DAS GEBET
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KOBER'SCHE
VERLAGSBUCHHANDLUNG AG
BERN
Bô Yin Râ ist der Autorenname von
Joseph Anton Schneiderfranken
3. Auflage
Unveränderter Nachdruck der
2.Auflage 1955
© 1968 Kober'sche Verlagsbuchhandlung AG, Bern
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die der Übersetzung
in fremde Sprachen und der Verbreitung in Rundfunk und
Fernsehen
Druck: Schüler AG, Biel (Schweiz)
EUCH,
DIE IHR BETEN LERNEN
WOLLT
INHALT Seite
Das Mysterium des Betens 7
Suchet, so werdet ihr finden 19
Bittet, so werdet ihr empfangen 35
Klopfet an, so wird euch aufgetan 57
Geistige Erneuerung 73
So sollt ihr beten 103
Originalscan
DAS MYSTERIUM DES BETENS
Nach altgeheiligter Kunde sollen die OO
Schüler des weisen Zimmermanns, OO
des hohen «Rabbi» aus Nazareth, OO
vormaleinst zu ihm gekommen sein mit OO
der Bitte:
«Herr, lehre uns beten
Darauf, ‒ so sagt uns der alte Bericht, OO
‒ habe der gottgeeinte Lebenslehrer sie OO
unterwiesen, nun nicht mehr, gleich den OO
Nichterkennenden, die altgewohnten OO
langen Litaneien herzuplappern, son‐ OO
dern nur jene wundersam schönen, ein‐ OO
fachen Worte zu gebrauchen, wie sie OO
jetzt noch auf aller derer Lippen sind, OO
die sich, nach dieser oder jener Glau‐ OO
bensform, zu des erhaben großen Gottes‐ OO
menschen liebeerfüllter Lehre bekennen OO
oder zu bekennen meinen.
.Dennoch aber wissen bis auf den heu‐ OO
tigen Tag nur gar wenige Menschen OO
wirklich zu «beten», und noch seltener OO
wird man einen finden, der da erfaßte, OO
9 Das Gebet
was es besagen will, auf jene heiligOO
hohe Weise zu «beten», die der große OO
Liebende befolgt wissen wollte. ‒ ‒
.Man kennt nun zwar die Worte, die OO
er, der alten Kunde nach, seine Schüler OO
gebrauchen hieß, ‒ allein, man «plapOO
pert» jetzt auch diese Worte nichtOO
anders her, wie vordem andere, von OO
ihm nicht sonderlich gewertete Ge‐ OO
bete. ‒
.Es ändert nichts an der Entweihung, OO
wenn man auch in salbungsvollstemOO
Tonfall spricht, ‒ ja selbst das anOO
dachtsvolle Nachempfinden des OO
im Denken sich erschließenden SinnesOO
macht aus dem Nachsprechen jener herr‐ OO
lichen Worte noch keineswegs ein wirk‐ OO
liches «Gebet». ‒ ‒ ‒
.So dürfte es denn wieder nötig ge‐ OO
worden sein, zu lehren was das wirk‐ OO
liche «Beten» in Wahrheit ist, ‒ zu OO
lehren, wie aus Worten menschlicher OO
10 Das Gebet
Sprache ein «Gebet» erstehen kann, OO
und was sich an tiefem Geheimnis im OO
Gebete verbirgt!
Die heilige Priesterkunst, «Gebete» OO
zu schaffen und wirklich zu «beten», OO
ist heute fast verloren gegangen, und OO
wo sie etwa noch in Übung steht, dort OO
wird sie mechanisch, lebensentOO
laugt, oder abergläubisch betrie‐ OO
ben. ‒
.Aber dort auch, wo man noch zu OO
beten meint, sieht man im Gebete nur OO
die Bitte an die Gottheit, den Ausdruck OO
des Dankes, oder die LobpreisungOO
und weiß nicht mehr, daß alles dieses OO
zwar im Gebete zu finden sein kann, OO
aber mit nichten das Wesen des Gebets OO
ausmacht. ‒ ‒
.Man ahnt nicht mehr, daß auch ein OO
Gefüge herrlichster Worte des LoOO
bes, des Dankes oder der Bitte erst OO
11 Das Gebet
wirklich «gebetet» werden muß, be‐ OO
vor es zum «Gebete» werden kann. ‒ OO
Daß «Gott» nur in uns selbst für uns OO
erreichbar ist, ‒ daß nur in unseremOO
Allerinnersten das Herz des reinen, OO
ewigen Seins sich selber «wiederzugeOO
bären» vermag in unendlichfältiger, OO
individueller Selbstzeugung ‒ das ist OO
die erste und unumgänglichste Erkennt‐ OO
nis, zu der sich jeder erst durchgerungen OO
haben muß, der wahrhaft «beten» ler‐ OO
nen will! ‒
.Zugleich aber muß er wissen, daß der OO
urewige «Vater», ‒ wie immer der OO
Gläubige dieses Wort sich deuten mag, OO
‒ weder Dank noch Lobpreis nach OO
menschlicher Art begehrt, ‒ und daß OO
es Lästerung wäre, wirklich zu glau‐ OO
ben, das Herz des Seins erwarte erst OO
menschliches Flehen, um sich durch OO
ein solches «Bitten» schließlich «erOO
12 Das Gebet
weichen» zu lassen, ‒ denn «Bitten», OO
im Sinne des wahren Betens, ist wahr‐ OO
lich etwas sehr wesentlich AnderesOO
als das Erbettelnwollen, mit dem so OO
mancher vor den «Gott» seiner Vor‐ OO
stellung tritt. ‒ ‒
.Ich betone hier das Wort vom «Gotte» OO
der Vorstellung, da leider die aller‐ OO
meisten Menschen nicht weiter gelangen OO
als bis zu solchem Gebilde ihrer Vor‐ OO
stellungskraft, weil sie aus unzureichen‐ OO
der oder irriger Belehrung meinen, der OO
Weg zu Gott müsse hoch hinauf, aber OO
immer nach außen führen. ‒
.So können sie freilich lebendige OO
Gottheit niemals erfühlen, da sie ja OO
dort nicht suchen, wo der lebendige OO
ewige Gott für sie allein erreichbarOO
wäre. ‒ ‒
Es wurde jedoch, nach der alten Kunde, OO
auch gesagt:
13 Das Gebet
«Suchet, so werdet ihr finden!» OO
«Bittet, so werdet ihr empfangen!» OO
«Klopfet an, so wird euch aufgetan!» OO
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ OO
.Hier wollen wir verweilen und in OO
aller Stille harren, bis das Geheimnis, OO
das in diesen Worten sich verbirgt, vor OO
unserem inneren Auge sich entschleiern OO
will...
.Ich aber will derweil versuchen, in OO
Worten aufzuzeigen, was sich zeigen OO
läßt!
*
«Suchen» kann gewiß nur dann zum OO
Finden führen, wenn dort gesucht OO
wird, wo tatsächlich das Gesuchte auch OO
verborgen liegt! ‒
.«Bitten», in dem hier gemeinten OO
Sinne, der da jegliches «Erbetteln» OO
völlig ausschließt, wird Empfangen nur OO
erwirken können, wenn der also Bit‐ OO
tende empfangs-berechtigt ist! ‒
14 Das Gebet
.«Klopfen» aber, um im Hause Zu‐ OO
tritt zu erhalten, hat dann nur Aussicht OO
auf Erfolg, wenn jener, der da klopft, OO
auch völlig sicher ist, wo er zu klopfen OO
hat, und dorten dann in solcher Weise OO
anzuklopfen weiß, daß man im Hause OO
ihn vernimmt und alsogleich erkennt OO
als einen, der da Einlaß zu erwartenOO
hat! ‒
.Hier sind jedoch «Suchen», «BitOO
ten» und «Klopfen» keineswegs zu OO
trennen, denn nur in ihrer VereiOO
nung ergeben sie das ‒ «Gebet»! ‒ OO
Wohl dem, der so zu «beten» weiß! OO
.Er wird «erhört» sein, während er OO
noch «anklopft»!
.Er wird alsbald «empfangen», wäh‐ OO
rend er noch «bittet»!
.Er wird mit aller Gewißheit «finOO
den», was er auf solche Weise «sucht», OO
daß es zu finden ist!
15 Das Gebet
.In seinem Allerinnersten wird dieser OO
Betende erfahren, was des großen Le‐ OO
bensbringers Wort besagen will, das er OO
einst denen sagte, die er weit genug ge‐ OO
fördert glaubte:
.«Um was immer ihr den «Vater» in OO
meinem «Namen» bitten werdet, das OO
wird er euch geben
.Hell wird sich dem Beter offenbaren, OO
was das Preiswort enthält:
«Geheiliget werde Dein «Name»!»‐ OO
und endlich wird er erkennen, warum OO
der Meister einst in seinem «Namen» OO
bitten lehrte, denn:
«Alles, was der «Vater» hat, ist meinOO
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ OO
.So wird der also Betende denn auch OO
im klarsten Geisteslicht erkennen, daß OO
alles «um was immer» man den «Vater» OO
in seiner Selbstdarstellung «Namen» OO
bitten kann, schon von aller Ewigkeit OO
her gegeben und dargeboten ist, OO
16 Das Gebet
obwohl es der «Bitte» bedarf, um OO
zeitlich auch «in Erscheinung» zu OO
treten, ‒ um zeitlich WahrnehmOO
bares zu bewirken...
.Es lernt aber keiner solcherart «beOO
ten», außer denen, die ihren EigenOO
Willen völlig mit des «Vaters» Willen OO
zu vereinen wissen. ‒
.Wer dann aber, mit des ewigen «VaOO
ters» Willen vereint zu «beten» OO
weiß, dem wird all sein Beten, ‒ um OO
was immer er beten mag, ‒ ein Beten OO
um «Flügel» sein: ‒ um jene Flügel, OO
die da wahrlich «höher tragen alsOO
Adlerschwingen»!
*          *
*
17 Das Gebet
«SUCHET,
SO WERDET IHR FINDEN!»
Es ist das «Suchen», so wie es ver‐ OO
langt wird, wenn man «beten» OO
lernen will, wahrlich alles andereOO
eher, ‒ nur nicht etwa ein GrübelnOO
im Verstand! ‒
.Schon die Verheißung, daß der Su‐ OO
chende ‒ ganz selbstverständlich ‒ OO
«finden» werde, weist in ihrer lapi‐ OO
daren Einfachheit so zwingend darauf OO
hin, daß es sich hier um Anderes han‐ OO
delt als um das, was man gemeinhin OO
«inneres Suchen» nennt, was aber OO
allermeist nichts anderes ist, als WühlenOO
und Erspürenwollen im GehirnOO
verstande, auf gutes Glück, und keiOO
neswegs etwa des Findens sicher, wie OO
bestimmt verheißen wird. ‒ ‒
.«Suchen», so wie man gewöhnlich OO
in sich selbst nach irgend etwas sucht, OO
ist immer Ausdruck innerer Unruhe, OO
‒ und was auch immer GegenstandOO
des Suchens sein mag: ‒ stets wird er OO
21 Das Gebet
gesucht, um Ruhe durch sein Finden zu OO
erlangen. ‒
.Da könnte nun mancher meinen, auch OO
das andere «Suchen», dem da so sicher OO
«Finden» zugesprochen ist, habe doch OO
ebenso Ursache in einer Unruhe, die OO
zur Ruhe werden möchte?
.Das «Suchen» aber, das zum rechten OO
«Beten» nötig ist, setzt jene große OO
Ruhe voraus: ‒ jene Ruhe, die in sich OO
selbst begründet ist und nicht mehr OO
von außen her beeinflußbar gefunden OO
wird. ‒ ‒
.Es verlangt dieses «Suchen» stets OO
den ganzen Menschen, und nicht OO
nur den wie ein Spürhund immerfort OO
unruhig scharrenden Verstand!
.Es ist ein ruhiges Versenken in das OO
Innerste der Seele, ‒ ohne jede Er‐ OO
regung, ‒ ohne alles Begehren, ‒ und OO
ohne alle bange Ungeduld.
.Arge Torheit wäre es, wollte einer OO
22 Das Gebet
vermeinen, daß durch heißes, stürmi‐ OO
sches Erzwingenwollen das Gesuchte OO
etwa eher gefunden werden könne!
.So kann man sich nur selbst betrügen, OO
um dann zuletzt, ermattet und ent‐ OO
täuscht, einen jeglichen Versuch zu «su‐ OO
chen» gleich im Anfang resignierend OO
aufzugeben...
.Vielmehr muß der Suchende hier OO
wissen, daß er bei seinem Suchen nur OO
sich selbst im Wege steht, solange er OO
nicht sucht wie einer, der des Findens OO
sicher ist, ‒ wie einer, der einen Ge‐ OO
genstand etwa verwahrt weiß an be‐ OO
stimmtem Ort und ihn dort finden OO
muß, wenn alles fortgeräumt wurde, OO
was den gesuchten Gegenstand zuerst OO
verdeckte.
.Man darf nicht den Grund zu solcher OO
Sicherheit nur in der VerheißungOO
sehen, daß der Suchende «finden» wird! OO
.Hier schließt das Suchen an sichOO
23 Das Gebet
schon das Findenmüssen ein, da gar OO
nicht gesucht werden kann, ohne daß OO
alsogleich auch das Finden folgt. ‒ ‒ OO
Bei diesem «Suchen» ist der Suchende OO
sich selbst der Gegenstand des Su‐ OO
chens!
.Je weniger jedoch er nach sich selbst OO
verlangt, desto eher wird er sich sel‐ OO
ber finden!
.Er darf sich kein Bild oder GleichOO
nis dessen machen, was er zu finden OO
hofft!
.Sich selbst muß er in seineOO
eigene grundlose Tiefe sinkenOO
lassen, ‒ furchtlos und ohne WiOO
derstand!
.Aufrecht muß er sich in sich selbst OO
versenken, und darf nicht aus der Ruhe OO
kommen, auch wenn seine Füße den ge‐ OO
wohnten Halt verlieren!
.Vertrauend muß er sich in seine OO
24 Das Gebet
tiefste Tiefe ziehen lassen, voll Sicher‐ OO
heit, daß er hier keineswegs Vernich‐ OO
tung, sondern nur sich selber finden OO
kann!
.Kein vorerzeugtes Werk derOO
Phantasie darf ihm die Blicke trüOO
ben!
.Er darf nicht glauben, nun werde er OO
«Bilder» im Innern oder im Äußeren OO
sehen, wie er sie noch niemals sah: ‒ OO
Visionen von anderen Wesen undOO
verborgenen Welten!
.Er darf nicht Erscheinungen er‐ OO
hoffen aus der Geisterwelt!
In seine Tiefe sich versenkend, wird er OO
zuerst alles im Dunkel sehen um sich OO
her, ‒ aber je tiefer er in sich eintaucht, OO
desto mehr wird dieses Dunkel neuem OO
wundersamen Lichte weichen, bis er OO
in seiner allertiefsten Tiefe dann sichOO
selbst durchleuchtet findet, ‒ bis er im OO
25 Das Gebet
innersten Abgrund seiner selbst zu kriOO
stallener Klarheit wird. ‒ ‒
.So wird sein Versenken ein stetes OO
Finden sein vom ersten Augenblicke OO
an, bis er zuletzt in sich gefunden hat, OO
was sich nicht sagen, sondern nur OO
emp-finden läßt, da auch das hellste OO
Wort noch dunkel bleibt vor solcher un‐ OO
beschreiblich lichten inneren KlarOO
heit...
Wer da auf solche Weise «suchen» OO
will, auf daß er finde, der lasse zuerst OO
seinen ganzen Erdenkörper völlig zur OO
Ruhe kommen, so daß ihm kaum mehr OO
bewußt ist, daß ein tierischer Leib sein OO
Bewußtsein «trägt».
.Dann aber schließe der Suchende OO
langsam die Augen und verbinde beide OO
Hände miteinander, bis er fühlt, wie ein OO
lebendiger Kraftstrom in hoher OO
Ruhe ihn durchkreist.
26 Das Gebet
.Wie dieser Zustand intensiv belebter OO
Ruhe am besten zu erreichen ist, wird OO
jeder für sich selbst bald finden...
.Der eine erreicht ihn nur, indem er OO
sich niederlegt, ‒ der andere im OO
Sitzen oder Niederknien, ‒ und OO
wieder ein anderer wird ihn nur im auf‐ OO
rechten Stehen erreichen können.
.Sobald der Zustand lebenserfüllterOO
Ruhe aber erreicht ist, soll man sich OO
weiter nicht mehr um seines Körpers OO
äußere Haltung kümmern!
.Jetzt muß man sich nur noch im InOO
nern zu fühlen trachten.
Nach einiger Zeit wird man sich mehrOO
und mehr im Innern fühlbar werden, OO
bis allmählich eine Empfindung ins Be‐ OO
wußtsein Eingang findet, so, als sei man OO
im Innern ganz von sich selbst «erOO
füllt».
.Es ist, als ob man selbst ein FlüssiOO
27 Das Gebet
ges wäre, ‒ der Körper aber ein GeOO
fäß, ‒ und als ob das Flüssige immer OO
deutlicher sich selbst als Inhalt des OO
Gefäßes fühle...
.Die Gedanken müssen dabei ruOO
hen, und es darf ihnen keinesfalls er‐ OO
laubt sein, den erfühlten Zustand nun OO
geschwätzig zu zerdeuten. ‒
.Solange noch das Schwirren der GeOO
danken anhält, lasse man es ohneOO
weitere Beachtung, bis es sich all‐ OO
mählich von selber beruhigt. ‒
.Ist aber sodann die Empfindung seiner OO
selbst im Innern ein geschlossenesOO
Ganzes geworden, dann hört ohnehin OO
jedes weitere Denken auf, weil dasOO
neue Bewußtsein seiner selbst alle OO
Aufmerksamkeit absorbiert.
Anfänglich wird es gut sein, sich vor‐ OO
erst mit dem erreichten EmpfindenOO
können seiner selbst im InnernOO
28 Das Gebet
als mit einem wahrlich schon sehr be‐ OO
deutsamen Resultate ‒ zu begnüOO
gen. ‒
.Man kehre alsbald freudig zu seinen OO
Alltagspflichten zurück, sowie die OO
Empfindung sich abzuschwächen be‐ OO
ginnt!
.Niemals darf sie auch bei ErOO
müdung etwa gewaltsam festgeOO
halten werden!
.Ist man aber nach und nach, ‒ möge OO
es Wochen oder auch Monate brauchen, OO
‒ endlich dahin gelangt, daß man jederOO
zeit, ohne sonderliche Mühe, in OO
der Stille seiner selbstgewählten Ein‐ OO
samkeit, sich selbst auf die eben ge‐ OO
schilderte Weise als «Inhalt» seines OO
Erdenleibes, ‒ geformt wie dieser, so OO
wie eine Flüssigkeit die Form des Ge‐ OO
fäßes annimmt, in die man sie gießt, ‒ OO
empfinden und erleben kann, dann OO
ist man würdig vorbereitet, nun das OO
29 Das Gebet
«Suchen» im Sinne wahren «Betens» OO
zu beginnen...
Jetzt muß sich der Suchende, klar er‐ OO
fühlten Willens, ganz in die Hände OO
seines innersten Lebens geben und OO
sich fühlend in dieses erahnten Lebens OO
grundlose Tiefe sinken lassen, ‒ stets OO
völlig klar bewußt, und ohne sich OO
auch nur für Augenblicke jemals OO
einer halbwachen Träumerei anzuver‐ OO
trauen! ‒
.Tauchen Gestalten und Bilder im OO
Innern auf, so ist ihnen keinerlei BeOO
achtung zu schenken, und besonders OO
muß man sich davor hüten, sie etwa OO
«deuten» zu wollen!
.Noch törichter wäre es, sie zu beOO
kämpfen, weil man sie dadurch nur OO
stärken und festhalten würde...
.Wird man durch NichtbeachtungOO
dennoch nicht von ihnen befreit, so ist OO
30 Das Gebet
es geboten diesmal und für dieseOO
Stunde, die Versenkung zu unterOO
brechen und sich intensiver TätigOO
keit in der Außenwelt zu widmen, OO
bis man, an einem anderen Tage, sich OO
wieder fähig glaubt, das Unterbrochene OO
ungestört vollenden zu können.
.Erst wenn die Empfindung des Ver‐ OO
sinkens in die eigene innere Tiefe völligOO
bildfrei wurde, darf man sich ihr un‐ OO
besorgt überlassen. ‒ ‒
Das unsagbare Dunkel, das dann die OO
Seele zuerst erschrecken will, ist geOO
lassen und vor allem: ohne jegliche OO
Furcht zu ertragen, auch wenn es oftOO
mals ertragen werden muß, bevor der OO
erste Lichtschein sich im Innersten er‐ OO
fühlen läßt!
.Sobald sich aber dann das Dunkel zu OO
lichten beginnt, entfaltet sich auch OO
mehr und mehr ein neues, inneresOO
31 Das Gebet
Bewußtsein, auf eine Art, in der man OO
vorher noch niemals bewußt gewesen OO
war. ‒
.Nun wird dieses neue Bewußtsein OO
klarer und klarer, bis es zuletzt den OO
Willen des Suchenden in untrenn‐ OO
barer Einheit mit dem Willen des OO
ewigen Ur-Seins erweist...
.Wer soweit gelangt ist, der weiß dann OO
aus eigener Erfahrung, was «Finden» OO
heißt, und die erste Bedingung des wirk‐ OO
lichen «Betens» wurde von ihm erOO
füllt. ‒
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ OO
Wenn er nun die herrlichen und so ein‐ OO
fach sinnklaren Worte spricht, die einst OO
der hohe Meister aus Nazareth seine OO
Schüler «beten» hieß, dann wird das OO
erlangte neue Bewußtsein jedes dieser OO
Worte nur noch als BekräftigungOO
eigenen Willens empfinden. ‒
32 Das Gebet
.Das ganze «Gebet des Herrn» wird OO
dem Suchenden nichts anderes mehr OO
sein, als das vollendetste BekenntnisOO
seiner eigenen untrennbaren EinheitOO
mit dem Willen des ewigen Seins... OO
.Was innerlich erlebt ist, findet in OO
diesem Gebete Gestaltung in Worten OO
menschlicher Sprache und wirkt aus der OO
Gestaltung zurück in die eigene Seele, OO
allwo es von selbst zur «Bitte» wird, OO
die ihre Gewährung in sich selberOO
trägt. ‒
.So wird der Suchende fortan befreitOO
sein von jenem törichten Wahn, als sei OO
das Gebet ein Mittel, die Gottheit «umOO
zustimmen»...
.Er weiß nun, daß «beten» nichts an‐ OO
deres heißt, als: mit seinem eigenenOO
Willen im Willen des ewigen UrOO
seins zu wollen, was allda gewolltOO
ist von allen Ewigkeiten her, auf daß OO
es, ausgelöst durch rechte «Bitte», OO
33 Das Gebet
nun in Erscheinung trete, nun sichOO
auswirke und bezeuge. ‒ ‒
.Sein Suchen ist wahrlich zum «FinOO
den» geworden!
.Er kann in aller Ewigkeit nicht mehr OO
verlieren, was er auf solche Weise inOO
sich selber fand! ‒ ‒ ‒
*          *
*
34 Das Gebet
«BITTET,
SO WERDET IHR EMPFANGEN!»
Hier wird es sich nun entscheiden, OO
ob der bei dem zweiten Erfor‐ OO
dernis angelangte Suchende auch schon OO
in Wahrheit zur «Bitte» berechtigt ist! OO
.«Bitte» ist hier kein Flehen um ir‐ OO
gend eine Gewährung, die gleichsam OO
«von außen her» zu erhoffen wäre! OO
«Bitte» ist hier die AuslösungOO
einer geistigen Kraft, die da be‐ OO
wirkt, daß in Erscheinung tritt, was OO
durch «Suchen» und «Finden» bereits OO
zu eigen wurde. ‒
.Man kann im wahren «Gebete» um OO
nichts anderes «bitten», als um das, OO
was bereits von Ewigkeit her im Willen OO
des Urseins gegeben ist.
.Man kann aber auch das also Gege‐ OO
bene nur dann zu eigen erlangen, wenn OO
man in der Selbst-Versenkung seinen OO
Eigen-Willen dahingab und einsinkenOO
ließ in den Willen des ewigenOO
Seins. ‒ ‒
37 Das Gebet
.So ist dem wahrhaft «Betenden» OO
schon vorher gewährt, um was er OO
bitten kann...
Gewiß kann jedoch auch das wirkliche OO
«Gebet» jeweils auf ganz BestimmOO
tes und Besonderes gerichtet sein, ‒ OO
aber die Wirkungskraft der «Bitte» OO
ist keineswegs ohne alle GrenOO
zen! ‒ ‒
.Es wird diese Wirkungskraft genauOO
bestimmt durch das, was sich der Bit‐ OO
tende ‒ aus allem Gegebenen ‒ in OO
Wahrheit zu eigen zu machen wußte, OO
so daß es gewiß keine Torheit war, OO
wenn voreinst glaubensdurchflammte OO
Zeiten zu der Überzeugung kamen, daß OO
mancher Menschen Gebet zu sichererOO
Wirkung führe, wo alles Beten An‐ OO
derer nichts vermöge...
.Dabei bleibt es gegenstandslos, ob OO
Jene, deren Gebet man für wirkungs‐ OO
38 Das Gebet
kräftiger hielt, vom Geheimnis des wah‐ OO
ren «Betens» verstandesmäßig unOO
terrichtet waren, oder die Wahrheit OO
nur dunkel erahnten. ‒
.Selbst wenn sie durch dumpfen AberOO
glauben sich bewegen ließen, unbeOO
wußt das Richtige zu tun, konnten sie OO
wahrlich ihr Gebet zu einer Wirkungs‐ OO
kraft steigern, die den anderen wie OO
«Wundertat» erschien. ‒ ‒
.Dennoch wird aber auch von diesen OO
Meistern des wirklichen «Gebetes» OO
gar oft berichtet, daß ihr Gebet in die‐ OO
sem oder jenem Falle nichts ver‐ OO
mochte, ‒ sei es um des UnglaubensOO
und der Herzenskälte derer willen, für OO
die sie beteten, oder suchten sie für sichOO
selbst etwas zu «erbeten», was sie nicht OO
selbst für sich «erbeten» konnten... OO
Es wäre wahrlich denn auch zuviel geOO
sagt, wollte man das wahre «Gebet» OO
39 Das Gebet
etwa «allmächtig» nennen, da doch OO
die Macht des ewigen Urseins in sichOO
selbst ihre Grenzen sieht, weil OO
ewige Gottheit nicht sich selbst entOO
gegenwirken kann. ‒
.Hingegen aber wissen auch nur die OO
allerwenigsten Menschen in heutigen OO
Tagen noch aus eigener Erfahrung, wasOO
das wirkliche «Gebet» denn doch verOO
mag ‒ ‒ ‒
.Manchen wurde jedoch die Kraft des OO
«Gebetes» bekannt, obwohl sie gewiß OO
nicht ahnten, weshalb sie «Erhörung» OO
fanden, so daß sie dann auf ihre Art OO
sich Erklärung schufen, wo ihre unvoll‐ OO
kommene Einsicht ihnen keine Klarheit OO
bringen konnte.
.Sie waren in schwerer Seelen-Not, OO
ganz unbewußt, zur Versenkung in OO
ihre tiefste Tiefe, und damit zum «FinOO
den» gekommen, so daß ihnen hier zuOO
eigen wurde, um was sie alsdann ‒ in OO
40 Das Gebet
gleicher Weise unbewußt ‒ auch rich‐ OO
tig zu «bitten» vermochten, und in OO
selbiger Art erlernten sie das rechte OO
«Klopfen», dem die Türe zum Tempel OO
sich öffnen mußte. ‒ ‒
.Da es aber jedem Menschen hier auf OO
Erden wahrlich möglich ist, in rechter OO
Weise, ganz bewußt des hehren Tuns, OO
zu «beten», wenn er nur das «Beten» OO
lernen mag, und nicht erst wartet, bis OO
es ihn die Not des Leibes oder bittere OO
Seelenqual vom Unbewußten her einst OO
lehren wird, ‒ so würde es heißen: gött‐ OO
liche Hilfe verachten, wollte nicht je‐ OO
der, dem rechte Lehre geworden, fortan OO
danach trachten, auch nach solcher Lehre OO
zu tun...
Nun wird es freilich vielen gar befremd‐ OO
lich erscheinen, daß man das «Beten» OO
lernen soll, gleich irgendeinem Kön‐ OO
nen das erlernbar ist?!
41 Das Gebet
.Aber alle, die hier auf Erden einst OO
bewußt das «Gebet» als heilige HimOO
melskunst übten, waren dazu nur OO
durch Lehre und eigenes Lernen ge‐ OO
langt. ‒ ‒
.Ja: ‒ es verrät uns die alte geheiligte OO
Kunde, daß jene Schüler des großen OO
Liebenden, die ihn zu bitten wußten, OO
daß er sie beten lehren möge, schon OO
manche hohe Einsicht erlangt haben OO
mußten, denn nur ihr Wissen, daß man OO
beten lernen könne, ließ sie jene Bitte OO
an den Meister tun.
.Gebetsformeln kannten sie ja wahr‐ OO
haftig genug, und sie baten auch nicht: OO
«Herr, lehre uns ein neues Gebet», OO
‒ sondern sagten klar und bestimmt: OO
«Herr, lehre uns beten
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ OO
.Selbst wenn die ganze alte Kunde OO
nur bloße Erdichtung wäre, hätte OO
doch hier der Dichter sich als ein WisOO
42 Das Gebet
sender offenbart, denn nur ein solcher OO
hätte diese eindeutig klaren Worte den OO
Schülern des hohen Meisters in den OO
Mund legen können. ‒ ‒ ‒
Hier ist jetzt geboten, zu lehren wie OO
man «bitten» muß um zu «empfanOO
gen».
.Mit aller Absicht wiederhole ich also OO
nochmals, daß jenes «Bitten», wie es OO
das wirkliche «Gebet» verlangt, fern OO
sein muß allem Betteln und Flehen.
.Es gilt nicht, ein hartes Herz endlich OO
zu erweichen, oder eine Gabe zu er‐ OO
quälen, die dem Bettelnden nicht zu‐ OO
kommt!
.Wer durch richtiges «Suchen» und OO
«Finden» sich Berechtigung schuf zur OO
«Bitte», der hat nur darauf zu achten, OO
daß er gleichsam ‒ verständlich bitte: OO
‒ daß er die rechte Haltung bewahre, OO
die zur Auslösung der Kräfte führt, OO
43 Das Gebet
durch die das «Empfangen» Wirklich‐ OO
keit wird.
.Dieses «Bitten» ist eine gelassene, OO
völlig ruhige und sichere GestaltungOO
eines präzisen Vorstellungsbildes, OO
das wie ein «Vorbild» dessen gelten OO
kann, um was man «bittet». ‒
.Sobald aber der Wille des Betenden OO
dieses Vorstellungsbild geschaffen und OO
zu größtmöglichster Festigkeit verdichOO
tet hat, muß er sich mitsamt seinem OO
Werke ganz und gar dem ewigenOO
Willen des Urseins übergeben, über‐ OO
lassen und anvertrauen.
.Es kommt hier alles darauf an, daß OO
der ganze Eigen-Wille, mit dem «Vor‐ OO
bild», das er schuf, so in den Willen des OO
Urseins eingesenkt wird, daß auch OO
nicht die leiseste Willensregung noch aus OO
dem Meere des ewigen Willens hervor‐ OO
ragt, ‒ daß auch kein kleinster Teil des OO
«Vorbildes» bleibt, der nicht von den OO
44 Das Gebet
Wogen dieses Meeres erfüllt und durch‐ OO
strömt würde.
.Ist nun das, um was auf solche Weise OO
bittend «gebetet» wird, überhaupt im OO
ewigen Willen des Urseins «gegeben», OO
und hat es der also Bittende bereits OO
durch sein «Suchen» und «Finden» zuOO
eigen erlangt, so ist auch die GewähOO
rung der Bitte im selben AugenblickOO
vollzogen in dem die absolute Versen‐ OO
kung in den Urwillen erfolgte, und es OO
bedarf nur noch der im Irdischen un‐ OO
übersteigbaren Zeit, auf daß die Wir‐ OO
kung des Gebetes in Erscheinung tre‐ OO
ten könne, vorausgesetzt, daß der Bit‐ OO
tende zugleich auch nach rechter Weise OO
«anzuklopfen» versteht. ‒ ‒ ‒
Der einzige, aber auch wahrlich unOO
überwindliche Widerstand, dem sol‐ OO
che «Bitte» im Menschen selbst be‐ OO
gegnen kann, ist der Zweifel! ‒ ‒
45 Das Gebet
.Hinsichtlich der GewährungsmögOO
lichkeit kann gewiß der Betende nur OO
ahnen und tasten.
.Er kann nicht mit Sicherheit etwa OO
wissen, ob das Erbetene zu den Dingen OO
gehört, die im Urwillen schon seit aller OO
Ewigkeit gegeben sind, und ebenso‐ OO
wenig weiß er bestimmt, ob er schon OO
bis zum vollen Umfang seiner Bitte OO
«empfangsberechtigt» ist.
.So kann er denn auch nicht wissen, OO
ob er im einzelnen Falle schon GewähOO
rung erlangte, und es wäre überheb‐ OO
liche Vermessenheit, sie unter allenOO
Umständen zu erwarten...
.Dennoch darf er keinen Augen‐ OO
blick daran zweifeln, daß ihm allesOO
gewährt sein muß, was ihm nach OO
Lage der Umstände gewährt werden OO
kann!
.Er muß die Frage: ‒ ob er wohl OO
«empfangen» werde um was er bittet, OO
46 Das Gebet
restlos aus seinem Denken undOO
Fühlen verbannen! ‒ ‒
.Alles Wünschen und Hoffen muß OO
er gewissermaßen in sich «neutraliOO
sieren»!
.Er muß sich dem Willen des Urseins OO
vorbehaltlos vereinen, ‒ muß ganz OO
mit diesem Willen verschmelzen, ohne OO
den leisesten Zweifel aufkommen zu OO
lassen an der Sicherheit der Gewäh‐ OO
rung, soweit Gewährungs-MöglichkeitOO
besteht! ‒
.Auch das will «gelernt» sein, und nur OO
wer es lernt, wird Herr über allen OO
Zweifel werden! ‒ ‒
.Je höher sich allerdings mit der Zeit OO
die Beweise häufen, dafür, daß die OO
rechte «Bitte» die Gewährung, so OO
wie sie erfolgen kann, in sich selberOO
trägt, desto leichter wird es werden, OO
allen Zweifel zu besiegen, noch bevor er OO
sich hemmend in den Weg stellen kann. OO
47 Das Gebet
Hat er aber auch wirksam den Zweifel OO
überwunden, so darf doch der Betende OO
in seinem Vertrauen nicht überheblichOO
werden!
.Vor allem darf er nicht glauben, OO
selbst die Art und Weise bestimmen OO
zu können, nach der seiner Bitte GeOO
währung werden soll, noch darf er OO
sich vermessen, die dafür ihm genehme OO
Zeit gleichsam erzwingen zu wol‐ OO
len...
.Alles das steht ihm nicht zu!
.Er muß das alles jenen hohen Mäch‐ OO
ten überlassen, die aus ewigem UrOO
willen Auftrag haben, die GeOO
schicke derart unter ihrem geistiOO
gen Einfluß zu halten, daß die Kette OO
des Geschehens jeweils gerade die Glie‐ OO
der aneinanderreiht, die nötig sind, um OO
ohne Beirrung irdisch-physischerOO
Gesetze Wirkungen herbeizuführen, OO
die im Reiche des Geistes, ‒ im OO
48 Das Gebet
Reiche ursprünglichster Ursachen, OO
‒ veranlaßt werden...
.So kann es kommen, daß der AnOO
schein entsteht, als habe eine «Bitte» OO
keine Erhörung gefunden, während be‐ OO
reits alle Kräfte in Bewegung sind, OO
um die Gewährung zu bewirken, die OO
freilich auf andere Weise dann erfolgen OO
wird, als der Betende sie zu erhalten OO
glaubte.
.Oft kommt für den Beter erst nachOO
langer Zeit der Tag herauf, an dem er OO
endlich erkennen lernt, daß er, auf besOO
sere Weise als er hoffen konnte, schon OO
längst Gewährung seiner Bitte fand... OO
Die Verheißung, daß der Bittende mit OO
Sicherheit «empfangen» werde, darf OO
aber gewiß nicht nur auf die Dinge desOO
irdischen Daseins bezogen werden, OO
und wer sie nur aus der irdischenOO
Ansicht her betrachtet, der muß sich OO
49 Das Gebet
sagen, daß sie sich bewahrheitenOO
kann, auch wenn der Bittende AnOO
deres empfängt, als das, um was er OO
bittet. ‒ ‒
.Es ist aber in der hier vorliegenden, OO
und für die Lehre die hier vermittelt OO
werden soll, so instruktiven Verheißung OO
vor allem davon die Rede, daß das, OO
was von Ewigkeit her dem Erdenmen‐ OO
schen vorbehalten bleibt für alle EwigOO
keit, durch rechte Bitte «empfangen» OO
werden kann.
.Man soll Eines tun und das Andere OO
darum nicht unterlassen!
.Da die Dinge seines Erden-Lebens OO
dem Menschen der Erde vorerst am OO
heftigsten auf die Nägel brennen, soll OO
er wahrhaftig die Macht des «Gebetes» OO
gebrauchen, um auch Irdisches sich zu OO
erleichtern, oder seinem Nebenmen‐ OO
schen dann noch Hilfe darzubieten, OO
wenn alle äußere Möglichkeit, zu hel‐ OO
50 Das Gebet
fen, sich längst erschöpfte, oder als un‐ OO
zureichend erweist. ‒
.Vor allem aber ist das «Gebet» OO
dem Menschen gegeben, um in den er‐ OO
neuten Besitz seines ewigen ErbesOO
zu gelangen: ‒ um das zu «empfanOO
gen», was man, mit einem sehr ver‐ OO
fänglichen Wort, in der Sprache der OO
sogenannten «Gottesgelehrten» ‒ die OO
Gnade nennt. ‒ ‒
.Was hier aber in Wahrheit gemeint OO
war, von denen, die noch wußtenOO
um was es sich handelt, ist alles andere OO
eher, nur nicht etwa ein Geschenk der OO
Willkür!
.Auch die ewige Urliebe, aus der OO
alles hervorgeht, was im «Sein» und OO
im «Dasein» ist, kann nicht ihreOO
eigene «Struktur» verändern, ‒ OO
kann nicht «Gesetz», das durch ihr OO
eigenes ewiges Sein besteht, negieOO
ren um der Liebe willen, sondern mußOO
51 Das Gebet
gesetzte Bedingungen erfüllt sehen, OO
wenn sie das ihr Entfremdete wieder in OO
sich aufnehmen können soll. ‒ ‒
.So ist es die wahre «Bitte», die es OO
dem Strom der ewigen Liebe wieder OO
möglich macht, das Bewußtsein des OO
Erdenmenschen zu durchfließen...
.Die «Bitte», die kein Betteln und OO
Abhandelnwollen, sondern ein ruhiges OO
Sichdarbieten ist, in sicherster Ge‐ OO
wißheit, daß ihr das Empfangen des OO
göttlichen Liebes-Stromes nun nicht vor‐ OO
enthalten wird, ‒ nicht vorenthalten OO
werden kann. ‒ ‒ ‒
.Hier ist nichts anderes als eine geistige OO
Gesetzmäßigkeit, die ErfüllungOO
braucht, bevor die Auswirkung er‐ OO
folgt!
So, wie der Suchende erst in sich sel‐ OO
ber fand, was er vordem vergeblich im OO
Äußeren suchte, so empfängt nun der OO
52 Das Gebet
Bittende in sich selbst den nötigen OO
Lebensstrom der Liebe. ‒ ‒
.Vorher ist er einem Elektromotor zu OO
vergleichen, der zwar in allen Teilen OO
überprüft, nun zur Arbeitsleistung OO
fähig wäre, aber noch nicht vom Kraft‐ OO
strom der Zentrale durchflossen ist.
.Nun aber ist der Kontakt geschlosOO
sen: ‒ der Motor ist durch den Strom OO
in Bewegung, ‒ aber nun wartet er OO
auf den Gebrauch seiner Arbeitslei‐ OO
stung, denn vergeblich würde ihn die OO
Kraft durchfließen, wäre keine Möglich‐ OO
keit, auch seine Bewegung nutzbar zu OO
machen. ‒
.In diesem Bilde zeigen sich gleichnis‐ OO
weise die drei Erfordernisse des wahren OO
«Gebetes».
.Dem «Suchen» und «Finden» ist OO
die technische Überprüfung des Mo‐ OO
tors bis in seine innersten Teile zu ver‐ OO
gleichen.
53 Das Gebet
.Das «Bitten» und «Empfangen» OO
ist zu erkennen in dem Schließen desOO
Kontakts und der Durchflutung mit OO
elektrischem Strom.
.Dem «Anklopfen» und «Auftun» OO
aber ist das Anschließen des Motors OO
an die durch ihn zu betreibendenOO
Maschinen und die dadurch bewirkte OO
Tätigkeit sehr wohl vergleichbar.
.Doch, dieser Vergleich, entnommen OO
dem Bereiche der Technik heutiger Tage, OO
soll keineswegs mehr sein als ein Hin‐ OO
weis, der vielleicht meine Worte unter‐ OO
stützen kann.
.Wer diesen Hinweis nicht braucht, OO
oder wer sich dadurch gestört fühlen OO
sollte, daß ich mich nicht scheue, hier OO
ein Gleichnis aus dem Alltag zu gestal‐ OO
ten, der möge ruhig unbeachtet lassen, OO
was ich doch immerhin meiner Rede OO
einverwoben wissen möchte!
.So glaube ich, hier von dem zweitenOO
54 Das Gebet
Erfordernis wahren «Gebetes» schon OO
die Brücke zum dritten hin gespannt OO
zu haben und hoffe, daß alle, zu denen OO
ich hier spreche, mir auch weiter über OO
diese Brücke folgen werden.
*          *
*
55 Das Gebet
«KLOPFET AN,
SO WIRD EUCH AUFGETAN!»
Es ist nicht Willkür, wenn in der OO
alten Verheißung nun das Bild vomOO
«Anklopfen» Aufnahme findet! ‒ ‒ OO
.Ist «Suchen» ein Versenken in sich OO
selbst, um da die innerste, tiefsteOO
Tiefe zu finden, ‒ ist «Bitten» ein OO
Wollen in festem Vertrauen auf das OO
«Empfangen», ‒ so ist «AnklopOO
fen», ‒ Pochen um Einlaß zu erreichen, OO
‒ ein äußeres, tätiges Verhalten, das OO
einer Forderung Ausdruck verleiht. ‒ OO
.Es ist dem, der «beten» lernen will, OO
gleichsam hier gesagt, daß er das RechtOO
zu fordern, zu verlangen, hat, ‒ so OO
vermessen das auch scheinbar klingen OO
mag, ‒ und daß er dieses hohe Recht OO
nur dann sich erwirkt, wenn er auch OO
tätig zu beten weiß: ‒ wenn auch seinOO
Tun den Bedingnissen wahrenOO
«Gebetes» entspricht. ‒ ‒ ‒
.Das gilt für die ganze Einstellung bei OO
allem Beten, ‒ auch wenn es sich umOO
59 Das Gebet
Dinge des äußeren Daseins han‐ OO
delt. ‒
.Er-hörung findet nur, wer wirklich OO
«anklopft», ‒ wirklich pocht, ‒ wer OO
seine gerechte «Bitte», sein ErwarOO
ten durch das entsprechende tätigeOO
Verhalten verstärkt, und dadurch anOO
sich zur Forderung werden läßt, die OO
Erfüllung findet aus NotwendigOO
keit. ‒ ‒ ‒
.Der Beter darf sich nicht wundern, OO
wird er nicht erhört, trotzdem sein «Su‐ OO
chen» und «Bitten» vor seinen Augen OO
ihm durchaus einwandfrei erscheint, so‐ OO
lange er nicht ebenso auch richtig «an‐ OO
zuklopfen» weiß. ‒ ‒
.Noch fehlt dann die dritte Bedin‐ OO
gung vollkommenen «Gebetes»!
.Er betet vielleicht um Dinge, die ihmOO
selbst zuteil werden sollen, ‒ aber OO
dort, wo das Gebet mit ihm selberOO
rechnet, ‒ wo sein Ergreifen eben OO
60 Das Gebet
dieser Dinge notwendig wäre, rührt erOO
keine Hand...
.Er will vielleicht durch sein Beten OO
einem anderen Menschen Hilfe sen‐ OO
den, aus materieller Not ihn zu OO
befreien suchen, aber ferne liegt es OO
ihm, aus eigenen Mitteln etwasOO
für ihn zu tun, oder GelegenOO
heiten zu erfassen, die dem AnOO
deren praktischen Nutzen bringen OO
könnten...
.Er möchte sich oder andere durch OO
sein Gebet befreit von KrankheitOO
sehen, aber er verschmäht den ArztOO
und rührt sich nicht, nach einerOO
Heilgelegenheit zu suchen...
.In allen diesen und noch tausend OO
anderen Fällen fehlt Erfüllung jener OO
dritten Grundbedingung wahren «GeOO
betes», die in der Verheißung darge‐ OO
stellt wird unter dem Bilde eines Men‐ OO
schen der nicht nur außen steht undOO
61 Das Gebet
wartet, bis man ihn hereinruft, OO
sondern der «anklopft», damit ihm OO
«aufgetan werde». ‒ ‒ ‒
.Auch in jener Art frommer Himmels‐ OO
anbettelei, die man so gemeinhin für OO
«beten» hält, fehlen die Hilfesuchenden OO
allermeist dadurch, daß sie das werkOO
tätige «Beten» für gänzlich überflüssig OO
halten. ‒
.Es könnte sonst so manchem geholOO
fen werden, obwohl seine VorstelOO
lung von dem, was wirklich «beOO
ten» heißt, noch nichts weiß, denn OO
dumpf und unbewußt dringt doch der OO
eine oder der andere durch seine InOO
brunst zu einem, wenn auch unvollOO
kommenen, «Finden» und «EmpOO
fangen» vor...
.Auch wenn sein «Anklopfen» ebensoOO
unzureichend erfolgen würde, könnte OO
es dennoch bewirken, daß das, was er OO
nach landläufiger Weise und guten Glau‐ OO
62 Das Gebet
bens für «Beten» hält, nicht umsonst OO
gewesen wäre. ‒ ‒
.Es gibt aber auch unter denen, die OO
noch nicht erkennen, was wahrhaft OO
«Beten» heißt, daneben genugsam OO
andere Menschen, die aus inneremOO
Gefühl heraus das Rechte in allenOO
drei Stücken tun, auch wenn sie weitOO
mehr vermöchten, wäre ihnen das OO
ganze Geheimnis des rechten Betens OO
vertraut. ‒
Doch, auch das rechte «Anklopfen» OO
bezieht sich in der Verheißung durch‐ OO
aus nicht nur auf das «Beten» um irOO
dische Dinge, sondern in erster Linie OO
soll es dazu führen, Einlaß zu erlangen OO
in den heilighehren Tempel der EwigOO
keit, um hier das Mysterium desOO
Menschen: ‒ seinen Ausgang aus dem OO
Lichte und seine Wiederkehr zum Licht, OO
erschauernd zu erleben...
63 Das Gebet
.Keiner kann in diesen Tempel Einlaß OO
finden, der nicht vordem im «Suchen» OO
und «Finden» sich bewährte, ‒ der OO
nicht vordem also «bitten» lernte, daß OO
er «empfangen» durfte. ‒ ‒
.Man weiß im «Innern», ‒ und es OO
ist auch hier das Innere des Tempels nur OO
im Menschen selbst zu suchen, ‒ OO
sehr genau, wer der ist, der draußen OO
«anklopft», und man wird ihm nichtOO
eher öffnen, als bis er die beiden an‐ OO
deren Bedingungen des rechten «BeOO
tens» zu erfüllen wußte.
.«Anklopfen» heißt hier, sein Leben OO
aktiv so gestalten, daß jede HandOO
lung die berechtigte Forderung dar‐ OO
stellt, in das Innere des Tempels aufOO
genommen zu werden, und wahrlich:
‒ wer in solcher Weise «anklopft», OO
dem wird «aufgetan», weil er selbstOO
die Bedingung dazu schafft. ‒ ‒
64 Das Gebet
Man hat im Laufe der Jahrhunderte die OO
seltsamsten Heimlichkeiten hinter die‐ OO
sem Worte vom «Anklopfen» und OO
«Auftun» vermutet und gesucht, so OO
daß da und dort von hohlen, aber auch OO
von allzuklugen Köpfen die abstruse‐ OO
sten «Übungen» erfunden wurden, die OO
angeblich das rechte «Anklopfen» dar‐ OO
stellen sollen.
.Ich kenne auch heute gewisse Men‐ OO
schen, die, ehrfurchterfüllt, Orakelsprü‐ OO
che wirrer Schwärmer wie das kost‐ OO
barste Heiligtum bei sich verwahren, und OO
bescheiden genug sind, die Tatsache, OO
daß ihnen alles derartige «Üben» keiOO
nerlei Erfolg einbrachte, darauf zu‐ OO
rückzuführen, daß sie es doch, bei allem OO
heißen Bemühen, wohl «nicht richtigOO
angestellt» hätten, weil ihr Orakel‐ OO
priester solchen Erfolg für sich erOO
langt haben müsse, ansonsten er die OO
torheittriefenden Anweisungen ‒ OOO
65 Das Gebet
sancta simplicitas! ‒ nicht nieder‐ OO
geschrieben haben könnte. ‒
.Stets gibt es neue Gläubige für der‐ OO
artigen Aberwitz, und immer wieder OO
stehen Mystagogen auf, die entweder OO
selbst betört, oder, weil anders ihrOO
Weizen nicht blühen will, mit ge‐ OO
heimnisvoller Geste der übelsten Narr‐ OO
heit Zutreiberdienste leisten.
.Daß solches möglich ist, wird nur OO
dadurch verstehbar, daß sehr vielen OO
Suchenden das wirklich von ihnen OO
Verlangtezu einfach und zu weOO
nig widersinnig erscheint, weil sie OO
erst in glaubenswillige Erregung gera‐ OO
ten, wenn das Absurde Glauben von OO
ihnen fordert. ‒ ‒
.Der Menschenfreund erschrickt, wenn OO
er solche Verirrung sieht und möchte OO
mit allen Kräften die Betörten retten; OO
aber alle Hilfsbereitschaft ist hier am OO
falschen Ort.
66 Das Gebet
.Man kann nur die noch nicht Ver‐ OO
irrten warnen und ihnen die Dinge, OO
von denen sie vielleicht schon vom OO
Hörensagen wissen, beim rechten Na‐ OO
men nennen. Man kann nur aufzuzeigen OO
suchen, daß die Verheißung mit all die‐ OO
sen seltsamen «Übungen» recht durch‐ OO
sichtiger Erfindung nicht das mindeOO
ste zu schaffen hat.
.«Anklopfen», im Sinne der Ver‐ OO
heißung, heißt mit Tat und WirkenOO
«beten», und wer sich dazu nicht ver‐ OO
stehen kann, der wird vergeblichOO
darauf warten, daß ihm «aufgetan» OO
werde! ‒ ‒
Nun darf man sich aber auch nicht der OO
falschen Vorstellung ergeben, als sei das OO
«Auftun», im Sinne unserer Verhei‐ OO
ßung, ein plötzliches Eröffnen unOO
erahnter geistiger Herrlichkeit, OO
‒ ein sofortiges Offenbaren derOO
67 Das Gebet
geheimsten Weisheit, ‒ ein Auf‐ OO
stoßen aller Türen des Tempels, und ein OO
augenblickliches Wegziehen des verhül‐ OO
lenden Vorhangs, der das Allerheiligste OO
vor unbereiteten Blicken schützt!
.Auch der Tempel der EwigkeitOO
hat seine Vorhallen, und der Neo‐ OO
phyte wird sich wahrlich schon glückOO
lich preisen dürfen, wenn er ‒ bild‐ OO
lich gesprochen ‒ seinen Fuß in die OO
äußerste dieser Vorhallen setzen darf... OO
.Wer da mit großen AmbitionenOO
kommt und sich für würdig hält, wenn OO
auch nicht gleich ins Allerheiligste, so OO
doch in eines der es umschließenden OO
Sanktuarien einzugehen, dem wird geOO
wiß nicht «aufgetan» werden, daß er OO
auch nur die Vorhöfe schaue. ‒ ‒
.Doch wird hier keiner etwa «ungeOO
recht» behandelt!
.Hier hängt nichts von irgendOO
einer Willkür ab!
68 Das Gebet
.Es ist alles durch geistiges GesetzOO
geordnet, und dieses «Gesetz» ist kein OO
ersonnenes Werk, sondern folgerichOO
tige Auswirkung geistigen LeOO
bens, unwandelbar wie die Gottheit OO
selbst, deren Art und Wesen es denOO
Wissenden offenbart, nachdem sie OO
«Wissend» wurden durch seine ErOO
füllung! ‒ ‒
Wohl ist die Gottheit auch im MenOO
schen selbst, ‒ wohl ist im InnerOO
sten des Menschen ihr hochheiliger OO
Tempel, ‒ und wohl ist «Gott», wie OO
immer man dieses Wort sich deutenOO
mag dem Menschen nur in dem InOO
nersten menschlicher Seele er‐ OO
reichbar und empfindbar!
.Aber die meisten der Menschen ahnen OO
nicht, welche unendlichen WeitenOO
ihre eigene, stets in ewigem Rhythmus OO
schwingende «Seele» umfaßt! ‒
69 Das Gebet
.Die meisten ahnen nicht, welche unOO
meßbaren Fernen zwischen ihremOO
Bewußtsein und dem bewußtenOO
Sein Gottes liegen, obwohl «Gott» OO
sie erfüllt und sie nur in «Gott» ihrOO
Dasein haben. ‒ ‒ ‒
.Sie stehen, für ihre Vorstellung, OO
mit Gott «auf Du und Du», ohne im OO
mindesten sich des Frevels bewußt zu OO
werden, den diese Vorstellung ent‐ OO
hält. ‒ ‒
.Es ist wahrlich schwer, ihnen beizu‐ OO
bringen, daß Gott, dem göttlichenOO
Leben nach, ihnen zwar das AllerOO
nächste, ‒ dem bewußten göttOO
lichen Sein nach aber das AllerOO
fernste ist, ‒ daß eine «Jakobsleiter» OO
in ihnen selbst aufgerichtet werden OO
muß, auf deren Sprossen erst alle die OO
Lichtgrade geistiger HierarchienOO
herabsteigen und sich die Hände reichen OO
müssen, soll erdenmenschliches Bewußt‐ OO
70 Das Gebet
sein wache Kommunikation mit OO
dem ewigen, unvorstellbaren, göttlichen OO
bewußten Sein erleben können, ohne OO
Vernichtung fürchten zu müssen. ‒ ‒ ‒ OO
.Dummstolzer geistlicher HochOO
mut meint, nichts dürfe sich zwiOO
schen Gott und den MenschenOO
stellen, ‒ aber hier ist nur die Bitte OO
rechte Antwort: «Herr, vergib ihnen, OO
denn sie wissen nicht, wie sie Dich OO
schmähen!» ‒ ‒
Wer daher wirklich will, daß ihm «aufOO
getan» werde, wenn er mit seinemOO
ganzen Leben, mit all seinem irdiOO
schen Tun und Wirken «anzuklopOO
fen» wagt, der erwarte nicht etwa, daß OO
«Gott», ‒ in welcher Form er auch OO
an Gott glauben mag, ‒ als ewigesOO
Ursein an der Pforte stehen werde um OO
ihm «aufzutun»! ‒ ‒
.Wer richtig «anklopfen» will, der OO
71 Das Gebet
muß vor allem soviel EhrerbietungOO
vor der Gottheit in sich tragen, daß er OO
beglückt wäre über alle Maßen, wenn OO
ihm ‒ gleichnisweise gesprochen ‒ OO
auch nur der letzte TempeldienerOO
Gottes «auftun» wollte...
.Anders wird dem wahrhaft Betenden OO
auch nie eröffnet werden, was nur inOO
ihm selber «aufgetan» werden kann!
*          *
*
72 Das Gebet
GEISTIGE ERNEUERUNG
Wenn etwa ein Mensch in sich des OO
Glaubens wäre, daß durch das OO
wirkliche «Gebet» die ganze Erden‐ OO
menschheit geistige ErneuerungOO
finden könnte, so wäre er keineswegs OO
einem Irrtum verfallen!
.Da aber «die Menschheit» hier auf OO
Erden nur aus vielen einzelnen MenOO
schen besteht, so kann auch solche Er‐ OO
neuerung nur vom Einzelnen her er‐ OO
folgen, und wir wollen darum hier nur OO
vom einzelnen Menschen reden, OO
statt uns in das Ganze zu verlieren, wo‐ OO
bei für den einzelnen allzuviel verloren OO
gehen müßte.
.Ist irgendwo auf dieser Erde nur einOO
Einziger bereit und willens, sich durch OO
wahres «Gebet» zu erneuern, so ist OO
dadurch auch für die ganze MenschOO
heit schon vieles gewonnen, denn wir OO
Menschen stehen nicht vereinzelt für uns OO
im leeren Raum, sondern, was durch den OO
75 Das Gebet
einen fließt im Guten wie im Schlechten, OO
das fließt von ihm aus weiter durchOO
alle Menschenseelen, mögen sie OO
auch an den weitesten Orten der Erde OO
gerade ihr Werk tun, mögen sie darum OO
wissen oder nicht...
Wenn ich in den vorangehenden Kapi‐ OO
teln so ausführlich darlegte, was zum OO
wahren «Gebet» gehört und um wasOO
es sich beim rechten «Beten» handelt, OO
so geschah das vornehmlich auch des‐ OO
halb, weil so viele Menschen sich gar OO
nichts Bequemeres vorstellen können OO
als das Beten, ‒ weil so viele Men‐ OO
schen glauben, es sei schon gebetet, wenn OO
sie in ihrer Vorstellung, in gar anmaß‐ OO
licher Vertraulichkeit, sich mit einem er‐ OO
träumten Etwas unterhalten, das sie ihren OO
«Gott» nennen und dabei die selbstsug‐ OO
gestive Rückwirkung auf ihre Gefühle OO
als billigen Trost in sich aufnehmen. ‒ OO
76 Das Gebet
.Aus solcher Art, vermeintlich zu OO
beten, kann freilich nur SelbsttäuOO
schung und ein vorübergehendes OO
falschtönendes Gefühl der ErhoOO
benheit kommen, ‒ niemals wirkliche OO
geistige Erneuerung, die der Betende so OO
bitter nötig hätte.
Aber nichts wäre nun verkehrter, als OO
wenn man sich etwa auf meine Dar‐ OO
legungen hin auch nur im mindesten OO
entmutigt fühlen wollte.
.Es läßt sich wohl denken, daß dieser OO
oder jener bereit wäre, sich zu sagen: ‒ OO
«Wenn rechtes Beten all' diese VorausOO
setzungen in sich schließt, dann werde OO
ich es niemals lernen! ‒ Ich will vor OO
meinem Gott mein Herz ausschütten OO
und Trost in dem Gedanken finden, daß OO
ich gehört, ja vielleicht auch erhört OO
werde!»
.Wer aber dieses Buch bis hierher wa‐ OO
77 Das Gebet
chen Sinnes las, und dennoch so sprechen OO
kann, der hat meine Worte wahrlich OO
nicht ganz verstanden!
Wenn ich die Erfordernisse rechten OO
«Betens» an Hand der Verheißung OO
vom «Suchen», «Bitten» und «AnOO
klopfen» aufzuzeigen suchte, so mußte OO
ich gewiß ins Einzelne dringen, damit OO
der Leser nicht mehr im Zweifel sei, OO
daß es sich beim wahren «Gebet» um OO
etwas anderes handelt als um das OO
frommgestimmte Hersprechen gewisser OO
Gebetsformeln.
.So unterrichtet, wird jedoch der Ein‐ OO
sichtige gar bald seiner selbst gewißOO
werden und wissen, was für ihn nun OO
daraus folgt. ‒
.Er wird sehen, daß es erst dannOO
möglich ist, wahrhaft zu «beten», wenn OO
eine völlige Umstellung seines DenOO
kens, Fühlens und Handelns vor‐ OO
78 Das Gebet
aufgegangen ist, so daß in ihm bereits OO
alle Vorbedingungen wirklichen «Ge‐ OO
bets» erfüllt sind, bevor er beginnt OO
zu «beten». ‒ ‒
.Nur um der Allzuängstlichen willen OO
betone ich hier ausdrücklich, daß ich OO
zwar geschildert habe, was beim wirk‐ OO
lichen «Gebet» erfolgt, daß dieses OO
alles aber ganz von selbst sich ein‐ OO
stellt, nachdem das ganze Leben so ge‐ OO
staltet wurde, daß es stets gebetsbeOO
reit ist. ‒
.Denen, die sich das Beten nur als eine OO
Angelegenheit für Kopfhänger und Be‐ OO
trübte vorzustellen vermögen, muß ich OO
sagen, daß ein gebetsbereites Leben OO
wahrhaftig auf keine edle Freude zu OO
verzichten braucht und geradezu einOO
Unterpfand steter Heiterkeit, ‒ OO
steter Glücksbereitschaft werden OO
kann. ‒ ‒
79 Das Gebet
Was aber das «Ausschütten seinesOO
Herzens» anlangt, so fühlt der Mensch OO
den es danach drängt, nur besonders in‐ OO
tensiv die Wahrheit, daß er nicht ein OO
völlig Abgetrenntes und nur aufOO
sich Verwiesenes im Weltenraume ist, ‒ OO
daß er trotz seiner kosmischen IsoOO
lierung und Willensflucht aus demOO
Geiste, immer noch ‒ wenn auch auf OO
passive Weise ‒ mit seiner UrheiOO
mat: dem Reiche des wesenhaften rei‐ OO
nen Geistes, in Verbindung steht, und OO
daß die Hilfe, die von dort ausgehen OO
kann, einen weiteren Wirkungsbereich OO
umfaßt als alle Hilfe in der physischOO
sinnlichen Welt grobräumlicherOO
Dinge.
.Er irrt nur in der Auslegung seines OO
Gefühls, wenn er sich, ohne ZwiOO
schenstufe, dem ewigen Ursein als OO
gleichsam persönlichen Partner gegen‐ OO
überzufühlen glaubt, und er irrt nicht OO
80 Das Gebet
minder, wenn er dieses SelbstbeOO
kenntnis seiner Not vor unsichtbaOO
ren Zeugen, das eine wahre, richtige, OO
heilige «Beichte» ist, als «Gebet» OO
betrachtet. ‒ ‒ ‒
.Eine solche «Beichte» jedoch ent‐ OO
spricht eingeborenem Bedürfnis der OO
menschlichen Natur und ist ein BefreiOO
ungswerk der Seele von unschätz‐ OO
barer Lebensbedeutung, so daß jederOO
Erdenmensch, wer er auch sei, von OO
Zeit zu Zeit sich vor den unsichtbarenOO
wahren «Priestern» derart ausspre‐ OO
chen sollte, um zum Empfang stets OO
neuer Kräfte aus dem Unsichtbaren fähig OO
zu werden. ‒
.Man soll nicht erst die schwerste Not OO
der Seele über sich hereinbrechen las‐ OO
sen, bevor man sich zu solcher wahren OO
«Beichte» entschließt, die stets ihre OO
ewigkeitsgültige «Absolution» inOO
sich selber trägt...
81 Das Gebet
.Erst nach solcher «Beichte» und der OO
durch sie erlangten Befreiung derOO
Seele sollte man in wahrem «GeOO
bete» bitten um das, was man «erOO
beten» will! ‒ ‒ ‒
.Der Mensch, der dann auf rechte OO
Weise also «betet» wie gebetet werden OO
muß, wird wahrlich geistige ErneueOO
rung erlangen, und diese Erneuerung OO
ist immerfort wieder vonnöten, wenn OO
das Außenleben die Fühler der Seele OO
taub geschlagen hat. ‒
«Geistige Erneuerung» ist aber nichtOO
etwa eine Erneuerung des geistigen OO
Lebensfunkens im Menschen, sondern OO
Erneuerung der AufnahmefähigkeitOO
der Seele für alle Einflüsse, die sie ausOO
dem Reiche des reinen Geistes, OO
über die «Antenne» ihres eigenen gei‐ OO
stigen Wesenskernes, erreichen könnenOO
und erreichen wollen. ‒
82 Das Gebet
.Es ist kaum möglich, in Worten OO
menschlicher Sprache die einzigartige OO
Verbundenheit von «Geistfunken» OO
und «Seele» im Erdenmenschen dar‐ OO
stellen, oder auch nur mit Hilfe von OO
Bild und Gleichnis erklären zu wollen. OO
.Obwohl unsere «Seele» für uns «das OO
einzig Wirkliche» ist, das heißt: das OO
Einzige, was für uns als ein Wirkendes OO
wahrnehmbar wird im Innern, ist sie OO
an sich doch nichts anderes als eineOO
organische und nach bestimmtenOO
rhythmischen, harmonischen GeOO
setzen gebildete Gestaltung ausOO
dem ewigen Ozean der SeelenOO
kräfte, die gleichsam an dem in diesen OO
Ozean versenkten «Geistesfunken» OO
ihren KristallisationsmittelpunktOO
hat. ‒ ‒
.Wahrnehmung des eigenen «GeiOO
stesfunken» in uns ist uns nur mög‐ OO
lich, soweit wir «Seele» sind, und nur OO
83 Das Gebet
durch die bis ins Reingeistige eindrin‐ OO
genden besonderen Kräfte der OO
«Seele», die gleichsam als ihre «FühOO
ler» betrachtet werden können...
.Alles Geistige, was unser Erden‐ OO
bewußtsein erreichen will, muß seinen OO
Weg nehmen über den ewigen «GeiOO
stesfunken» in uns, wo es durch die OO
«Fühler» der «Seele» empfangen und OO
aus der «Seele» wieder durch bestimm‐ OO
te «seelische Organe» unserer Ge‐ OO
hirnmembran übermittelt wird. ‒ ‒ ‒ OO
.Da nun aber auch, umgekehrt, alle OO
lauten Wahrnehmungen des äußerenOO
Erdenlebens durch das Gehirnbewußt‐ OO
sein die «Seele» zum Mitschwingen OO
bringen, so wird der unsagbar subtile OO
Organismus der «Seele» fort und fort OO
erschüttert, was nicht nur seine AufOO
nahmefähigkeit für Geistiges bald OO
mehr, bald weniger herabsetzt, son‐ OO
dern zuweilen, und selbst für längereOO
84 Das Gebet
Zeit, geradezu eine Art von «LähOO
mung» der «Seele» bewirken kann. ‒ OO
.Wer das in sich vielleicht schon er‐ OO
fahren hat, ‒ und es wird wenige geben, OO
die es nicht erfahren hätten, ‒ dem OO
brauche ich kaum zu sagen, wie dann OO
diese «Lähmung» der «Seele» wieder OO
auf das Gehirnbewußtsein zurückOO
wirkt...
.So besteht immerwährende WechOO
selwirkung im Innern des Menschen OO
und eine Hygiene der «Seele» ist OO
wahrlich nicht minder wichtig als OO
hygienisches Verhalten in Bezug auf den OO
sichtbaren Erdenkörper und seine OO
Organe. ‒ ‒
.Wir brauchen ständig «geistige ErOO
neuerung», im Sinne einer Erneue‐ OO
rung seelischer Spannkraft, damit OO
die «Seele» Geistiges aufzunehmenOO
und weiterzuleiten fähig bleibe, ‒ so OO
wie wir die Erneuerung unserer erdenOO
85 Das Gebet
körperlichen Kräfte nicht entbehren OO
können, wollen wir dem Erdendasein OO
genügen. ‒ ‒
Es gibt aber keine wirksamere Art zu OO
steter geistiger Erneuerung zu ge‐ OO
langen, als immerwährende GebetsbeOO
reitschaft, ‒ als das «Beten ohneOO
Unterlaß», das aus ihr hervorgeht! ‒ OO
.Wer immerwährend gebetsbereitOO
ist, durch die ganze Einstellung seines OO
inneren und äußeren: ‒ seines beOO
schauenden und tätigen Lebens, für OO
den gehört das wirkliche «Beten» OO
ebenso zu seinen Lebens-NotwendigOO
keiten wie seines Erdenkörpers irdi‐ OO
sche Ernährung, und es bedarf keiner OO
besonderen Anlässe mehr, um ihn OO
zum «Beten» zu bewegen, wenn es ihm OO
andererseits auch gewiß niemals an sol‐ OO
chen Anlässen fehlen wird...
.Und es sind nicht nur die aneinander‐ OO
86 Das Gebet
gereihten goldenen Kettenglieder beOO
wußter, geformter GebetshandOO
lungen, die seinem Leben Weihe ver‐ OO
leihen! ‒
.Es ist sein steter Gebets-Wille, der OO
gleichsam auch dann an seinerstatt OO
«betet», wenn Alltagspflichten und OO
äußere Ablenkung das bewußt gestalOO
tete «Gebet» unmöglich werden las‐ OO
sen. ‒ ‒
.Ist man einmal auf dieser Stufe ange‐ OO
langt, dann ist ein Tagewerk undenkOO
bar, das ohne wirkliches «Gebet» be‐ OO
gonnen oder vollendet werden könnte. OO
.Doch, ‒ es ist gesagt: ‒ «Wenn duOO
beten willst, schließe dich ein inOO
deine Kammer
.So ist es denn keineswegs nötig, ‒ OO
ja, es würde gegen die «Scham derOO
Seele» verstoßen, ‒ daß die Umge‐ OO
bung des Betenden um seine Gebets‐ OO
handlungen weiß, es sei denn, daß OO
87 Das Gebet
mehrere Menschen sich im gleichenOO
Gebetswillen zusammenfinden und OO
einer aus ihnen diesem Willen in Worten OO
Gestaltung zu geben sucht. ‒
.Dann müssen das aber auch Men‐ OO
schen sein, von denen jeder Einzelne OO
weiß, was wirkliches «Beten» ist, und OO
jeder muß sein Leben bereits zu steter OO
Gebetsbereitschaft erhoben haben, OO
‒ sonst wird gemeinschaftliches Beten OO
zur hohlen Geste, oder, bestenOO
falls, wie etwa bei gemeinsamem OO
«Tischgebet», zur Befolgung einerOO
frommen Sitte, die freilich ‒ einst OO
hervorging aus gemeinsamen Gebets‐ OO
handlungen solcher Menschen, die um OO
das Geheimnis rechten «Betens» wußOO
ten, und auch die Ernährung des Er‐ OO
denleibes nicht ohne «Gebet» lassen OO
wollten. ‒ ‒
.Dem Kinde aber gebe man ruhig OO
Gebetsformeln, die seinem Fühlen‐ OO
88 Das Gebet
und Empfindenkönnen angepaßt sind, OO
ohne vorerst eine innere EinstellungOO
von ihm zu erwarten, die seiner SeeOO
lenkräfte Konzentration noch über‐ OO
steigt!
.Mit aller Behutsamkeit ist dann der OO
heranwachsende Mensch zuerst in die OO
Praxis des wirklichen «Betens» OO
einzuführen, bevor ihm Aufschluß dar‐ OO
über wird, in welcher Weise hier alles OO
geistig ineinandergreift.
.So wird er, der bereits praktischOO
beten gelernt hat, nur noch VertrauOO
tes vernehmen, wird ihm die ganze OO
Lehre in ihrem Zusammenhange zu‐ OO
teil. ‒
Die Wortgestaltung, die der des OO
«Betens» wahrhaft Kundige seiner OO
Gebetshandlung jeweilig geben will, OO
bleibt ihm allein anheimgestellt.
.Er kann mit gleicher Wirkung sich OO
89 Das Gebet
an gegebene Gebetsformeln halten, OO
die ihm vielleicht von der Kinderzeit OO
her schon lieb und vertraut geworden OO
sind, wie er auch aus der Fülle seines OO
Empfindens selbst die Worte formenOO
kann, und wenn auch ein solches Gebet, OO
seiner Wortfolge nach, nur ein ergriffe‐ OO
nes Stammeln darstellen würde.
.Obwohl aber wahrlich auch ein sol‐ OO
ches Stammeln zum «Gebete» wer‐ OO
den kann, soll doch nicht der Irrtum OO
entstehen, als solle wahres Gebet lieberOO
ein «Stammeln» als geformte Wort‐ OO
folge sein. ‒
.Es handelt sich hier um höchstesOO
Auswirken geistiger Gesetze und OO
seine Benützung, so daß schon die OO
Ehrfurcht vor dem Geistigen gebietet, OO
auch nach aller Möglichkeit nach forOO
maler Vollendung der Gebetshandlung OO
zu streben...
.Und weit darüber emporragend sind OO
90 Das Gebet
noch Wortfolgen möglich, die nach gei‐ OO
stigen Lautwerten geordnet, unsagbar OO
wohltätig auf die Seele einwirken, so OO
daß sich ihr «Gebet» gleichsam mit dop‐ OO
pelter Kraft erhebt. ‒ ‒ ‒
Um was dann, wenn man wirklich «be‐ OO
ten» kann, zu beten ist, wird zwar OO
jeder für sich zu wissen meinen, und OO
doch ist es nötig, hier noch einiges zu OO
sagen, soll nicht der gleiche Fehler ad OO
infinitum begangen werden, den so viele OO
begehen, die zwar nicht um das MyOO
sterium des rechten «Betens» wis‐ OO
sen, aber nach ihrer frommen Art gut‐ OO
gläubig zu beten meinen, wie sie es OO
eben verstehen können.
.Da ist es denn fast jedem dieser ver‐ OO
meintlichen Beter geradezu selbstverOO
ständlich, daß er zuerst um sein eiOO
genes Wohl und um das Wohl derer zu OO
beten habe, die ihm, ‒ wie man zu OO
91 Das Gebet
sagen pflegt, ‒ in seinem Erdenleben OO
«nahestehen»...
.Man hat zwar die Mahnung vernom‐ OO
men: ‒ «Betet für die, so euch hasOO
sen und verfolgen!» ‒ ‒ und am OO
Tage von Golgatha wird mit bedeutsa‐ OO
mer Betonung in den «römischen» Kir‐ OO
chen sogar für die «Ketzer», die OO
Juden und «Heiden» gebetet, aber ‒ OO
man denkt nicht daran, daß uns, vom OO
Standpunkt geistig Erwachter her OO
gesehen, auch unsere Feinde und VerOO
ächter, wie auch die fernsten Men‐ OO
schen, die wir niemals noch von AnOO
gesicht sahen, geistig ebenso ver‐ OO
bunden sind, wie unsere allernächstenOO
Blutsverwandten, auch wenn wir den OO
uns Unbekannten, und denen, durch OO
die uns arges Leid geschah, gewiß nicht OO
die gleiche Art und den gleichen GradOO
der Liebe entgegenbringen können, OO
‒ was auch wahrhaftig kein göttliches OO
92 Das Gebet
Gesetz «verlangt», weil es ja selbst OO
die Unterschiedlichkeit setzt und beOO
wirkt.
.Wer aber das wirkliche «Beten» OO
lernte, der wird fortan seinen Gesichts‐ OO
kreis erweitern müssen, um vor alOO
lem und zu allererst für alles zu OO
«beten», was auf Erden Mensch werdenOO
will, und Mensch zu sein sich müht: ‒ OO
was unter der Tierheit leidet, und was OO
die Tierheit zu bändigen sucht! ‒ ‒ OO
.Dann erst wird der Betende an beOO
stimmte Menschen-Gruppen denken OO
dürfen, ‒ danach an seine FreundeOO
und Anverwandten, ‒ sodann an OO
seine engste Familie, ‒ und zu allerOO
letzt: ‒ auch an sich selbst! ‒ ‒ ‒ OO
.Es ist genau die umgekehrte Rei‐ OO
henfolge gegenüber jener, die für un‐ OO
sere Lebenspflichten in der AußenOO
welt maßgebend ist, denn dort muß der OO
Mensch zuerst selbst festen Stand ge‐ OO
93 Das Gebet
winnen, bevor er Verantwortung für OO
eine Familiengründung übernehmen OO
kann, ‒ muß zuerst für seine FamilieOO
sorgen, bevor er Anverwandten und OO
Freunden helfen darf, ‒ und diesen OO
wieder muß er nicht mehr notwenOO
dig sein, will er ferneren Menschen‐ OO
Gruppen helfen oder seine Kraft dem OO
Menschheits-Ganzen zur Verfügung OO
stellen. ‒
.Unbeschreiblich BedeutendesOO
hängt für die ganze Menschheit da‐ OO
von ab, daß jeder, der wirklich «beten» OO
lernte, nun in solcher Weise zuerst für OO
Alle «betet», bevor er das «Gebet» OO
auch für seine weiteren und näheren OO
«privaten» Anliegen einsetzt, ganz ab‐ OO
gesehen von dem rein Persönlichen, OO
für das er die Hilfe des «Gebets» ge‐ OO
brauchen will...
.Es kann so im Laufe der Zeit wahr‐ OO
haftig zu geistiger Erneuerung im‐ OO
94 Das Gebet
mer größerer Teile der Menschheit kom‐ OO
men, nur durch das «Gebets»-Wirken OO
weniger Einzelner!
.Aber es wird hier nicht bei diesen OO
wenigen Einzelnen bleiben, denn die OO
Kraft des wirklichen «Gebetes» OO
weiß in Bälde alle zu erreichen, die be‐ OO
reits reif und gefestigt genug sind, um OO
«beten» lernen zu können...
.Derer aber sind wahrlich nicht we‐ OO
nige in heutigen Tagen zu finden! ‒ ‒ OO
Die noch der Erde Bürde und MühOO
sal tragen, mögen aber auch jene nicht OO
vergessen, die vor ihnen über diese OO
Erde gingen, mit gleicher Mühsal und OO
Bürde belastet. ‒ ‒
.Man wähne nicht, nun seien sie aller OO
Sehnsucht nach Hilfe enthoben, oder, OO
sie seien erdenmenschlicher Hilfe so ent‐ OO
rückt, daß solche Hilfe ihnen nichtsOO
mehr nützen könne!
95 Das Gebet
.Ach! ‒ es sind nur Allzuviele, OO
denen die Hilfe durch wirkliches «GeOO
bet» gar dringend nötig wäre, da sie OO
nun in einer seelischen Entwicklungs‐ OO
Phase stehen, die ihnen nicht mehr er‐ OO
laubt, selbst tätig ihr Schicksal zu OO
fördern! ‒ ‒ ‒
.Wenn in einem alten geheiligten Bu‐ OO
che die Worte stehen: «Es ist einOO
heiliger und heilsamer Gedanke, OO
für die Verstorbenen zu beten, aufOO
daß sie erlöst werden!» ‒ so darf OO
man hier wahrlich sicher sein, daß nur OO
einer diese Worte schreiben konnte, der OO
hinter die dichte Verhüllung sah, die OO
dem nicht dafür bereiteten Erdenmen‐ OO
schen den Blick in «das Land ohne Wie‐ OO
derkehr» unmöglich macht...
.Und wenn ich hier jeden, der da OO
«beten» lernen will, bitte, daß er, so‐ OO
bald er es kann, sein wirkliches «Ge‐ OO
bet» auch für die von dieser ErdeOO
96 Das Gebet
Geschiedenen ein-setze, so spreche ich OO
kraft meines sichersten «Wissens», OO
und keineswegs etwa beeinflußt durch OO
irgendwelche erdenmenschlichen Vor‐ OO
stellungen vom Leben nach dem Erden‐ OO
tode!
.Aber auch hier möge man daran den‐ OO
ken, zuerst für Alle zu «beten», bevorOO
man die Kräfte des wahren «Gebetes» OO
auf Einzelne lenkt! ‒ ‒
.Es trage aber auch keiner etwa Sorge, OO
daß sein «Gebet» für Einzelne viel‐ OO
leicht vergeblich sein könne, weil OO
diese Einzelnen der Hilfe nicht mehrOO
bedürftig seien!
.Hier ist nur zu sagen, daß es unter OO
denen, die noch irgend ein heute auf OO
Erden Lebender kannte, oder deren sich OO
seine Eltern erinnerten, keine einzigeOO
Seele ist, die nicht auf ihrem Wege noch OO
Förderung dankbar begrüßen würde, OO
auch wenn sie nicht zu denen gehört, OO
97 Das Gebet
denen solche Hilfe durch wahres «Ge‐ OO
bet» geradezu «Erlösung» werden OO
kann. ‒ ‒ ‒
.Auch in jenem Seelenzustand, in dem OO
sich die «Seele» frei vom ErdenkörOO
per erlebt und den der Sprachgebrauch OO
das «Jenseits» nennt, ist geistigeOO
Erneuerung, in gleichem Sinne wie OO
ich das Wort schon vordem erläuterte, OO
eine stete Notwendigkeit, denn im‐ OO
mer noch erschüttert, nachwirkend, OO
erdenhaftes Bewußtsein die «Seele», OO
während sie zugleich in neuen Erleb‐ OO
nissen vibriert, die sie passiv hinneh‐ OO
men muß, ohne, wie einst auf der OO
Erde, durch den Erdenkörper aktivOO
daran teilnehmen zu können. ‒ ‒ OO
.Die Wenigen aber unter den Geschie‐ OO
denen, die aktiv in der Welt des Geistes OO
heimisch waren schon zu ihren ErOO
denzeiten, würden die Hilfe des wah‐ OO
ren «Gebetes» wahrlich für AndereOO
98 Das Gebet
gut zu gebrauchen wissen, würde sie OO
ihnen etwa zugelenkt...
.Es darf jeder darauf vertrauen, daß OO
nichts verlorengeht, was da jemals die OO
Liebe über die Grenze der physisch‐ OO
sinnlichen Welt ins «Jenseits» sendet.
.Gilt das wahrhaftig schon von jeder OO
liebedurchdrungenen Empfindung, ‒ OO
von jedem liebeerfüllten Gedanken, ‒ OO
so erst recht von der wahrhaft wunOO
dersamen Hilfe, die durch Ausübung OO
wahren «Gebetes» möglich wird! ‒ ‒ OO
So wirkt die rechte Art zu «beten», OO
wie ich hier in diesem Buche «beten» OO
lehre, nicht nur über die ganze ErdeOO
hin, sondern noch weit über diese OO
physisch-sinnliche Erscheinungswelt hinOO
aus!
.Das wirkliche «Gebet» verbindet OO
alles Seelische, das den Geistesfunken OO
in sich trägt, im sichtbaren wie im OO
99 Das Gebet
unsichtbaren Kosmos, und bringt OO
Kraftströme zur Wirksamkeit, die, OO
auf dem Wege über die ihnen gesetzten OO
Stationen, in Wahrheit zuletzt das HerzOO
des absoluten ewigen Seins errei‐ OO
chen, um von dort aus mit «Gnade» OO
gleichsam «geladen» zurückzufluten OO
auf den Betenden und alles, worauf sein OO
«Gebet» gerichtet ist...
.Das wirkliche «Gebet» läßt die OO
«Himmelsleiter» erstehen, die imOO
Innern des Menschen dann aufragt, OO
hinauf bis zum innersten Urseins-WilOO
len, ‒ jene «Himmelsleiter», die es OO
den hohen Hierarchien des Geistes mögOO
lich macht, das ewig leuchtende Licht OO
herabzubringen bis in des ErdenmenOO
schen irdisches Erleben! ‒ ‒ ‒
.Das wirkliche «Gebet» ist die OO
höchste Verherrlichung der ewigen OO
Liebe, ‒ liebend dargebotene VerOO
einungsmöglichkeit mit der ewigen OO
100 Das Gebet
schöpferischen Allgewalt, die aus der OO
Urliebe ewig neues Leben zeugt... OO
.So ist es für den Erdenmenschen wahr‐ OO
lich nur Erfüllung heiligster Pflicht, OO
wenn er sich strebend müht das wahre OO
«Beten» zu lernen.
.Heil und Segen wird ihm und allerOO
Seele aus solchem «Beten» ersprießen, OO
und mehr und mehr wird sich durch sol‐ OO
ches wirkliches «Gebet» der ErdeOO
Antlitz geistig neu gestalten, zum OO
Wohle derer, die einst nach uns kom‐ OO
men. ‒ ‒ ‒
.Bereiter der Zukunft sind alle, die OO
wahrhaft zu «beten» wissen! ‒
.Sie sind die Vorläufer und WegOO
bereiter des neuen Menschen, der OO
schon mit Ungeduld auf Erden DaseinOO
verlangt, aber erst erscheinen kann, OO
wenn er die Erde für seine neue Weise OO
Mensch zu sein, bereitet findet! ‒ ‒ OO
.Ihm wird das wirkliche «Beten» auf OO
101 Das Gebet
Erden Heimat schaffen, ‒ ihm: ‒ OO
dem neuen Menschen, der da alles OO
was dermalen noch zerspalten und zer‐ OO
rissen ist, vereinigt, weil er nur noch OO
aus der Liebe lebt! ‒ ‒ ‒
*          *
*
102 Das Gebet
SO SOLLT IHR BETEN!
Heilige Heerschar!
Hüte heute
Meinen neuen Tag!
Hohe Hilfe helfe
Mir,
Dem Vertrauenden,
Tun meine Tat!
Rein ist mein Fühlen: ‒
Es bleibe rein!
Straff mein Denken: ‒
Es bleibe gestrafft!
Klar meine Rede: ‒
Sie bleibe klar!
Ich unterwerfe
Mein Denken
Der Liebe!
105 Das Gebet
Ich unterwerfe
Meine Worte
Der Liebe!
Ich unterwerfe
Mein Handeln
Der Liebe!
*
I
Dank dem Erzeugenden
Für das Erzeugte! ‒
Geweiht sei Speise,
Geweiht sei der Trank
Urewiger Liebe!
II
Gabe der Erde,
Erhalte der Erde
Was ihr gehört! ‒
Werde Segen
Leibhaftem Leben!
106 Das Gebet
III
Kraft des Lebens!
Wirke das Wunder: ‒
Wandle,
Was ich vernichte,
Was ich zerstören muß,
Mich zu erhalten, ‒
In weisen Willen!
*
O Glück der Ruhe!
Glück der Stille!
Glück der Nacht!
Nach Tagesmühe,
Tageslärmen,
Tagesdrängen,
Müd' gemacht,
Sehnt Seele sich
Und Leib,
107 Das Gebet
Nun auszuruhen
Auszuklingen
Auszuschwingen.
Nun ist vollbracht
Der Erde Werk!
Seele!
Kehr' bei dir selber ein!
Lerne
Den Leib nun vergessen!
Laß ihn
Auf seinem Lager ruhn!
Hehrer Hüter heilige Hut
Hütet ihn vor Schaden.
Du aber, ‒
Seele, ‒
Bete
Unterdessen!
*
108 Das Gebet
Frei!
Frei geworden,
Fressender Frage!
Frei geworden,
Wühlender Wünsche!
Also befreit,
Will ich
Herr
Dir Sein, ‒
Will dich
Beherrschen,
Du,
Mein Glück!
Dank dem,
Das dich
Mir sandte!
109 Das Gebet
Dank dem,
Das mich
Dich schaffen ließ!
Doch ‒ dienen
Will ich
Dir nicht!
Willst du an mir
Den Knecht,
So wirst du mich
Verlassen müssen, ‒ ‒
Denn ich will
Frei sein,
Auch von dir!
*
Helft mir!
Helft mir,
Wenn ihr
Helfen könnt!
110 Das Gebet
Helfende Mächte!
Hilfreiche Helfer!
Ihr wißt,
Wie harte Not
Mich schlägt, ‒
Wie Sorge
Boshaft
Mich bedrängt!
Ihr werdet
Hilfe bringen, ‒
Wenn ihr
Könnt!
Doch: ‒
Ist es euch
Versagt,
Die Last von mir zu heben,
Die mein Rücken trägt, ‒
Dann
Helft mir nur
Sie tragen!
111 Das Gebet
Geh' ich auch gebückt,
So will ich doch nicht
Fallen!
Will willig
Tragen,
Was ich tragen
Muß, ‒
Und will nicht
Murren,
Will nicht
Klagen!
*
Urewige Liebe!
Löse
Aus Not
Und Bindung,
Aus Blindheit
Und Nacht,
Aus Qual
112 Das Gebet
Und Bann,
Was meine Liebe
Und meine Kraft
Nicht lösen kann!
Ergieße Du
Aus Deiner Kraft
Macht in müden Willen,
Selbst das Leid
Zu stillen,
Soweit es Wille
Stillen kann!
Sende Hilfe
Hoher Helfer, ‒
Wehrender Wächter!
Übel weiche!
Drangsal fliehe!
Weh' vergehe!
Not
Sich wende!
113 Das Gebet
Böses
Ende!
Gefahr
Und Betörung
Vorüberziehe!
Finsternis
Schwinde!
Licht
Überwinde!
Daß diese Seele
Werde frei, ‒
Bald
Aller Bande
Ledig sei!
*
Hohe Helfer!
Lichteslenker!
Mächtig,
Unsichtbar
114 Das Gebet
Um mich zu sein. ‒
Euch rufe ich
Aus meiner Pein!
Ich rufe um Rettung!
Ich will nicht
Verloren sein!
Ach!
Daß doch Einer
Bei mir sei, ‒
Mache mich
Von mir selber
Frei! ‒ ‒
Einer
Aus Euch!
Mich fasse,
Nicht lasse, ‒
Mich rette
Aus böser Bindung
Qualvollen Banden!
115 Das Gebet
Mich löse
Aus Drang und Trieb!
Daß er verjage
Höllische Plage,
Die Urteil trübt,
Betörung übt,
Unheil verhängt
Zum Argen drängt,
Sinn verwirrt,
Willen beirrt!
Helfe mir
Hüter!
Halt' meine Hand!
Bis ich mich
Selbst
Dem Wahn
Entwand!
*
116 Das Gebet
Lenker im Lichte!
Seht mich bereit!
Bereit im Willen!
Bereit
Alle Mühe
Zu überwinden!
Zur Tat
Bereit!
Pflicht erkennend
Werde ich wirken,
Was werden will
Aus meiner Kraft!
Was ich vermag,
Und nicht vermag,
Kommt nun zutag.
Daß Eure Kraft
Vollendung schaffe,
Wenn ich erschlaffe, ‒
117 Das Gebet
Ist meine Bitte:
Ist mein Gebet!
Laßt mich
Nichts schlecht tun!
Laßt alles mich
Recht tun!
Laßt mich nicht wanken!
Lenkt meine Gedanken!
Lehrt mich
Vollbringen!
Lasset das Werk
Durch mich
Gelingen!
Ihr hohen Helfer!
Ihr Lenker
Im Licht!
*
Nicht mehr beten,
Nicht mehr rufen, ‒ ‒
118 Das Gebet
Schreien...
Kann ich nur
Um Licht!
Verwirrt,
Verirrt,
Vermag ich nicht
Mich noch
Zurechtzufinden
Im tiefen Dunkel
.um mich her.
Zerquält,
Verängstet,
Schreie ich: ‒
Schreie
Um Licht!
Lichte Liebende
Laßt nicht allein
Mich in Marter
Wilder Verzweiflung!
Trostberaubt!
119 Das Gebet
Selbst vom Scheine
Scheinbaren Trostes
Längst verlassen!
O betet Ihr für mich,
Die Ihr
Im Lichte lebt, ‒
Denn ich ‒ ‒
Kann nicht mehr
Beten!
Hört mich!
Erhöret
Meinen Schrei!
Ich schreie zu Euch, ‒
Schreie
Aus meiner tiefen,
Tiefen Not
Um Licht, ‒
Auf daß ich...
Wieder...
Beten könne!!
*
120 Das Gebet
Kalt, ‒
Starr, ‒
Verstummt, ‒
Liebe ich
Dennoch,
Was ich vordem
Liebte: ‒
Einst warm
Belebt, ‒
Beredten Mundes...
Ehedem
Lichter Seele
Lebenslang
Träger
Und ausdruckswillige
Darstellung.
Schaurig, ‒
Noch unerfaßlich, ‒
Daß dieses nun
Verwesen muß! ‒ ‒
121 Das Gebet
Daß diese lieben Formen
Nun vernichtet werden! ‒ ‒ ‒
Grauenvoll
Fühle ich
Irdische Vergänglichkeit:
Nun aber
Betet
Meine Liebe
Für dich
Du lichte Seele, ‒
Der dieses Kalte,
Starre,
Nicht mehr dienen kann, ‒
Daß dir sogleich
Die hohen Helfer
Sich erkennbar zeigen,
Damit du
Ohne Säumen
Deinen Weg zum Lichte findest: ‒
Selbst Licht wirst,
Wie du Licht
122 Das Gebet
Von Anbeginn
Einst warst!
Leitet,
Lenkt
Und lehret,
Ihr leuchtenden Lehrer
Erhabenster Lichtwelt!
Führet
Zu höchstem Ziele: ‒
Zu lichter Vollendung
In ewigem Geiste, ‒
Was ich liebe
Mit aller Liebeskraft,
Jetzt, ‒ wie einst!
*
Fragende Augen, ‒
Nie gewesen,
Nie wiederkehrend, ‒
123 Das Gebet
Noch fasset ihr nicht
Was sich euch zeiget
In irdischem Licht!
Möge Segen
Euch erregen,
Voll Vertrauen
Bald zu schauen,
Sonnendurchhellt,
Eure Welt!
Möge reinen Geistes Walten
Seele sich in euch gestalten, ‒
Was noch «schläft» in euch
Entfalten!
Liebende Schützer
Schützt dieses Kind! ‒
Lenket sein Werden
Hier auf Erden
In lichte Bahn!
124 Das Gebet
Führt dieses Leben!
Leitet sein Streben
Durch lange,
Freudige
Erdenzeit
Stets näher ewigem
Leuchten entgegen! ‒
Behütet es
Auf allen Wegen,
Bis es beglückt
Einst, ‒
Der Erde entrückt, ‒
Mit Euch vereint,
Im Lichte aufersteht
Für alle Ewigkeit!
*
Dank Dir
Quelle aller Freude, ‒
Urewiges Licht
125 Das Gebet
Lebenspendender Liebe, ‒
Dafür,
Daß ich
Erleben durfte,
Was heute mich
Beglückt, ‒
Mich aller Klage nun
Entrückt, ‒
Erfüllung ward
Hoffen und Traum!
Noch fasse ich kaum,
Daß das Erlangte sich
Als Wirklichkeit erweist.
Ihr aber:
Liebende,
Im Geist,
Ihr,
Die ihr Weg
Und Weise kennt,
Ihr,
Die Euch Liebe
126 Das Gebet
Helfen heißt, ‒
Sendet mir,
Helfer,
Eure Kraft!
Lehrt mich
Erkennen
Wie ich
Meiner Freude
Würdig werde!
Laßt mir zum Segen sein
Was diesen Tag mir hellt!
O laßt mich nicht
Allein!
Allein mit meiner Freude!
Schützet,
Schützer
Meine Seele,
Daß nicht Übermut
Sie nun befällt!
*
127 Das Gebet
Innerstes Leben!
Sein meiner selbst!
Du lichter Stern
Urgöttlichen Lichtes
Im Erdendunkel!
Du,
Dessen «Bild»
Ich bin, ‒
Irdisch verflochten
Dem Irdischen, ‒
Mich selbst
Nicht fassend: ‒
Nur in Dir
Von Dir
Gefaßt!
Weit
Ward ich mir, ‒
So, wie ich bin
128 Das Gebet
In Dir, ‒
Weit ward ich mir
Entrückt!
Wo ist mein Weg? ‒
Mein Weg
Zu mir, ‒
So wie ich
Ewig
Bin
In Dir!?
O helfe mir!
Lass' nicht Dein «Bild»
Durch Irdisches
Ver-bilden!
O laß zurück mich
Zu mir selber
Finden! ‒ ‒
Zu Dir,
Du Licht in mir!
129 Das Gebet
Löse
Meine Selbstverflechtung!
Befreie
Aus des Irrtums Knechtung,
Was nur mit Dir
Vereint
Das Leben finden kann!
*
Von allem Trost verlassen
Rufe ich,
Rufe ich zu Dir: ‒
Du Licht der Ewigkeit!
Du Licht des Lebens, ‒
Licht der Liebe!
Lass' nicht
In schwarzer Lichtnot
Nachten
Seele
Und Sinn!
130 Das Gebet
Erhelle
Das Trübe!
Erlichte
Das Dunkel!
Laß mich
Erleuchtung
Erlangen
In Dir!
Sende,
Die in Deinem Lichte
Leuchten
Mir
Auf meinen Weg!
Heiße sie achten
Auf mein Suchen:
Mein Suchen
Nach Licht!
Willig folge ich
Führender Hand!
131 Das Gebet
Willig ersteige ich
Steile Pfade!
Entführet mich
Führer
Finsterem Land!
Führt mich
Ins Licht: ‒
In das Leuchten
Der Gnade!
*
Väter im Lichte, ‒
Heilige Helfer, ‒
Hilfreich nahe
Allem,
Was nach Rettung ringt!
Inbrünstig
Bebenden Herzens
Sei Dank
Euch dargebracht!
132 Das Gebet
Aus drohender Nacht
Zum Lichte erwacht, ‒
Aus Not errettet,
Gefahr entrissen,
Losgekettet
Aus feindlicher Macht, ‒
Sei nun mein Leben
Euch übergeben!
Eurer Wacht
Sei anvertraut,
Was Ihr
In mir
Aus meinem Streben
Nun auferbaut!
Lasset des Dankes
Tempel werden
All mein Dasein nun
Auf Erden!
*
133 Das Gebet
Schaffende,
Bauende,
Werkwissende
Meister!
Weist mir
Rechte Weise
Wie ich
Wirkend
Werk
Vollende!
Ihr,
Die ihr Maß
Und Zahl
Erkennt, ‒
Verborgenstes
Bei Namen nennt, ‒
Gebt Einsicht,
Kraft
Und auch
Geduld!
134 Das Gebet
Begnadet mich
Aus hoher Huld!
Daß nichts mir
Mißlinge!
Daß alle Dinge
Die Werk
Ergeben,
Sich unter meiner Hand
Vollenden wollen
Und zum Werk
Erheben! ‒ ‒ ‒
*
Laßt mich nicht
Im Nichts
Versinken!
Nicht
Im Schein
Ertrinken!
135 Das Gebet
Soll mich nicht
Gedanke
Binden, ‒
Soll ich
Wahrhaft
Weisheit
Finden, ‒
Muß ich
Hilfe
Mir erbitten,
Weise Wissende,
Bei Euch!
Die Ihr
Allein
Mir Wege wißt
Aus Irrung
Und Verwirrung.
Weist
Wissend Liebende
Liebreich
Licht!
136 Das Gebet
Laßt mich
Erkennen
Wahres Wesen
Wahrhaftiger
Wirklichkeit!
Aus Trug
Und Schein
Führt mich,
Ihr Leuchtenden,
In ewig wahre
Weisheit ein!
*
Vater aller,
Die Dich glauben!
Der Du bist,
Da Du
Dich glaubst! ‒
Der Du
137 Das Gebet
Glaubend
Leben zeugest
Wie Du
Glaubend,
Selbst Dich zeugend,
Selbst Dir
Licht
Und Leben bist!
Erwecke Glauben
Auch in mir,
So, daß ich
Wahrhaft glauben lerne, ‒
Glauben,
Gleich Dir!
Überlichte,
Über-zeuge mich
Aus Dir!
Zeuge Leben, ‒
Zeuge mich
In mir!
138 Das Gebet
Lass' mich
Glaubend
Dich erlangen!
Daß ich nicht,
Von Nacht umfangen,
Beute werde
Meiner Glaubensnot!
*
Hart bedrängt
Durch zähen Zweifel,
Vater,
Rufe ich zu Dir!
Sende bald
Durch Deine Boten
Deine hohe Hilfe mir!
Gib verstörtem Herzen
Gnade! ‒
Licht im Urlicht,
139 Das Gebet
Leite Du
Licht
Aus Deines Leuchtens Fülle
Mir auf meine
Erdenpfade!
Daß ich klar
Das Rechte sehe,
Trug von Wahrheit scheiden lerne,
Mich nicht weiter noch
Entferne
Und nicht
Irre Wege gehe!
*
Noch ist mein Glaube,
Wie Röhricht im Winde,
Immerfort schwankend...
Bald aufgerichtet,
Bald niedergedrückt...
140 Das Gebet
Bald kann ich
Glauben,
Gleich einem Kinde. ‒
Bald ist mir alles
Wieder entrückt.
Sehnend
Suche ich
Sicheren Grund,
Um fest
Wie ein Fels
Zu stehen...
Bin Denkensmüde
Bin Herzenswund, ‒
So kann es nicht
Weitergehen!
Ihr
Die Ihr
In Gewißheit lebt!
Helft mir
Aus solcher Pein!
141 Das Gebet
Gebt meinem Glauben
Festen Stand!
Führet mich,
Führer,
An fester Hand
In Eure
Gewißheit ein!
*
Willig
Will ich
Auf mich nehmen,
Was mein Wille
Nicht mehr
Wendet, ‒
Auch wenn das,
Was mich
Verwundet,
Meine Erdentage
Endet!
142 Das Gebet
Alles
Was ich will
Und hoffe,
Ist,
Daß diese Erdenplage
Die ich mit Geduld
Ertrage,
Mir noch soviel Kraft belasse,
Daß ich stets
In Klarheit fasse: ‒
Wie alles Leid
Mich nur befreit
Aus Erdenhörigkeit.
*
Euch,
Die ihr
Erdenleibes ledig,
Nun Seelenleibhaft euch
Erlebet, ‒
143 Das Gebet
Nahe noch
Irdischem,
Dennoch
Erdentrückt, ‒
Euch
Leite Liebe
Lichter Leitung zu!
Liebe
Löse
Irdischen Bann!
Lichtes Vertrauen
Lehre euch fassen
Hilfreiche Hände
Erdnah verharrender
Hoher Helfer, ‒
Heiliger Liebender!
Erdhafte Hemmung
Bleibe zurück!
Wahn
Werde vergessen!
Wille werde wach!
144 Das Gebet
Enthaftet
Aller Haftung,
Frei
Aller Fesselung,
Folget
In Freude
Weiser Führung
Leuchtender Führer!
Daß bald euch
Erleuchte
Ewiges Licht!
*
145 Das Gebet
ENDE