MANCHERLEI
KOBER'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
BASEL 1939
COPYRIGHT BY
KOBER'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
BASLE 1939
BUCHDRUCKEREI KARL WERNER IN BASEL
.Was in dieser Sammlung „verdichtet”
OO
zu finden ist, erwartet von dem Aufneh‐
OO
menden vorangehende oder nachfolgende
OO
Kenntnis meiner geistigen Lehrschriften, die
OO
alle einzeln aus der Kober'schen Verlags‐
OO
buchhandlung in Basel, Stapfelberg 2, über
OO
jede sachkundig geleitete Buchhandlung be‐
OO
zogen werden können.
Verzeichnisse sind
OO
auch
direkt vom Verlag zu erhalten.
B. Y. R.
Mancherlei, was sich zusammenfand,
Ist hier vereinigt in einem Band,
Wie es sich selber zusammenfügte
Und seiner inneren Einheit genügte.
Nichts will hier außer der Reihe stehen
Oder nur eigene Wege gehen.
Alles ist so oder so
verbunden
Mit Allem, was sich dazugefunden.
Und wird auch von
mancherlei Dingen
.gesprochen,
So wird doch die Einigung nicht
.unterbrochen.
Nur will auch das
Einzelne für sich
.allein,
Ein Ganzes jeweils
Im Ganzen sein!
J.Schneiderfranken
Es widerstrebt mir tief im Innersten,
Die Worte aufzubauschen: ‒
Mich selbst und Andere
Durch Dithyramben zu berauschen. ‒
Wo ich in irgendwelchen
Rhythmen rede,
Rede ich in Worten, die sich anders nicht
Gesprochen wissen wollen,
Doch nicht, um
Versgebilde auszuformen,
Die nach allgemeiner Metrik Regeln
Sich bestätigt finden sollen.
Mir ist es gleich, wo man in der
Poetik
Unterbringen will, was ich zu formen habe,
Und doch nur forme
als Behältnis
Für die dargebrachte Gabe
Aus dem Meer der Seele,
Das in meiner Barke ich befahre,
Aus ihm zu bergen, was in seiner Tiefe
Ich ‒ für Andere ‒ gewahre.
So, wie ich nur nach
meinem Sinne ‒
Wohl der Wogen und der Stürme kundig ‒
Setze meine Segel,
So flechte ich auch meine Tragekörbe
Aus den wilden Weiden
Und den Uferbinsen,
Nur nach
meiner Regel!
Es ist ein Unterschied
Ob einen Schreibenden
Nur die Bedrängnis seiner Worte treibt,
Die sich
geschrieben finden wollen, ‒
Oder, ‒ ob alles was er schreibt,
Ihm erdenhafter
Übertragung Träger ist,
Und dennoch allzugleich
Im Reiche wesenhaften Geistes bleibt!
Es ist ein Unterschied,
Ob das, was einer mitzuteilen hat,
Erst zum Gebild durch Worte
werden will
Und nach dem
Wortbild strebt, ‒
Oder, ‒ ob seine Mitteilung
Geistige Prägung ist
Aus dem, was sich
im Wirklichen
Der Ewigkeit ereignet,
Wo er selber leibt und lebt!
Daß ich mich selber offenbaren muß,
Dient mir wahrhaftig nicht zum Selbstgenuß!
Ein stilles Menschenleben lang
War ich gewohnt, von mir zu
schweigen
Und mich, „
nicht um die Welt”,
Vor Anderen zu „zeigen”.
Wenn dennoch es zuletzt der
Pflicht gelang,
Mein Sträuben in mir selbst zu überwinden,
So war das nicht ‒ Befreiung,
Sondern hartes
Binden
An eiserne Notwendigkeit, die von mir
.wollte,
Daß ich: was
ich nur von mir wissen
.kann,
Auch selbst
berichten sollte. ‒
Nennt es „Atmân”, nennt es „Purusha”,
.„Brahma”, ‒
Nennt es „Allgeist”, ‒ „Vater”, ‒ nennt
.es „Gott”, ‒
Was da in mir, dem Erdenmenschen, spricht,
Sich selbst bezeugt und dargeboten wissen
will, ‒
Nur seid gewiß: ‒
hier wurde Gott
Euch wahrlich
nicht „zum Spott”!
Ich bin das „Wort”,
Die „Stimme”
Und der Stimme „Schall”, ‒
Der
Sprecher
Und der Stimme
Widerhall!
Versagt ist mir
Zu sondern und zu trennen, ‒
In allem muß ich
zu mir selber
Mich bekennen!
In
Einung bin ich „
Stimme” dem,
Was zu euch spricht!
Mir
selber aber bin ich
still
Und
aufgelöst im Licht! ‒
Wenn ich von mir und den mir geistig
.Gleichen
Euch berichte,
Geschieht das, weil es
gut ist, daß man auch
Von solchen Menschen
weiß,
Wie man in Grönland wohl von
Palmen
Wissen kann,
Und in den heißen Dschungeln
Auch von
Eis. ‒
Ich zeige uns nicht, um euch aufzuzeigen,
Was
ihr erringen könntet, wolltet ihr
Uns gleichen,
Denn was ich zeige, ist
nur uns zu eigen
Und läßt von
keinem Andern sich
Erreichen.
Doch: ‒ daß ihr von uns wißt,
Kann euer Leben wandeln
Und ändern euren Sinn in Denken, Wort
Und Handeln!
Ja: ‒ daß ihr von uns wißt,
Läßt euch im Lichte finden,
Was unauffindbar ist,
Den geistig Ewig-Blinden. ‒ ‒
Sind wir auch Träger dessen, was euch trägt,
So bitten wir euch doch zugleich: ‒ erwägt,
Daß, was wir tragen,
euch wie
uns belebt,
Wenn ihr euch selber
ihm zu eigen gebt!
Es hat für Myriaden Formen Raum und
.Licht,
Nur überläßt es
denen sich wahrhaftig
.nicht,
Die es sich selbst
als Eigengut erstreben
Und sich ihm selber
nicht zu eigen geben.
Erst, wenn
verzichtet wird auf eig'nen
.Schein,
Kehrt das, was
wirklich ist, im Menschen
.ein: ‒
Nur wer sich selbst zu leerem Raume weitet,
Findet sich ewig lichtem Leben zubereitet!
Euch selber aus euch fortzudenken
.liegt euch denkbar fern,
Denn was hier auszulösen ist,
.habt ihr noch viel zu gern!
Und doch muß Jeder lernen,
.von sich fort zu denken
Soll sich ihm wahrhaft
Gott
.zu eigen schenken. ‒
Die nur
sich selber denken
.und
sich selber meinen,
Kann Gott in Ewigkeit
.sich nicht ver-
einen!
Wollt ihr
in Gott
.dereinst euch selber
finden,
Dann darf Vergängliches
.euch nicht mehr
binden!
Was ihr erlebt, das soll euch nicht mehr
.euer: ‒
Soll euch vielmehr der Erdenwelt
.Erleben sein! ‒
Ihr dringt nur, ‒ für ein Mit-Erleben
.„teuer”, ‒
In das euch hier erlebbare Erlebnis
.ein, ‒ ‒
Und müßt euch Tag für Tag, ‒
Was auch der Sinn erfahre, ‒
Dem hier gemeinten Mit-Erleben neu
.entwinden,
Daß es euch nicht zuletzt ‒ als
.Selbstgefesselte gewahre,
An harten Ketten die euch peinvoll binden!
Ein Satz, wie selten einer an Betörung reich,
Gilt vielen Menschen als gesicherte
.Erkenntnis.
Er sagt: ‒ „Vor Gott sind
alle Menschen
.gleich!” ‒
Und wer ihn ausspricht, meint ihn
.‒ als „Bekenntnis”.
Was er besagt, schlägt aller Wahrheit
.in's Gesicht,
Denn nicht nur
gibt es solche „Gleichheit”
.nicht,
Sondern die Wirklichkeit bezeugt ‒
das
.Gegenteil, ‒
Zeigt, daß „vor Gott”
kein einziger
.dem Andern
gleicht,
Zu eines Jeden eigenhaftem Heil!
Nur auf der eig'nen, ihm gemäßen
.Geistesstufe
Kann Erdenmenschliches in Gott Erlösung
.finden,
Will es nicht ‒ angelockt durch
.Täuschungsrufe ‒
Sich Gott für Zeit und Ewigkeit entwinden!
Denn jeder steht, in Geisteshierarchie,
.an seiner Stelle
Vor Gott! ‒ Im Lichte der ihm
.zubedingten Helle...
Wir kennen das Meer
Und beherrschen die Welle,
Und wissen um jedwede
Fischreiche Stelle!
Wir fahren nie leer
Unsre Boote zurück, ‒
Nur, daß sie fast sinken
Voll Fang, heißt uns Glück!
So haben wir schon
Vor vieltausenden Jahren
Zusammen und einzeln
Die Meere befahren,
In deren Tiefen
Die Nahrung sich nährt,
Die jeglicher
Seele
Ernährung gewährt.
Wir treiben ein hartes Gewerbe,
Unser Tagwerk ist wahrlich kein Spiel!
Wir lieben das Klare und Herbe:
Wir sind keine „Flöter vom Nil”!
Auf wogend getriebenen Wellen,
Mit Segel und Ruder vertraut,
Da sind wir der Stürme Gesellen
Und wehren uns unserer Haut.
Doch, sind wir dort
rauh ohne Reue,
So sind wir auch
milde und
zart!
Wir wollen, daß
Keiner sich scheue
Vor uns und unserer Art.
Wir sind Gottes Lotsen und Fahrer
Auf der Seele unendlichem Meer,
Und der strandenden Schiffe Bewahrer
Am „Land ohne Wiederkehr”. ‒
Wir fahren auf winzigen Schiffen, ‒
Doch immer
bewußt der Gefahr, ‒
Zwischen Felsenstürzen und Riffen,
Stets harter Bedrohung gewahr.
Wir fahren bei Nacht und bei Tage,
Wie Pflicht im Gewissen es will,
Und halten nur heiß banger Frage
Und quälender Seelennot still.
Doch, Keiner noch hat uns gesichtet,
Den wir
vordem nicht selbst schon ersah'n
Und zu dem wir die Segel gerichtet,
Weil wir
wußten, er fühle uns nah'n!
Sobald ich unter meinem Fischerboote
Grüne
Perlenmuscheln in der Tiefe sehe,
Folge ich allein nur dem Gebote,
Daß mir keine
Perle, die sie fassen,
Noch verloren gehe!
Ich werfe allsobald die schweren
.Ankereisen,
Daß mich die Wogen nicht hinweg vom
.Fundort reißen,
Und löse eilig alles von mir, was mich
.hindern würde,
Beim Tauchen in die Fluten als nur
.ungemäße Bürde.
Dann aber knüpfe ich das Tauchertau
.am Kielring ein
Und fasse Messer, Beutenetz und
.Taucherstein
Um mich hinabzustürzen in der Tiefe
.dunklen Grund
Und dort zu bergen den erspähten
.reichen Fund!
Ich weiß, daß Ungezählten er ihr Glück
.bedingt,
Wenn ihn mein Arm ins Boot hinein,
.nach oben bringt!
Mit keinem Taucherkleide,
.keinem Taucherhelm bewehrt,
Weiß jeder, der sich sicher
.zu der Tiefe kehrt,
Um auf dem Meeresgrund der
Seele
.Ungehobenes zu heben,
Daß er es nie vermöchte,
Wiederum empor zu steigen,
Wär' ihm des
Geistes Atem
.selber nicht zu eigen.
Es handelt sich jedoch hier wahrlich nicht
Um Atemkünste, die der Yogi Hindostans
In jahrelanger Übung lernt,
Wobei er immer mehr sich ‒ ahnungslos ‒
Von allem wahrhaft Geistigen
entfernt,
Um Kräfte zu entfalten, die
zu Ende sind,
Wenn seines Herzens, ‒ seiner Lungen ‒
Todeslähmung einst beginnt. ‒ ‒
Im Geiste weiß nur der bewußt zu atmen,
Der selber seiner Geistigkeit bewußt,
.bereits im Geiste lebt, ‒
Und wahrlich nicht nach erdenkörperlich
.bedingten Künsten strebt!
Der „Odem Gottes” wird nicht mit des
.Körpers Lungen eingesaugt,
Die auch nicht auszustoßen wüßten,
.was dem Geiste nicht mehr taugt!
Es geht nicht an,
Das, was ich offenbare,
Und was ich ohne Zutun
Geistgesetzt
gewahre,
Dem Werk der
Denker
Und der
Dichter einzufügen,
Will man nicht selber sich
Und Andere ‒
betrügen!
Ich habe
nichts zu sagen,
Was ich mir
erdachte,
Und
nichts, was mir
Ein dichterisches Ahnen brachte!
Ich gebe nur
Bericht
Von dem, was ich erkunde,
Im Meer der Seele
Auf dem tiefsten Grunde.
Man muß scharf scheiden lernen,
Was ich darzubieten habe,
Von dem, was äußere Erkenntnis wohl
.als Gabe
Erbringt um Meinungen zu
.stützen, ‒
Sonst wird man weder Andern,
Noch sich selber nützen!
Was ich vom „
Lebendigen Gott” euch
.berichte,
Das meint
nie das gleiche wie jene
.Gesichte,
Die voreinst sich grübelnde Denker
.erschufen,
Und die nur, ‒ in Worten, ‒ der
.Wirklichkeit
rufen!
Zwar haben wohl „Arhats” sich manches
.ersonnen,
Und „Rishis” sich manches zu eigen
.gewonnen,
Was in das Wirkliche
zielt und
weist,
Doch ‒
keiner war
selbst im lebendigen
.Geist! ‒
Und
ehre ich auch die „Upanishad”,
So ist sie doch immer nur
äußerer Pfad,
Der nicht weiter als
hirnhaftes Denken
.führt,
Und niemals
die Wirklichkeit selber
.berührt...
Wohl ist mir bekannt, was die „Weisen”
.ersannen
Und sich durch ihr Denken zu eigen
.gewannen, ‒
Doch weiß ich auch, wie sie sich irren
.mußten,
Im Wahn: ‒ zu besitzen, wovon sie
.nur „wußten”!
Ich will dem Glauben, der euch
heilig ist
Und dem ihr euch
verbunden fühlt,
.wie ich ihn
ehre,
Nicht Wehrer, sondern
Helfer sein,
Wenn ich euch lehre!
Denn seht: ‒ ich lehre euch das
Ewige
.empfinden: ‒
Den Geist der Ewigkeit,
in dem ich
.wachend lebe, ‒
Doch will ich wahrlich keine Meinung
.binden,
Durch das, was ich euch aus dem Meinen
.gebe!
Ich will dem Glauben, der euch
heilig ist
Und den ich
ehre,
Nicht Wehrer, sondern
Helfer sein,
Durch meine Lehre!
Denn seht: ‒ ich bin euch urgewisser
.Zeuge
Des Wirklichen, das euren Glauben
.schuf!
Damit der Irrtum nicht die Wahrheit
.beuge,
Erreicht euch aus dem Ewigen mein
.Ruf. ‒
Was ich von mir und den mir
.Geistgeeinten weiß,
Die wir, ‒ um unseres
Eigenlebens
.Preis, ‒
Mit Gott vereint in
Gottes Leben stehen,
Soll euch und denen, die euch folgen,
.nicht verlorengehen.
Es wird in unberechenbaren Zeiten
.Keiner euch geboren,
Der sich in gleicher Einheit
.Gott
vereinigt fände, ‒
Und darum wäre, was ich übermittle,
.euch verloren,
Wenn ich es nicht euch in Bericht
.und Gleichnis bände.
Gott ist nicht „unsichtbar”,
Wie wohl die Meisten meinen,
Doch muß er ganz und gar
Der Seele sich vereinen,
Eh' sie ihn
sehen lernt
In allem Seinen!
Gott ist nicht „unsichtbar”
Und ist auch zu
er-
hören,
Nur darf, was
Täuschung war,
Nicht mehr die Seele stören!
Gott ist nicht „unsichtbar”
Und ist auch zu
er-
fühlen,
Nur wird Gott
nie gewahr
Gedanklichem Erwühlen!
Gott ist nicht „unsichtbar”
Wie all' die Toren träumen,
Die, ‒ aller Ahnung bar, ‒
Ihn, ‒ und
sich selbst ‒ versäumen!
Der
Redner, ‒
Wenn auch nur der sichere und kühne, ‒
Steht er, benommen von sich selbst,
.auf der Tribüne,
Ist stets der Hörer
Herr und ihr
.Verführer:
Nur
seines eignen Schmiedefeuers Schürer.
Schon jeder Wendung werbende Betonung
Verschafft ihm auf der Stelle die Belohnung:
Den
Beifall derer, die sein Drängen drängt,
Bis sie sein Reden ihm zu Füßen zwängt.
Dem
Geistgeeinten, wäre auch zum
.Redner er „geboren”,
Wär' Wort und Sinn
zugleich im Geist
.verloren,
Wollte er Hörer
überreden und
.bezwingen,
Und all sein Streben müßte ihm mißlingen.
Er darf nur künden, was er selbst in
.sich erkennt,
So, wie die Ewigkeit es ihm mit Namen
.nennt,
Und muß es jedem selber überlassen,
Was er vermag zu finden und zu fassen!
Das, was ich niederschrieb,
Damit es hier verbleibe,
Auch wenn ich diesem mängelreichen Leibe
Mich ganz entziehen muß, ‒
Sobald er nicht mehr Hülle,
Und nicht mehr Werkzeug mir zu sein
.vermag, ‒
Das kam nur unter harten Widerständen,
Und meist auch unter weislicher Mißachtung
Aller Körperqual allhier zutag.
Mein Wort will nichts als
Lehre,
Und der Lehre
Weisung sein.
Es schließt in sich
Kein anderes Bestreben ein!
Und wie man mich auch nannte
Um mich zu „benennen”: ‒
In keinem dieser Worte
Konnt' ich mich erkennen. ‒
Was ich zu sagen kam,
Ist nicht die Ernte mühereichen Denkens,
Und nicht die dargebrachte Gabe
Dichterischen Schenkens!
Ich künde nur aus dem, was „ist”, ‒
Da, wo ich selber „bin”, ‒
Und weder nach Gelehrsamkeit,
Noch dichterischem Schaffen,
Stand jemals mein Sinn!
Vor mir, auf der Akropolis, der Parthenon,
Die Propyläen und das kleine Nikeheiligtum,
Hoch über hohen Treppen, hohen Mauern, ‒
Die Erechteionsäulen
Leicht ins Lichte strebend, ‒
Und neben mir, auf freier Fläche Fluchten,
Links der Theseustempel, ‒
Vorn unter mir die winkelreiche Stadt:
Da saß ich Tag für Tag,
Gewärtig mancher noch verborgenen Lehre,
Daß sie an dieser Stätte mir nunmehr,
Wie vordem zugesagt,
Eröffnet werde und das Meine mehre.
Hier kamen zu mir ‒ ungerufen ‒
Die mir Geistgeeinten,
Deren Vorgeborene einst die
Erwecker
.waren,
Der erhabenen Gestaltung Wunder
Die ich um mich sah, ‒
Bewußt in mir
Der Quelle aller lichten Ströme
Tief im Morgenlande,
Die auch der Abendländer Sinn
Befruchten sollen und befruchten müssen,
Und nicht weniger bewußt im Wissen,
Daß ich auch selber dieser Quelle
Lichte Grundquellader war und bin...
Nur was die Quelle
ursprunghaft
Umschließt,
im Geist der Ewigkeit,
Kann wahre Weihewandlung
Hier
im Irdischen erfahren. ‒
Nicht anders aber kann der Orient
Sein
echtes Geisteslicht
Jemals dem Okzident
in Wahrheit
.offenbaren!
Als mich die gleichen Ewigkeitsvereinten
Wiederfanden dann, ‒ jetzt Bringer
.höchster Gnade, ‒
Entboten sie mich an ein einsames Gestade,
Nur schwer erreichbar auf geheimem Pfade.
Hier ward mir erstmals aus vertrautem
.Mund
In Erdenlauten meine
Wortform kund,
Auf daß der Laute Folge dem Gefüge,
Das mich im
Geiste fügt, im
Ton genüge. ‒
Und klar, wie Widerhall,
Kam bald der
gleiche Klang,
Durch hoher Wogen Schall,
Zu brausendem Gesang . . .
Ein wenig Aberglaube hätte leicht vermeint,
Es habe sich „Natur” hier
Ewigem vereint!
Doch tönt mir heute noch der Ton im Ohr,
Als hört' ich wahrlich kosmischer Gewalten
.Chor.
Im Felsgestade einer Insel,
.das ich oftmals malte,
Wie es das blaue Sommerlicht umstrahlte
Bei dennoch wildbewegtem Meer,
.‒ und auch in Abendstunden,
Wenn sich die Ruhe mild
.zurückgefunden, ‒ *)
Dort ward, was ewig mir gehörte,
.meiner Zeit gewonnen,
Und das vordem Gestörte
.wieder neu begonnen . . .
Dort weihte alte, hehrumhegte Handlung
Mein Irdisches in schöpferischer Wandlung
Zu
geistiger Gestaltung um,
.wie sie
das Licht begehrte,
Das sich aufs neue dieser Welt bescherte!
‒ ‒
* Syra, eine der Kykladen.
Wähnt nicht, daß Geisteswandlung
.Erdenkörperliches
schone,
Und gar die Kräfte, die sie wandelt,
.noch dem Körper
lohne!
Was
hier „geopfert” werden muß, ‒
.muß seinem Erdenhaften „
sterben”,
Und läßt vom Leibe
niemals mehr
.sich
neu erwerben!
Doch diese Wandlung wandelt
.aller Körperzelle
Ererbtes, Dunkles um ‒
.zu strahlend lichter
Helle!
Das, was ich
bin, und was ich
war
.und ewig
bleibe,
Ist
zeitlich einverschmolzen
.nun dem
Erdenleibe!
Doch ist der Leib, ‒ als ein vergängliches
.Gebild der Erde ‒ :
Mir nur
vereint, daß er
.mir
dienstbar werde.
Bin ich ihm auch verschmolzen,
Ist der Leib mir dennoch
fremd und
fern.
Wo er mir dienen muß,
Dient er gewiß nicht „
gern”. ‒
Und wenn ich ihn auch hier
.in mir
erklingen heiße,
So bleibt er doch
mir „
fremd”
.und
ferne meiner „
Weise”! ‒
Nur ist sein Leben unerbittlich mir
.verpflichtet,
Bis es der letzte Atemzug vernichtet...
Der Weinberg, der die Lese bringt,
Von der das Lied der Zecher singt,
Liegt hoch an Südbergsrande
In meines Vaters Lande.
Die Sonne
brütet zwar den Wein,
Der Winzer aber weiß allein,
Was er mit hartem Plagen
An
Dung hinaufgetragen . . .
Denn, wenn dem Weinstock wird verwehrt,
Was aus der
Erde er begehrt,
Dann soll man keine Trauben
An ihm zu finden glauben!
Der Acker war mir anvertraut, ‒
Ich hab' ihn schlecht und recht bebaut
Und viel hat er getragen.
Da wurden in ihm Stimmen laut: ‒
„Er sei mir noch umsonst vertraut, ‒
Ich wüßt' ihn nicht zu fragen!”
Durch solche Mahnung bald belehrt,
Bin ich zum Hof zurückgekehrt
Und holte Hack' und Spaten.
Und grub des Nachts, und grub bei Tag,
Bis mir das Gold zu Füßen lag,
Das nie ich hätt' erraten.
Doch, wo ich grub und wo ich fand,
Läßt gutes altes Ackerland
Sogleich die Spur verschwinden.
Und wühlen Diebe spät und früh,
Sie werden doch, trotz Last und Müh'
Das Meine niemals finden!
Mir ward so mancher Kieselstein
Mehr wert als Diamanten,
Mocht' er auch gänzlich wertlos sein
All' denen, die ihn kannten.
Das machte: ‒ daß ich wiederfand
In ihm ein Altbekanntes,
Und schon aus urgezeugtem Land
Mir ursprunghaft Verwandtes!
Das machte: ‒ daß ich wiederfand
In ihm ein erstes Leben,
Das über starre Scheidewand
Sich wußte zu erheben...
Als ob ich ein Yogi wäre
Oder dunkler Künste Meister,
Suchten sie bei mir Rezepte
Um zu bannen jene „Geister”
Die sie selbst sich selber schufen,
Als verhängnisvolle Früchte,
Durch ihr lüsternes Berufen
Abergläubisch toller Süchte.
Als ob ich ein Fakir wäre,
Suchten sie von mir zu hören,
Wie sie leicht in ihrer Sphäre
Könnten Andere betören.
Manche, ganz und gar von Sinnen,
Glaubten gar, daß ich vermöge
Ihnen Alles zu gewinnen,
Wenn ich in ihr Netz es zöge.
Ließ ich aber sie erfahren,
Daß sie mich
vergeblich suchten,
Ward gar unwirsch ihr Gebaren,
Wenn sie mir nicht gar noch ‒ fluchten.
Glaubt mich nicht
fühllos,
Weiß ich mich auch still zu fassen
Und mag ich manche Ahnungslosigkeit
Mir gegenüber
Auch
gewähren lassen! ‒ ‒
Ich bin trotzdem kein totes Holzstück,
Bin kein Stein, der nicht erfühlt,
Wie euch die
Selbstumschnürung bindet
Und die
Herzenskälte matte Liebe
.kühlt! ‒
Ich
weiß auch, wie
ganz anders
Ihr euch darzubieten wüßtet,
Wenn ihr, des
Erdenvorteils wegen,
Euch bequemen müßtet...
Ihr, die das angeht,
ahnt ja nicht,
Wie ihr euch irrt, ‒
Und wie so klügliches Berechnen
Nur die Rechnung euch ‒ verwirrt!
Ihr rechnet
falsch
Mit jedem meiner Erdentage,
Und schafft euch
Schulden,
Wenn auch vorerst ‒
ich
„Die Kosten
trage”!
Zwar hieß mir mancher langhin „
Freund”
.vor manchen Jahren,
Und dankbar ließ ich meine Freundschaft
.ihn erfahren,
Trotzdem ich wahrlich geistig wußte,
.was ihn zu mir trieb, ‒
Und keiner Illusion Betörung
.mir für ihn verblieb.
Ließ ich nun ‒ scheinbar ‒ mich auch
.gern betrügen
Durch solcher „Freundschaft”
.freundschaftliches Lügen,
Das nur den armen Täuscher
selbst
.in sich beraubte,
So tat ich dennoch stets
.‒ aus milder Schonung ‒ so,
Als ob ich an sie glaubte...
Was mich auf Erden irdisch hier umgibt,
Wird geistig immer wieder
In sich selber neu erwogen und gesiebt.
Und habe es auch tausendmal
Mein Herz betrogen,
Und meine Liebe trügerisch gebunden,
So wird es doch zuletzt im Geist erwogen,
.und: ‒
„Zu leicht” befunden. ‒
Wenn es nicht vollgewichtig ist
Nach geistigem Erwiegen,
Muß es dem geistgesetzten
Ausschied unterliegen!
Von denen, die sich einst als „Freunde”
.gaben,
Dann aber, ‒ geistig ausgeschieden, ‒
Mir entfallen mußten
Oder mich verlassen haben,
War keinem zubestimmt,
Mir dauernd nahzustehen. ‒
So mußte jeder wieder
Seiner Wege gehen!
Ihr, deren
echte Freundschaft
Ich so lange schon gewahre,
Und
immer neu in jedem Wort,
In jedem
Blick und jedem
Brief erfahre,
In jedem
Tun und jedem
Nichttun neu
.empfinde, ‒
Euch widme ich, in froher Dankbarkeit,
Dies' Angebinde!
Ihr wißt: ‒ ich muß euch nicht erst
.„Freunde”
nennen,
Und daß ich
Freunde in euch sehe,
Vor der Welt
bekennen!
Ihr
seid mir Freunde meiner Erdenzeit,
Und
heut'
schon Freunde in der Ewigkeit,
In der ich ewig wirkte und aus der ich lebe,
Wie ich zu ihr ‒
Euch,
meine wahren Freunde! ‒
Heute schon erhebe.
Ihr wißt: ‒ es kann da zwischen euch
Und mir sich keine Trennung mehr ergeben,
Und wo
ich selber lebe, findet ihr
In mir, euch selbst in lichtem Leben!
Ihr seid: ‒ seit aller Ewigkeit
Mir
zugeeint
Und mir
vor jeder Erdenzeit
Im Geist vereint!
Wo ihr mich
sucht,
Dort habt ihr mich bereits
gefunden,
Denn wo wir
ewig leben
Sind wir längst
verbunden!
Vergesst nicht, liebe Freunde,
Daß
der „
Geist”
der Ewigkeit
Aus dem ich zu euch spreche
.wie ich sprechen
muß,
Kein Denken ist,
Kein Schauen,
Keiner Vorstellung Gebilde,
Kein Erkennensvorgang,
.sondern:
Unsichtbaren Lebens
Aethergleicher Ursubstanz Bekundung!
Erkennen, denkend Fassen,
In der Vorstellung erschauen,
Kann zwar
Folge
Des in seiner Ursubstanz
Gelebten Lebens sein,
Doch
keine dieser Fähigkeiten
Dringt in
ewiges, ‒
Aus Ewigem allein
Genährtes
Leben ein!
Es ist kein „Spiel”, dem ich frivol hier
.fröne,
Wenn ich mit meinem
Hinschied euch
.versöhne,
Auch wenn ich immer wieder noch ‒ ‒
Den Leib
erfange, ‒ zu allerletzt! ‒ . . .
Und dann
zurück gelange!
Mir ist der Tod zwar dieses
Leibens Ende,
Doch keineswegs auch meines Lebens
Wende.
Ich habe oft genug ihn klar erfahren und
.empfunden,
Und trotzdem immer wieder überwunden,
In starren, nächtlich dunklen Morgenstunden.
So ward er mir vertraut, wie Weniges auf
.Erden,
Und könnte nie mir mehr zum „Schrecken”
.werden.
Nur allerletztes müdes Leibes-leben
Kann ‒ vor der Endigung ‒ vor ihr
.erbeben.
Der Tod an sich ist ohne Schmerz,
.und keine Pein!
Er kann nur Löser aus des Leibes
.Peinen sein. ‒
Wie auch mein Irdisches sich enden mag: ‒
Seid überzeugt, daß mir sein letzter Tag,
Ob ich vermag, den Leib vor Qualen zu
.bewahren,
Oder ihn enden lassen muß
In ärgstem Pein-Erfahren,
Nur Lösung bringt
Von
lange schon Gelöstem
Aus irdisch Kleinem
Wie aus irdisch Größtem!
Mag sich durch
innere Organzerstörung
Oder
äußere Vernichtung
Letztlich meines Leibes Leben enden,
Es darf dann keine Gegenrichtung
Erdenhaften oder geistentstammten
Willens
Schicksalhaftes
wenden!
Was
vordem oftmals wendbar
war
Ist dann
Bedingung
Zu bleibender
Befreiung
Endlicher Erringung!
Am liebsten würde ich auf hohen Meeren,
An eines
Schiffes Bord gebettet,
Mich vom Leibe kehren,
Den man alsdann versenken
müßte in
.die tiefste Tiefe,
Aus der kein Ruf ihn mehr zum Ufer riefe.
So bliebe doch
die Grabstatt ihm erspart,
Vor der auf Erden ihn kein Wunsch
.bewahrt,
Wenn ich
zu Lande ihm verlorengehe
Und seine Erdenbindung schwinden sehe.
Bin ich jedoch der Körperhaft
.entwunden,
So bleibt an meinen Leichnam
nichts
.gebunden,
Was irgendwie zu
mir gehören würde!
Er ist dann nichts, als
abgelegte fremde
.Bürde. ‒
Euch, die ihr geistig,
Oder meiner Erdenbindung nach
Mir nahesteht und nahestandet,
Euch hier zu sehen nun, ‒
Schön schwarz gewandet, ‒
Um meinen Leichnam stehen
Und in Trauer sich ergehen,
Ist mir: ‒ muß ich das wirklich
Euch noch sagen?? ‒
Ein Bild, nicht ohne Lächeln
Zu ertragen.
Wie gerne möchte ich euch doch gewiß
.verschonen,
Davor, der nötigen Beseitigung
.der Schlacken beizuwohnen,
Die mir dann
fremder sind,
.als je ich Fremdes fand,
Zur Zeit, als
Leben ihnen vordem
.mich verband!
Doch, wollt ihr unbedingt
.den Erdenbrauch begehen,
So fühlt zu gleicher Zeit mich ‒
.frei der Hülle ‒
In meines gottgeeinten Lebens Fülle,
Euch Allen heiter nah vereint
.in innerstem Verstehen,
Im „Unsichtbaren” seelisch sichtbar,
.froh inmitten stehen!
Sucht mich auf keinem Friedhof
.und an keinem Grab!
Das, was ich euch und Kommenden
.einst gab,
Ist nicht an Stätten der Verwesung
.aufzufinden
Und keine Gruft vermag es,
.mich zu binden!
Ich kann euch jetzt nur
.in euch selbst begegnen
Und aus dem
Vater in euch selber
.segnen,
Gewahrt nur
selbst in euch,
.daß ich noch
lebe
Und euch mein
Ewiges
.zu
eigen gebe!
ENDE