DIE
WEISHEIT
DES JOHANNES
KOBERSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
BASEL
Um den Forderungen des Urheberrechts zu entsprechen,
sei hier vermerkt, daß ich im zeitbedingten Leben den
Namen Joseph Anton Schneiderfranken führe, wie ich
in meinem ewigen geistigen Sein urbedingt bin in den
drei Silben:
BÔ YIN RÂ
Copyright by
Kober'sche Verlagsbuchhandlung Basle 1952
Druck: Conzett & Huber, Zürich
AUS ALLEM DIESEM FOLGET, OO
DASS ICH EUCH DAS TESTA‐ OO
MENT JOHANNIS ABER UND OO
ABERMAL EMPFEHLE, DESSEN OO
INHALT MOSEN UND DIE OO
PROPHETEN, EVANGELISTEN OO
UND APOSTEL BEGREIFT...
GOETHE AN HERDER
20. FEBRUAR 1786
VERBORGENER Ströme glocken‐ OO
tiefes Rauschen tönt stetig fort OO
durch die Jahrtausende, und aller OO
Lärm des lauten Tages kann dieses tiefe OO
Rauschen nicht vor denen bergen, die es OO
hören wollen.
Zwar sind die Ohren derer, die den Lärm OO
erzeugen helfen, fast taub geworden, so OO
daß sie nur noch hören können, was mit OO
schrillen Lauten sie zuallernächst umtost; OO
allein, zu jeder Zeit gab es denn doch OO
auch Menschen, die sich den lauten Märk‐ OO
ten fernehielten und in stiller Mitter‐ OO
nacht den heilig ernsten, fernen Klängen OO
lauschten, die aus Urseinstiefen sich ver‐ OO
nehmen lassen.
Zu Zeiten aber werden diese Wenigen zu OO
Vielen, und ihre Ohren werden so ge‐ OO
schärft, daß sie die urgrundfernen Klänge OO
selbst im wildesten Getöse ihrer lärm‐ OO
berauschten Umwelt
deutlicher emp‐
OO
finden als den grellen Lärm, der sie daran
OO
zu hindern sucht.
Wir leben im Anbruch einer solchen
OO
Zeit!
Tagtäglich mehrt sich die Zahl der Hören‐
OO
den!
Sie stört nicht mehr das heisere Schreien
OO
der Jahrmarktsrufer, nicht das Brüllen
OO
wilder Tiere noch das Kastagnettenklap‐
OO
pern toller Tänzer, und lächelnd über‐
OO
hören sie das Schellenklingeln bunter
OO
Narrenkappen.
Sie hören nur den
einen, heilighehren
OO
Glockenton ‒ hören allein auf das stete
OO
klangtiefe Rauschen der
Ströme der
OO
Ewigkeit ‒ und suchen räumlich wie
OO
zeitlich in Nähe und Ferne ihresgleichen:
OO
suchen Menschen, die bekunden können,
OO
daß auch sie das gleiche tiefe Rauschen
OO
allerorten hören.
Mü
de sind heute die Besten aller bloßen
OO
Weisheit der Gehirne.
Längst lockt die Akrobatik des Gedan‐
OO
kens nur noch junge Greise oder alte
OO
Kinder.
Die geistreichen Schlüsse pfauenstolzer
OO
Klügler gelten kaum noch als billige
OO
Scheidemünze unter der ewig kindischen
OO
Menge, und man erhandelt nur zu‐
OO
weilen noch damit ihre Gunst, so wie der
OO
Seefahrer die Gunst der Wilden gewinnt
OO
durch bunte Gläser und glitzernde Per‐
OO
lenschnüre.
Wer aber, dem
Erwachen nahe, des
OO
Erdenlebens Wert in
Tat und
Wirken
OO
sucht, der verlangt nach
anderer Er‐
OO
kenntnis: verlangt nach einem
Inne‐
OO
werden sicherster
Gewißheit, die
OO
nicht schon morgen wieder
Ungewiß‐
OO
heit wird ‒ der nicht die Resultate
OO
fremder Forschung früher oder später
OO
ihre Fundamente unterwühlen können.
Zu allen Zeiten gab es Menschen, denen
OO
solche Gewißheit wurde.
Sie wird nicht
erschlossen und nicht
OO
erklügelt, und keines Menschen Hirn
OO
kann sie
erdenken!
Nicht Reichtum äußeren
Wissens ist
OO
vonnöten, um sie zu erhalten!
Wer du auch sein magst und wie hoch
OO
man auch dein Wissen werte ‒
Ge‐
OO
wißheit wirst du eher nicht erlangen,
OO
als bis du lernst, der schillernden Viel‐
OO
fältigkeit deines Denkens zu entsagen!
OO
Du hast aus «Gedankengängen» ein
OO
Labyrinth dir geschaffen, in dem du
OO
dich selbst verloren hast.
Du kannst dich nur wiederfinden, wenn
OO
du zurück zum
Eingang dieses Laby‐
OO
rinthes findest ‒ dorthin zurück, wo
OO
einst dein Denken
einfach war wie
OO
eines
Kindes Denken!
Auch die Menschen ferner Vorzeit kamen
OO
anders nicht zu Weisheit und Erkenntnis.
OO
Es leuchtet heute noch das
gleiche
OO
Licht, davon man staunend Kunde bei
OO
den alten Sehern findet; allein, wenn du
OO
im Dunkel der
Gedankengänge dich
OO
ergehst, wirst du es leichthin leugnen
OO
können, da sich seine Strahlen dorthin
OO
nicht ergießen.
Die Alten waren zu Zeiten wahrlich weit
OO
mehr «Herren der Erde» als diese neue‐
OO
ren Geschlechter, die sich durch ihr Er‐
OO
klügeln und Ersinnen stolzerfüllt die
OO
Kerkermauern selber aufeinandertürm‐
OO
ten, die ihnen dann den Blick in die Un‐
OO
endlichkeit verbauten...
Mit sicheren Instinkten wußten sie zu
OO
sichten und zu sondern und nahmen
OO
voller
Ehrfurcht jeweils in Besitz, was
OO
ihre Ahnen ihnen darzubieten hatten als
OO
unvergängliches, gewisses Weisheitsgut.
OO
So konnte aus der alten Tempel Trüm‐
OO
merstätten stets das Heilige gerettet wer‐
OO
den, und mochte auch in jedem neuen
OO
Sanktuarium ein neues Kultbild sich er‐
OO
heben, so blieb es letzten Endes doch
OO
der
gleichen Gottheit hüllendes
OO
Symbol und war den Eingeweihten sol‐
OO
cherart vertraut.
Die Menschen des nun schwindenden
OO
Geschlechts jedoch ‒ die selbst weit
OO
tiefer, als sie ahnten, durch gar mannig‐
OO
fachen Aberglauben wateten, und die ihr
OO
Wähnen,
Meinen und
Vermuten
OO
anmaßlich als
Wissen proklamierten ‒
OO
sahen in jedem Gottesbilde alter Zeiten
OO
nur den «Götzen», sahen in seinem Kulte
OO
nur der Alten «Aberglauben» und be‐
OO
merkten nicht, daß neben jedem Gottes‐
OO
kulte tiefgeheime
Weisheit schreitet,
OO
die freilich nur den
Mündigen allein
OO
sich offenbart. ‒ ‒
So ist denn auch die alte Sendschrift, die
OO
man das «
Evangelium Johannis»
OO
nennt, gar Vielen in den jüngstvergange‐
OO
nen Tagen und wohl auch noch in dieser
OO
heutigen Zeit zu nicht viel mehr als
OO
einem
Märchenbuch geworden, an‐
OO
gefüllt mit poesiegetränkten Zeugnissen
OO
längst überlebten Aberglaubens...
Allmählich frei nun von der Furcht, das OO
«Wort der Schrift», das früher als OO
ein Werk des Geistes Gottes galt, OO
auf seine zeitliche und erdgebo‐ OO
rene Gestaltung hin zu prüfen, hatte OO
man der alten Heidenlehren Spur darin OO
gefunden, und da man weiterhin ent‐ OO
deckte, daß auch das wundersame Gottes‐ OO
menschenbild des alten Buches mancher OO
alter Götterbilder Züge in sich eint, so OO
ward den Neueren ‒ soweit sie sich nicht OO
«Christen» nennen ‒ des ganzen Buches OO
Inhalt: frommes Hirngespinst.
Viel mochte dazu beigetragen haben, daß OO
man die alte Kunde nur in einer Form OO
besitzt, die allzudeutlich zeigt, daß vieler OO
Überformer törichtfrohe Arbeit ihr erst OO
die Gestaltung gab, die sie nun trägt.
Verderblich war es auch, daß man in OO
alter Zeit schon darauf ausgegangen war, OO
diese «Sendschrift» als ein Werk des
OO
Jüngers, den der Meister «
liebte»,
OO
darzustellen, und somit alles tat, um sie
OO
den
älteren Berichten anzugleichen,
OO
die von des hohen Meisters Erdenleben
OO
‒ Wahrheit und Dichtung nach Gefal‐
OO
len ineinandermengend ‒ legendenhafte
OO
Kunde bringen.
Man konnte so nicht mehr erkennen, daß
OO
dieses alte Buch ‒ einst über ein Men‐
OO
schenalter nach des Meisters Tod ent‐
OO
standen ‒ wohl jene Sagenkunden von
OO
des hohen Meisters Erdenwallen
nutzte,
OO
daß aber sein ursprünglicher Verfasser
OO
wahrlich
anderes erstrebte, als der
OO
alten Wunderbücher Zahl zu mehren.
Hier ist nun darzulegen, daß die alte
OO
Sendschrift, die einst frühe Überformer
OO
dem «
Johannes», den der Meister
OO
«liebte», zugeschrieben haben, die OO
Schrift eines «Wissenden» ist, der für OO
seine Getreuen schrieb, die längst «von OO
Mund zu Ohr» von einer Lehre OO
wußten, die wahrlich «frohe Bot‐ OO
schaft» allen war, die sie dereinst er‐ OO
reichte.
Aus gleichem gesicherten Wissen ist hier OO
auszusprechen, daß jener, der die Send‐ OO
schrift erstmals niederschrieb, noch im OO
Besitz von alten Schriften war, die in OO
getreulicher Abschrift Worte aus des OO
hohen Meisters eigenen Send‐ OO
schreiben gaben, wie sie der Jünger OO
Johannes nach des Meisters Tode in OO
Verwahrung nahm und seine eigenen OO
Schüler davon Abschrift nehmen ließ.
Des weiteren ist hier zu sagen, daß der OO
Jünger, den der Meister «liebte», als ein‐ OO
ziger unter den «Aposteln» um die tief‐ OO
sten Dinge wußte, die zu seines Meisters OO
Sendung in Beziehung standen.
Nach des Meisters Tode aber sammelte OO
er um sich die Wenigen, die da von OO
Anfang an die Lehre geistig faßten.
Als er dann selbst gestorben war, erhielt OO
sich dennoch die Vereinigung dieser we‐ OO
nigen Getreuen, verwahrend tiefes, ge‐ OO
heimes Wissen, das sich dem äußerlichen OO
Kultkreis nie bequemen konnte, der sich OO
alsbald gerundet fand als Frucht der Pre‐ OO
digt jener anderen Jünger, von denen OO
sich der Auserwählte schon gar bald nach OO
seines Meisters Tod in wachsender Ent‐ OO
fernung stets gehalten hatte, so sehr auch OO
die Legende, die der äußere Kult OO
sich schuf, bemüht ist, ihn den Ihren OO
eng verbunden zu erweisen.
Den Nachfolgern dieser Schüler des OO
Apostels ‒ die aber sehr zu unter‐ OO
scheiden sind von des Täufers Jün‐ OO
gern, der den gleichen Namen trug: OO
Jehochanan ‒ galt die Sorge dessen, OO
der die Schrift geschrieben hat, von der OO
ich hier zu reden haben werde.
Ihnen war wahrlich nicht zu kommen mit OO
jenen Wundersagen, die heute sich OO
in dem der Nachwelt dargebotenen und OO
überaus verdorbenen Buche finden, auch OO
wenn aus diesen Wundersagen manches OO
spricht, das Nachgeborenen das Bild des OO
Meisters hellen kann.
Sie wußten von einem Geisteswun‐ OO
der, das alle Wundersagen der Berichte OO
weit in Schatten stellte, und dieses OO
Geisteswunder kannten sie aus eigenem OO
Erleben. ‒ ‒ ‒
So sehr sie aber auch des hohen Meisters OO
Lehre, wie sie durch Johannes einst OO
verstanden worden war, als heiligstes Ver‐ OO
mächtnis hüteten, so trugen sie doch OO
keineswegs Bedenken, wo immer sie in OO
Lehren ihrer Zeit verborgener Wahr‐ OO
heit Fäden fanden, solche Wahrheit OO
auch dem Tempelvorhang einzuweben, OO
der in ihren Sanktuarien das Geheimnis OO
wahrte vor profanen Blicken.
Nur wenn man dieses alles wohlbeachtet, OO
ist auch heute noch ‒ trotz aller frem‐ OO
den Hände, die des ersten Schreibers Nie‐ OO
derschrift verdarben ‒ das bruchstück‐ OO
haft Erhaltene dem inneren Werte nach OO
zu fassen, soweit es töricht enger Kor‐ OO
rektur schon in der ersten Zeit entging. OO
So aber auch ist zu verstehen, daß der OO
Dichter diese Sendschrift über alle an‐ OO
deren alten Glaubenskunden stellt, wäh‐ OO
rend neuere Forschung allen Scharf‐ OO
sinn aufzubieten sucht, um durch den OO
wild überwachsenen Garten der Erkennt‐ OO
nis, den sie lichten soll, auch nur
einen
OO
leidlich gangbaren Weg zu bahnen. ‒ ‒
OO
Und fragt man mich nun, aus welchem
OO
Wissen ich mir selbst
Gewißheit holte,
OO
das in diesem Buche Darzulegende vor
OO
aller Mit- und Nachwelt zu vertreten, so
OO
muß ich als Erstes den Irrtum im Keime
OO
zerstören, als gäbe ich hier etwa Früchte
OO
eigenen «Erforschens».
Die Wege, die hier zur
Gewißheit
OO
führen, sind so eng und steil, daß jedes
OO
eigene Gepäck, und sei es auch ein Schatz
OO
des Erdenwissens höchster und sublimster
OO
Art, zurückgelassen werden muß, soll
OO
nicht der Fuß auf diesen Höhenpfaden
OO
straucheln. ‒
Es gibt ein «
Wissen», das
allein von
OO
diesen Dingen mit
Gewißheit wissen
OO
kann!
Hier sind «Beweise» denen nur erlang‐ OO
bar, die seit der Urzeit solche Art zu OO
«wissen» pflegen und den Bestä‐ OO
tigten in jedem Menschenalter weiter‐ OO
geben, was sie selbst auf gleiche Art er‐ OO
langten: ‒ die Fähigkeit des Wis‐ OO
sens aus der Selbstverwandlung, OO
wobei der Wissende zum Wissen aus OO
dem Gegenstand des Wissens wird. ‒ OO
Aus solchem Wissen aber rede ich.
Ich will Gewißheit geben und weiß, OO
daß anders Gewißheit nicht erlangbar ist. OO
Es liegt mir ferne, zum Glauben an meine OO
Worte überreden zu wollen.
Wer da ergründen will, ob ich der Wahr‐ OO
heit Wort und Stimme leihe, suche in OO
sich selbst ‒ in seinem Allerinner‐ OO
sten ‒ Bestätigung.
Er wird nicht vergeblich seine Zeit dar‐ OO
auf verwenden, das, was ich ihm zu zei‐ OO
gen habe, so zu sehen,
wie ich es ihm
OO
zeigen muß...
Zuweilen mag es also scheinen, als ob
OO
ich von dem Gegenstande dieses Buches
OO
mich zu weit entferne, und auch Wieder‐
OO
holung wird sich kaum vermeiden lassen.
OO
Es ist nicht meine Absicht, nach System
OO
und Regel zu verfahren.
Die alte
Sendschrift, die den Namen
OO
des «
Johannes» trägt, soll hier nicht
OO
etwa einen
Kommentar erhalten.
Es gilt hier nur, die
reine Lehre auf‐
OO
zuzeigen, deren Kenntnis der Schreiber
OO
bereits
voraussetzen durfte bei sei‐
OO
nen Getreuen.
Und weiter will ich hier dem Irrtum
OO
steuern, daß die alte Sendschrift
glei‐
OO
cher Glaubensmeinung Zeugnis sei wie
OO
die drei
älteren Berichte über des
OO
«Gesalbten» Leben, denen man in alter
OO
Zeit sie schon zur Seite stellte, nachdem
OO
sie dafür zubereitet worden war.
Es wird auch nötig werden, hier so man‐
OO
ches Textwort nun in helleres Licht zu
OO
stellen, als wenn es nur des
Beispiels
OO
halber oder als ein Mittel der
Verstän‐
OO
digung beiläufige Erwähnung finden
OO
sollte, wo es denn füglich auch in
her‐
OO
kömmlicher Lesart und Bedeutung
OO
seinem Zweck entsprochen hätte.
So möge nun die hohe
Weisheit, die
OO
trotz aller späteren Verdunkelung noch
OO
aus dem alten Texte strahlt, den man das
OO
«
Evangelium Johannis» nennt, ein
OO
Leitstern werden allen Suchenden, ‒
OO
ein Leitstern, der ihnen den Weg
zum Geiste erhellt! ‒
*
BEKENNERN seines Namens einst
OO
zum
Gotte geworden, und denen,
OO
die das Tiefste seiner Lehre nie er‐
OO
faßten, eine Beute erdenferner Phanta‐
OO
sie, ward späterer Zeit der hohe Meister,
OO
der die «frohe Botschaft» brachte, in
OO
einem Bilde überliefert, das nur in dürf‐
OO
tigster Kontur noch schwache Spuren
OO
seiner erdenhaften Züge zeigt.
Und doch muß jedem, der des hohen
OO
Meisters wahre Liebe fassen will, zu‐
OO
erst die
irdische Erscheinung des
OO
«Gesalbten» deutlich werden, will er
OO
nicht
Phantasiegebilden sich er‐
OO
geben und in weichlich frommen
Träu‐
OO
men sich berauschen.
Er, von dem man das Wort berichten
OO
konnte:
«WAS NENNST DU MICH GUT?
NIEMAND IST GUT, AUSSER GOTT!»
OO
‒ wie wäre er im
Innersten er‐
OO
grimmt, hätte jemals einer derer, die
OO
ihm nahe waren, es gewagt, ihm göttliche
OO
Ehren zu erzeigen und ihn einen
Gott
OO
zu nennen...
Und wie er die Wechsler und Verkäufer
OO
aus den Tempelhöfen ihres Gottes trieb,
OO
so hätte er jeden «mit einer Geißel aus
OO
Stricken» davongejagt, der ihm gesagt
OO
haben würde: «Meister, auch
dir wird
OO
man einst Tempel bauen!» ‒ ‒ ‒
Er war sich wahrlich seiner geistigen
OO
Würde wohlbewußt, so sehr er dann zu
OO
Zeiten auch sich klein und zaghaft fühlen
OO
mochte.
Wo wäre auch der Mensch zu finden, der
OO
stets nur im Bewußtsein seiner ganzen
OO
Kraft und seines
höchsten Wertes
OO
sich bekundet hätte?! ‒
Ist sein Bewußtsein überlichtet in der OO
hohen Geisteseinung mit dem «Vater», OO
den das Urwort aus dem Urlicht OO
offenbart ‒ dem großen «Alten», der im OO
«Anfang» ist: dem Menschen der OO
Ewigkeit in seiner urgegebenen Zeu‐ OO
gung ‒, dann wird sein Wort «gewal‐ OO
tig», und er fühlt sich über alles Irdische OO
emporgehoben. ‒ Der Leuchtende OO
des Urlichts zeigt sich dann in seiner OO
höchsten Geistesmacht. ‒
In Stunden erdenhafter Bindung aber OO
scheut er keineswegs davor zurück, auch OO
seine tiefste Seelenangst zu offen‐ OO
baren, und seine hohe Einsicht droht ihn OO
scheinbar zu verlassen.
«MEINE SEELE IST JETZT IN BE‐ OO
DRÄNGNIS. WAS SOLL ICH SAGEN? OO
VATER, RETTE MICH AUS DIESER OO
STUNDE!» OO
Er entzieht sich keineswegs dem Um‐ OO
gang mit anderen Menschen, auch OO
wenn sie durchaus nicht seine Anhänger OO
sind: ist fröhlich mit den Freudigen OO
und trauert mit den Betrübten.
Sein Mitgefühl macht ihn zum Schützer OO
der Armen und Unterdrückten, zu OO
denen er selbst gehört; aber gleichzeitig OO
wird er manches Reichen und Vor‐ OO
nehmen Freund.
Gern nimmt er Gastfreundschaft OO
an, selbst dort, wo er weiß, daß man OO
kaum an seine Sendung glaubt und ihn OO
nur geladen hat, um einen so seltsamen OO
Gast zu sehen.
Wo immer er Güte des Herzens fin‐ OO
det, ist er voll des liebendsten Verstehens; OO
nur Heuchelei und Herzenshärte OO
läßt ihn böse Worte finden.
Er drängt seine Lehre keinem auf; doch OO
wo er fühlt, daß man nach ihr ver‐ OO
langt, auch wenn man sie bewußter‐ OO
weise noch nicht kennt, dort gibt er, OO
was die Hörer ‒ seiner Meinung nach ‒ OO
wohl fassen sollten.
Er geht nicht auf Ehrungen aus; aber OO
wenn man ihn ehrt, so fühlt er sich OO
aller Ehrung wert, und wenn ein OO
enger Geist unter seinen Begleitern über OO
Verschwendung zetert, weil kostbare Salbe OO
dazu dienen muß, des Meisters Füße zu OO
erfrischen, statt daß man sie verkaufte, OO
um der Armen Not zu lindern, so OO
spricht er in Gelassenheit das Wort:
«ARME HABT IHR ALLEZEIT OO
BEI EUCH, MICH ABER HABT IHR OO
NICHT ALLEZEIT.»
Wobei er keineswegs ‒ wie die OO
spätere Auslegung will ‒ den baldigen OO
Tod vor Augen sieht, sondern lediglich OO
daran denkt, daß er nicht oft an dem
OO
gleichen Orte weilt.
Nichts Menschliches war ihm fremd, und
OO
er wußte gar wohl um den Kampf der
OO
Geistnatur im Menschen mit des
OO
Menschentieres schwer besiegbaren
OO
Gelüsten.
«IHR
VERURTEILT NACH DEM
OO
SCHEINE,
ICH ABER
VERUR‐
OO
TEILE NIEMANDEN; DENN AUCH
OO
DER
VATER VERURTEILT KEI‐
OO
NEN.»
Von seiner Sendung durchdrungen, er‐
OO
klärt er: man möge den «Tempel» ‒ die
OO
herrschende Priesterlehre ‒ stürzen, und
OO
«in drei Tagen» wolle er sich erkühnen,
OO
ihn wieder «aufzubauen».
Die ihn so sprechen hörten, wußten sehr
OO
genau,
wovon er sprach, auch wenn sie
OO
diese Worte wohlverwahrten, um ihn der
OO
Tempellästerung dann schuldig zu
OO
befinden.
Doch läßt er sich gerne auch
mißver‐
OO
stehen, wo er weiß, daß alle Erklärung
OO
ihm doch nicht
das Verstehen bringen
OO
würde, das er sucht. ‒
Im vollen Bewußtsein seiner geistigen
OO
Sonderstellung unter den Menschen sei‐
OO
ner Zeit kann er selbstherrlich sagen:
OO
«
IHR SEID VON
UNTEN,
ICH
OO
BIN VON
OBEN.
IHR SEID AUS
DIESER WELT,
OO
ICH ABER BIN
NICHT AUS
OO
DIESER WELT.»
Aber er wußte auch wie keiner derer,
OO
die ihm nahe waren,
woher ihm seine
OO
hohe Würde kam ‒ wußte um seine jahre‐
OO
lange geistige
Schulung, ‒ wußte um
OO
das harte
Ringen in
sich selbst,
OO
dem er endlich die
Gewißheit dankte,
OO
aus der er nun zu sprechen und zu
OO
lehren hatte, «anders als die Schrift‐
OO
gelehrten». ‒
Das hohe Mysterium seiner Sendung war
OO
nur wenigen bekannt, und selbst die
OO
Wenigen erfaßten es nicht, bis auf den
OO
Einen, den er «
liebte».
Nur dieser
Eine wußte auch um seines
OO
Meisters geistigen
Werdegang und um
OO
die tiefste
Begründung seines Rech‐
OO
tes, zu
lehren.
Als nach des Meisters Tode dann «die
OO
Herde sich zerstreute», sammelte dieser
OO
Jünger um sich, was
seiner Artung war,
OO
und gab sein Wissen denen weiter, die
OO
in seiner Schulung sich bewährten.
Erst eine spätere Zeit, die längst den
OO
äußeren Kult im steten Wachsen sah,
OO
der aus vorhandenen alten Riten sich ge‐
OO
staltet hatte und aus dem Bilde des hohen
OO
Meisters sich den
Kultgott schuf,
OO
sprengte den kleinen Kreis der
Geisti‐
OO
gen, die von
Johannnes einstens aus‐
OO
gegangen waren.
Als «Ketzer» gebrandmarkt, gingen sie
OO
in der Verborgenheit unter, und mit ihnen
OO
das
Bild des Meisters, der
nie in
OO
seinem Leben sich als «
Messias» aus‐
OO
gegeben hatte und es als Schändung sei‐
OO
ner selbst betrachtet hätte, sich auf die
OO
gänzlich
anders zu verstehenden Pro‐
OO
phetenworte zu beziehen, in denen
Spätere, nach seinem Tode, ihn
«vorherverkündet»
wähnten. ‒
*
HIER wird mir Auftrag nun und
OO
Pflicht, des hohen Meisters
OO
Werden aufzuzeigen, der ‒
OO
so verborgen auch sein Dasein der
Ge‐
OO
schichte blieb ‒ durch jene sagenhaf‐
OO
ten Kunden seines Lebens und den Kult,
OO
der alter Götterlehren dunkle Mystik
OO
unter
seinem Namen neu erblühen ließ,
OO
zu einem
Zeichen des
Widerspruchs
OO
wurde bis auf den heutigen Tag.
Ich werde hier berichten, was dem Schau‐
OO
enden sich zeigt, der aus
Gewißheit
OO
künden kann, was äußerem Erfassen
OO
längst entzogen ist.
Geboren zu
Nazareth in Galiläa ‒
OO
nicht etwa «Nazoräer» nur genannt nach
OO
einer mystischen Sekte ‒, wurde er von
OO
seinem Vater schon im zartesten Kindes‐
OO
alter samt der Mutter mit nach
Ägypten
OO
genommen, allwo zu jener Zeit gerade das OO
Handwerk des Vaters gut gelohnte Arbeit OO
fand. Aus dem, was so tatsächlich einst OO
geschehen war, wurde später die sagen‐ OO
hafte «Flucht nach Ägypten». ‒ OO
Nach wenigen Jahren dann: zurückge‐ OO
kehrt zu seinem Heimatort, half er, so‐ OO
bald er halbwegs herangewachsen war, OO
seinem Vater bei der Arbeit und lernte OO
so, fast noch im Spiel, die ersten Hand‐ OO
reichungen tun, soweit sie seinen Kräften OO
angepaßt erscheinen mochten.
So wurde er schon in früher Jünglings‐ OO
zeit des Vaters Gehilfe, wurde ein Zim‐ OO
mermann, was in jenen Zeiten heißen OO
wollte, daß er nicht nur bauen lernte, OO
was aus Holz zu bauen ist, sondern auch OO
alles gröbere Haus- und Ackergerät aus OO
Holz zu fertigen wissen mußte. Zum Er‐ OO
werben auch nur der geringsten äußeren OO
Gelehrsamkeit war weder
Zeit vorhan‐
OO
den, noch entsprach es
Sitte und
Ge‐
OO
wohnheit, daß ein armer junger Hand‐
OO
werksmann nach derlei Dingen strebe.
Erst als sein
geistiger Entwicklungs‐
OO
gang ‒ von dem ich nun zu künden
OO
haben werde ‒ längst
vollendet war,
OO
erlernte er durch Anleitung gelehrter
OO
Freunde, die er dann gewonnen hatte, die
OO
Kunst des
Schreibens in den Zeichen
OO
seiner Muttersprache.
Mit seiner
geistigen Entfaltung aber
OO
ging es also zu:
Vom Vater hatte er nur die
Gebete ge‐
OO
hört, die jeder fromme Jude zu beten
OO
pflegte.
An jedem Sabbat hörte er die übliche
OO
Erklärung des Gesetzes, das von
OO
den Alten überkommen war.
Auch hier war ihm, der selbst
nicht in
OO
den Schriften
lesen konnte, nur sehr
OO
weniges erschlossen.
Wohl aber ward ihm schon seit früher
OO
Jugend, wenn er müde von der
Arbeit,
OO
aber nicht im
Geist ermüdet, wachend
OO
noch auf seinem armen Lager ruhte, ge‐
OO
heimnisvolle
geistige Belehrung, die er
OO
selbst den Eltern streng verborgen hielt,
OO
durch die er aber mehr und mehr die
OO
Weisheit des Gesetzes zu erkennen
OO
glaubte, die ‒ wie er meinte ‒ jene
OO
Anderen erkannten, die in den Schriften
OO
selbst zu lesen wußten.
Wohl
verriet er sich dann und wann,
OO
wenn er die Älteren in der Gemeinde, am
OO
Sabbat oder an den hohen Festen, über
OO
Fragen des Gesetzes reden hörte und aus
OO
der inneren Belehrung her die rechte
OO
Antwort fand, so daß die spätere Legende,
OO
die den
Knaben zu
Jerusalem im
OO
Tempel unter
Schriftgelehrten
OO
lehrend zeigt, im Grunde doch auf wirk‐
OO
lichem Geschehen baut, wenn auch die
OO
Tempelpriester zu Jerusalem gewiß nicht
OO
diese ersten Hörer seiner Weisheit waren.
OO
Die erste Begegnung mit einem der
OO
«
Leuchtenden des Urlichts», de‐
OO
ren hoher Bruder er später werden sollte,
OO
da er
der Artung nach zu ihrem Kreis
OO
gehörte, längst
bevor er durch das
OO
irdische Auge das Licht der Erdensonne
OO
sah, wird ihm in seinen späteren Jüng‐
OO
lingsjahren schon
zu Capernaum, wo
OO
er zu jener Zeit in wochenlanger Arbeit
OO
bei Verwandten seines Vaters lebte und
OO
einen Auftrag seines Vaters auszuführen
OO
hatte.
Noch wußte er vorerst nicht, wer jener OO
war, der da in abendlicher Feierstunde OO
ihm am See begegnet war, den er dann OO
oftmals wieder an der gleichen Stelle traf OO
und der ihm mehr und mehr das Herz OO
zu öffnen und den Blick ins Innerste des OO
Seins zu hellen wußte.
Bald aber mehrten sich Begegnungen OO
von gleicher Art, so daß es ihm kaum OO
noch absonderlich erschien, von diesen OO
offenbar dem gleichen Kreise Zugehören‐ OO
den so aufschlußreiche Lehre zu emp‐ OO
fangen; nur hielt er alles sehr geheim, da OO
es ihm also aufgetragen worden war. So OO
hatte er mehrere Jahre zugebracht im OO
steten Wachsen seiner inneren Erkennt‐ OO
nis, als einer der Männer, die er nun wie OO
alte Freunde kannte, wenn er auch in OO
Ehrfurcht sich vor ihnen neigte, ihm einst OO
die Eröffnung machte: es sei nun für ihn OO
an der Zeit, eine geregelte Schulung OO
zu beginnen, obwohl er dadurch keines‐ OO
wegs von seiner Hände Arbeit abgehalten OO
werde.
Als Zweck der Schulung wurde ihm be‐ OO
zeichnet, daß er durch sie befähigt wer‐ OO
den solle, nicht nur selbst die Weisheit OO
des Gesetzes bis ins Letzte zu erkennen, OO
sondern daß er Anderen auch alsdann OO
die gleiche Weisheit zeigen könne, damit OO
die Vielen, die nach einer Seelenspeise OO
in den Schriften suchten, nicht nur der OO
Schriftgelehrten dürre Auslegung OO
erhielten, die ähnlich sei, als wenn ein OO
Hungernder nach Brot verlange und OO
man reiche ihm einen Stein.
Von da an stand er nun bewußt unter OO
kontinuierlicher geistiger Leitung derer, OO
zu denen er dem Wesen nach gehörte. OO
Sein Tagwerk konnte ihn nicht hindern, OO
diese Schulung durchzuführen und jede
OO
Prüfung zu bestehen, die sie von ihm
OO
forderte.
Sobald er zu straucheln begann oder
OO
angstvolle Zweifel ihn bedrohten, trat
OO
einer seiner Lehrer unvermerkt stets
OO
wieder ihm zur Seite, stärkte seinen Glau‐
OO
ben und verscheuchte die Dämonenwelt,
OO
die vordem ihn in Schrecken setzen
OO
wollte.
In jahrelanger Geistesschulung war er
OO
endlich so herangereift, daß ihm die
OO
letzten Schuppen von den Augen fielen
OO
und er selbst sich nun in seiner hohen
OO
Sendung sah.
In klarer Sternennacht, auf einer Felsen‐
OO
höhe nahe seinem Wohnort, erhielt er
OO
seine Weihe als ein
Meister der Licht‐
OO
erkenntnis, als ein
Liebender im
OO
Lichte, als ein
Leuchtender unter
OO
Leuchtenden...
Nun wußte er
sich selbst als «
Weg»,
OO
‒ nun wußte er
sich selbst als
OO
«
Wahrheit», ‒ nun wußte er
sich
OO
selbst als «
Leben» aus der Sonne
OO
aller Sonnen, aus dem Lichte, das die
OO
Ewigkeit erhellt. ‒
Von diesem Tage an begann er nun von
OO
dem, was ihm geworden war, auch Ande‐
OO
ren aufs deutlichste mitzuteilen.
Nun sprach er im Bewußtsein seiner
OO
inneren
Berechtigung und suchte an
OO
der Hand der alten Schriften, die ihm
OO
geistig jetzt erschlossen waren, den tief‐
OO
sten Sinn der alten Seherworte aufzu‐
OO
zeigen, obwohl er noch sein Handwerk
OO
weiter trieb wie ehedem.
Seine Zuhörer aber staunten sehr über
OO
seine Rede und wußten sich nicht zu er‐ OO
klären, woher denn ihm, dem Ungelehr‐ OO
ten, solches Wissen komme.
So unerhört erschien den Freunden und OO
den Anverwandten die Verwandlung sei‐ OO
nes Wesens, daß sie ihn, trotz aller Tiefe OO
seiner Worte, «von Sinnen» wähnten OO
und er sich schließlich nicht mehr in der OO
Heimat halten konnte.
So zog er denn von dannen, um sich an OO
anderem Orte, wo man ihn nicht kannte, OO
durch seiner Hände Arbeit zu ernähren OO
und durch sein Wort die Seelen zu er‐ OO
wecken. Aber wohin er auch kam, konnte OO
nicht seines Bleibens sein; denn man hörte OO
ihn Dinge sagen, die nie gesagt worden OO
waren, und die Schriftkundigen waren OO
voll des Neides darüber, daß viele ihm OO
mehr zu glauben schienen als ihnen. OO
Nun irrte er geraume Zeit umher, bis er OO
sich wieder nach
Capernaum wandte,
OO
das ihm lieb geworden war. Es hatte
OO
sich ja dort die erste Begegnung einst
OO
ereignet mit einem seiner hohen Brüder,
OO
die ihm auch jetzt Verheißung gaben,
OO
daß er allda die gesuchte Ruhe finden
OO
werde.
Dort in
Capernaum sollte ihm nun die
OO
Freundschaft eines begüterten Mannes
OO
werden, der ihn mit Freuden aufnahm
OO
und begeistert seinen Reden lauschte.
OO
Im Hause dieses Mannes fand er dann
OO
auch andere, gelehrte Freunde, und in
OO
diesem Zufluchtsorte lernte er durch sie
OO
seiner Sprache Schriftzeichen lesen und
OO
schreiben.
Das
Ansehen, das er hier bei den
OO
Wohlgeachteten genoß, hatte allmählich
OO
ringsum seinen Ruf verbreitet.
Da nun in jener Zeit das Volk des Glau‐ OO
bens war, daß ein solcher Weiser auch OO
über geheime Künste verfüge, durch die OO
er alle Krankheit heilen könne, so OO
kam bald dieser und bald jener in des OO
vornehmen Mannes Haus und bat, daß OO
der weise Rabbi ihn heile.
Anfänglich widersetzte sich der Meister OO
solchem Begehren und schickte die Kran‐ OO
ken zu den Ärzten.
Dann aber mehrte sich der Ansturm, und OO
von Erbarmen erfaßt, ging er zu den OO
Kranken hinaus, um sie zu trösten. Aber OO
es geschah, daß viele von denen, die er OO
berührt hatte, schon bald darauf sich OO
geheilt fühlten, so daß der Meister zu‐ OO
erst selbst nicht wußte, was er von sol‐ OO
chen Dingen halten sollte.
Es war ihm aber fernerhin nicht mehr OO
möglich, sich den Bitten der Kranken zu OO
entziehen, die nichts von ihm verlangten, OO
als daß er sie nur berühren möge.
Selbst von weit her wurden Kranke zu OO
ihm gebracht, und der Glaube an seine OO
«Wunderkraft» erstarkte mehr und mehr. OO
Bekannte sich nachher einer als geheilt, OO
so betonte stets der Meister selbst, daß OO
nur sein eigener Glaube ihm geholfen OO
habe.
Auch verbot er jedem strenge, von seiner OO
Heilung weiterzuerzählen, da er dem An‐ OO
drang kaum mehr sich gewachsen fühlte. OO
Im Laufe der Zeit jedoch erkannte er, OO
daß ihm eine Kraft des Heilens inne‐ OO
wohne und daß nicht der Glaube der OO
Geheilten nur allein ihrer Heilung Ur‐ OO
sache war.
Zwar konnte er nicht alle Krankheit OO
heilen; aber der Geheilten Zahl ward OO
trotzdem täglich größer.
Geraume Zeit des Tages brauchte er, um
OO
allen die Hände aufzulegen, die er heilen
OO
sollte.
Bis spät in die Nacht aber fand er Zu‐
OO
hörer um sich versammelt, die seiner
OO
neuen Gesetzesauslegung lauschten, und
OO
unter diesen fand er auch die Ersten, die
OO
ihm geeignet schienen, seine besonderen
OO
Schüler zu werden.
Ihnen
allein aber suchte er zu offen‐
OO
baren, woher
ihm selbst seine Weis‐
OO
heit geworden war.
Lange schon hatte er erkannt, daß er
OO
nun kaum mehr sein
Handwerk weiter
OO
betreiben könne.
Doch da er wußte, daß er stets das Nötige
OO
im Überflusse finden würde, wenn er ‒
OO
getreu dem
geistigen Gesetze ‒ es
OO
seinem «
Vater» überließe, ihn zu näh‐
OO
ren und zu kleiden, so kam keine Sorge
OO
in ihm auf, und schließlich bat er
OO
seinen Gastwirt, ihn nun ziehen zu las‐
OO
sen, damit er auch an anderen Orten leh‐
OO
ren könne.
Die Gegnerschaft der ersten Tage schien
OO
ihm nun längst nicht mehr bedenklich.
OO
Die ersten Schüler aber, die zu
Caper‐
OO
naum von ihm gefunden worden waren,
OO
wollten ihn nicht lassen und folgten ihm.
OO
Jeder von ihnen nahm auf seine Weise
OO
in sich auf, was der Meister ihnen zu
OO
geben hatte.
An manchen Orten, seines Rufes als
OO
Heiler wegen, mit seinen Schülern
OO
freudig aufgenommen, mußte er
OO
doch auch an anderen Orten
schroffste
OO
Zurückweisung erfahren, und für
OO
die Menschen seines
Heimatortes
OO
blieb er der anmaßende «
Narr», den sie
OO
schon zu Anfang in ihm gesehen hatten.
OO
Das Volk aber nannte seine Heilungen
OO
‒ dort, wo sie erfolgen konnten ‒
OO
«
Wunderwerke», und man verstand
OO
ihn nicht, wenn er in solchen Fällen stets
OO
betonte, daß nur der
eigene Glaube
OO
und die
ausströmende Kraft aus
OO
dem
Körper des Heilenden solche
OO
«Wunder» wirke.
Den alten Lehren seines Volkes gab er
OO
eine
Auslegung, durch die sie auch
OO
vor
höherer Erkenntnis noch bestehen
OO
konnten, und nur wo er sterilen Formel‐
OO
kram die Gläubigen bedrücken oder den
OO
düsteren Stammesgott der Vorzeit Opfer
OO
fordern sah, sprach er das Wort:
«
DEN ALTEN WARD GESAGT...
ICH ABER SAGE EUCH...!»
Nachdem er so fast ein Jahr in Galiläa OO
heilend und lehrend mit wechselndem OO
Erfolg umhergezogen war, glaubte er zu OO
erkennen, daß nur in Jerusalem sei‐ OO
nem Worte der rechte Nachhall werden OO
könne, und durch die Freunde von OO
Capernaum bereits bei deren Freun‐ OO
den in der Heiligen Stadt aufs beste an‐ OO
gekündigt, schloß er sich mit seinen OO
Schülern den Pilgern an, die zum Oster‐ OO
feste nach Jerusalem wallten.
Die vornehmen Freunde nahmen ihn OO
gastlich auf; aber sein erstes Auftreten OO
schon zog ihm den Haß der Tempel‐ OO
priester zu.
So verließ er bald die Stadt, kehrte aber OO
nicht nach Galiläa zurück, sondern blieb OO
in ihrer Nähe, um immer wieder kurze OO
Zeit in ihr zu verweilen, mied sie aber OO
doch mehr und mehr, nachdem er immer OO
deutlicher gewahr geworden war, daß
OO
seine vornehmen Freunde ihn kaum schüt‐
OO
zen könnten, falls er der
Priester‐
OO
schaft in die Hände fiele, die er gar
OO
hart in seinen Reden angegriffen hatte.
OO
Er
heilte und
lehrte, wo er auch war,
OO
so wie ehemals in Galiläa.
Es konnte darum nicht fehlen, daß er
OO
stets größerer Kreise
Hoffnung wurde,
OO
besonders unter den Armen und Entrech‐
OO
teten, die auf die knechtende Priester‐
OO
herrschaft noch weniger gut zu sprechen
OO
waren als auf die fremden Unterdrücker.
OO
So kam es denn, daß alles Volk immer
OO
mehr des Glaubens wurde, daß er der
OO
in alten Schriften vermeintlich
Verheis‐
OO
sene sei, der aus der Priester- und der
OO
Römer Knechtschaft nun die Armen be‐
OO
freien müsse.
Die aus dem immer ruhelosen Haufen OO
der Hauptstadt also dachten, hatten er‐ OO
fahren, daß der Meister kurze Zeit vor OO
dem Osterfeste wieder nach Jerusalem OO
kommen werde, und sie bereiteten alles OO
vor, um ihn, sobald er käme, zum Kö‐ OO
nige auszurufen, da sie der Priester OO
Macht nur durch die römischen Kohorten OO
gesichert sahen, der Römer Gewalt OO
aber aus ihrer Enge her nicht begreifen OO
konnten.
Als der Meister nun kam, zog man ihm OO
vor die Tore mit großem Jubel entgegen OO
‒ Männer, Weiber und Kinder ‒, und OO
ihre Sprecher verlangten von ihm, daß OO
er sie gegen die Bedrücker führe.
Überwältigt von allem, was er sah, ver‐ OO
ließ ihn hier die Sicherheit des inneren OO
Bestimmens, und so wie Moses nach OO
der Sage zweifelte, ob er dem Volke OO
Wasser schaffen könne, so
glaubte er
OO
vielmehr für kurze Augenblicke, die
OO
Macht, die man ihm zuerkennen wollte,
OO
könne
seiner Sendung Stütze
OO
werden.
Nur allzubald sah er den Irrtum ein, so
OO
daß er kaum die Stadt betreten hatte, als
OO
er dem aufgeregten Haufen sich entzog
OO
und in dem Hause eines seiner vorneh‐
OO
men Freunde Zuflucht suchte, bis die
OO
Menge durch der Römer Wachtsoldaten
OO
auseinandergetrieben war.
Allein, die Folgen seines kurzen Schwan‐
OO
kens ließen sich auf
geistigem sowie
OO
auf irdischem Gebiet nicht mehr ver‐
OO
meiden.
Längst schon den Priestern des Tempels
OO
als bitterer Mahner
verhaßt und um
OO
seines Ansehens bei dem Volke willen
OO
gefürchtet, hatte er jetzt selbst die
OO
Gelegenheit geschaffen, ihn bei der römi‐
OO
schen Obrigkeit zu verklagen als einen,
OO
der sich gegen ihre Herrschaft wende:
OO
einen
Aufwiegler des Volkes, der
OO
des Volkes
König werden wolle.
Es war die römische Obrigkeit wahr‐
OO
haftig Tumulte unter diesem Volke ge‐
OO
wohnt und hätte auch den neuesten am
OO
liebsten übersehen; allein, bei solcher
OO
Art der Klage war es nicht mehr möglich,
OO
die Verhaftung des Beschuldigten zu
OO
unterlassen.
Der weltkluge römische Prokurator, der
OO
deutlich sah, aus welchen Gründen man
OO
ihn hier gebrauchte, fühlte in seinem
OO
Stolze sich verletzt und suchte der Nöti‐
OO
gung zu einem Urteilsspruche sich zu
OO
entziehen.
So schob er die Vernehmung denen zu, OO
die Klage erhoben hatten.
Er ahnte nicht, wie sehr willkommen es OO
jenen war, den Gehaßten nun scheinbar OO
mit besten Gründen auch nach ihrem OO
Gesetze zu verurteilen.
Es gab seiner Worte genug, die man frü‐ OO
her nicht zu ahnden wagte und die ihn OO
nun des Todes schuldig erscheinen las‐ OO
sen konnten. Überdies hatte er ja «den OO
Tempel gelästert»: was wollte man OO
noch mehr! Da ihnen aber eines Todes‐ OO
urteils Vollstreckung unter der Rö‐ OO
mer Macht entzogen war, so brauchten OO
sie nur darauf zu beharren, daß er das OO
Volk verführe und sich zum Könige OO
ausrufen lassen wolle, um die römische OO
Gerichtsbarkeit zu zwingen, den haß‐ OO
geborenen Richterspruch an ihrer Stelle OO
auszuführen.
Die Folge war, daß der Gehaßte starb am
OO
römischen Kreuzesgalgen, nachdem ihn
OO
römische Söldner aus aller Welt und
OO
jüdische Tempelknechte schon fast zu
OO
Tode gepeinigt hatten.
Hier aber, als sein Erdenwirken schon
OO
beendet schien, vollbrachte erst der Mei‐
OO
ster jene größte
Liebestat, durch die
OO
er allen, die da Geistiges erschauen, über
OO
alle Menschengröße hoch erhaben bleibt
OO
für alle Zeiten, als der
Größte aller
OO
Liebenden, die je die Erde trug ‒ und
OO
keiner kann je nach ihm kommen, der
OO
ihn an Liebeskraft erreichen würde...
OO
In dieser letzten Stunde ist es ihm ge‐
OO
lungen, das
Menschentier in sich der
OO
Macht des
Geistigen zu
absoluter
OO
Einheit des Empfindens zu ver‐
OO
einen, so daß er die Vernichter seines
OO
Erdenlebens noch in der Vernichtung OO
lieben konnte wie sich selbst.
Die unsichtbare Erde, die diesen Erd‐ OO
ball in sich trägt gleichwie das Ei den OO
Dotter, ist seit jener heilighohen Stunde OO
der Macht des «Fürsten dieser Welt» OO
‒ des unsichtbaren, aber nur seiner OO
selbst und nicht im Geiste bewuß‐ OO
ten, vergänglichen Gewaltigen, der OO
in dem liebeleeren Dunkel der Materie OO
sich selbst erlebt und alles in sein eige‐ OO
nes Erleben ziehen möchte ‒ für alle OO
Zeit entwunden...
So wie er selbst in dieser Stunde über‐ OO
wunden wurde, kann alle Macht der OO
Finsternis auf dieser Erde nunmehr über‐ OO
wunden werden, durch jene, die um OO
solche Macht des Menschen wissen und OO
«guten Willens» ‒ wollend aus OO
der Liebe ‒ sind.
Wüßte die Menschheit der Erde um
OO
ihre Macht ‒ wahrhaftig, sie würde
OO
schon seit fast zwei Jahrtausenden der
OO
Erde Angesicht verwandelt haben, so daß
OO
den Menschen, die in diesen Tagen noch
OO
der Erde Not erleiden, ein Erdenzustand
OO
dargeboten wäre, der ihnen wie des Him‐
OO
mels Seligkeit erscheinen müßte. ‒
Zwar wird auf dieser Erde
nie ein
OO
«
Garten Eden» sich erschaffen lassen;
OO
allein, was hier sich dennoch wandeln
OO
läßt, ist so gewaltig, daß späte Enkel
OO
sicherlich in gleicher Weise voll Entsetzen
OO
stehen, finden sie die Spuren
heutigen
OO
Geschehens unter Menschen ‒ wie jeden
OO
heute Lebenden das Grauen packt, wenn
OO
er die Gräber jener Menschtierahnen
OO
öffnet, die, wie die Funde zeigen, ihrer
OO
Feinde Hirne aus den Schädeln saugten
OO
und das Mark aus ihren Knochen fraßen.
OO
Erst wenn diese Menschheit erkennen
OO
wird,
was sie vermag, sobald sie,
aus
OO
der Liebe wirkend, dieser Erde An‐
OO
gesicht zu wandeln sucht, wird jene
Liebestat auf Golgatha ihr end‐
lich fruchtbar werden. ‒
*
DAS GRÖSSTE, was ein Mensch
OO
der Erde je vollbringen konnte,
OO
ward noch im
Kreuzestod
OO
dereinst auf Golgatha vollbracht: ‒
des
OO
Erdenmenschen Schicksal ward
OO
gelöst aus kosmischer Verhaf‐
OO
tung! ‒
Es ist nun weiter zu berichten, was
nach
OO
des Meisters Erdentod sich noch ereig‐
OO
nete, da hier die
Wahrheit durch das
OO
Werk der frommen
Phantasie schon
OO
in den allerersten Zeiten
Übertün‐
OO
chung leiden mußte, durch die das
OO
wirkliche Geschehen aller späteren
OO
Zeit
verborgen bleiben sollte. ‒
Wohl trägt die fromme Mär in sich der
OO
Wahrheit
Kern, und wer ihn unter
OO
seiner Hülle fassen kann, wird nicht be‐
OO
trogen sein.
Wohl ist der Leuchtende aus seinem OO
Erdengrabe «auferstanden»; allein, OO
die irdische Erscheinung konnte OO
ihm in seiner «Auferstehung» nicht OO
mehr Träger seines Wesens sein.
Wohl ist der Leuchtende auch heute OO
noch bei dieser Erde und seinen Brüdern, OO
die in irdischer Erscheinung wirken, sicht‐ OO
bar in der geistigen Gestaltungsform, OO
die seiner erdenhaften Daseinsform, in der OO
ihn seine Jünger kannten, voll entspricht. OO
‒ Allein, dies alles kann gewiß nicht hin‐ OO
dern, daß dem irdischen Geschehen OO
nach des Meisters Tode für die Nachwelt OO
noch Bedeutung innewohne.
So sei denn dargestellt, was sich dem OO
Schauen zeigt, da doch der Kern des OO
frommen Glaubens, der die Menschen OO
durch Jahrhunderte hindurch beglückte, OO
in diesen Tagen kaum der Hülle mehr OO
bedarf, ja
durch die Hülle in Gefahr
OO
gerät, von denen
nicht erkannt zu
OO
werden, die ihn suchen. ‒
Es folge hier nun der Bericht:
Die vornehmen Freunde des Meisters
OO
hatten sogleich nach seinem Tode alles
OO
aufgeboten, um seinen
Leichnam
OO
durch den römischen Prokurator zu er‐
OO
halten, da vorher alles vergeblich gewesen
OO
war, was sie unternommen hatten, um
OO
den Todesgang ihm zu ersparen.
Der Prokurator aber ‒ des Meisters
OO
Freunden ohnehin wohlgesinnt und voll
OO
Verachtung gegenüber der Tempelprie‐
OO
sterschaft, die ihn zu zwingen wußte,
OO
einen Mann zu richten, der ihm nie und
OO
nimmer eine Staatsgefahr zu bilden schien
OO
‒ gewährte nur zu gerne nun den Freun‐
OO
den ihren
Toten, nachdem er vorher
OO
trotz dem besten Willen nicht imstande
OO
war, den
Lebenden ihnen zu retten.
OO
Als aber die Tempelpriester davon hör‐
OO
ten und mit Sicherheit wußten, daß ihnen
OO
kein Gehör beim
Prokurator würde,
OO
bestürmten sie den
Obersten der
OO
Stadtwache und erreichten, daß er
OO
ihnen Wächter stellte, die das Grab be‐
OO
wachen sollten; denn sie fürchteten sehr,
OO
daß des Toten Anhang sonst bei
OO
dem Grabe weheklage und seine
OO
Wut sodann gegen die Priester
OO
richte. So erhielt das Grab nun eine
OO
römische Wache, die den Auftrag hatte,
OO
jede Ansammlung dort zu verhüten.
Es lebten aber zu der Zeit die hohen
OO
Brüder des Meisters ‒ die ihn einst
OO
geschult und als der Ihren einen
voll‐
OO
endet hatten zu seinem
Priester‐
OO
königtum ‒ verborgen noch an nahen OO
Orten im judäischen Gebirge, und wäh‐ OO
rend seines Wirkens war der hohe Meister OO
ihnen oftmals in der Einsamkeit begegnet, OO
hatte oft sie an den Stätten ihrer Ab‐ OO
geschiedenheit besucht.
Sie wußten, was ihm widerfahren war, OO
und hatten ihn nicht retten können; denn OO
seine geistige Schuld: daß er ‒ wenn OO
auch für Augenblicke nur ‒ die äußer‐ OO
liche Macht auf Erden sich zur Seite OO
stellen wollte, hatte sein Geschick ent‐ OO
wunden jener hohen Geistesleitung, der OO
sie unterstanden und die auch ihn einst OO
führte, bevor er sich bei jenem Einzug OO
in Jerusalem für kurze Zeit betören ließ OO
durch das bestürmende Begehren derer, OO
die in ihm den Retter aus der äußeren OO
Bedrängnis sahen.
Die Wandlung der Gesetze in der un‐ OO
sichtbaren Erde, die er dann
selbst
OO
durch seine Liebestat auf Golgatha
voll‐
OO
brachte, hätte
sein Endesschicksal ihm
OO
erspart, wenn
vor ihm ein
Anderer
OO
ihr Vollbringer gewesen wäre.
Da aber diese Wandlung erst in seiner
OO
letzten Stunde sich
durch ihn vollbrin‐
OO
gen ließ, so mußten seine hohen Brüder,
OO
schmerzerfüllt und doch im Innern ju‐
OO
belnd seines Siegs gewärtig, ihn den Lei‐
OO
densweg betreten lassen. ‒ ‒
Sie wußten nun um sein
Grab, und
OO
ihnen war er
lebend nahe in seiner
OO
geistigen Gestaltung.
So taten sie, was zu tun war, völlig
mit
OO
seinem Einverständnis und
nach
OO
seinem Willen, damit kein törichter
OO
Kult um seinen
Erdenleichnam sich
OO
bilde.
Es war einer unter ihnen, der die Kunst OO
verstand, bei bloßer Wechselrede Men‐ OO
schen in magischen Schlaf zu bannen.
Dieser ging voran zu des Grabes Wäch‐ OO
tern, und da er wie ein Großer der OO
Römer gekleidet war, so gaben die Wäch‐ OO
ter ehrfurchtsvoll Antwort seinen Fragen, OO
bis ihre Zungen nur noch lallen konnten OO
und sie zuletzt in tiefen Traumschlaf OO
niedersanken.
Nun war die Zeit gekommen, die anderen OO
Brüder, die in der Nähe harrten, herbei‐ OO
zurufen.
Mit einiger Mühe öffnete man das Grab OO
und nahm den Leichnam sorglichst her‐ OO
aus. Dann legte man ihn, umbunden mit OO
seinen Leichenbinden, auf zwei lange OO
Tücher, die man mitgebracht hatte, so daß OO
er gleichsam auf dem einen saß, indes OO
das andere den Oberkörper hielt.
In monderhellter Nacht trug man sogleich OO
die geliebte schwere Bürde mit vieler OO
Mühe weit hinauf in das Gebirge, bis OO
zu einer Felsenschlucht, die man schon OO
vorher ausersehen hatte ‒ allwo ein OO
Scheiterhaufen tags zuvor bereitet OO
worden war und zwei der hohen Brüder OO
harrten.
Es waren aber diese Brüder vornehme OO
Männer aus fremdem Stamme ‒ einst OO
weit her vom Osten gekommen ‒, und OO
nach ihres Stammes Weise wurde der OO
teure Leichnam nun hier verbrannt, OO
wo man gesichert war vor jeglicher Stö‐ OO
rung. Das Licht des Mondes dämpfte zu‐ OO
dem jeden Feuerschein, und weit und OO
breit war dazumal in jener Wüstenei kein OO
Mensch gesiedelt, so daß man auch ein OO
Feuer nicht beachtet hätte, wäre nicht die OO
Schlucht schon Schutz genug gewesen, es OO
vor Entdeckung in der Weite ringsherum
OO
zu hüten.
Als dann im lichten Frührot die Glut
OO
erlosch, sammelten sorglich die hohen
OO
Brüder jeden Überrest, der noch ver‐
OO
blieben war, und trugen ihn, in Tücher
OO
eingehüllt, auf langer Wanderung dem
OO
Jordan zu, um dort das Letzte, das noch
OO
von des Meisters irdischer Erscheinung
OO
stammte, in dieses Flusses Fluten zu ver‐
OO
senken, so wie es in ihrem Stamme Brauch
OO
und Sitte war.
Sie blieben darauf, zurückgekehrt, noch
OO
geraume Zeit an ihren verborgenen Orten
OO
im Gebirge und suchten von dort aus
OO
dann und wann die Schüler des Meisters
OO
auf, die nach seinem Scheiden aus der
OO
Sichtbarkeit noch in seiner
geistigen
OO
Gemeinschaft blieben.
Zwölf Monde später aber verließen sie
OO
dauernd die Gegenden Palästinas, wan‐
OO
derten gen
Osten: ihrer Heimat zu ‒
OO
nahe dem höchsten Gebirge der Welt...
OO
Sie waren
wirklich jene «Könige» aus
OO
Morgenland ‒ die
Priesterkönige
OO
und
königlichen Priester ‒, die
OO
einst den «Stern» des jungen Zimmer‐
OO
manns aus Galiläa «fern im Morgenland
OO
gesehen» hatten und gekommen waren,
OO
ihn zu schulen, bis er seine Sendung
OO
selbst erfassen konnte, auch wenn sie
OO
nicht, wie jene spätere Sage will, schon
OO
zu des
Kindes Wiege knieten, um ihm
OO
ihre Gaben darzubringen. ‒
Die Sage formte nur auf ihre Art, was
OO
einst die Wenigen, die in des Meisters
OO
nächster Nähe waren, durch ihn selbst
OO
erfahren hatten und später denen, die bei
OO
ihnen Lehre suchten, in tief geheimer
OO
Rede anvertrauten.
Sie formte es wohl altem, fernem
Vor‐
OO
bild gleich, und dennoch wahrte sie der
OO
Wahrheit Züge; denn wenn auch
sie‐
OO
ben dieser hohen Brüder einst zu jener
OO
Zeit das öffentliche Wirken ihres neuen
OO
Bruders aus der Nähe sahen, so waren
OO
doch nur
drei von ihnen seine eigent‐
OO
lichen
Lehrer ‒ und
drei der Leuch‐
OO
tenden sind jeweils nötig, soll ein
neuer
OO
Ring der goldenen Kette ein‐
OO
geschmiedet werden, die von den
OO
ersten Tagen dieser Menschheit an sich
OO
stets erneuern muß in jedem Menschen‐
OO
alter. ‒
Der Schreiber jener alten Kunde, die
OO
man das «
Evangelium Johannis»
OO
nennt,
wußte von allen diesen Dingen
OO
und redete zu Menschen, die aus ge‐
OO
heimer Lehre vieles davon kannten.
Das Wissen um des Meisters hohe
Lehre
OO
setzt seine Sendschrift schon
voraus,
OO
und wenn die Lehre auch den
Wissen‐
OO
den aus manchem Wort entgegenleuch‐
OO
tet, so war sie doch den
Außenstehen‐
OO
den noch immer dicht genug verhüllt.
OO
Verhüllung aber forderte das geistige
OO
Gesetz zu jener Zeit.
Doch auch in des
Geistes Wirken gibt
OO
es der
Ebbe Zeiten und Zeiten der
Flut:
OO
‒ Zeiten der
Verhüllung und der
OO
Offenbarung.
So ist es denn heute möglich, da zu
OO
reden, wo man vordem
schweigen
OO
mußte.
Doch ist auch
heute keine Gefahr, daß
OO
etwa
Unberufene dem stillen Tem‐
OO
pel göttlicher Verborgenheit sich nahen
OO
könnten.
Die den Weg zu
finden wissen, der zu
OO
diesem Tempel führt, werden stets nur
OO
die Erwählten sein, die aus
reinster
OO
Herzensinbrunst suchen, bis ihnen
OO
die ersehnte
Führung wird
im eige‐
OO
nen «
Ich».
Geheimnisvoll Verborgenes wird ihnen
OO
sich enthüllen; doch was auch immer
OO
noch im Laufe der Jahrtausende sich
OO
dieser Menschheit
offenbaren mag,
OO
wird stets weit tieferes
Geheimnis in
OO
der Ferne zeigen, und
niemals wird die
OO
Gottheit sich dem Erdenmenschen als
OO
Gegenstand
begrifflichen Erfas‐
OO
sens überlassen. ‒
Nur
Bild und
Gleichnis dürfen von
OO
der letzten Wahrheit Kunde bringen!
Wer aber solche Wahrheit nicht mehr
OO
außen sucht; wer da erkannt hat, daß
OO
sie nur im
Innersten des
Innern
OO
Menschen faßbar werden kann «
von
OO
Angesicht zu Angesicht», dem
OO
zeigen Bild und Gleichnis
Weg und
OO
Weise, in das Innerste des Innern zu
OO
gelangen.
Dort kann ihm, ist er ein Berufener,
OO
noch vieles sich eröffnen, was ich hier,
OO
und so vor
jedem Menschenohr,
ver‐
OO
schweigen muß: ‒ sei es, daß Men‐
OO
schenwort die Weite dessen nicht um‐
OO
spannt, was hier zu sagen wäre, sei es, daß
OO
solches Wissen keinem nützen würde, der
OO
es nicht aus dem
Innersten erlangt,
OO
wo es allein
für ihn erfaßbar werden
OO
kann. ‒
Was ich zu sagen habe, ist mir selbst
OO
genau umrissen.
Ich kann nur darzustellen suchen, was
OO
mir darzustellen
aufgetragen ist, da‐
OO
mit das
Licht erneut die Finsternis
OO
durchdringe.
Es sind in diesen Tagen allerorten
viele,
OO
die nach Licht verlangen ‒
weit mehr
OO
als je zu einer früheren Zeit ‒,
OO
und heute ist geschriebenes Wort, das
OO
sie allein mit Sicherheit erreichen kann,
OO
längst nicht mehr in Gefahr, durch
Ab‐
OO
schrift umgeformt und so
gefälscht
OO
zu werden.
Wohl ihnen allen, wenn mein Wort zu
OO
ihren
Herzen findet und sie der
Fin‐
OO
sternis entreißt, damit sie auf den
OO
Weg gelangen, den höchste Liebe
schuf, und so zur Auferstehung
in sich selbst! ‒
*
DER ALTEN Sendschrift erste OO
Formung wiederherzustellen, OO
ist auch dem Schauenden un‐ OO
möglich, dem sich dagegen der ursprüng‐ OO
liche Inhalt zeigt in geistigem Erschauen OO
seiner urgegebenen Bedeutung und OO
keineswegs etwa in Worten jener alten OO
Sprache, in denen ihn die Urschrift OO
dargeboten hatte. ‒ Geistiges Erschauen, OO
das nur bei wachen, ‒ ja fast überwachen OO
Sinnen erreichbar ist, erfordert von dem OO
Schauenden, der noch an die Gesetze OO
dieser Erde durch die irdische Erschei‐ OO
nungsform gebunden ist, so unerhörte OO
Kräfte, um die Einstellung auf das OO
Erschaubare auch festzuhalten, daß über‐ OO
dies hier auch der Wert des Resultats in OO
keinerlei Verhältnis stehen würde zu dem OO
Aufwand, den die Erreichung dieses Re‐ OO
sultats verlangte, wenn man der ganzen OO
Urschrift ursprünglichen
Sinn in lük‐
OO
kenloser Folge wiedergeben wollte. Die
OO
Wenigen allein, die solches Schauen aus
OO
Erfahrung kennen ‒ und nur den
OO
noch im Erdenkleide hier auf dieser Erde
OO
Wirkenden der «
Leuchtenden des
OO
Urlichts» ist ein solches Schauen mög‐
OO
lich ‒, wissen um die Kraftausgabe lan‐
OO
ger Jahre, die da Vorbedingung ist, um
OO
in des
eigenen Erlebens Helle zu er‐
OO
blicken, was ein Menschengeist der Vor‐
OO
zeit in sich trug, als er sein Werk zu for‐
OO
men suchte.
Was so erschaut wird im
Erleben
OO
‒ nicht etwa
von außen her ‒, muß
OO
dann erst
neue Formung finden in den
OO
Worten dessen, der es schaut, um so in
OO
seiner eigenen Redeweise des
ersten
OO
Formers
wahre Meinung aufzuzeigen,
OO
in einer Wortform, die den Menschen OO
seiner Tage sich erschließen kann, selbst OO
wenn er dabei keineswegs darauf ver‐ OO
zichtet, sich auch der Worte zu bedienen, OO
die er in den Textfragmenten noch er‐ OO
halten sieht in ursprünglicher Ge‐ OO
staltung.
Es würden jene, die «das Wort der OO
Schrift» für «göttlich» halten, nur OO
frevelhafte «Schriftverfälschung» OO
wittern, und jene anderen, die ohnedies OO
aus eigener Erforschung wissen, wie es OO
in Wahrheit um die «Göttlich‐ OO
keit» des alten, arg entstellten Textes OO
steht, würden gleichwohl eine neue OO
Wiedergabe, die sich, ohne äußeren «Be‐ OO
weis» für ihre Findungen, als Resultat OO
des geistigen Schauens zu beken‐ OO
nen hätte, bestenfalls als Träumerei be‐ OO
werten. ‒
Ich werde dennoch ‒ wenn auch nur im OO
Bruchstück ‒ manches aus dem alten OO
Texte hier in diesem Buche wiedergeben OO
müssen und werde es hier wiedergeben, OO
so wie es sich dem Schauenden dem OO
Sinne nach enthüllt. Es sei mir aber OO
ferne, frommen Glauben anzutasten, OO
der den arglos Gläubigen beglückt und OO
ihn ‒ ist er es wert ‒ auch in der wun‐ OO
derlichsten Form zur Wahrheit füh‐ OO
ren kann.
Gleich ferne liegt mir die törichte Ab‐ OO
sicht, was ich in diesem Buche bringe, OO
der gelehrten Forschung zu emp‐ OO
fehlen, obwohl ich in mir selber gute OO
Gründe finde, um hier auszusprechen, OO
daß sicherlich noch manche alte Hand‐ OO
schrift ihres Finders harren dürfte, aus OO
der sich meiner Wiedergaben Richtigkeit OO
dereinst erweisen lassen wird...
Hier sei zuerst nun aufgezeigt, wie jene OO
Glaubenseiferer des neuen Kultes, denen OO
einst die alte Sendschrift in die OO
Hände fiel, mit ihrem Texte skrupellos zu OO
schalten wußten.
Der unbekannte Verfasser dieser Send‐ OO
schrift hatte einst ‒ dem Sinne nach OO
‒ geschrieben:
«IM ANFANG IST DAS WORT, UND OO
DAS WORT IST IN GOTT, UND GOTT OO
IST DAS WORT.
ALLES HAT DASEIN NUR IN IHM, OO
UND AUSSER IHM IST NICHTS OO
IM DASEIN: AUCH DAS GERINGSTE OO
NICHT. IN IHM HAT ALLES LEBEN, OO
UND SEIN LEBEN IST DER MEN‐ OO
SCHEN LICHT.
DAS LICHT LEUCHTET IN DER OO
FINSTERNIS, UND DIE FINSTERNIS OO
KANN ES NICHT AUSLÖSCHEN. OO
ES IST IN DER WELT, UND DIE WELT OO
IST AUS IHM GEWORDEN; ABER OO
DIE WELT ERKENNT ES NICHT. OO
ES IST IN SEINEM EIGENEN; ABER OO
DIE IHM EIGEN SIND, NEHMEN OO
ES NICHT AUF.
ALLEN ABER, DIE ES AUFNEH‐ OO
MEN, GIBT ES MACHT, GOTT‐ OO
GEZEUGTE ZU WERDEN: DIE OO
NICHT GEZEUGT WERDEN AUS OO
DEM BLUTE, NICHT AUS DES OO
WEIBES WILLEN, NICHT AUS OO
DES MANNES WILLEN, SONDERN OO
AUS GOTT GEZEUGT, AUS DER OO
FÜLLE DER GNADE UND WAHR‐ OO
HEIT.» OO
Hier war einst der Zusammenhang durch OO
nichts anderes unterbrochen, und es OO
war lediglich Absicht des Verfassers, OO
durch diese Worte, die sich im engsten OO
Anschluß an die damals verbreitete Lehre OO
vom «Logos» hielten, den Getreuen, an OO
die seine Sendschrift gerichtet war, einen OO
deutlichen Hinweis zu geben, in welchem OO
Sinne er das nun Folgende aufgefaßt OO
wissen wollte.
Und dann erst begann er die Erzählung OO
von dem Täufer, die er bereits in den OO
alten Schriften vorgefunden hatte, auf OO
seine Weise zu verwerten, da er nicht nur OO
zu den Jüngern des Täufers, die OO
zu jener Zeit noch zu finden waren, sich OO
im Gegensatze wußte, sondern auch OO
den Seinen zeigen wollte, daß weder die OO
strenge Askese, die der Täufer als ein OO
Abgesandter einer mystischen Sekte einst OO
gepredigt hatte, das Heil gewähre, noch OO
die Wassertaufe des neuen Kultes, OO
der sich nach dem hohen Meister OO
nannte. Daneben aber wollte er dem Irr‐ OO
tum wehren, als sei der hohe Meister ‒
OO
wie es ältere Sage wollte ‒ erst des Täu‐
OO
fers
Schüler gewesen, bevor er selbst
OO
zu lehren begann.
Darum läßt er des
Täufers Jünger die‐
OO
sen verlassen, als er selbst bekennen muß,
OO
daß er zwar mit
Wasser taufe, jener
OO
Jehoschuah aber mit
Geist zu taufen
OO
wisse.
Dies nun sagten ‒ dem
Sinne nach
OO
‒ die ursprünglichen Worte:
«ES WAR EIN MENSCH, DER NANNTE
OO
SICH
JEHOCHANAN.
UND DIES IST ZU BETHANIA GE‐
OO
SCHEHEN, JENSEITS DES JORDANS,
OO
WO JEHOCHANAN TAUFTE.
JEHOCHANAN SPRACH:
ICH TAUFE MIT
WASSER; ABER
OO
ES IST EINER IN EURER MITTE UND
OO
IHR KENNT IHN NICHT: DER WIRD OO
TAUFEN MIT GEIST!
NICHT WERT FÜHLE ICH MICH, IHM OO
AUCH NUR DIE RIEMEN SEINER OO
SANDALEN ZU LÖSEN.
EINES ANDERN TAGES ABER STAND OO
JEHOCHANAN DA MIT ZWEIEN SEI‐ OO
NER JÜNGER.
UND ALS ER DEN JEHOSCHUAH OO
VORÜBERGEHEN SAH, SPRACH ER; OO
DIESER IST ES!
ICH KANNTE IHN SELBST NICHT; OO
ABER DER MICH BEAUFTRAGT HAT, OO
MIT WASSER ZU TAUFEN, SPRACH OO
ZU MIR:
WENN DU EINEN SEHEN WIRST, ZU OO
DEM EIN GEIST HERABKOMMT OO
UND ER BLEIBET IN IHM: DER IST OO
ES, DER MIT GEIST ZU TAUFEN OO
KOMMEN WIRD.
UND JEHOCHANAN BEZEUGTE UND
OO
SPRACH:
ICH SAH EINEN GEIST AUF IHN
OO
SICH NIEDERSENKEN, WIE SICH
OO
EINE TAUBE NIEDERLÄSST, UND
OO
DER GEIST BLIEB IN IHM.
UND DIE ZWEI JÜNGER HÖRTEN
OO
IHN DAS SAGEN UND FOLGTEN DEM
OO
JEHOSCHUAH.»
Läge die
Urschrift heute einem Über‐
OO
setzer vor, so könnte er vielleicht die
OO
Form der Sätze anders wiedergeben,
OO
vermöchte aber keinesfalls zu anderer
OO
Bedeutung zu gelangen.
Es war dem Verfasser der alten Send‐
OO
schrift
keineswegs daran gelegen, daß
OO
sich die Form, in der er die Erzählung
OO
gab, mit den Berichten deckte, die aus
OO
ihr sich die Bestätigung zu schaffen such‐ OO
ten, daß der Täufer in dem Meister den OO
«Messias» erkannt und bekundet habe. OO
Es fehlt hier auch vieles, das man an OO
gleicher Stelle in der heute überlieferten OO
Textgestaltung findet.
Was hier aber fehlt, ist in dem über‐ OO
lieferten Texte Zutat der gleichen OO
Gehirne, die den Urtext so zu ändern OO
wußten, daß des Täufers schon Erwäh‐ OO
nung geschieht in den Worten, die der OO
ganzen Sendschrift Auftakt bilden.
In mannigfacher Abwandlung suchten sie OO
den Urtext den ihnen heiligen früheren OO
Berichten anzugleichen.
Was in der ersten Zeit des neuen Kultes OO
«Abschrift» hieß, war nichts als Para‐ OO
phrase, und jeder Schreiber, der aufs OO
neue Abschrift nahm, hielt es für durch‐ OO
aus gut und richtig, den Text so zu ver‐ OO
ändern, daß er seiner eigenen Glau‐ OO
bensmeinung Stütze wurde.
Auf solche Weise ist der Text der ganzen OO
Sendschrift oftmals umgestaltet worden, OO
bevor der Text entstand, der aller über‐ OO
lieferten Gestaltung nun zugrunde liegt.
Man kann bedauern, daß die Urschrift OO
nicht erhalten ist; allein, man darf OO
nicht ‒ durch seine Wünsche bestimmt OO
‒ das heute Überlieferte nach Möglich‐ OO
keit zu retten suchen, sondern muß sich OO
klar darüber werden, daß weit mehr OO
davon Veränderung und Zutat ist, OO
als das Erhaltene ausmacht, was noch OO
originale Züge trägt. ‒ ‒
Nur wer die Lehre in sich aufgenommen OO
haben wird, die einst der hohe Meister OO
den Getreuen gab und die noch in dem OO
kleinen Kreis lebendig war, an den der OO
Urschrifttext dereinst erging, der wird mit OO
aller Sicherheit erfühlen, was noch
Ur‐
OO
schriftprägung trägt und was da
OO
fromme
Fälschung ist.
Solange sich nicht wohlverwahrte alte
OO
Texte finden lassen, die der Urschrift
OO
immerhin noch
näher stehen als das
OO
heute Überlieferte, wird dies der
einzige Weg sein, hier zur
Klarheit zu gelangen.
*
DES hohen Meisters
reine Lehre,
OO
die er allein nur den Ge‐
OO
treuen gab, reicht wahrlich
OO
weiter als die Lehren
ethischer Natur,
OO
die er
vor allem Volke sprach, und
OO
als jene, die man später aus der «Heid‐
OO
nischen» Weisen Schriften nahm, um sie
OO
in des hohen Meisters Mund zu legen. ‒
OO
Es war diese reine Lehre nicht seines
OO
Denkens Frucht, und nicht in frommer
OO
Verzückung der
Ekstase hatte er sie
OO
erlangt.
Was er zu geben hatte an die wenigen
OO
Getreuen, die «
das Geheimnis des
OO
Reiches Gottes» erfassen sollten,
OO
stammte aus dem Weisheitsgut der gei‐
OO
stigen Gemeinschaft, der er zugehörte.
OO
Uraltes,
heiliges Wissen: ‒ jedem
OO
derer, die es hier in diesem Erdenleben,
OO
als der geistigen Gemeinschaft Glieder,
OO
in sich selbst erlangen, nur in
wache‐
OO
stem Erleben faßbar ‒ formte er auf
OO
seine Weise und in
seiner Sprache, so
OO
wie da
jeder der «
durch Selbstver‐
OO
wandlung Wissenden» stets nur die
OO
gleiche
Wahrheit künden kann, in Bil‐
OO
dern und in einer Sprache, die ihm selbst
OO
zu eigen wurden, auch wenn in solcher
OO
Sprache und in solchen Bildern manches
OO
wiederkehren mag, das alter Prägung ist.
OO
So wußte er die Schüler, die ihm folgen
OO
konnten, einzuführen in das Innerste des
OO
Seins und ihnen eine Vorstellung von
OO
Gott zu übermitteln, die sehr wesentlich
OO
sich von der öffentlichen Priesterlehre
OO
unterschied.
Er sprach zu Menschen, die aus keiner
OO
hohen Schule kamen und denen es ge‐
OO
nügte, wenn er ihnen von dem
Urlicht,
OO
das sich selbst als
Urwort spricht, zu
OO
sagen wußte:
«
GOTT IST
GEIST, UND DIE IHN
OO
ANBETEN: IM
GEISTE MÜSSEN SIE
OO
DIE WAHRHEIT ANBETEN.»
Was er den Getreuen aber unermüdlich
OO
zu zeigen sich mühte, war der
Weg, um
OO
in das
Reich des Geistes zu ge‐
OO
langen, in dem «viele Wohnstätten»
OO
sind ‒ vielerlei Möglichkeiten des Er‐
OO
lebens ‒ je nach der Höhe der An‐
OO
schauungsweise, zu der sich des Menschen
OO
Geistiges, ist es einmal erweckt, zu er‐
OO
heben vermag.
Nicht immer ist es im gleichen
Sinne zu
OO
verstehen, wenn der Meister vom «Reiche
OO
Gottes» spricht!
Wohl sagt er, daß das Reich der Him‐
OO
mel im Menschen sei; allein, er weiß OO
auch zu sagen, daß keiner das Reich OO
Gottes «sehen» könne, der nicht «von OO
neuem geboren» werde. Hier wird OO
Verwirrung nur vermieden, wenn man OO
weiß, daß einmal nur von der Art des OO
Menschengeistes gesprochen wird, der OO
latent die Erlebnismöglichkeit in OO
sich enthält, durch die ihm das Reich des OO
Geistes Gewißheit werden kann, doch OO
ohne die Fähigkeit, sich in den höchsten OO
Regionen geistiger Welten bewußt wie OO
hier im Erdenleben und noch wäh‐ OO
rend dieses Erdenlebens zu empfinden OO
‒ und ein andermal von dem höch‐ OO
sten Ziele des Menschengeistes: daß er OO
nach diesem Erdenleben und vielleicht OO
erst nach einer langen Vorbereitung in OO
der geistigen Welt eine neue Lebens‐ OO
form erlange, in der er erst sich selbst OO
im
Innersten des geistigen Reiches
be‐
OO
wußt und wirkend erleben kann. ‒
OO
Es sind hier
verschiedene aufein‐
OO
anderfolgende
Zustände im Auge zu
OO
behalten.
Der erste ist die
Erweckung des Men‐
OO
schengeistes aus seinem Schlafe im Men‐
OO
schentiere, wodurch er, aus der Nacht der
OO
Nichterkenntnis erwachend,
ahnend
OO
erfühlt, daß er
nicht von dieser
OO
Erde ist: daß er aus einem Lebensreiche
OO
stammt, in dem das Leben
anderer Ge‐
OO
setze Formung ist als hier in dieser
ir‐
OO
dischen Erscheinungswelt. ‒ Hieraus
OO
ergibt sich als zweites dann das Entgegen‐
OO
streben, dem
Urlicht zu, aus dem
OO
durch des Geistes hierarchisch geordnetes
OO
Leben stufenweise weitergeleitet, letzten
OO
Ursprungs das Leben des Menschengeistes OO
in ewigem Sein sich findet.
Diesem Entgegenstreben aber kann noch OO
während dieses Erdendaseins Erfül‐ OO
lung werden, indem ein «Geistes‐ OO
funke», ein Strahl aus dem Urlicht OO
‒ durch alle hierarchischen Stufen gei‐ OO
stigen Lebens herabgeleitet ‒, im Men‐ OO
schengeiste und aus dieses Menschen‐ OO
geistes Kräften einen geistigen Orga‐ OO
nismus schafft, durch den sich der OO
Menschengeist vereinigt findet mit OO
diesem göttlichen «Geistesfunken» oder OO
«Strahl» des Urlichts, den er erkennt OO
als seinen «lebendigen Gott».
Nun ist ihm sicherste Gewißheit ge‐ OO
worden, was vorher nur ahnendes Er‐ OO
fühlen war: ‒ er ist sich seines Lebens OO
im Geiste und aus dem Geiste be‐ OO
wußt!
Noch aber ist er keineswegs fähig, OO
auch jenes hohe Geistesreich bewußt OO
und handelnd betreten zu können, OO
aus dem er einst sich selbst durch seine OO
Willensneigung löste in jenem «Fall» OO
aus hohem Leuchten, der ihn an diese OO
irdische Erscheinungswelt verhaftet OO
hat. ‒
Hierzu ist anderes vonnöten; und wenn OO
er auch der Erde irdische Gestaltung OO
einstens nicht mehr trägt und sich in OO
Geistesform nach seines Körpers Erden‐ OO
tod bewußt und lebend findet in den OO
niederen Regionen geistigen Lebens, so OO
bleibt ihm dennoch jenes höchste, OO
innerste der geistigen Erscheinungs‐ OO
reiche ‒ «das Reich Gottes» im höch‐ OO
sten Sinne ‒ so lange verschlossen, bis OO
er in ihm «aufs neue geboren» wird: OO
aus geistigem Samen neu gezeugt ‒ OO
aus den Urwassern des
Lebens im
OO
Geiste.
«
Geburt» in
irdische Erscheinungs‐
OO
welt ist die Frucht der Weiterzeugung
OO
tierischen Lebens und ermöglicht
OO
allein Bewußtsein und Handeln in die‐
OO
ser
irdischen Erscheinungswelt.
Wer nicht in sie
geboren wird, kann
OO
anders nicht in sie hineingelangen: ‒ sie
OO
ist ihm nicht erschlossen, auch wenn er
OO
um sie wüßte.
So auch kann in keine der
geistigen
OO
Erscheinungswelten ‒ und alles, was im
OO
Reiche des Geistes lebt, ist sich nur er‐
OO
faßbar als geistige
Erscheinung ‒
OO
ein Menschengeist hineingelangen, er sei
OO
denn
hineingeboren.
Ursprü
nglich ist nun der Menschengeist
OO
in jenes innerste «Reich Gottes», aus
OO
Gott gezeugt, von Ewigkeit her «geboren», OO
ließ aber den geistigen, gottgebore‐ OO
nen Organismus ‒ in diesem Bilde ge‐ OO
sprochen ‒ im innersten Reiche des OO
Geistes zurück, allwo er wieder der Kraft OO
der Gottheit sich verschmolz, so daß eine OO
individuelle «Wiedergeburt» erfol‐ OO
gen muß, soll sich der Menschengeist in OO
jenem «Reiche Gottes» einst be‐ OO
wußt und handelnd finden können. OO
Vorher ist der Menschengeist, auch bei OO
höchster Entfaltung durch das Erden‐ OO
leben, nur seiner selbst und seines OO
lebendigen Gottes bewußt und fin‐ OO
det sich nach dem «Tode» des Erden‐ OO
körpers nur in jenen niederen geisti‐ OO
gen Welten, deren Organismus ihm OO
keimhaft erhalten blieb, auch nach OO
seinem Falle in tierische Erscheinungs‐ OO
welt ‒ als einzige geistige Daseinsform, OO
die er hier noch besitzt und zu entfalten OO
vermag durch seine Haltung im Erden‐ OO
leben. Von diesem höchsten und letzten OO
Ziele allein aber läßt der Verfasser der OO
alten Sendschrift den Meister sprechen: OO
«WENN EINER NICHT WIEDERGE‐ OO
BOREN WIRD AUS DEM WASSER IM OO
GEISTE ‒ AUS GEISTIGEM SA‐ OO
MEN ‒, SO KANN ER IN DAS REICH OO
GOTTES NICHT EINGEHEN.»
Und zur Bekräftigung und Verdeut‐ OO
lichung läßt er den Meister weiter sagen: OO
«WAS AUS DEM FLEISCHE GE‐ OO
BOREN IST, DAS IST FLEISCH; UND OO
WAS AUS DEM GEISTE GEBOREN OO
IST, DAS IST GEIST.»
Damit nur ja kein Zweifel sei, daß hier OO
die Erzeugung eines wirklichen Or‐ OO
ganismus erfolge, wie aus dem Fleische, OO
so aus dem Geist...
Die einzigen Menschen auf dieser Erde
OO
aber, denen schon
während ihres
OO
Erdenlebens diese «Neugeburt» im Geiste
OO
ward und die daher,
zugleich mit ihrer
OO
Erlebnisfähigkeit in
irdischer Erschei‐
OO
nungswelt, bewußt im innersten Reiche
OO
des
Geistes leben und handeln, sind
OO
des Urlichtes Leuchtende, deren
OO
der hohe Meister aus Nazareth einer war.
OO
‒ Nur ein solcher vermag in Wahrheit
OO
von sich und seinen Brüdern zu sagen:
«WIR REDEN, WAS WIR
WISSEN,
OO
UND WAS WIR
GESEHEN HABEN,
OO
BEKUNDEN WIR.»
Oder auch jenes andere, später einer hin‐
OO
zugekommenen Erzählung eingefügte und
OO
dort kaum mehr kennbare Wort:
«
IHR BETET AN, WAS IHR
NICHT
OO
WISSET,
WIR ABER
WISSEN, WAS
OO
WIR ANBETEN.»
Dem hohen Meister gleich, muß
jeder
OO
der im
Urlicht Leuchtenden be‐
OO
kunden:
«ICH UND DER VATER SIND
EINES.
OO
WER
MICH SIEHT, DER SIEHT
OO
AUCH DEN
VATER.»
Denn eine
andere Selbstdarstellung
hat
OO
der «Vater» im Urwort
nicht auf dieser
OO
Erde, als den
Leuchtenden des Ur‐
OO
lichts, den er sich als Selbstdarstellung
OO
bereitet hat und dem er, noch während
OO
der Leuchtende in
irdischer Erschei‐
OO
nung lebt, die
Geistesform aus sich
OO
erzeugte, die ihn bewußt werden ließ in
OO
geistiger Erscheinungswelt, ohne ihn
OO
dieser Erdenwelt zu entziehen. ‒
Er ist wahrhaftig des «
Vaters» im
OO
Urwort «eingeborener
Sohn» gewor‐
OO
den! ‒ ‒ ‒
Aus seinem bewußten Selbsterleben als
OO
geistiger «Sohn» des ewigen, geistigen «Va‐
OO
ters» im Urwort: ‒ aus seinem Bewußt‐
OO
sein in
geistiger Erscheinungswelt ‒
OO
kündet der hohe Meister die reine Lehre.
OO
«WOHL
KENNT IHR MICH UND
OO
WISSET UM MEINE
HERKUNFT;
OO
ABER NICHT
VON MIR SELBST
OO
BIN ICH GEKOMMEN ‒ NICHT WAS
OO
ICH
IRDISCHER HERKUNFT NACH
OO
BIN, BERECHTIGT MICH ZUR LEHRE
OO
UND LÄSST MICH SOLCHERART ZU
OO
EUCH REDEN ‒, SONDERN ES
OO
SANDTE MICH EIN
WAHRHAF‐
OO
TIGER, EINER, DEN IHR NICHT
OO
KENNT.»
OO
«WENN ICH AUCH
VON MIR SEL‐
OO
BER ZEUGNIS GEBE, SO IST DOCH
OO
MEIN ZEUGNIS
WAHR, WEIL ICH
OO
WEISS, WOHER ICH KAM UND WO‐
OO
HIN ICH GEHE.»
«JA, DER MICH GESANDT HAT, IST
OO
MIT MIR, UND ER LÄSST MICH
OO
NICHT ALLEIN, DA ICH ALLEZEIT
OO
TUE, WAS IHM WOHLGEFÄLLT.»
Und in der unwiderlegbarsten Gewiß‐
OO
heit, daß er in seiner Umgebung der
OO
Einzige ist, der da weiß, was nötig ist,
OO
damit der Erdenmensch sich einst «an
OO
seinem Letzten Tage» in dieser Erschei‐
OO
nungswelt bereitet finde zu ewiger «Ge‐
OO
burt» in
geistiger Erscheinungswelt,
OO
spricht er das gewaltige Wort:
«ICH BIN DER
WEG, DIE
WAHR‐
OO
HEIT UND DAS
LEBEN. NIEMAND
OO
KOMMT ZUM
VATER AUSSER
OO
DURCH
MICH!»
Denn das
Geistgezeugte, das er den
OO
«
Sohn» nennt und als das er
sich
OO
selbst erlebt als
Leuchtender des
OO
Urlichts, ist für
allen Menschengeist
OO
das
Gleiche, und
in ihm allein
OO
wird dem Menschengeiste
unvergäng‐
OO
liches Leben in der
Geisteswelt.
OO
Dieses Leben erlebt er selbst, und von
OO
ihm kann er künden:
«WAS MIR MEIN VATER GEGEBEN
OO
HAT, IST GRÖSSER ALS ALLES, UND
OO
NIEMAND KANN ES DER HAND MEI‐
OO
NES VATERS ENTREISSEN.»
Aber
nicht für sich selbst allein
OO
will er im unvergänglichen
Leben sein,
OO
und so spricht er das Wort:
«WER AN
MICH GLAUBT, DER
OO
GLAUBT NICHT
MIR, SONDERN
OO
DEM,
DER MICH GESANDT HAT.
OO
ICH BIN ALS
LICHT IN DIE WELT
OO
GEKOMMEN, DAMIT JEDER, DER AN
OO
MICH GLAUBT,
NICHT IN DER
OO
FINSTERNIS BLEIBE.
DENN ICH HABE
NICHT VON MIR
OO
SELBST GEREDET, SONDERN DER
OO
VATER, DER MICH SANDTE,
DER
OO
HAT MIR DAS
GEBOT GEGEBEN,
OO
WAS ICH REDEN UND LEHREN SOLL.
OO
UND ICH
WEISS, DASS SEIN GEBOT
OO
AUS EWIGEM
LEBEN KOMMT.
DARUM,
WAS ICH REDE, REDE ICH
OO
SO WIE ES MIR DER VATER
GE‐
OO
SAGT HAT.»
Wie aber im Leuchtenden des Urlichts
OO
bereits in dieser Zeit des Erdenlebens der
OO
«
Vater» im «
Sohne» zur
Selbst‐
OO
darstellung kommt, ‒
wie der Leuch‐
OO
tende
selbst sich erlebt als «
Sohn»
OO
des ewigen «
Vaters», des höchsten
OO
geistigen Oberhauptes aller Leuchtenden
OO
auf Erden,
aus dem und
in dem ein
OO
jedes Glied dieser geistigen Gemeinschaft
OO
lebt in absoluter
Vereinigung, so wird
OO
auch durch ihn nur der «
Vater», der
OO
urgezeugte
Mensch der Ewigkeit im
OO
Urwort, erkannt in
erdenmensch‐
OO
licher Offenbarung. ‒ ‒
«WIE DER VATER
LEBEN AUS
OO
SICH SELBER HAT, SO HAT ER
OO
AUCH DEM SOHNE
LEBEN AUS
OO
SICH SELBST GEGEBEN.»
Aber gleichwie Moses in der Wüste die
OO
eherne Schlange aufgerichtet hatte, damit
OO
jeder, der im Glauben zu ihr aufsehe,
OO
genesen sollte, so muß auch im Menschen OO
dieser Erde das Bild des «Menschen‐ OO
sohnes», des Leuchtenden, «erhöhet» OO
werden über alles andere, in gläubigem OO
Bewußtsein der Wahrheit, daß es das OO
Urlicht selbst ist, das in seiner Selbst‐ OO
aussprache als das Urwort den ewigen, OO
urgezeugten Menschen des Geistes OO
«spricht», der ewiglich in seiner Licht‐ OO
gezeugtheit im Urwort verharrt und OO
«Vater» wird den Leuchtenden, damit OO
durch sie der Menschengeist auf dieser OO
Erde wieder Kunde empfange von seiner OO
Urheimat und von dem Wege, der zu ihr OO
zurückführt. ‒
«GLEICHWIE MOSES DIE SCHLAN‐ OO
GE IN DER WÜSTE ERHÖHTE, SO OO
MUSS DER MENSCHENSOHN OO
‒ DER KÜNDER AUS DEM REICHE OO
DES GEISTES ‒ UND DIE KUNDE, OO
DIE ER BRINGT, ERHÖHET WER‐
OO
DEN, DAMIT ALLE, DIE AN IHN
OO
GLAUBEN, NICHT VERLORENGEHEN
OO
‒ IN ÄONENLANGER NACHT DER
OO
NICHTERKENNTNIS ‒, SONDERN
OO
DAS LEBEN HABEN.»
Und nochmals, um zu zeigen, daß nur
OO
dem
Bestätigung wird, der so den
OO
Leuchtenden des Urlichts
vertraut, wie
OO
jene der wundertätigen Schlange des
OO
Moses
vertrauen mußten, die genesen
OO
wollten, läßt der Verfasser der alten
OO
Sendschrift den Meister sprechen:
«WENN IHR DEN MENSCHENSOHN
OO
WERDET
ERHÖHET HABEN,
DANN
OO
WERDET IHR ERKENNEN, DASS ICH
OO
ES
BIN UND DASS ICH
NICHTS
OO
WIRKE
AUS MIR SELBST ‒
OO
ALS ERDENMENSCH, NACH MEINER
OO
MENSCHLICHEN WILLKÜR ‒, SON‐ OO
DERN REDE, WAS MEIN VATER OO
MICH GELEHRET HAT.»
Immer wieder wird betont, daß der OO
Leuchtende des Urlichts, in dem OO
die höchste geistige Erlebnisfähigkeit OO
in einem Menschen dieser Erde auf der OO
Erde Bekundung findet ‒ der die OO
höchste Geistigkeit dem Tiere zu OO
vereinen weiß ‒, nicht seine eigene OO
erdenmenschliche Weisheit lehrt, OO
sondern aus der Fülle des Erkennens OO
spricht, das ihm der «Vater» offenbart. OO
«MEINE LEHRE IST NICHT MEIN, OO
SONDERN VON DEM, DER MICH OO
SANDTE. WILL EINER NACH DES‐ OO
SEN WILLEN TUN, SO WIRD ER OO
INNEWERDEN, OB DIESE LEHRE OO
AUS GOTT IST ODER OB ICH AUS OO
MIR SELBER GEREDET HABE.»
Als
Bedingung jeglicher
Bestäti‐
OO
gung der Lehre des Leuchtenden wird
OO
somit gesetzt, daß der Schüler nicht nur
OO
die unermeßliche Bedeutung erkenne, die
OO
der Tatsache innewohnt, daß ein sterb‐
OO
licher Mensch vom innersten
Reiche
OO
des Geistes Kunde bringen kann, son‐
OO
dern daß er auch nach den Gesetzen des
OO
Geistes
handelt, von denen der Leuch‐
OO
tende nur nach dem «
Willen» seines
OO
«
Vaters» und im
Einklang mit ihm
OO
zu künden kommt. ‒
Doch nicht auf diese äußere Erschei‐
OO
nungswelt der
physischen Sinne allein
OO
beschränkt sich das Wirken des Leuch‐
OO
tenden.
Er wirkt ebenso im innersten
Reiche
OO
des Geistes ‒ im
Reiche der Ur‐
OO
sachen ‒ wie auf dieser Erde, wie auch
OO
in jenen niederen geistigen Welten, OO
die der Menschengeist betritt, wenn er OO
diese Erde verläßt, und von diesem OO
Wirken kündet er mit den Worten:
«ES KOMMT DIE STUNDE, UND OO
SCHON IST SIE GEKOMMEN, DA DIE OO
TOTEN (DURCH MICH) DIE STIMME OO
DES SOHNES HÖREN WERDEN, OO
UND DIE SIE HÖREN, WERDEN OO
LEBEN ‒ DENN SIE KANN DER OO
LEUCHTENDE AUFERWECKEN: OO
‒ KANN SIE BEREITEN ZU DER OO
NEUGEBURT IM GEISTE, DIE DER OO
VATER WIRKT.»
Doch daß man auch nicht glaube, daß er OO
als «Sohn» des Vaters etwa frei nach OO
Willkür schalte, weiß er zu sagen:
«DER SOHN KANN NICHTS AUS OO
SICH SELBER TUN, WENN ER ES OO
NICHT TUN SIEHT DEN VATER; OO
DENN ALLES, WAS
DIESER TUT:
OO
AUF
GLEICHE WEISE TUT ES
OO
AUCH DER SOHN.
NIEMAND KANN ZU MIR KOMMEN,
OO
WENN DER
VATER, DER MICH GE‐
OO
SANDT HAT, IHN NICHT ZU MIR
OO
ZIEHT, DAMIT ICH IHN AUFER‐
OO
WECKE AN SEINEM LETZTEN TAGE.»
OO
Aber
keinem Menschengeiste kann im
OO
Reiche des Geistes das dauernde
Leben
OO
werden, wenn er nicht
glaubt, daß er
OO
dieses Leben finden wird. ‒
Und von diesem
Glauben allein, der
OO
ein selbstgewisses
Vertrauen sein muß,
OO
hatte der Meister einst gesprochen im
OO
Hinblick auf seine Lehre, die
alle Ge‐
OO
wißheit aus der
Geisteswelt durch
OO
eines
Menschen Mund
auf diese
OO
Erde brachte:
«DIESES ABER IST DAS BROT, OO
DAS VOM HIMMEL HERAB KAM, OO
DAMIT, WER DAVON ISST, OO
NICHT STERBE.»
Es stand dieses Wort einst an der gleichen OO
Stelle, an der gesagt ist:
«WER AN MICH GLAUBT, AUS OO
DESSEN LEIBE WERDEN STRÖ‐ OO
ME LEBENDIGEN WASSERS OO
FLIESSEN. ‒ ER SELBST WIRD OO
GEISTIGES AUS SICH WEITER‐ OO
ZEUGEN IN DER GEISTIGEN OO
ERSCHEINUNGSWELT; DENN VOM OO
'LEIBE' DES GEISTGEBORENEN OO
IST HIER DIE REDE.»
Und von dem gleichen «Leibe» des OO
Geistgeborenen wußte der Meister OO
dort zu sagen, daß dieser «Leib» in OO
geistiger Erscheinungswelt so «wirk‐ OO
lich» sei wie «Fleisch» und «Blut» in OO
dieser
irdischen Erscheinungsform, so
OO
daß nur
der im Geiste bewußtes
Leben
OO
haben könne, der dieses
geistigen
OO
Leibes
Eigner geworden sei.
«WENN IHR DAS FLEISCH DES
MEN‐
OO
SCHENSOHNES NICHT
ERLAN‐
OO
GEN WERDET UND
SEIN BLUT
OO
NICHT IN
EUCH SEIN WIRD, SO
OO
WERDET IHR DAS LEBEN NICHT IN
OO
EUCH HABEN.»
Alles, was nun in der heute überliefer‐
OO
ten Gestaltung der Sendschrift an der
OO
Stelle steht, an der das Wort vom
OO
«Brote» sich den Worten vom «Fleisch»
OO
und «Blute» mengt, ist spätere
Umfor‐
OO
mung und wohlerwogene
Zutat.
Man fand das Wort von dem
geistigen
OO
«Leibe» wohlgeeignet, den neuen
Kult
OO
zu stützen, der aus den Kultgepflogen‐
OO
heiten mystischer Glaubensgemeinden
OO
entstanden war, wie sie der Orient in
OO
jenen Zeiten allerorten kannte.
So formte man des Meisters Worte der‐
OO
art um, daß sie von seinem eigenen,
OO
erdenhaften Fleische und Blute zu
OO
handeln schienen und nicht von dem, was
OO
ihm im innersten Reiche des Geistes Trä‐
OO
ger seines
geistigen Bewußtseins war,
OO
wie hier auf Erden Fleisch und Blut sein
OO
irdisches Bewußtsein trug. ‒ ‒
Man wiederholte diese eigene Glaubens‐
OO
meinung in der Abschrift dann in man‐
OO
nigfacher Paraphrase, indem man sie zu‐
OO
gleich den Worten, die vom «Brot vom
OO
Himmel» handelten, in gleicher Para‐
OO
phrasierung eng verband.
Wohl waren später unter denen, die des
OO
neuen Kultes Liturgie und Riten form‐
OO
ten, manche Hocherleuchtete und «Wis‐ OO
sende»; allein, sie hatten allbereits schon OO
mit Bestehendem zu rechnen und OO
suchten durch Auslegung umzuwer‐ OO
ten, was sie dem Wesen nach als fremdes OO
Kultgut eingewurzelt fanden.
Indessen endeten die einen als ausgestos‐ OO
sene «Ketzer», während der ande‐ OO
ren Deutung nur insoweit angenommen OO
wurde, als es möglich schien, auch ohne OO
die aus alten Heidenkulten überkomme‐ OO
nen Lehren zu gefährden, denen der Kult‐ OO
kreis seinen mystischen Nimbus dankte. OO
Doch ist es wahrlich kein «Zufall», daß OO
selbst der heute erhaltene Text der Send‐ OO
schrift allein nichts weiß von jenen OO
Worten der drei älteren Berichte, die sie OO
den Meister bei dem letzten Osterfest‐ OO
mahl sprechen lassen und die des glei‐ OO
chen Kultes Stütze wurden! ‒ ‒
Wie hätte doch gerade der Verfasser, dem
OO
man die falschen Meisterworte von des
OO
Meisters erdenhaftem Fleisch und Blut
OO
zu unterschieben wußte: von seinem
OO
«Fleische», das «wahrhaftig eine Speise»,
OO
und seinem «Blute», das «wahrhaftig ein
OO
Trank» sei, mit
denkbar feierlich‐
OO
ster Bekräftigung jene Worte beim
OO
Ostermahl verzeichnet, wäre
ein einzi‐
OO
ger Ausspruch auch nur
ähnlichen
OO
Sinnes von ihm an der gefälschten Stelle
OO
berichtet worden!
So aber wußte er nur zu gut, daß Vor‐
OO
stellungen alter
Heidenkulte hier ein
OO
neues Leben in des hohen Meisters
OO
Namen sich begründet hatten. ‒ ‒ ‒
OO
Gerade in
diesem Punkte
schied sich
OO
ja das
geistige Erfassen, in dem er lebte,
OO
und die Seinen festigen wollte, von der
OO
Lehre und dem äußerlichen Kulte, die
OO
sich um des Meisters Namen rankten und
OO
zu der Zeit, als der Verfasser seine Send‐
OO
schrift schrieb, schon mancherlei Erfolg
OO
verzeichnen konnten, da sie den mysti‐
OO
schen Kultgemeinden, die man allerorten
OO
vorgefunden hatte, in jeder Art des Mei‐
OO
sters Lehre
anzugleichen suchten. ‒
OO
Die ganze alte Sendschrift ist nur zu ver‐
OO
stehen, wenn man weiß, daß sie geschrie‐
OO
ben wurde, um den
Gegensatz zu zei‐
OO
gen, in dem des hohen Meisters
reine
OO
Lehre, die zu jeder Zeit nur Wenige
OO
erfassen konnten, zu der neuen
Glau‐
OO
bensmeinung stand, die mehr und
OO
mehr die Geister fesselte und nicht zum
OO
wenigsten
darum Verbreitung fand, weil
OO
sie das
Neue so dem
Überkomme‐
OO
nen zu einen wußte, daß alles, was die
OO
Zeit an mystischer Lehre bot, in ihr zu OO
neuer Geltung kam.
Da sich in solche Glaubensmeinung aber OO
manches Wort des Meisters mischte, OO
das auch den Schülern des Johannes OO
heilig war, so wollte der Verfasser die in OO
seinem kleinen geistigen Kreise Schwan‐ OO
kenden durch seine Sendschrift schüt‐ OO
zen vor der drohenden Gefahr, dem OO
äußeren Kult anheimzufallen. ‒
Den Zweck, den sie erfüllen sollte, hat OO
seine Sendschrift aber auf die Dauer OO
nicht erreicht.
Die letzten Nachfolger der Schüler des OO
Johannes mußten vor dem neuen äuße‐ OO
ren Kulte weichen und, von dessen Gläu‐ OO
bigen als «Ketzer» angesehen, sich ver‐ OO
bergen, so daß schon kaum ein Menschen‐ OO
alter später keiner mehr zu finden war, OO
der in der reinen Lehre lebte.
Als dann die alte Sendschrift in die OO
Hände frommer Glaubenseiferer des OO
neuen Kultes gekommen war, fand bald OO
dieser, bald jener Veranlassung, dem OO
Texte, den man guten Glaubens für OO
ein Werk des Jüngers Johannes hal‐ OO
ten konnte, all das einzufügen, was ihn OO
nach Möglichkeit geeignet machte, in den OO
Versammlungen als Lehrtext verlesen OO
zu werden.
Die Ehrfurcht vor dem «Wort der OO
Schrift» hatte in jenen ersten Zeiten OO
des neuen Glaubens nicht die Bedeu‐ OO
tung, die sie später erlangte.
Weit wichtiger war der Kult des OO
neuen Erlösergottes und die Verteidi‐ OO
gung der Glaubensmeinung gegenüber OO
Juden und Heiden.
So wurden unbedenklich Texte verändert, OO
wie die Bedürfnisse des Kultes es ver‐ OO
langten, der nun den
Formen alter
OO
Mysterienkulte neue
Auslegung
OO
zu geben suchte, und ebenso unbedenk‐
OO
lich änderten Juden- und Heidenchristen,
OO
aus denen der Kultkreis bestand, was
OO
in den Berichten ihnen
bedenklich
OO
schien vor ihren
früheren Glaubens‐
OO
genossen.
Man glaubte immer auf solche Weise
OO
nur der
Verbreitung des «wahren»
OO
Glaubens zu dienen und letzten Endes
OO
ganz in der
Absicht der alten Ver‐
OO
fasser zu handeln.
Fast bleibt es so ein Wunder, daß
trotz
OO
allem doch noch der Urschrift
Spuren
OO
da und dort erhalten blieben, wenn auch
OO
der
ursprüngliche Sinn sehr vieler
OO
Einzelworte heute in sein
Gegenteil
OO
verkehrt erscheint.
Wer aber tiefer schürft und die Verschüt‐
OO
tung wegzuräumen sucht, kann heute
OO
noch allhier die Fundamente eines alten
OO
Tempels finden, in dem die
reine
OO
Lehre einst
Erfüllung fand, die der
OO
hohe Meister,
als ein Leuchtender
OO
des Urlichts, seinen nächsten
Schülern übermittelt hatte.
*
DER HOHE Meister, der als der OO
Größte aller Liebenden OO
über diese Erde schritt, wußte OO
jederzeit gar wohl, daß er die große OO
Liebestat, die er dereinst vollbringen OO
sollte, nur in seiner Todesstunde und OO
nur im Tode durch Menschen‐ OO
hand vollbringen könne. ‒
So hatte er Zeiten, in denen er sich nach OO
der Stunde seines Todes sehnte, und OO
wieder andere Zeiten, in denen er mit OO
innerem Schauder an sein Ende dachte. OO
Bald wünschte er seinen Tod herbei, bald OO
hoffte er, noch lange Zeit zu leben, um OO
seinen Schülern noch recht lange beizu‐ OO
stehen und ihnen geben zu können, was OO
sie vorerst «noch nicht tragen» konnten. OO
Die hohen Brüder, die er aufsucht in OO
ihrer Einsamkeit, wissen ihm in solchen OO
Stunden des Schauderns und Entsetzens OO
nur zu sagen, daß es einem «Sohne» des
OO
«Vaters» im Urwort niemals zieme, nach
OO
dem Kommenden zu fragen...
In solcher Seelenverfassung, sein baldiges
OO
Ende erahnend, ohne zu wissen, wie nahe
OO
es sei, schrieb er aus der Einsamkeit einen
OO
eigenhändigen Brief an seine Getreuen
OO
und übersandte ihn dem Jünger, den er
OO
liebte, weil dieser aus allen ihn am
OO
tiefsten verstand, aus der hellfühlenden
OO
Liebe, die ihn ihm verband.
Durch diesen Jünger sollte der Brief den
OO
Getreuen kundgetan werden.
Aus Niederschriften von des Meisters
OO
eigener Hand stammt
manches Wort,
OO
das der Verfasser der alten Sendschrift
OO
den Meister
reden läßt;
hier aber ist
OO
noch fast der
ganze Brieftext erhal‐
OO
ten, auch wenn er später auseinander‐
OO
gerissen und an erwünschteren Stellen
OO
wieder eingefügt wurde, wie es des neuen
OO
Kultes Glaube verlangte.
In seine
Urschrift hatte einst der Ver‐
OO
fasser der alten Sendschrift den Text
OO
der
Meisterworte solcherart über‐
OO
nommen:
«NOCH EINE GERINGE ZEIT ‒ UND
OO
DIE WELT WIRD MICH NICHT MEHR
OO
SEHEN.
AN JENEM TAGE WERDET IHR MICH
OO
UM NICHTS MEHR
FRAGEN KÖN‐
OO
NEN. DOCH ICH WILL EUCH NICHT
OO
ALS WAISEN ZURÜCKLASSEN.
ICH WERDE DEN
VATER BITTEN,
OO
UND ER WIRD EUCH EINEN
ANDE‐
OO
REN HELFER SENDEN AUS
OO
DEM GEISTE DER WAHRHEIT:
OO
EINEN, DEN DIE WELT
NICHT ER‐
OO
GREIFEN KANN; DENN SIE SIEHT OO
IHN NICHT UND WEISS NICHTS OO
VON IHM.
IHR ABER WERDET IHN ERKEN‐ OO
NEN; DENN ER WIRD BEI EUCH OO
BLEIBEN UND IN EUCH SEIN.
ER WIRD EUCH ALLES LEHREN OO
UND EUCH AN ALLES ERINNERN, OO
WAS ICH EUCH SAGTE.
NICHT AUS SICH SELBST WIRD OO
ER REDEN ‒ SO WIE AUCH ICH OO
EUCH SAGTE, DASS ICH NICHT OO
AUS MIR SELBER REDE ‒, SON‐ OO
DERN WAS ER HÖRT, WIRD ER OO
REDEN UND EUCH KUNDMACHEN.
ER WIRD MICH BESTÄTIGEN; OO
DENN VON DEM MEINEN WIRD ER OO
NEHMEN UND ES EUCH VERKÜNDEN. OO
ALLES, WAS DER VATER HAT, IST OO
MEIN.
DARUM SAGE ICH: ER WIRD VON
OO
DEM
MEINEN NEHMEN.
WER
IHN AUFNIMMT, DEN ICH
SEN‐
OO
DEN WERDE, DER NIMMT
MICH
OO
AUF, UND WER
MICH AUFNIMMT,
OO
NIMMT
DEN AUF, DER MICH
GE‐
OO
SANDT HAT. AN JENEM TAGE WER‐
OO
DET IHR
ERKENNEN, DASS ICH
OO
IN MEINEM VATER BIN.
EUER HERZ
BETRÜBE SICH
OO
NICHT.
SEID OHNE FURCHT!
ICH HINTERLASSE EUCH IN
FRIE‐
OO
DEN.
MEINEN FRIEDEN GEBE ICH EUCH,
OO
DEN DIE WELT
NICHT GEBEN
OO
KANN.»
Es ist von nichts anderem hier die Rede,
OO
als daß der Leuchtende verspricht, seinen
OO
Schülern nach seinem Erdentode einen
OO
anderen Lehrer zu schicken, und zwar OO
einen derer aus dem hohen Kreise der OO
Leuchtenden des Urlichts, die nicht OO
mehr im Erdenkörper, sondern in gei‐ OO
stiger Gestaltung leben, damit sie unter OO
seiner geistigen Leitung sich vollenden OO
könnten und nicht in Sorge sein müßten, OO
daß er von Menschen ergriffen und seinen OO
Schülern genommen werden könnte wie OO
der Meister selbst.
Ausdrücklich sagt er in den gleichen OO
Worten, daß auch dieser Geisteslehrer, OO
den sie nur in ihrem Innersten zu OO
hören fähig seien, gleich ihm «nicht OO
aus sich selber» rede und ihnen das OO
Gleiche künde, das sie zuvor aus seinem OO
eigenen Munde vernommen hätten.
Aus dem Schatz des gleichen alten OO
Weisheitsgutes, das jeder, der ein «Sohn» OO
des «Vaters» wurde, aus dem Erken‐ OO
nen des Vaters empfängt, werde er
OO
zu nehmen wissen und dadurch ihn, den
OO
Meister selbst, bestätigen.
War aber der hohe Meister selbst gar
OO
bald nach seinem Tode schon den Gläu‐
OO
bigen des neuen Kultes zum
Gotte ge‐
OO
worden, so mußte auch dieser
geistige
OO
Bruder des Meisters alsbald zum
Gotte
OO
werden. ‒
Man hatte
die
wirkliche «Dreieinheit»
OO
nicht erkannt, die darin allein gesehen
OO
werden muß, daß sich das gestaltlose,
OO
unfaßbare und alles in sich umfassende
OO
Urlicht ‒ das unendliche, unergründ‐
OO
liche, ewige «Meer der Gottheit» ‒ ewig‐
OO
lich selbst als
Einheit im
Urwort
OO
offenbart ‒ das «Wort», das «im An‐
OO
fang» ist, der immer
war und
ist und
OO
sein wird: «Gott» in der Gottheit ‒
OO
und daß das
Urwort aus sich selber
OO
offenbart den «
Menschen der Ewig‐
OO
keit» ‒ den lichtgezeugten
ewigen
OO
Geistesmenschen, der immerdar in
OO
ihm verharrt und weiterzeugend als
OO
«
Vater» alle Geisteshierarchien aus sich
OO
hervorgehen läßt, somit in
Einheit
OO
aller
Vielheit Inbegriff, in sich offen‐
OO
barend sich selbst in den
Zahlen des
OO
Ursprungs, aus denen hervorgeht alle
OO
Unendlichfältigkeit des geistigen
OO
Lebens...
Dieses ewige
Sein des Geistes, gleich‐
OO
zeitig
Selbstoffenbarung des Gei‐
OO
stes und dieser Selbstoffenbarung geistige
OO
Folge:
in Unerfaßbarkeit,
in Einheit,
in Zahl ‒
die wieder
Einheit zeugt
unendlich‐
OO
fältig ‒, ist letzte
Wirklichkeit, mit
OO
welchen Worten man ihr auch Bekun‐
OO
dung geben will; denn mit dem gleichen
OO
Rechte wäre sie auch zu bezeichnen als:
OO
das ewige Unoffenbare,
das ewig sich Offenbarende,
das ewige Offenbarte. ‒
Stets wird aber jedes Wort der Men‐
OO
schensprache nur ein Stammeln bleiben,
OO
soll es des
Geistes Leben künden, das
OO
allein sich in der
Liebe fassen läßt, die
OO
auch den
Menschengeist, der sich der
OO
Liebe einst
entwand, aufs neue seines
OO
ursprünglichen
göttlichen Erlebens
OO
fähig werden läßt. ‒
Der «
Geist der Wahrheit» aber ist
OO
des Urwortes
Leben: ‒ das
Urlicht
OO
selbst in seiner Unerfaßbarkeit ‒, das
OO
sich
als Urwort offenbart und
in dem
OO
alle Geisteshierarchien leben, die gleich‐
OO
sam
Ton und Stimme dieses Urwortes
OO
sind und seine ewig weiterzeugende
OO
Offenbarung in der Geisteswelt des
Ur‐
OO
lichts.
Auch das
niedere geistige Leben, das
OO
dem Menschengeiste noch verblieb nach
OO
seinem Falle aus hohem Leuchten, lebt
OO
nur aus dem gleichen
Geiste der
Wahr‐
OO
heit: dem substantiellen Geiste des ewi‐
OO
gen
Urlichts, von dem der Menschen‐
OO
geist auch schon in diesem Erdendasein
OO
einen «
Strahl» erfassen und in seinem
OO
eigenen «
Ich» erkennen kann als seinen
OO
«
Lebendigen Gott».
Das
Urlicht ist
allein die ewige
OO
Quelle alles
Lebens: das aus sich selber
OO
Seiende!
In sich als
Sein unfaßbar für sich selbst,
OO
«spricht» es sich aus im
Urwort, das
OO
in
ihm allein sein
Leben hat «aus sich
OO
selbst»...
Und weiterzeugend, offenbart sich so das
OO
Urwort in dem
ewigen Geistes‐
OO
menschen, der wieder «aus sich selbst»
OO
das
gleiche Leben nur
im Urlicht
OO
hat und weiterzeugt die Hierarchien aller
OO
Geisteswesenheiten, die alle «aus
OO
sich selbst» das Leben haben, da sie alle
OO
nur des
Urlichts nähere und ferne
OO
Offenbarung durch das
Urwort
OO
sind, das selbst des
Urlichtes erstes,
OO
ewiges Offenbaren ist. ‒ ‒
Die
Liebe aber, die
sich selbst im
OO
anderen liebt, ist aller dieser Urseins‐
OO
offenbarung innerster Impuls. ‒
Wer «
in den Geist» gelangen, wer
OO
bewußt des
Urlichts Leben neu in
OO
sich empfinden will, der trachte vor
OO
allem, daß er stetig «
in der Liebe»
OO
sei! ‒
Ihm wird man öffnen jene enge Pforte,
OO
die zum
Leben führt; denn er weiß
OO
anzuklopfen, er sucht auf
rechte Weise, und sicherlich
wird ihn zu finden wissen
‒ der «Paraklet».
*
SOWEIT ICH in diesem Buche Worte
OO
des überlieferten Textes mei‐
OO
ner Rede verflochten habe, nahm
OO
ich sie nur auf, wenn mir die geistige
Ge‐
OO
wißheit wurde, daß sie dem
Sinn des
OO
Ursprungstextes noch entsprechen,
OO
und wo dies
nicht der Fall war, suchte
OO
ich in
meinen Worten diesem ursprüng‐
OO
lichen
Sinn gerecht zu werden.
Da ich in diesem Buche nur die alte
OO
Sendschrift deute, die als das «
Evan‐
OO
gelium Johannis» gilt, so ließ ich
OO
mit Bedacht die Meisterworte fehlen, die
OO
ich als gutbegründet auch in den drei
OO
früheren Berichten von des Meisters
OO
Erdenleben kenne, obwohl sie dem, was
OO
ich zu sagen hatte, gar oft Bestätigung
OO
gegeben hätten.
Wer aber meinen Worten folgt, der wird
OO
das
Nichtverfälschte in den ande‐
OO
ren Berichten unschwer
selbst heraus‐
OO
zufinden wissen, so wie er auch von Fall
OO
zu Fall die
Gründe bald entdecken
OO
wird, die in der alten Sendschrift, wie
OO
den früheren Berichten,
Einschub und
OO
Überarbeitung veranlaßt haben.
Es ist hier nicht zu leugnen, daß so man‐
OO
ches Wort, das denen, die im Glauben an
OO
die
Göttlichkeit der alten Schriften
OO
aufgewachsen sind, einst lieb und teuer
OO
war und ihnen wohl auch heute noch als
OO
heilig dünkt, nur spätere
Erdichtung
OO
ist.
Soweit sich solche Worte aber irgendwie
OO
als
Wahrheitsträger dartun lassen,
OO
sehe ich noch keinen Grund, sie nun ge‐
OO
ring zu achten oder gar sie zu verwerfen.
OO
Die späteren Bearbeiter der alten Schrif‐
OO
ten waren ‒ will man sie als «
Dich‐
OO
ter» werten ‒ den ursprünglichen
OO
Schreibern oftmals weitaus
überlegen.
OO
Sie fanden manches
Bild und manche
OO
Sagenformung, um die Glaubens‐
OO
meinung, der sie dienten, in die alten
OO
Texte einzuführen, die ihnen die ur‐
OO
sprünglichen Verfasser wahrlich hätten
OO
neiden können. ‒
Doch ist es ein Anderes, ob man
er‐
OO
kennen lernen will, was einst die
Ur‐
OO
schrift bot, oder ob man fromme
Er‐
OO
bauung sucht in eines
Dichters
OO
Worten, der bemüht ist, seinem inbrün‐
OO
stig geliebten Glauben eine Urkunde zu
OO
schaffen.
Da in der alten Sendschrift, die es hier
OO
zu deuten galt, zudem die Urschrift durch
OO
die Dichtung
überwuchert ist und
OO
so ein Dokument Verfälschung fand, das
OO
sich als
einzige Bekundung jener rei‐
OO
nen Lehre, die der hohe Meister nur den
OO
nächsten Schülern gab, der Nachwelt
OO
dargeboten hätte, so war es nur zu sehr
OO
geboten, lediglich der
Urschrift un‐
OO
verfälschten
Inhalt wieder aufzurich‐
OO
ten, soweit der
Text herangezogen wer‐
OO
den mußte.
Durch eine Redeform, die jeden Satz
für
OO
sich bestehen läßt und ihm
fast ab‐
OO
geschlossene Bedeutung gibt, auch
OO
wenn er sich an
anderer Stelle findet
OO
als dort, wo er
zuerst gegeben war, sah
OO
in der ersten Folgezeit sich jede Glau‐
OO
bensmeinung leichthin in der Lage, die
OO
Sätze, die ihr störend waren, dem Zu‐ OO
sammenklang des Textes zu entreißen und OO
sie nach Willkür dort dann einzufügen, OO
wo sie ihr vorzüglich dienen mußten. OO
Wo dann ein Wort zu finden war, das OO
man nicht gerne lesen mochte, dort schied OO
man unbedenklich als der «Ketzer» Zu‐ OO
tat aus, was Urschriftprägung war; OO
und was doch zu gewichtig schien, um OO
ausgemerzt zu werden, dem gab man OO
einen Einschub oder einen Zusatz, OO
der den ursprünglichen Sinn ins OO
Gegenteil verkehrte.
Auch nahm man nur zu gerne Worte, die OO
der Meister einst in völlig anderem Zu‐ OO
sammenhang gesprochen hatte, in die OO
bald nach seinem Tode schon entstan‐ OO
denen Wundersagen auf, um so den OO
frommen Glauben an die Wundermären OO
zu befestigen.
Unzähliges ist
entstellt, Unzähliges in
OO
sein
Gegenteil verkehrt, und dennoch
OO
bleibt die Spur der
reinen Lehre noch
OO
erhalten, dennoch leuchtet durch den
OO
ganzen Text die hohe
Liebe, die als
OO
Vermächtnis des Apostels auch in den
OO
fernsten seiner nachgeborenen Schüler
OO
noch erhalten blieb und die auch den
OO
Verfasser zeigt als
Liebenden im Licht
OO
der
reinen Lehre, die er den Seinen,
OO
denen seine Worte galten,
erhalten
OO
wissen wollte ‒
rein, wie er sie selbst
OO
empfangen hatte ‒, unvermischt mit
OO
Glaubensmeinungen, in denen er den Irr‐
OO
tum nur zu deutlich sah. ‒ ‒
Von dem, was sonst noch, dieser alten
OO
Sendschrift gleich, dem
Jünger zu‐
OO
geschrieben wurde, den der Meister
OO
«
liebte», weil er ihn «
in der Liebe»
OO
fand, ist
nichts von jenem Jünger einst
OO
geschrieben worden, und
nichts davon
OO
entstammt der Feder des Verfassers dieser
OO
Sendschrift.
Was man als «
Briefe» des
Jüngers
OO
Johannes betrachtet, enthält gewiß so
OO
manches herrliche Wort der Weisheit und
OO
ist wahrhaftig eines Menschengeistes Be‐
OO
kundung, der «
in der Liebe» lebte;
OO
allein, diese Briefe wurden erst geschrie‐
OO
ben, als die
Sendschrift, von der hier
OO
die Rede ist, schon dem neuen Kulte an‐
OO
geglichen worden war, und ihr Schreiber
OO
war ein Gläubiger des neuen Kultes.
Das sogenannte Buch der «
Offen‐
OO
barung» aber ‒ die «
Apoka‐
OO
lypse» ‒ ist das Werk sehr
ver‐
OO
schiedenwertiger Geister und das
OO
Zeugnis
verschiedener Zeiten.
Es finden sich in ihm die Spuren «Wis‐
OO
sender» neben dem mysteriösen Ausputz,
OO
den das Buch durch Gläubige des neuen
OO
Kultes erhielt, und den freigebigen Zu‐
OO
taten späterer Bearbeiter.
Der einst dem Inhalt dieses Buches die
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grandiose dichterische Gestaltung gab,
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benutzte nur ein Material, das lange
vor
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ihm schon in Fragmenten vorhanden war
OO
als Bezeugung mystischer Gesichte.
Die
reine Lehre aber, die der hohe
OO
Meister seinen nächsten Schülern einst
OO
gegeben hatte und die nur jener
Eine,
OO
den er «
liebte», ganz erfaßte, um sie
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denen zu vermitteln, die zu
ihm sich
OO
hielten, ist nur in dieser
Sendschrift
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zu erkennen, die ein Späterer, der ganz
OO
im
Geiste dieser Lehre lebte, auf‐
OO
gezeichnet hat.
Möge das
Weisheitsgut, das diese
OO
Sendschrift birgt, trotz aller Über‐
formung, die sie leiden mußte, den
Suchenden der kommenden Tage
nicht verloren sein!
*
ENDE