurückzuerstatten, als ich ihm, noch vor
Schluss des Jahres, wenn auch in der Form, die eine
Bitte war, so
schonend wie möglich, so doch
endgültig, die Ermächtigung, mein
geistiges Eigentum weiterhin zu benützen, entziehen musste. Während mir
sein Verhalten zuerst auch aller Bewunderung wert erschien, versuchte er
jedoch dann, mich kurze Zeit später zu einer
erneuten
Ermächtigung umzustimmen, welchen Bestrebungen es zu danken ist, dass
der hierdurch veranlasste weitere kurze Briefwechsel schließlich mit
einem Abbruch jeder Beziehung endete. Seitdem ist der betriebsame Mann
meinem Gesichtskreis notwendigerweise entschwunden.
Nachdem ich es nunmehr nur
noch mit den mir im Laufe der Zeit bekannt gewordenen zehn oder zwölf
Mitgliedern der Bruderschaft zu tun hatte, darunter auch persönliche
Freunde von mir waren, die sich, trotz meinen, ihnen bekannten Bedenken,
doch dem kleinen Kreise, im Glauben an seine Entwicklungsfähigkeit
angeschlossen hatten, wenn sie auch seinen Leiter zuweilen kritisch
betrachteten, trat erst zutage, wie sehr selbstherrliches und
geheimniskrämerndes, ihm aber offenbar angeborenes Verhalten des
Gründers und bisherigen Leiters die Entwicklung der kleinen Vereinigung
gehemmt hatte.
Es schien daher zuerst kaum
möglich, die von den wenigen mir bekannten Mitgliedern erbetene
Ermächtigung zum weiteren Gebrauch meines geistigen Eigentums, der ja
stets
unter meiner geistigen Verantwortung blieb, an einen „Nachfolger”
zu übertragen, und ein bemühend umständlicher Briefwechsel
ließ mich erkennen, dass man sich einesteils offenbar meiner, von mir
als „conditio sine qua non” erklärten Verantwortlichkeit gegenüber nicht
recht berufen fühlte, anderenteils aber auch über
Form und
Namen nicht ohne weiteres einig war, die nun fortan die Gemeinschaft
ohne den gewohnten Leiter zusammenhalten und mir den rechten Gebrauch
des Meinigen sichern sollten. Stets wieder um Rat gefragt, wusste ich
auf dem mir an sich fremden Gebiet der vielleicht möglichen
vereinsrechtlichen Formen kaum noch irgendwie Rat zu bieten, bis ich
schließlich sah, dass man auch hoffte, mich selbst als Leiter zu
gewinnen, was gänzlich ausgeschlossen war. Erstens standen solcher
Hoffnung meine eigenen geistigen Pflichten im Wege, die mir absolute
Isolation im Interesse meines „Dienstes an der seelischen Erkenntnis
meiner Mitmenschen” ungeschrieben vorschreiben, und zweitens ist es,
auch ganz von diesen unlösbar bindenden Pflichten abgesehen,
nicht
meine Aufgabe, irgend eine religiöse Gruppe, oder eine ähnliche
„Institution”, wie sie sich auch nennen möge, zu leiten, sondern meine
alleinige, jetzt seit kurzem
erfüllte Lebensaufgabe bestand
einzig darin, nach Maßgabe meiner Kräfte, mein
öffentlich
erschienenes schriftliches Lehrwerk zustande zu bringen, das nun
abgeschlossen vorliegt.
Um allen Weiterungen ein
Ende zu bereiten, sah ich nach langem Zögern, aber im Willen, der
kleinen Gemeinschaft so wie es mir möglich war zu helfen, mich
veranlasst, ihr in dem nun vorliegenden „Ritualienbuch”
die
Gesamtheit der mir auf geistige Weise erfahrbar gewordenen alten
Bruderschaftsriten der ehemaligen Dombauhütten und antiken
Tempelbauwerkstätten in solcher Form darzustellen und zu erklären, dass
weitere Ratschläge von meiner Seite her fortan definitiv unnötig wurden.
Um auch der Gefahr einer erneuten Zentralisation zu wehren, knüpfte ich
zuletzt die Ermächtigung, mein geistiges Eigentum, soweit es in meinem,
„Ritualienbuch” gegeben ist, zu gebrauchen, vorsorglich an die
Bedingung, dass jede örtliche kleine Einzelgruppe (es handelte sich um
verschwindend wenige) sich nur der Leitung eines
auch von mir für
geeignet befundenen Vorstehers anvertrauen möge, und dass alle
Mitglieder eines Landes sich durch einen eigenen jeweiligen
Landesvorsteher leiten lassen sollten. So war mir auch alle Garantie
gegeben, dass niemals irgend eine unstatthafte Beeinflussung einer
Gruppe, ‒ von
außerhalb der in betracht kommenden Landesgrenzen
her, ‒ in Erscheinung treten könne.
Meine Bezeichnung der mir tauglich erscheinenden Orts- und
Landesvorsteher erfolgte
ein einzigesmal, ‒ bei Erteilung der
Ermächtigung, ‒ wonach dann jeder dieser, mein Vertrauen besitzenden
Männer seinen Nachfolger
selbst zu bestimmen hatte und hat, und
ebenso weitere Vorsteher einsetzen kann, solange die E.B.D.A.R. irgendwo
gesetzlich besteht. Es handelte sich also lediglich um die Wahrung
wohlberechtigter Interessen an meinem geistigen Eigentum, das ich auch
der winzigsten Gruppe nicht bedingungslos zum Gebrauch überlassen
konnte.
Die vormals so zahlreichen
Formeln, Signaturen, Titel und Anreden schaltete ich nun bis auf
verschwindend wenige, anscheinend nötige Reste aus, oder ersetzte sie
durch Besseres, dem ich eine rein
geistige Verankerung gab. Eine
solche bestand schon für die Ermächtigung. Doch, da das für alle, die es
nicht selbst am eigenen Leibe und in eigener Seele erprobt haben,
lediglich und bestenfalls nur „Glaubenssache” sein kann, gehört eine
weitere Erörterung gewiss nicht hierher! Alles was man in dieser
Beziehung zu wissen wünscht, kann in meinem vor aller Öffentlichkeit von
1913 an im Buchhandel erschienenen, und 1936 abgeschlossenen, bekannten
geistigen Lehrwerk, das in aller Welt, ‒ auch
weit außerhalb
Europas und europäischer Glaubensbezirke, ‒ seine glücklichen Freunde
und Schüler hat, leicht nachgelesen werden.
Dass ich in meinem geistigen
Lehrwerke zu
allen Menschen,
‒
Männern wie
Frauen, ‒ spreche, während mein
„Ritualienbuch” (
das übrigens keineswegs in mein geistiges
offenbarendes Lehrwerk aufgenommen ist!) sich nur an
Männer
wendet, darf nicht, aus Unkenntnis psychophysisch bestimmter Dinge, zu
falschen Schlüssen verführen.
Es hat
die gleichen
Gründe, die, ‒ wenn sie auch heutigentages zwar den priesterlichen
Vertretern der hier in Frage kommenden Religionen nur in den seltensten
Fällen noch wirklich bekannt sind, ‒ dazu führten, dass dem
Manne,
von den indischen früharischen Brahmanen bis zur so viel späteren
römisch-katholischen Kirche, eine von den Heutigen kaum noch geahnte
priesterliche Stellung vorbehalten ist, die ein weiblicher Mensch, so
sehr er das auch in seiner Unkenntnis bedauern mag, aus
psychophysiologischen Gründen ebensowenig ausfüllen kann, wie ein
männlicher Mensch
gebären könnte. Auch noch in dem von Indien her
bis heute stark beeinflussten, auf den Buddhismus bezogenen Lamaismus
Tibets ist jeder „Hermaphrodit oder Transvestit” von der Aufnahme in
den Kreis der Kleriker ausgeschlossen und der zu
höchster
Ordination gelangende Mönch muss vorher erst noch feierlich bestätigen,
dass er wirklich physisch ein vollwertiger „Mann” sei. Vor dem Chor der
Mönche wird er darüber nochmals beschwörend befragt...
(Siehe neuerdings Dr. Wilhelm Filchner: „Kumbum Dschamba Ling”, Verlag Brockhaus, sowie
Univ. Prof. Dr. Robert Bleichsteiner: „Die gelbe Kirche”, Wien 1936)
Selbst in solchen
Nachklängen handelt es sich noch um Dinge, die dem an seine Tierheit
gefesselten Menschen schier unfassbar sind, denn das alles bezieht sich
ursprünglich auf wirkliche geistig Eingeweihte höchster
Mysterienkulte des ältesten Altertums.
Es wird sich aber wohl
niemand nun unter Mitgliedern der „E.B.D.A.R.” etwa wirkliche „Eingeweihte”,
also „Initiierte” im Sinne antiker Mysterien, wie sie
noch in Delphi, Eleusis und an anderen Orten begangen wurden, vorstellen
wollen, ‒ aber die von mir eruierten
alten Riten, die ich den
Mitgliedern der genannten kleinen Bruderschaft in meiner Bearbeitung
überließ, sind in Wahrheit ursprünglich das Werk
wirklicher
Eingeweihter in höchste, aller zeitlichen Meinung entrückte Mysterien
ewigen geistigen Lebens!
Ich kann an diesen
Tatsachen auch nicht das geringste ändern. Ich kann nur misstrauischen
Gemütern bestätigen, dass allen Mitgliedern der „E.B.D.A.R.” die
Einehe im hohen Sinne meines Buches „Die Ehe” eindringlichst angeraten
ist.
Jegliche sexuelle Perversität schließt natürlich
unerbittlich von jeder Teilnahme an den alten heiligen Riten der
Dombauhütten-Bruderschaften
aus! Es ist beklagenswert, dass man
so Selbstverständliches erst noch sagen muss, doch scheint es leider
nötig zu sein. Aus gleichen Gründen schließe ich diese Denkschrift
mit der ausdrücklichen Feststellung, dass
mein geistiges Lehrwerk
allein für Männer wie Frauen
maßgebend ist, ‒ die „E.B.D.A.R.” jedoch einen
daneben möglichen
Sonderfall
darstellt, den aber dieses Lehrwerk keineswegs etwa irgendwie umfasst.
Ich habe niemals auch nur entfernt daran gedacht, Menschen, die sich für
die in ihrem Wesen
urgeschichtlich alten Riten der
Dombauhüttenbruderschaften interessieren würden, zu begegnen. Noch
weniger wäre es mir in den Sinn gekommen, dass ich, als der
ewigkeitsverpflichtete Gestalter des der Welt meiner Zeit und ihrer
Zukunft gegebenen Lehrwerkes, einer kleinen Menschengruppe in meinen
Tagen die alten Riten einstens
restaurieren würde, die
längstvergangene Zeiten ihren, allen Glaubensmeinungen hoch
überlegenen, wahrhaftig im Geiste „geweihten” Laienpriestern gegeben
hatten, in deren erhabenen Kreis ehedem selbst höchste weltliche Fürsten
und geistliche Würdenträger aller Grade Zutritt zu erlangen suchten.
Schwer hält es jedoch, keine Satire zu schreiben, wenn man sieht, dass
offenbar allen Ernstes für möglich gehalten wird, ich sei der Mann dazu,
mich einer „Sekte” anzuschließen oder mir eine ergebene „Organisation” irgendwo auf dieser Welt zu schaffen.
EBDAR ist die Abkürzung für
„Ermächtigte Bruderschaft der alten Riten”. Sie ist eine internationale
Bruderschaft, die sich in geistig-menschlicher Gemeinsamkeit um die
eigene und gemeinsame seelische Entfaltung im Sinne der
antiken
Mysterienschulen und der späteren mittelalterlichen
Dombauhütten
bemüht.
Im Mittelpunkt ihrer Arbeit an
der Entfaltung des inneren Menschen steht der von Bô Yin Râ gegebene
Meditations-
Zyklus, der in sieben Graden (drei Graden des Lehrenehmens
und vier Verdienstgrade) bearbeitet wird.
Bô Yin Râ war weder Gründer
noch Mitglied der EBDAR, übernahm jedoch vorübergehend das Protektorat
der zahlenmäßig kleinen Bruderschaft, die er zum ausschließlichen
Gebrauch der von ihm gegebenen Anweisungen ermächtigt hat.
Die EBDAR ist eine, durch den
Willen und die freie Verpflichtung Einzelner gebildete geistliche
Gemeinsamkeit von Männern, die sich nach einer uralten, von Bô Yin Râ
wieder ins Leben gerufenen geistlichen
Praxis zum Selbstempfinden ihrer
eigenen ewigen Geistnatur fähig machen wollen. Diese Praxis ist eine
Schulung der speziell männlichen Form geistiger Erkenntnisorgane und
darum nur Männern möglich, entspricht aber durchaus den auch dem
weiblichen Erkenntnisorganismus zugänglichen Methoden geistiger
Selbsterkenntnis, wie sie im
Lehrwerk Bô Yin Râ's vor aller
Öffentlichkeit gelehrt werden.
Nur die bei weitem größere
Gefahr des Mißbrauchs der mystisch geistigen Anweisungen durch
Unberufene,
verbietet eine öffentliche Darstellung der in der EBDAR zur
geistlichen Schulung verwendeten Lehren, die vielmehr nur solchen
Naturen zum Segen werden können, die alle Gewähr dafür bieten, bereits
zu einem hohen Grade geistig sittlicher Festigkeit des Charakters
gelangt zu sein.
Die hier in Betracht kommende,
aus ältesten Kulturzeiten der Menschheit stammende, und von Bô Yin Râ
der Anwendungsform nach erneuerte Praxis führt nur dann zum angestrebten
Erfolg, wenn die sie übende geistliche Gemeinsamkeit als solche in
geistigem Konnex
mit den Vätern im Urlicht steht. Dieser rein geistige
Anschluß ist durch Bô Yin Râ
bewirkt worden, der deshalb auch allein die
Ermächtigung zu der Ausübung der durch ihn wieder dargebotenen
Schulungspraxis erteilen konnte.
Da die Glieder einer rein
geistlichen Gemeinsamkeit ihrer irdischen menschlichen Erscheinung nach
in verschiedenen Staaten leben können, und strengstens dazu
verpflichtet sind ihre jeweiligen Staatsgesetze zu achten und nach
Kräften zu erfüllen, so ergab sich die Notwendigkeit, die geistlichen
Schülergruppen mit ihren Lehrmeistern konform den Staatsgebilden in
denen sie leben, abzugrenzen, und zwar derart, daß die
EBDAR in jedem
Staate absolut unabhängig von den Gruppen der Schüler und Sakralmeister
anderer Staaten ist und bleibt.
Alle die vorgenannten Würden
und Funktionen sind rein geistlicher Art und beruhen allein auf der
durch Bô Yin Râ erteilten Ermächtigung und dem gegenseitigen Vertrauen
zwischen den Schülern (Mysten) und ihren Lehrmeistern (Sakralmeistern).
ENDE