DAS HOHE ZIEL
KOBER'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG AG
BERN
BÔ YIN RÂ
Autorenname von J. A. Schneiderfranken
3. Auflage
Unveränderter Nachdruck der 1961 in der Kober'schen
Verlagsbuchhandlung erschienenen zweiten Auflage
Erste Auflage Verlag Magische Blätter Leipzig, 1925
© 1972, Kober'sche Verlagsbuchhandlung AG Bern
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die der Übersetzung in
fremde Sprachen und der Verbreitung in Rundfunk und
Fernsehen. Druck: Graphische Anstalt Schüler AG, Biel
.Höher als alle Erdenziele ist das
hohe
Ziel, das dieses Buches Worte dir zeigen
wollen.
Vergeblich aber wirst du dieses Ziel zu er‐
reichen suchen, wenn du es etwa in
weiter
Ferne wähnst!
Der
Weg, der dich zu deinem hohen Ziele
führt, ist
in dir selbst, und
in dir selber
nur wirst du dereinst das hohe Ziel
errei‐
chen!
Auch alle
Hilfe deren du bedarfst auf dei‐
nem Wege, wird dir nur
in dir selbst zuteil!
Nur
in dir selber kannst du die helfenden
Hände ergreifen, die sich dir entgegen‐
strecken!
Verwechsle nicht die
Lehre, die dir das
Ziel zu
zeigen sucht und dich auf den
Weg zum Ziele
leiten will, mit dem
Be‐
treten des Weges
in dir selbst!
Erst dann kann dir die
Lehre Segen
bringen, wenn du nach ihrer Weisung
in dir
selber suchst. ‒
Dann erst wirst du auch
Hilfe in dir sel‐
ber finden!
Sollen darum dieses Buches Worte dich zu
deinem hohen Ziele bringen, so wirst du
sie in dir selber wiederklingen lassen
müssen.
In deinem Inneren wirst du alsdann den
steilen Weg entdecken, und wenn du ihn
mutig zu erklimmen suchst, so wird er auch
dich das hohe Ziel einst in dir selber
finden lassen! ‒ ‒
.Es war nicht klügliches Ersinnen, was die
alten Weisen immer wieder zu der Mahnung
drängte, den Geist in der
Stille zu suchen,
bei «verschlossenen Türen» des Geistes Ruf
zu erwarten. ‒
Was dann im
Inneren vernommen werden
kann, wird nur der
Seele hörbar sein, und
fühlend nur wird sie vernehmen können,
was niemals sich in Worte einer Menschen‐
sprache fassen läßt...
Wohl dem, der solcherart
fühlend zu
hören
weiß!
.Nicht allen wird es gegeben sein, den Ruf
des Geistes sogleich zu
vernehmen.
Sie werden oft lange im «
Gebete» verharren
müssen, ehe ihr
Inneres also
aufgetan
wird, daß sie
in sich selbst den Ruf
er‐
fassen...
.Wie fernes Saitenspiel nur das
ge‐
schärfte,
kundige Ohr die
Melodie er‐
kennen läßt, indessen es anderen Ohren nur
undeutbares Klingen bleibt, so wird der
sanfte Ruf des Geistes nur von denen ver‐
nommen, die ihr
inneres Gehör zu schär‐
fen wußten und die Seele geistiger Dinge
also kundig werden ließen, daß sie auch
deuten kann, was ihrem Hören klingt. ‒ ‒ ‒
.Im Lärm des überlauten Tages taub ge‐
worden, irrt so mancher durch die Wüste, ‒
harrend des Rufes, der ihn erreichen könne,
und seiner Taubheit nicht bewußt.
Vergeblich wird der Ruf des Geistes ihn zu
bewegen suchen...
Erst muß der Lärmbetörte seiner Taubheit
inne werden, um dann in der Stille wieder
sein Gehör zu erlangen.
Erreicht dann wieder Geistiges sein Ohr,
dann wird er lernen müssen, sich dem Lärm
der Außenwelt beharrlich zu
verschließen
und dennoch
nicht vor ihm zu fliehen. ‒
Was immer ihn umgeben mag, ‒ stets muß
er
sich selbst in der
Stille erhalten!
Der Lärm des Tages darf nicht in sein
In‐
neres dringen, auch wenn er sein
Äußeres
mit aller Macht umtost. ‒
Wer den Ruf des Geistes hören will, muß
sein Gehör allein nach
Innen kehren.
Nur in seinem
Inneren wird er vernehmen
lernen können, was nie zu Worte ward...
Lärm und Getöse wird ihn nicht betäuben,
wenn er im Inneren zu hören weiß!
Inmitten der Außenwelt, die ihn um‐
brandet, wird er sich selbst eine
Insel der
Stille sein.
Der Wogen Toben und des Sturmes Heulen
wird er überhören lernen, und
aus der
Stille in ihm selbst wird ihm des Geistes
hoher Ruf erklingen! ‒
.Durch
Tat und
Wirken wird die Stille
nicht gestört, die hier vonnöten ist!
Nicht dort, wo nur des
Todes Stille herrscht,
kann je der Ruf vernommen werden!
Nur wo das
Leben seine Wogen wirft, wird
auch die innere
Stille noch voll des Lebens
sein, aus dem der Geist das
Geistige im
Menschen zeugen kann.
Nur solche
Geisteszeugung hört den
Ruf
des Geistes! Durch sie nur kann dem Men‐
schen
Wissen werden ‒ um
sich selbst!
‒ ‒ ‒
Wer anders je
sich selbst bei «Namen»
nennen hören will, wird stets vergeblich war‐
ten können...
Der Ruf, den er ersehnt, kann nur von
Innen kommen, wenn das
Innerste be‐
reits erwachte durch des Geistes zeugende
Gewalt, die in der Stille nur zur Wirkung
kommt. Nur aus dem
Innersten des In‐
nern läßt sich Geistiges vernehmen!
.Die
Lehre, die von
außen her gegeben
wird, soll dir nur zur Vorbereitung dienen.
Sie soll dein
Inneres des Geistes
kundig
werden lassen, damit dereinst der Ruf aus
deinem
Allerinnersten dir faßbar werden
kann.
Die
Lehre wird dir immer nur vom Geiste
zu
sagen wissen, was sich sagen
läßt. Des
Geistes
Wirklichkeit kann dir jedoch nur
nahen im
Erleben!
Du kannst des Geistes Leben anders nicht er‐
fassen, als durch
Innewerden. ‒ ‒ ‒
So kehre dich denn mit aller Kraft deinem
Inneren zu und
bitte den Geist
in dir
selbst, daß er dein
Allerinnerstes er‐
wecken möge!
Verharre in solchem «Gebete», bis du Er‐
hörung findest!
Erhalte dich in der
Stille und in sicherer
Zuversicht!
Selbst dein «
Gebet» darf nicht die
Stille
stören! ‒
Noch weniger aber darfst du
heischen und
fordern, was sich dir
von selbst ergibt,
sobald dein Inneres durch die Stille
bereitet
ist. ‒
Erwarte in
heiterer Ruhe deinen Tag! Sei
tätig mit all deinen äußeren Kräften in der
Außenwelt, doch lasse das Tabernakel dei‐
nes
Innern niemals durch die Sorgen dieser
Außenwelt entweihen! In deinem
Innern
mußt du, unbeirrt durch die äußeren Stürme,
stets die
Stille bewahren!
Kein Geräusch der Außenwelt darf dieses
Innere in dir erreichen!
So wirst du dereinst ‒ an
deinem Tage ‒
deine
tiefste Tiefe ergründen und zu dei‐
ner
höchsten Höhe erhoben werden!
So wirst du dereinst den
Ruf des Geistes
in dir selbst vernehmen und
dich selbst
im Geiste
erkennen! ‒
Im
Leben des Geistes wirst du dann
selbst dich im
ewigen Leben finden!
*
.Mehr als jemals ist es in heutigen Tagen
an der Zeit, stets erneut darauf hinzuweisen,
daß nicht alles «Geheimnisvolle», von dem
wir umgeben sind, zu jenem letzten und hei‐
ligsten Geheimnis führt, das allein der Seele
Erlösung bringen kann.
Ja, es mag vielleicht nötig sein, auch Ver‐
wahrung einzulegen gegen ein allzu leicht
«fertiges» Lesen solcher
Warnung, denn
die Verwirrung mancher Gehirne ist derart
ins Groteske ausgeartet, daß sie die schärfste
Ablehnung ihres Wahns in exaltierter Ver‐
blendung nicht mehr erkennen und das
Wort des Warners vor sich selbst in eitel Zu‐
stimmung fälschen.
.Seit gar vielen Jahren schon, ‒ jahr‐
zehntelang bereits, und längst vor dem Aus‐
bruch des Völkermordens, dessen fluchgesät‐
tigte Atmosphäre noch immer wie eine bran‐
stige Wolke der Blutschuld über allem Erd‐
geschehen lastet ‒ ward eine ihres Wissens
und ihrer Aufklärung stolze Menschheit die
Beute verderblichster Durchseuchung ihres
geistigen Erkennens, so daß heute jede ver‐
borgene Wahrheit ihr Satyrspiel findet.
Es ist wahrlich nicht zum Verwundern, wenn
die Suchenden auf irre Wege gelangten!
.Zu allen Zeiten übte das phosphoreszie‐
rende Flimmerlicht der geheimnisumwitter‐
ten Grenzgebiete menschlichen Erkennens
seinen Zauber aus auf empfängliche Gemüter,
aber gar selten nur sah die Erde einen solchen
Mangel an Sicherheit des Fühlens. ‒
Wie die Motte zur Flamme, so drängt es den
Unerfahrenen, der ohne Warnung bleibt, die‐
sem erregenden Aufflackern aus unbekannten
Regionen entgegenzueilen, aber ‒ es droht
ihm dabei auch die gleiche Gefahr und der
gleiche Untergang...
Aus allen modrigen Kellerwinkeln und Ge‐
rümpelkammern flattert die Verführung auf!
Genarrtes Halbwissen,
halbgebildete
Narrheit und
bewußter Betrug suchen
allenthalben neue Scharen heranzulocken und
wissen gar manchen zu umgaukeln, den man
wahrlich nicht in solcher Gefolgschaft ver‐
muten möchte. ‒ ‒
Aber alledem liegt ein tiefes
Sehnen zu‐
grunde, das durch alles Wissen dieser Zeit
nicht zu stillen ist und so abwegig wird, da
ihm versagt bleibt,
selbst den rechten Weg
zu finden, den ein erkenntnisstolzer Übereifer
derart zu verbauen wußte, daß nur nacht‐
schwarze Wände dort noch entgegengähnen,
wo einst in früher Vorzeit die Freiheit er‐
reichbar war.
.Tief im Menschen verankert ist die Er‐
ahnung einer Überwelt, in der er die Lösung
seines Daseinsrätsels zu finden hofft. Es ist
dies Erahnen nichts anderes, als die schwache
Rückerinnerung an seines Geistes Zustand
vor dem «Fall» in erdenhafte Bindung!
Nun sucht er zurückzuerlangen, was er einst
verlor, und wird in solchem Suchen allzu‐
leicht nur ein Opfer dunkler Gewalten, die er
nicht sieht, auch wenn sie ihn schon längst
gezwungen haben ihrem Ruf zu folgen, bis er
dann
zu spät erst bemerkt, daß ihm die
schwälende Glut abgründiger Tiefen der Ver‐
nichtung für den irdischen Widerschein des
wahren, lebenspendenden
Lichtes galt, dem
er ureigentlich entgegenstreben wollte...
.Wer immer in sich dieses Drängen nach
der Lösung aller Daseinsrätsel erlebt, der
bleibe sich darum wohlbewußt, daß es für
ihn ‒
zwei Wege gibt und daß es allein von
seiner
Besonnenheit abhängt, ob er den
rechten einschlagen wird, der ihn zu seinem
wahren Ziele führt, oder ob er in trunkenem
Taumel der gleißenden Straße der Betörung
sich vertraut. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
Der
eine dieser beiden Wege, die sich vor
ihm zeigen, wird ihn zu
Licht und
Er‐
leuchtung und schließlich in das Reich des
reinen
Geistes führen, während der
an‐
dere, auf den ihn verlockend schillernde
Gespenster zerren, die ihm Geistesmacht und
Zauberkraft verheißen, unfehlbar ins Ver‐
derben leitet, ‒ wenn nicht noch aus hoher
Gnade Rettung kommt, und er zu rechter
Zeit erkennt, daß er einem
Truglicht
traute, das nichts anderes mit dem reinen,
goldweißen Lichte der Gottheit gemeinsam
hat, als den Reiz der Verborgenheit vor
Erdensinnen. Aber wahrlich: nicht
alles
Verborgene ist wert, daß man danach for‐
sche! ‒
Obwohl die Sterne sich auch in
Tümpeln
spiegeln, wird man doch nicht den Morast
durchwühlen, um ihr Geheimnis zu ergrün‐
den! ‒
.So wird es den ernstlich Strebenden, der
nach dem wesenhaften Lichte des reinen
Geistes hohes Verlangen trägt, gewiß auch
nicht gelüsten, äußeres Erdenschicksal vor‐
aus zu erkunden, auch wenn er mit Vorteil
sich einer Berechnung bedienen kann und
mag, die ihm, gleich anderer, irdischer Be‐
rechnung, die Strömungen aufzeigt, durch
die sein Tun und Lassen beeinflußt wird, so‐
lange er in den Banden erdenhaft kosmischer
Kräfte lebt und wirkt.
Hier mag er weise fördern lernen, was
ihn
selber fördert, und dem wehren, was ihn
hindern kann!
Er wird aber schwerlich dabei dem Irrwahn
erliegen, als ob ihm ein Schicksal vorge‐
zeichnet sei, dem er nicht entrinnen könne,
sondern den
Ablaufsrhythmus seines
Schicksals sich nur zu
enträtseln suchen,
um dann an Hand seines Wissens ihn also
auszunützen, daß vermieden wird, was zu
vermeiden ist, und herbeigeführt, was
wünschbar scheint. ‒
Sagt doch schon der wunderlich verschnör‐
kelter Weisheit frohe
Paracelsus ‒ als
einer, der es wirklich wissen konnte ‒ das
vielbedeutsame, großes Erkennen wahrlich
bezeugende Wort:
«Die Gestirne gewaltigen gar
nichts; sie sind frei für sich
selbst, wie wir frei für uns selber
sind. ‒»
Und weiter:
«Das Kind bedarf keines Gestirns
und keines Planeten; seine Mut‐
ter ist sein Planet und sein
Stern!» ‒
.Das soll nun gewiß nicht so verstanden
werden, als sei all jener Einfluß irdisch-kos‐
mischer Kräfte, den man «Sternen» zu‐
schrieb, da man nur an
ihrem scheinbaren
Laufe ihn zu bestimmen wußte,
überhaupt
nicht vorhanden, sondern will nur hei‐
ßen, daß trotz allem die Freiheit, diesen Ein‐
fluß folgerichtig zu
gebrauchen, ganz
in
uns selber, in der eigenen
Willenszucht
begründet liegt, so daß auch hier die Berech‐
nung der
Möglichkeiten nur dann zum
Segen gereicht, wenn sie der
Selbsterzie‐
hung dient und uns veranlaßt, alle Kräfte
aufzubieten, unser Dasein
frei zu machen
von der Furcht vor wechselnden Gezeiten
unsichtbarer Ströme, die zwar alles Erden‐
hafte stets durchfluten, jedoch gebrochen
werden an den diamantenen Dämmen, die
des
Geistes unbesiegbare Macht um den
Vertrauenden erbaut, der durch die
Tat
darum zu bitten weiß...
Ein solcher wird auch niemals sich
Orakel‐
sprüchen beugen, die ihm der Zukunft
wandelbares Bild als
unabänderliches
Fatum zeigen wollen; ja er wird sicherlich
nach solcher Kunde kein Verlangen tragen.
Noch weniger aber wird er es dulden, daß
man, um der Erkenntnis willen, Menschen zu
Werkzeugen abgründiger Kräfte werden läßt
und sie so allmählich dann der Macht be‐
raubt, ihrem Erdenkörper zu gebieten.
Niemals wird er andere aus
ihres Willens
Herrschaft
lösen wollen, um ihnen
seinen
Willen
aufzuzwingen. ‒
In allem seinem Tun und Lassen dient er nur
der Freiheit, die allein des
Geistes Kinder
kennen!
.Jedwede Erscheinung äußerer Natur, jed‐
wedes Geschehnis dieses Erdenlebens läßt
sich zum Guten wie zum Schlechten beugen,
und daß man diese Fähigkeit in
rechter
Weise stets zu nützen wisse: dazu dient alle
Lehre der Berufenen. ‒
«Nicht wer zu mir sagt: Herr, Herr, wird in
das Reich der Himmel finden, sondern wer
dessen Willen in seinem
eigenen Wollen
wirken läßt, der mich, als mein „Vater”, aus
sich zeugte!»
So sprach etwa vor Zeiten einer, der da lehren
durfte, weil er in
geistigem Erleben wußte,
wovon er sprach, und der wahrlich von sich
sagen konnte:
«Nicht aus mir selber lehre ich, son‐
dern wie mir der „Vater” gebot, also
lehre ich euch!»
Die Weisheit dieses «großen Liebenden» aber
wurde irdisch-allzuirdisch umgeformt, ehe sie
das heutige Geschlecht erreichte, dem sie in
ihrer Reinheit kaum mehr erkennbar ist.
Seine Lehre wollte nichts anderes bewirken,
als daß der Mensch der Erde sein Leben
nützen lerne: zum
Heile durch die
Tat. ‒ ‒
.Alles bloße
Wissen aber um die so sehr
verschiedenwertigen Dinge, die da jenseits
der Erdensinne liegen, schafft nur sterile
Schein-Erkenntnis, ‒ macht keinen
frei von
irdischer Gebundenheit! ‒ Einzig die tat‐
gebärende, nüchterne
Folgerung, die aus
wahrer
Ein-
Sicht sprießt, kann das
Er‐
lösungswunder wirken, wenn sie in
Tat
und
Wirken umzusetzen weiß, was sich der
Seele offenbarte; und was man je in Worten
lehren mag, wird immer nur dann erst Wert
gewinnen, wenn solche Lehre zum
Erleb‐
nis führt. ‒
Wohl denen, die auf solche Weise zum Er‐
leben ihres
Inneren gelangen und dann im
Innersten des Innern
in sich selbst des
rechten Weges
Ziel erreichen!
*
.Es ist wahrlich viel leichter, mit der Ge‐
bärde des Suchenden die Außenwelt zu
durchforschen und selbst die geheimsten
ihrer Schächte aufzudecken, des Entdecker‐
ruhmes gewiß, ‒ als in sich selbst sein
Allerinnerstes zu finden, das auch noch
denen wohlverborgen bleibt, die längst der
Seele Kräfte so erkundet glauben, daß ihrem
Blick die Seele selbst in schemenhaftes
Nichts sich löste. ‒ ‒
Laßt allen Hochmut darum schweigen, und
wäre euch auch wohl vertraut, was selbst den
Weisesten der Vorzeit dunkles Rätsel schien!
Es mag euch ohnehin gar manches Rätsel
nur «gelöst» erscheinen, weil ihr mit
einer Lösung euch zufrieden geben konntet,
die nichts von jener Tiefe in sich faßt, aus
der einst jenen Alten das Geheimnis seine
Frage raunte...
Auch unter den Suchenden der Vorzeit gab
es solche, die zu finden wußten, und wollt
ihr, ihnen gleich, zu Findern werden, so
müßt ihr euch bereiten, dort zu suchen, wo
sie gefunden haben!
Ich will euch suchen helfen in euch selbst,
denn da nur bleibt euch Hoffnung, allezeit
Gesuchtes für euch selbst zu finden. ‒
Kein Denken und kein klügliches Erschließen
kann euch je belehren, so ihr zu letzter Lö‐
sung aller jener Fragen finden wollt, die stets
vor eurer Seele sich aufs neue antwort‐
heischend aus dem Dunkel erdgebundener
Erkenntnis heben! ‒ ‒ ‒
Verwehret darum hinfort jedem lauten Ge‐
danken in euch die Rede, bis jene große
Stille allein in euch zu finden ist, in der
nichts mehr spricht, was jemals euch von
außen kam! ‒ ‒
Dann aber lernt die hohe Kunst vertrauens‐
vollen Wartens!
Sie wird wahrlich nicht leicht erlernt; aber
jeder, der nachmals fand, was er ersehnte,
mußte sie erlernen, und keinem bleibt diese
Lehrzeit erspart, der in sich selbst zum Fin‐
der werden will...
Hütet euch, so ihr finden wollt, vor der
Versuchung, die Zeit des Wartens kürzen
zu wollen!
Ihr würdet nur desto
länger warten müssen,
wolltet ihr solcher Versuchung in Torheit er‐
liegen! ‒ ‒
.Ja, wahrlich: wer immer diesen Weg des
Suchens auch betreten haben mag und auf
ihm
nicht fand, was er zu finden hoffte,
der darf wohl sicher sein, daß er
nur des‐
halb nicht gefunden hat, weil er vermessen
sich berufen glaubte, die Zeit des stillen War‐
tens
kürzen zu können! ‒ ‒ ‒
Solange noch solches Streben in einem Su‐
chenden ist, hat er die große
Ruhe nicht er‐
langt, die erste
Vorbedingung ist für jedes
Finden!
Wie darf er dann klagen, wenn
vergeblich
all sein Mühen war?! ‒
Auch wer Verborgenes in dieser
Außen‐
welt zu finden strebt, wird stets vergeblich
suchen, so er nicht die
Ruhe in sich selbst
zu schaffen weiß, die ihm
auch hier von‐
nöten ist, will er zum
Finder des Gesuchten
werden! ‒
Alle aber,
die jemals im
Allerinnersten
das Letzte suchten und hier
gefunden ha‐
ben, wonach ihr Sehnen stand, hatten vor‐
dem die
Kunst des Wartens geübt und
waren so zur Kultur der
Ruhe gelangt! ‒
Nur in
stillster Versenkung gab sich
ihnen zu eigen, was Tausende
vergeblich
suchten, die der
Ruhe ermangelten...
«
Das Himmelreich leidet Gewalt, und nur die
Gewalt brauchen, reißen es an sich!» Es ist
aber diese «Gewalt» nichts anderes, als die
Gewalt der
Selbstbezähmung, die alle
Unrast aus der Seele zu verbannen weiß! ‒
Erst wenn du in dir eine solche
Stille ge‐
schaffen hast, daß es dir töricht erscheint,
danach zu fragen:
wann dir die Erleuchtung
werden wird, bist du wahrhaftig der Erfül‐
lung nahe und kannst getrosten Mutes ver‐
trauen, daß du
finden wirst, was dir ver‐
hüllt blieb, als du, noch in Ungeduld gebun‐
den, dich vergeblich mühtest! ‒ ‒ ‒
Es muß dir völlig nebensächlich werden,
wann du auf dieser Erde die höchste Er‐
kenntnis erlangen wirst! Du mußt suchen
wie einer, dem keine zeitliche Grenze jemals
gezogen ist!
Du mußt suchen wie einer, der da
weiß, daß
er finden
wird, weil das, wonach er sucht,
vorhanden ist und sich ihm nicht verber‐
gen
kann, sobald er selbst des Findens
würdig ist!
Je mehr deine Sicherheit wächst und dein
Vertrauen zu dir selbst, desto näher
wird dir auch
hohe Hilfe sein! ‒
.Pflege in dir selbst das gläubige
Ver‐
trauen und meide die zersetzenden Ge‐
danken, die dich immer wieder in
Furcht
bannen wollen, so als ob das Finden dir nicht
beschieden sei! ‒
Lerne erkennen, daß es
Lästerung ist,
wenn solcher Furcht du dich ergibst! ‒ ‒
Du trägst
in dir selbst die Erlösung von
allem Zweifel, ‒ und nur
in dir selbst
kann dir letzte Gewißheit werden!
Schleudere von dir, was immer dich an
solchem Glauben an dich selbst
beirren
will, und sei es auch bis zum heutigen Tage
dir als «heilige Wahrheit» erschienen!
Dort, wo dir letzte Erkenntnis werden
soll, muß alles Denken der Gehirne schwei‐
gen, und sei es auch bereits Jahrtausende
hindurch in höchsten Ehren! ‒
Du bist dort mit dir selbst allein, und
keine Macht der Erde kann dich hindern oder
dir zu Hilfe kommen!
In deinem Allerinnersten allein darfst du
zu finden hoffen, was du suchst, und alle
Wunder ferner Sternenweiten werden dir in
Nichts zerstäuben vor dem, was dir hier
vorbehalten ist! ‒
In deinem Allerinnersten wirst du in
Wahrheit erst dich selber finden, und dann
erst wird dir das Erkennen werden, daß all
dein Suchen nur ‒ dir selber galt.
.Dunkel ward es in den Hütten, und
düstere Sorge liegt über den Palästen.
Man sucht die Öllampen hervor, um der Dun‐
kelheit zu wehren, ‒ man zündet Kerzen auf
den Kandelabern an, ‒ aber die Düsternis
will nicht weichen.
.Ach, es ist
anderes Licht vonnöten,
wenn euch die
Freude wieder werden soll!
Doch, Freunde, so ihr nur
Vertrauen
traget, wird
dieses Licht gewiß die Nacht,
die euch umgibt,
besiegen!
Ihr wisset nicht, daß ihr
euch selbst der
Finsternis verhaftet!
Laßt euch
nicht schrecken durch die
Dunkelheit, die ihr auf allen euren Wegen
ausgebreitet seht!
Ihr selbst habt euch dem
Dunkel zuge‐
kehrt, so daß
Finsternis euch umgeben
muß, bis ihre Zeit zu Ende ist und ihr euch
wieder zum
Lichte wendet!
Doch auch
Finsternis birgt
Verheißung
des Lichtes!
Sie wirket Kräfte, die das Licht
ersehnen
lassen und so zur
Umkehr euch bewegen...
Übet
Geduld und verharret in stillem
Ver‐
trauen!
Über ein kleines werdet ihr sicher wieder im
Lichte der Sonne schreiten!
.Auch in der tiefsten Dunkelheit ist euch
das Licht nicht ferner als in der strahlend‐
sten Helle, so ihr nur
selbst euch dem Lichte
zukehren wollt!
Wendet
euch selbst der Sonne zu, und
alle
Dunkelheit wird
hinter euch liegen!
.So schritten die
Urväter stark und freu‐
dig ins
Licht und ließen hinter sich was
dunkel war...
Doch ihre Enkel lockte mehr und mehr die
Finsternis. ‒
Was
hinter ihnen lag, ward ihnen wich‐
tiger, als was sie noch
durchschreiten
sollten...
Sie lernten das Rückwärtsblicken und
das Rückwärtswandern. ‒
Im Dunkel hofften sie zu finden, was sich
nur im Lichte zeigt.
Ihr aber: jener Enkel späte Enkelkinder,
dürft wahrlich euch nicht wundern, wenn
heute euch, die ihr nach jener Früheren
Ver-führung euch dem Dunklen zukehrt,
‒ dichte Finsternis umgibt!
Ihr werdet umkehren müssen wollt ihr
auch euch dereinst, so wie jene Alten,
im Lichte der Sonne finden!
Es bedarf des Mutes zu solcher Umkehr und
des entschlossenen Willens...
Entwöhnt sind eure Augen längst des Lich‐
tes, das da allein euch einst der Freude
wiedergeben kann!
Nun muß zuerst das Sonnenlicht euch
schmerzen, bevor das Auge Kraft ge‐
winnt, es zu ertragen und alsdann es
lieben lernt...
.Doch sind schon viele bei der Umkehr
angelangt und manche sind schon um‐
gekehrt!
Keiner bleibt hier ohne Führung, so er
nur selbst die Umkehr wagt!
O, so verweilet nicht, ihr Suchenden, die
ihr noch rückwärtsschreitend sucht, auf
euren Irrtumswegen, die euch nur immer
tiefer in das Dunkel führen!
Und ihr, die ihr des Suchens längst schon
müde wurdet, begnügt euch nicht damit, in
euren Hütten und Palästen kümmerliche
Leuchte anzuzünden!
Kehret euch mutig dem ewigen Lichte
zu, und lasset hinter euch die Dunkelheit!
Sehet: ‒ Licht und Finsternis sind stetig
an ihrem Ort. ‒
Nur auf euch selber kommt es an, ob ihr
dem steten Dunkel euch verhaften, oder
euren Blick zum Lichte kehren wollt!
Wahrlich: ‒ euch allen leuchtet ewiges
Licht!
.Der ewigen Sonne
Licht birgt in sich
mancherlei
Farben, und wenigen nur zu
allen Zeiten wird es in seiner
goldweißen
Fülle kund. ‒
Fast allen aber, außer diesen wenigen, zeigt
es nur
eine seiner vielen Farben.
Hier kann nicht
Willkür ändern, was
Ge‐
setz erheischt!
Dein Auge allein bestimmt,
in wel‐
cher Farbe du das Licht erkennen
sollst!
Du kannst mitten im Lichte stehen und den‐
noch nicht das Licht erkennen, solange du
dein Auge
zwingen willst, dir eine
Farbe
des Lichtes zu zeigen, die
nicht die deine
ist! ‒ ‒
So kannst du dich selbst zu jeder
Täuschung
überreden und dich vom Lichte gar weit
entfernen, indem du ihm zu nahen glaubst!
.Siehe, ich rate dir gut, und es ist meines
Erdendaseins
Erfüllung: allen, die mich
hören wollen, guten Rat zu geben! Siehe, ich
rate dir: ‒
verfälsche nicht deine Farbe
und begehre nicht zu schauen, was
anderer
Färbung ist als das, was
dir einst werden
soll! ‒ ‒
Alles
wahrhafte Erkennen kann dir nur in
deiner Farbe werden.
.Nur wenn du
dich selbst aufs sorglich‐
ste betrachtest, wirst du auch deine
Eigen‐
farbe erkennen...
Doch ist es wahrlich
nicht vonnöten, daß
du sie
vorher erkennst, sobald du dich nur
willig deiner
Führung anvertraust und
nicht mehr
selbst die Führung zu
bestim‐
men trachten wirst, in der das Licht der
Ewigkeit dir nahen soll! ‒
Es ist
in dir selbst beschlossen von aller
Ewigkeit her, in
welcher Färbung das
Licht dir
Segen bringen kann!
Es ist
in dir selbst beschlossen, was dein
Auge
erschauen soll! ‒
Dir selbst sollst du vertrauen und deinem
Innersten sollst du
glauben lernen! ‒ ‒
Beachte immerhin, was
andere erschauen
durften und erkenne so in allem, was sie dir
zu sagen haben, des Lichtes
Mannigfaltig‐
keit; doch bleibe stets dir wohl bewußt, daß
dir ‒ wer du auch sein magst ‒
anderes zu
schauen vorbehalten ist, obwohl das
gleiche
Licht in
aller Färbung sich bekundet! ‒ ‒
Dir wird es nur nach
deiner Art sich geben
können, und eines jeden Art ist anders! ‒ ‒
Solange du noch nach der Art der
anderen
in dir das Licht erlangen möchtest,
wehrst
du nur dem Lichte, dich in deiner Art und
Färbung zu erreichen und darfst dich dann
nicht wundern, wenn du andere in ihrem
Lichte, ‒ dich jedoch im steten
Dunkel
findest!
.Man gab dir Lehre und sagte dir, daß
allen, die auf dieser Erde nach dem Lichte
streben, das
gleiche Licht einst leuchte, ‒
und wahrlich: solche Lehre wurzelte in der
Wahrheit tiefem Nährgrund!
Es ist
gut, solcher Lehre zu vertrauen; aber
not ist auch zu wissen, daß das
gleiche
Licht
unendlichfältig sich ergießt, ‒ so
daß es Tausende und Abertausende erreichen
kann und dennoch jedem einzelnen sich
an‐
ders gibt als allen andern! ‒
Einmalig und
einzigartig ist des Lichtes
Selbstoffenbarung in
jedem aus uns, und
jedem wird Erleuchtung nur nach
seiner
Weise! ‒ ‒ ‒
Wer aber das Licht in sich
empfing, weiß
dennoch, daß ihm des
gleichen Lichtes
Strahlen leuchten, die auch in allen seinen
Brüdern, die gleich ihm das Licht empfingen,
wirksam wurden! ‒ ‒
Keinem ward
anderes Licht, aber jeder er‐
schaut in sich das
gleiche Licht in einer
anderen
Farbe! ‒ ‒ ‒
Unendlicher Reichtum liegt so im
Lichte der Ewigkeit beschlossen!
.O, daß ich euch allen, die ihr nach dem
Lichte strebt ‒ gleich Pflanzen, die man wäh‐
rend des Winters in Kellerräume barg ‒ des
Lichtes
Mannigfaltigkeit begreiflich ma‐
chen könnte!
O, daß ich euch allen eures ewigen Erbes
Unerschöpflichkeit in Erdenworten kün‐
den könnte!
Aber gar wohl bewußt ist mir, daß alles Men‐
schenwort nur ein armes Stammeln bleibt,
soll Ewiges in ihm sich offenbaren. ‒ ‒
Ich kann nur, einem Menschen gleich, der
ferne Wunder dieser Erde sah auf weiter
Reise, allhier versuchen,
Vorstellung des
Niegeschauten wachzurufen; doch, wollt
ihr
selbst in euch erschauen, was ich euch
zu künden habe, so müßt ihr
selbst den
Weg beschreiten wollen, der euch an seinem
Ziele, all der Herrlichkeit gewiß, die ich euch
hier verheiße,
in eurem eignen Inner‐
sten zu eigner Schauung führt!
.Magst du als
Weiser dieser Erde gelten,
oder mag man in dir nur einen sehen, dem
wenig kund ward von der Weisheit dieser
Welt, ‒ wisse: daß dir das Licht der Ewigkeit
gewißlich werden kann, so du nur willens
bist, es in dir selbst zu suchen!
Erwehre dich verführerischer Stimmen, die
dich verleiten wollen, mit den Augen ande‐
rer das Licht zu suchen!
Suche es vielmehr in dir auf deine Weise
und wisse: daß es nur in deiner Eigenfarbe
dir einst werden kann, magst du es hier in
diesem Erdenleben schon erreichen, oder erst,
nachdem du hier das Kleid der Erde der Ver‐
wesung überlassen mußtest!
Beschreite geruhigen Mutes deinen dir ge‐
mäßen Weg, und was du nach deiner Art
auch immer erhoffen magst, wird wahrlich
weit übertroffen werden von dem, was dir
einst zu eigen werden soll! ‒ ‒ ‒
.Wahrlich, der Weg ist weit und steil und
rauh, der dich zu deinem
hohen Ziele
führen wird, aber
erkennst du erst, was
deiner wartet an des Weges Ende, so wird
dich gewiß
kein Wegziel, das dir diese Erde
bieten kann, auch nur entfernt so hohen
Wertes dünken!
Ein Kleinod wartet deiner am erreichten
hohen Ziele, das
keiner außer
dir jemals
besitzen kann!
Zwar wird hier
Unzähligen der
gleiche
Siegespreis, und dennoch ist für
jeden, der
das hohe Ziel erreichte, ein Schatz verwahrt,
den
er allein nur heben kann!
Kein anderer kann hier erlangen, was
dir
vorbehalten ist! ‒ ‒
Du selbst mußt kommen, diesen Schatz zu
heben! ‒
Unterlassung ist
Preisgabe hier, denn
in aller Ewigkeit wird kein anderer außer dir
dieses Schatzes Eigner werden können! ‒ ‒ ‒
Erfasse, was dies besagen will! ‒
Werde dir wohl bewußt des Wertes, den du
in dir selber trägst! ‒
.Wisse, o Suchender, daß
Geistiges dir
nur erreichbar werden kann, wenn du Gewiß‐
heit in dir selbst erlangtest, daß du
Weg und
Wegziel in
dir selber birgst!
In deinem
Allerinnersten allein ist jenes
hohe Ziel zu finden, davon dir diese Worte
Kunde geben wollen!
In deinem Allerinnersten trägst du verborgen
einen Schatz, den dir wahrhaftig niemand
rauben kann!
Du selbst nur kannst dich hier durch deine
eigene Torheit um dein Eigenstes betrügen!
.Ich sehe dich zittern hier und der
Furcht
verfallen: allein du würdest wahrlich töricht
meine Worte deuten, wolltest du fürchten,
den Hindernissen zu erliegen, die zwischen
dir und deinem Ziele sich erheben:
Nur furchtloser
Mut wird dich das Ziel
er‐
reichen lassen! ‒ Das Ziel, das in
dir
selber sich verborgen hält! ‒ ‒
.Siehe, mein Freund, es ist Kinderspiel,
auch das höchste irdischer Außenziele
zu erringen, aber Heldenwerk, das hohe Ziel
zu erreichen, das man in sich selber trägt! ‒ ‒
Im äußeren Leben können dich andere
hindern, ein Ziel zu erreichen, das du errei‐
chen möchtest; ‒ hier aber gibt es nur Hin‐
dernisse, die du selber in dir selber schaffst!
Du selbst kannst jedes Hindernis in dir
zur Seite räumen, so du ernstlich willst,
und hohe Hilfe wird alsdann dir Kraft ver‐
leihen!
Aber so sehr du auch nach geistiger Hilfe ver‐
langen magst, so wird sie doch nicht eher
dich erreichen können, als bis dein Wille in
der gleichen Richtung wirkt, in der dich
hoher Hilfe Wirken fördern soll!
Du mußt gleichsam magnetisch werden
für solche Hilfe, soll sie von dir angezogen
werden! ‒
Hier ist keine Willkür der helfenden Mächte
möglich, denn alle Möglichkeit, dir Hilfe zu
gewähren, ist an organisch wirkendes Gesetz
gebunden! ‒
So wie gar mancherlei
Botschaft in Wellen
elektrischer Kraft den Raum durcheilt
und dennoch dich nicht erreichen kann, bevor
sie einem Apparat begegnet, der geeignet ist,
die Wellen aufzufangen, so ist dir auch
hohe
Hilfe allezeit nahe und du bemerkst sie
nicht ‒ es sei denn: du wandelst
dich selbst
zu einem geistigen Empfänger ihrer
geisti‐
gen Wellenströme um! ‒
Einmal an solche hohe Hilfe organisch ange‐
schlossen, wirst aller Sorge du hinfort ent‐
raten können und mit aller Sicherheit dein
hohes Ziel erreichen, ‒ sei es schon hier in
diesem Erdenleben, oder erst, nachdem du
deinen Erdenleib der Erde wiedergeben durf‐
test! ‒ ‒
.Dein hohes Ziel ist die Vollen‐
dung deiner selbst in deiner geist‐
geborenen Erscheinungsform!
Kein
anderer kann sich in aller Ewigkeit
in
deiner Geistesform vollenden!
Du findest in den niederen Bereichen phy‐
sisch-sinnlicher Natur zwar Individuen der
gleichen Gattung oft in solcher Ähnlichkeit,
daß aller Unterschied zu schwinden scheint;
aber schon hier wird die Betrachtung höhe‐
rer Arten dich alsbald belehren, daß jede
höhere Stufe auch in ihren individuellen
Darstellungen eine Mannigfaltigkeit er‐
zeugt, die selbst das ungeübte Auge nicht
mehr übersehen kann.
So gibt es auch im Geistigen gleichsam Ver‐
schiedenheit der Artung. ‒
Es gibt hier gleichsam «niedere» Arten, die
von ungefähr gesehen sich in ihren Individuen
zu gleichen scheinen, und es gibt höhere
und höchste Arten, deren Individuen stets
mehr und mehr sich voneinander unter‐
schieden zeigen. ‒ ‒
Zu welcher dieser Arten du aber auch gehören
magst, so wisse: daß du von Ewigkeit her un‐
abänderlich in dir bestimmt und indivi‐
duell gesondert bist von allen anderen,
die etwa gleicher Artung angehören!
Dir ist ‒ im allgemeinen Sinn gesprochen ‒
gewiß das gleiche hohe Ziel gesteckt, das
allen leuchtet, die im Schoß der Ewigkeit
aus Geist geboren werden, und dennoch ist
die
Form, in der dir dieses hohe Ziel er‐
reichbar wird, von
jeder Form verschieden,
in der es
andere erreichen können! ‒
Von Ewigkeit her trägst du in dir selbst die
einmal nur aus Geist erzeugte Form, die
da die
deine ist, und die nur DU allein in
aller Ewigkeit erreichen kannst, auch wenn
sie in Äonen erst für dich erreichbar würde.
‒ ‒ ‒ ‒ ‒
.Vielleicht bist du gar lange schon auf dem
Wege zu deinem hohen Ziele und hast es
dennoch bis heute noch nicht erspäht, weil
du das hohe Ziel eines
anderen zu dem
deinen machen wolltest!? ‒
Du hast
dir selbst zu sehr
mißtraut und
glaubtest nur durch
andere zu finden, was
des Suchens Mühe lohnen könnte! Du wuß‐
test nicht, daß du auf solche Weise dich dir
selbst zum
Feinde machtest! ‒
Du wußtest nicht, daß du dich an dir selbst
versündigt hattest, als du das Ziel des an‐
deren zu deinem hohen Ziele machen
wolltest! ‒
Entsühne dich heute, da du diese Worte lesen
wirst, vor dir selbst und suche fortan nur in
dir selbst das hohe Ziel, das keinem ande‐
ren außer dir erreichbar ist! ‒ ‒
Mag dir dein hohes Ziel auch noch in weiten
Fernen sich verbergen, und magst du es auch
vorerst kaum erahnen können, da es heute
deinem Auge noch in dichten Nebelschleiern
sich verhüllt, so hast du dennoch unver‐
gleichlich Größeres gewonnen, als wenn dir
alle hohen Ziele anderer mit Händen greif‐
bar würden! ‒
Nur in der Erreichung deines eigenen hohen
Zieles winkt dir die Vollendung! ‒
Nur wenn du dein eigenes hohes Ziel zu
finden weißt, hast du für dich das hohe Ziel
erreicht! ‒ ‒
Du selbst bist Pfeil und Bogen hier und hohes
Ziel! ‒ ‒ ‒
Dich selbst sollst du erreichen in deiner
höchsten Geistesform!
Kein Gott kann dich erlösen, solange du
nicht
in dir selbst das hohe Ziel vor Augen
siehst, das nur DU SELBER bist, geeint mit
deinem Gott! ‒ ‒ ‒
*
.Töricht wäre es, o Suchender, wolltest du
den Weg zum Lichte, der da der Weg zu
dir selber ist, nur nach der Alten Weise
gangbar wähnen!
Töricht und vermessen aber wäre es desglei‐
chen, wolltest du der fernen Alten Wege in
deinen Tagen verlachen!
Auch jene, die vor dir über dieser Erde
Fluren schritten, wußten wahrlich zu su‐
chen und zu finden, ‒ und gar manches
hatten sie gefunden, was denen, die nach
ihnen kamen, wieder verloren ging. ‒ ‒
Du kannst nur gewinnen, wenn du der
Alten Wege wachen Sinnes und ohne Vor‐
Urteil betrachten lernst!
Sie hatten tief Verborgenes erkannt, um
dessen Erkenntnis sich die Späteren ver‐
geblich mühten, und das auch denen, die
da heute mit dir leben, als ewiges Rätsel
gilt. ‒
Lerne Ehrfurcht empfinden vor den Al‐
ten, wenn du in deinen Erdentagen zur
Erkenntnis gelangen willst! ‒ ‒
.Noch ward keiner auf dieser Erde gebo‐
ren, der zur Erkenntnis gekommen wäre,
ohne auf seiner Vorfahren starken Schultern
zu stehen! ‒
Wohl sucht der
Törichte zu jeder Zeit
nach dem «
unerhörten Neuen», und
doch war Zeugen und Gebären noch zu
aller
Zeit an gleiche Voraussetzung gebunden...
So wirst du auch niemals zu wahrer geistiger
Erkenntnis deiner selbst gelangen, es sei
denn auf wesentlich
gleiche Art wie jene
Alten, auch wenn die
Form des Suchens
mit den Zeiten
wechselt! ‒
Eine jede Zeit hat ihre
eigene Form des
Suchens und Findens; aber wenn du das
Wesentliche in allen Formen zu ergründen
suchst, so wirst du gar leicht erkennen, daß
es stets das
Gleiche bleibt in allen For‐
men. ‒
Suche auch
du nur in der Form
deiner Zeit
und lasse dich nicht verleiten, in alten er‐
borgten
Kostümen suchen zu wollen!
Du würdest nur Mummenschanz treiben und
als Theaterheld wuchtige Tat zu vollführen
glauben, wolltest du jener
Alten Form dir
zu eigen machen, um in ihr dich zu bewähren.
Du
kannst nur
finden, wenn du in
dei‐
ner Form, die stets die Form
deiner Zeit
sein wird, zu suchen dich bemühst!
Wer dir
anderes rät, wird dich dem Irrtum
übergeben, auch wenn er selbst nicht ahnt,
daß er dich also hindert! ‒ ‒
.Die
Weisen einer
jeden Zeit suchten
in ihrer
eigenen Art und in der Form des
Suchens
ihrer Zeit!
So wurden sie zu
Findern! ‒ ‒
Aber sie wußten auch gar wohl das Suchen
und Finden
Früherer zu schätzen und wa‐
ren weit davon entfernt, ihre Vorfahren
«töricht» zu schelten. ‒ ‒ ‒
Es mag an alten Berichten dir vieles wunder‐
lich erscheinen, nur weil du ihre Sprache
nicht mehr zu
deuten weißt!
Anderes wird dich sehr beirren, da es mit dir
bekannten Worten von Dingen spricht, für
die man heute sicher
nicht die
gleichen
Worte wählen würde. ‒
Und wieder anderes ward einst mit weiser
Absicht dunkler Redeweise anvertraut, so
daß der wahre
Sinn der Worte kaum noch
zu erfassen ist, da er nur
denen sich einst
offenbaren sollte, die im sicheren Besitz der
Schlüssel solcher Redeweisen waren. ‒
So sind dir die wahren Wege der Alten heute
auf gar mannigfache Art verschüttet, und
ahnend nur vermagst du zu erkennen, daß
es wahrlich Wege waren, die zum
Ziele
führten, ‒ zum
gleichen Ziele, das auch
du
erreichen willst. ‒
.Gefährliches Unterfangen ist es, die so
verschütteten Wege wieder gangbar machen
zu wollen!
Den wenigsten gelingt es, die Verschüttung
restlos wegzuräumen, und ist dies selbst ge‐
lungen, so zeigt sich plötzlich alle Wegspur
so verwischt, daß jedes Weiterschreiten un‐
gewisser Willkür überlassen bleiben muß...
Willst du in Wahrheit als ein Schüler jener
weisen Alten dich bewähren, so wirst du,
ihnen gleich, stets nur den Weg beschreiten
dürfen, den deine Zeit für dich dir geebnet
zeigt! ‒
Auch jene weisen Alten waren Kinder ihrer
Zeit, und wenn sie auch die Wege ihrer Väter
ehrten, so blieb es ihnen dennoch wohlbe‐
wußt, daß sie auf eigenen Wegen nur, den
Vätern gleich, das Ziel erreichen konnten.
Ehre auch du die Wege der Alten, aber
mühe dich nicht, sie unter der Verschüttung
aufzusuchen, denn was auch immer dir zu
finden vorbehalten bliebe: ‒ es wäre nur die
Kunde von den Wegen anderer, und
wahrlich: niemals ist dein Weg auf solche
Art zu finden! ‒ ‒
.Es gibt in den heutigen Tagen unzählige
Menschen, die nach geistiger Entfaltung
streben, und wenn auch viele zu finden sind,
die jede Kunde von hohen geistigen Dingen
nur verschlingen, um ihrer nimmersatten
Neugier ersehnte Befriedigung zu schaffen,
so sind doch weit mehrere als ernste Sucher
nach der Wahrheit anzusprechen.
Zu allen Quellen pilgern sie und alle Orte, die
im Rufe wundersamer Begebnisse stehen,
sind ihnen heilig!
Aus aller Zeiten schriftlichem Vermächtnis
werden alte Bücher aufgestöbert, in denen
man genaue Anweisung zu finden hofft, wie
man das Wunder an den Alltag fesseln
könnte, denn längst hat man gehört von
hohen Kräften, die denen sich erreichbar zei‐
gen sollen, die des Geistes ewiges Gesetz
erkennen.
Zwar kann man über jener Torheit lächeln,
die das Zaubern lernen möchten, allein
auch viele, die mit aller Inbrunst hin zum
Geiste streben, sind keineswegs von Torheit
frei, und ach so mancher ist des Glaubens,
daß ihm Geistiges erst dann erreichbar sei,
wenn er sich einer äußerlichen Schulung un‐
terziehe, die möglichst wunderliche Übun‐
gen von ihm verlange.
So nehmen sie bald diese und bald jene Wei‐
sung an, die sie in alten oder neuen Schriften
finden, wo da ein abenteuerlicher Mystagoge
mit geheimnisvoller Geste raunend seine
wirre Weisheit, dunkler Worte froh, zum
besten gibt.
Wann immer man ihnen begegnen mag: ‒
stets haben sie endlich nun das rechte
Rezept entdeckt, den Stein der Weisen in
ihrem Tiegel aufzufinden.
Bewundernswert ist nur an ihnen, wie sie von
Enttäuschung zu Enttäuschung schrei‐
ten und nie den sonderbaren Mut verlieren,
jeder neuen Rute auf den Leim zu gehen. ‒ ‒
Es braucht oft lange Zeit, bis sie entdecken,
daß in solcher Weise das erstrebte hohe Ziel
für sie stets unerreichbar bleiben muß. ‒
Nur schwer erst lernen sie verstehen, daß es
doch sträflich engen Urteils Zeugnis war, so
gar gering vom Höchsten und Erhaben‐
sten zu denken, daß man durch «Atem‐
übungen» in halbverrenkten Posituren oder
noch weit üblere Betätigung nach wirrer
Köpfe wirrer Anweisung erreichbar wähnte,
was den Weisen aller Zeiten heilig war als
höchstes Gut. ‒ ‒ ‒
Aber gar sehr ist der Mensch geneigt, sich
vor dem
Seltsamen zu beugen...
Weit lieber geht er kuriose Winkelwege, die
sein Auge nicht verfolgen kann, und läßt sich
wahnberauscht ins
Dunkel führen, als
daß er den geraden Weg zum
Lichte sucht,
um ihn in morgenfrischer
Nüchternheit
und festen Schrittes zu durchwandern wie
ein Wanderer, der stets des Weges Lauf
be‐
achtet, damit er auch das
Ziel des Weges
einst erreiche. ‒ ‒
.Gewiß muß man bei Kräften sein, will
man einen weiten Weg durchmessen, und wer
nicht in Ermattung vor erreichtem Ziele nie‐
dersinken will, der wird auch Sorge tragen,
daß er auf dem Wege selbst noch Stärkung
finde.
So verlangt auch der Weg zum Geiste
Kräftigung und Stärkung von jedem, der ihn
gehen will.
Aber man braucht hier nicht weit zu suchen
und keine bedenklichen Seitenwege einzu‐
schlagen, um solche Stärkung zu finden.
Das Leben des Alltags wird sie reichlich
spenden, wenn man es recht zu leben weiß.
Hier aber wissen wieder wenige, wie hoch die
Kräftigung und Kraft-Erneuerung zu
werten ist, die da aus recht getaner Arbeit
fließt! ‒ ‒ ‒
Viel lieber wiegt man sich in hohen Träumen
und sieht die Arbeit nur als Hindernis auf
seinem Wege, ‒ als Störung seines Schreitens,
der man möglichst aus dem Wege geht...
Wer aber solcherart das hohe Ziel erreich‐
bar wähnt, der wird es sicher nicht errei‐
chen, auch wenn er aller Weisen Weisheit aus
den Worten dieser Weisen kennt und jeder‐
zeit sich hohen, weihevollen Stimmungen
ergibt. ‒ ‒
Es ist viel leichter, seines Alltags Pflichten
zu
verachten, als sie zu
erfüllen!
Viel leichter ist es, sich in weihevollen Stim‐
mungen dem Geiste Gottes «nahe», ja «ver‐
eint» zu fühlen, als seine
Arbeit so zu tun,
daß sie zur Kräftigung des eigenen Geistes
wird und ihn durch solche Kraft ertüchtigt,
einst die Weihe
wirklich zu empfangen! ‒
Hier sind wahrlich Werte verborgen,
die ihre Erlangung lohnen!
.Gewiß hast du schon Zirkusspiele ge‐
sehen und fandest dich in bewunderndem Er‐
staunen, wenn dort Menschen wie du ihre
Körperkräfte derart entfaltet und in ihres
Willens Macht gebändigt hatten, daß sie
Dinge vollbringen konnten, die dir völlig un‐
möglich wären...
Von ihnen kannst du lernen!
So wie sie durch unablässige
Tätigkeit nur
ihre
Körperkraft erlangten,
so kannst du
heute ungeahnte
geistige Kraft aus
jeder
Arbeit schöpfen, die du so zu tun weißt, daß
kein anderer sie besser leisten könnte! ‒ ‒ ‒
So wie jene Zirkusleute in angespannte‐
ster Aufmerksamkeit auf jeden Hand‐
griff, jede Bewegung achten müssen, soll ihr
Werk gelingen und ihr Leben nicht in äußer‐
ste Gefahr geraten, so wirst freilich auch du,
soll deine Arbeit dir geistig fruchtbar wer‐
den, stets alles, was sie von dir verlangt, mit
solcher Konzentration vollbringen müs‐
sen, als hinge dein Leben von jedem ge‐
wohnheitsmäßigen «Handgriff» ab! ‒ ‒ ‒
Ob deine Gedanken oder deine Hände
zumeist bei deiner Arbeit beteiligt sind, stets
wird es eine Menge solcher «Handgriffe» ge‐
ben, die du fast ohne Bewußtsein «rein
mechanisch» und gewohnheitsmäßig machst
und so selbst erniedrigst...
So werden sie dir freilich öde und eintönig er‐
scheinen!
Wie aber jene kühnen Akrobaten, deren Ar‐
beit dir wie ein fröhliches Spiel erscheint, an
jedem Abend, der sie zu gleicher Arbeit vor
eine zum Schauen bereite Menge ruft, aufs
neue stets auf jede leiseste Muskelbewegung
zu achten haben, da die
gleiche Darbietung
ihrer Künste am
heutigen Abend doch
mißlingen könnte, auch wenn sie
gestern
gelang, so wirst auch du dir klar zu machen
haben, daß auch der
gleiche «Handgriff»
immer ein
Neues darstellt, so oft du ihn
auch geübt haben magst? ‒
.So «einförmig» auch, so «geisttötend»
dir deine Arbeit erscheinen mag: ‒
beachte
sie in solchem Sinne und werte sie nicht vor
dir selbst noch mehr herab, ‒ dann wirst du
entweder entdecken, wie du sie aus ihrer Ein‐
tönigkeit
erlösen kannst, oder du wirst den
gleichen «Handgriff», das allezeit gleiche
Tun, das sie Tag für Tag von dir verlangt,
stets mit
neuem Bewußtsein tun, so daß
dein Geist der
gleichen Sache tausend neue
Seiten abgewinnen wird! ‒ ‒ ‒
Erziehe dich selbst dazu, an deiner
Arbeit
Freude zu empfinden, auch wenn sie
keineswegs geeignet scheint, dir Freude zu
bereiten! ‒ ‒ ‒
Bezwinge deine
Abneigung, und du
wirst auch der ödesten Arbeit
überlegen
sein; ‒ sie wird dir
Freude bringen
durch
die Art ihr zu begegnen!
Steht deiner Arbeit Aufeinanderfolge in dei‐
ner freien
Wahl, dann wähle zuerst, was dir
am meisten
widerstrebt und suche es zu
lieben!
Hast du dein stärkstes Widerstreben besiegt
und dich als
stärker erwiesen, so wird dir
schon
daraus allein eine
Freude werden,
die dir auch alle weitere Arbeit in Freude
verwandeln wird! ‒ ‒
.Du darfst deine Arbeit niemals nur als
Mittel betrachten, das eben gebraucht wer‐
den muß, um
das zu erlangen, was deines
Lebens
Notdurft erheischt! ‒
Hier irren die allermeisten!
Gewiß ist jede
Arbeit ihres Lohnes
wert, und du selbst machst dich schuldig,
wenn du einem Ungerechten dienst, der etwa
dir
vorenthalten möchte, was er dir
schuldig wurde als dein Schuldner für dei‐
ner Arbeit
Wert! ‒ ‒ ‒
Allein was so dir als Frucht deiner Arbeit
gehört, ist geistig genau bestimmt! Du
machst dich nicht minder schuldig, wenn du
etwa
mehr für deiner Arbeit Wert dir geben
läßt, als sie dem anderen, für den du sie lei‐
stest, Wertzuwachs schafft, ‒ wobei du nie
vergessen darfst, inwieweit auch der andere
irgendwie durch
seine Arbeit an der deinen
indirekt beteiligt ist! ‒ ‒ ‒
Doch aller Arbeit äußerliche Entlohnung
bleibt nur ein Geringes gegenüber dem, was
dir deine Arbeit an
geistigen Werten ver‐
mitteln kann, so du sie zu schätzen weißt, als
Arbeit um der Arbeit willen!
In der gutgetanen Arbeit selbst liegt
ihr
höchster Wert beschlossen, den dir
keiner vorenthalten, den dir keiner
rauben
kann. ‒ ‒ ‒
.Auch in der
allergeringsten Arbeit
läßt sich
höchste Vollendung erstreben,
und wird sie erreicht, wie sie nur
intensiv‐
ste Hingebung an die Arbeit erreichen
kann, dann ist stets ein unermeßlicher
Zu‐
wachs geistiger Kraft die naturgegebene
Folge. ‒
Der Arbeiter an der Maschine, der Tag um
Tag nichts anderes da zu tun hat als etwa
Schrauben zu drehen, kann auf solche Weise
hohe geistige Kräfte in sich zutage för‐
dern, während ein anderer, der seiner Mei‐
nung nach nur in hohen geistigen Dingen
lebt, aber weit mehr auf seine geheimnis‐
vollen Schauer achtet, als auf die
Güte der
Arbeit, die ihm in irgendeiner Weise aufge‐
tragen ist,
völlig leer ausgeht und sich nur
selbst betrügt, wenn er seine geistigen
Kräfte im Wachsen glaubt. ‒ ‒ ‒
.Zur Erlangung der geistigen Kräfte, die
durch intensive und auf die höchste Arbeits‐
Leistung eingestellte Arbeit zu erhalten
sind, ist es nicht nötig, daß die
Art der Ar‐
beit selbst schon Geistigem diene! ‒
Doch, wenn auch die
dauerwertige Frucht
der Arbeit auf solche Weise in einem steten
Zuwachs
geistiger Kraft besteht, so wäre
es dennoch töricht, wollte man hier der
an‐
deren Früchte nicht achten, die solche
disziplinierte Arbeit auch dem
Alltag
bringt. ‒ ‒
Noch wissen die meisten nicht, was
solche
Arbeit auch im
Alltag bedeutet, obwohl sie
es wahrlich aus manchem Beispiel ersehen
könnten! ‒
Nur
Arbeit um der Arbeit willen: ‒
Arbeit, die das
höchste Resultat erstrebt,
kann jenen ersehnten allgemeinen
Wohl‐
stand schaffen, der niemals zu erreichen ist,
solange Arbeit noch wie ein
lästig Not‐
wendiges nur
erduldet wird! ‒ ‒ ‒
Der weiß noch nichts vom
Segen der Ar‐
beit, der seine Arbeit nicht
lieben lernte! ‒
Der wird den
Segen der Arbeit niemals ge‐
nießen, der sich ein
Glück erträumt, dem
die
Arbeit fehlt! ‒ ‒
*
.Wahrlich, des Menschen Macht ist ohne
Grenzen, so er in der
Liebe lebt!
Wahrlich, die
Liebe ist des Erdenmenschen
höchste Kraft! ‒
Sie haben gar hohe Kräfte als des Menschen
höchsten Wert gepriesen und auf hoher Zinne
sich des Menschen höchste Herrlichkeit er‐
träumt; allein,
weit höher, als des Erden‐
menschen eigenes Ersinnen es erahnen konnte,
ward ihm Ruhm bereitet, und weiter als sein
kühnstes Denken es erspähen konnte, ward
ihm Macht gegeben! ‒ ‒ ‒
Die Himmel fassen nicht, was
Liebes‐
feuerkräfte in den Herzen Erdgeborener
zu wirken wissen, und in allen Abgrunds‐
tiefen ist nicht zu ergründen wo die Weihe
ankert, die da aus
Menschentieren gött‐
lich überformte
Geistesmenschen schafft!
‒ ‒ ‒
Sonnen vergehen in kosmischen Gezeiten
und reißen
Welten in den Abgrund unerfaß‐
lichen Vergehens mit hinab; jedoch des
Menschen Macht bleibt ihm
für alle
Ewigkeit gegeben, mag auch der Boden, da
er zeitlich seine Hütte baute, unter seinen
Füßen wanken und zerbersten! ‒
Er, der aus hohem Leuchten fiel dereinst,
trägt dennoch Macht in sich, hoch über alle
Sterne sich empor zu heben!
.Du fragst, was solche hohe Macht dem
einst Gefallenen verleiht?!
Du fragst, was über alle unsichtbaren Fürsten
kosmischer Gestaltung ihn erhebt?!
Wisse: der Sprache Wort ist nicht vermö‐
gend, letzte Antwort hier zu formen und
tiefstem
Ahnen nur bleibt vorbehalten hier
zu
fühlen, was erfühlbar, aber kaum erfaß‐
bar ist! ‒ ‒
Wie könnte jemals eines Menschen Zunge
künden, was über allem menschlichen Er‐
denken bleibt?
Selbst jenen hohen Sterngewaltigen, die
ihrem Wesen nach nur reinstes «
Denken»
sind, ‒ nur über alles erdenhafte Denken
hoch erhaben, ‒ jenen unsichtbaren «Göt‐
tern» dieser Sichtbarkeit, ‒ bleibt ewiglich
verhüllt, was nur des Menschen
Seelen‐
Innerstes im tiefsten Schauen in sich selbst
erleben kann. ‒ ‒
Höher als dieser Sternengötter höchste All‐
gewalt in kosmischem Geschehen, erhebt sich
Menschenmacht, die in der
Liebe grün‐
det!
.Es ward gesagt:
«
Gott ist die Liebe,
und wer in der
Liebe bleibet,
der bleibet in Gott
und Gott in ihm!»
Doch euch ward die «
Liebe» allzunah der
Lust verwandt; ward euch zu holdem Füh‐
len lustgeschwängerter Gefühle; und statt
in «
Gott» zu
leben, habt
ihr selbst den
Götzen aufgerichtet, vor dem ihr
kniet
und der euch wahrlich nicht zu helfen weiß,
so daß die Klugen, denen solches Blendwerk
nicht verborgen blieb, sich von ihm wandten
und für euch nun «Gottesleugner» heißen,
da sie eures
Götzen «Gottheit» kühn in
Frage stellen und verneinen!...
Ich aber sage euch, daß mancher, der auf
solche Weise sich von Götzen und von Göt‐
tern wandte, der Gottheit
näher stehen mag
als jene die ihn schmähen! ‒ ‒ ‒
Ich sage euch, daß viele derer, die ihr Gottes‐
leugner nennt, wahrhaft in
Gott geborgen
sind und in der
Liebe Gott
erleben, auch
wenn sie nicht in
eurer Weise reden und
selbst nicht wissen mögen, daß sie in der
Liebe sind und
Gott in ihnen sich be‐
kundet! ‒ ‒ ‒
Denn:
«
Gott ist Geist, und die ihn anbeten,
müssen im
Geiste die
Wahrheit anbeten!»
Wer nicht den
Geist in sich zu suchen unter‐
nimmt, wird
Gott in Ewigkeit nicht finden!
.Der
Geist, der
Gott und der die
Liebe
ist, darf freilich nicht dem «Geiste» des
Gedankens gleichgeachtet werden, der in
den Hirnen Staubgeborner im Denken sich
erzeugen läßt!
Von
anderem Geiste ist wahrlich hier die
Rede, und wer nicht in der
Liebe ihn er‐
fühlt, der wird, mag er auch noch so viel von
Gott zu sagen wissen, dennoch
gottlos
bleiben! ‒ ‒
Nur in der Geistesform der
Liebe kann der
Erdenmensch zu
Gott und damit in den
Geist gelangen, von dem er ausging durch das
Wort des Lebens, das sich in Gottheit
selber spricht von Ewigkeit zu Ewigkeit! ‒
Vorher ist all sein Psalmodieren über «Gott»
und «Göttliches» nur törichtes Gerede, und
all sein «Beten», so es nicht in
dieser Liebe
gründet, wird vergeblich sein! ‒
.Der euch einst «beten» lehrte, wie man
beten soll, und nicht, den Gottesfernen gleich,
zu «plappern», der wollte euch in
dieser
Liebe sehen!
Sein ganzes
Leben war ja seine Lehre dieser
Liebe!
Wie wollt ihr ihn verstehen können, solange
ihr noch zögert, euch in gleichem Liebes‐
feuer aufzulösen und euch selbst dahinzu‐
geben, um euch in dieser Liebe dann aufs
neue zu gewinnen?!
.Es ist diese
Liebe, von der ich hier
künde, niemals ganz zu erreichen, solange du
noch einen
Gegenstand der Liebe brauchst,
den du
außer dir suchen mußt!
Du selbst mußt dir Gegenstand dieser
Liebe werden, bis du zuletzt
auch dich in
ihr verlierst und so dann
selbst zu
Liebe
wirst, die keines Gegenstandes mehr bedarf,
da alles, was je wurde oder werden kann, in
ihr beschlossen ruht! ‒ ‒ ‒ ‒
Wenn dir geraten wird mit weisem Rat:
selbst
deiner Seele zu entsagen, so sollst
du nur daraus entnehmen, daß du auch deine
Seele nicht zum
Gegenstande deiner Liebe
machen darfst, wenn du
die Liebe in dir selbst
erfahren willst, als welche
Gott in dir sich
offenbart!
Willst du noch
anderes, als was in deinem
tiefsten «Ich» sich selbst erfassen will, durch
«Liebe» dir
zu eigen machen, so «liebst»
du noch nach irdisch-enger Weise und bleibst
so ferne jener
wesenhaften Liebe, die eine
Geistesform der Gottheit ist!
Du aber sollst in dir die
Liebe finden, die da
Gott ist, und sollst in der
Liebe sein, auf
daß
Gott in dir
sei, und
du in
Gott! ‒ ‒ ‒
.Noch «
bist»
du nicht, denn was du dein
«
Dasein» nennst, ist nicht wahres, seiner
selbst bewußtes
Sein!
Was du dein «Dasein» nennst, ist ebenso nur
übertragenen Sinnes «Sein» zu nennen, wie
das, was dir als «Liebe» gilt, nur in «über‐
tragenem» Sinne:
Liebe heißen kann! ‒
Was du dein «Dasein» nennst, ist tausend‐
fach
bedingt, wie gleicherweise alle Liebe,
die sich an den
Gegenstand der Liebe bin‐
det, stets
bedingt bleibt durch ein
Äußeres,
wie hoch du es auch vor dir selbst erheben
magst! ‒
Über alles dieses
hinaus,
hinauf und
empor muß ich dich führen, will ich dich zu
jener
Liebe leiten, in der dein
Gott sich
dir gebären kann und
du dich in
ihm...
Empor gelangt nur, wer sich in sich selbst
«empört» und
gegen alles Niedere zu stem‐
men weiß, das ihn in seiner Niederung zu
fesseln sucht!
Es ist ja wahrlich schon Empörung gegen
alles Niedere, wenn du nach einem «Gegen‐
Stand» der Liebe suchst, denn ahnend
fühlst du hier, daß du
entgegen stehen
mußt dem Niederen, wenn du es überwinden
willst!
Aber solange du noch den «Gegen-Stand»
deiner Liebe
draußen suchst, kannst du
dich in
dir selbst nicht gründen, und dar‐
um werde vorerst
selbst dir «Gegenstand»
deiner Liebe! ‒
Hast du in solcher Art dich
in dir selbst
gegründet, dann mag es wohl dir leichter
werden, auch diese letzte Stütze dahinzu‐
geben und gegen dich selbst dich zu «em‐
pören», bis du
dorthin emporgelangst, wo
weder Höhe noch Tiefe ist, da alles räum‐
liche Gleichnis
zunichte wird, weil
Unver‐
gleichliches hier zum
Ereignis sich ge‐
staltet! ‒
.Siehe: die Himmel vermögen nicht zu
fassen, was dem Menschen vorbehalten ist,
der seines
Anrechts sich nicht entäußern
mag!
Zwar werden nach Äonen
alle einst zur
«Seligkeit» gelangen; doch jene «Seligkeit»,
die
allen so erreichbar wird, ist keineswegs
dem
hohen Ziele je vergleichbar, das du
erreichen kannst, wenn du in deiner erdge‐
bundenen Erscheinungsform schon dich em‐
porzuringen trachtest und aus den Banden
der Gewaltigen des Kosmos dich zu lösen
weißt, die dich umschlungen halten können
durch Jahrtausende und durch Äonen!
Davon aber ist gesagt, daß keiner Befreiung
finden kann, «
bis er den letzten Heller
bezahlt»! ‒ ‒ ‒
Heute jedoch hast du noch die Möglichkeit,
solcher Fessel zu entrinnen!
Heute noch kannst du wahrlich deines
Schicksals Meister werden, und solche deiner
Erdenbrüder, die es längst geworden sind,
kennen kein höheres Glück, als daß sie dir
helfen dürfen...
.«Und wenn ich mit Menschen- und
mit Engelszungen redete und hätte
der Liebe nicht, so wäre ich gleich
einem tönenden Erz oder einer klin‐
genden Schelle!»
So redete einer, der um die Liebe wußte! ‒ ‒
Doch ein anderer war, der hatte vordem
diese Liebe dargelebt in seines Lebens
unvergänglich hoher Lehre...
Er, den wir den größten aller Liebenden
nennen, war zwar von vielen seiner Brüder
vorgeahnt, doch hatte keiner seiner Liebe
Glut erreicht!
Und viele sind nach ihm gekommen und
werden viele noch erscheinen, die wahrlich
«Liebende» zu nennen sind; jedoch trotz
aller ihrer Liebeskraft war keiner und kann
keiner je erstehen, der ihm vergleichbar
wäre, ‒ obwohl ich hier von seinen geist‐
geeinten «Brüdern» rede!
Doch, was in jedem dieser seiner Brüder
einst zur Offenbarung kam, war stets das
Gleiche, was in ihm in seiner ganzen
Fülle sich zu offenbaren wußte.
Und was noch in der Zeiten Lauf zu Offen‐
barung werden kann, wird nur das Glei‐
che in stets neugeformter Offenbarung,
sein! ‒ ‒
Es ist nur hirnverbrannter Wahn, der da
vermeint, daß die Gestalt des Zimmermanns
aus Nazareth der frommen Mythe ange‐
höre; doch der, den nun die Nachwelt nur in
einer Zeichnung kennt, die erst Jahrhunderte
nach seinem Erdendasein seine Züge formen
wollte, sah freilich anders aus als jener
fakirhafte Wundertäter, den man aus ihm
gebildet hat in einer Zeit, da längst der Aber‐
glaube östlicher und westlicher Gehirne um
sein Bildnis rang...
Wer wirklich hier der Wahrheit Spur er‐
kunden will, der muß die Zutat wundersüch‐
tig erdgebundener Geschlechter aus jenem
Bilde tilgen lernen, das ihm von früher Ju‐
gend an als unantastbar galt.
Alsdann erst wird ihm des hohen Meisters
Auge entgegenleuchten und er wird eines
Menschen Antlitz schauen, der ‒ Gott‐
geeint, im tiefsten Sinne solchen Wortes
‒ dennoch als
Mensch dem Menschen dieser
Erde «
frohe Botschaft» brachte von je‐
nem Reiche wesenhaften
Geistes, das er
«
das Reich der Himmel» nannte. ‒ ‒ ‒
.Wenn ich von
anderen ‒ wie von mir
selbst ‒ als seinen «Brüdern» künde, so
würde jeder meine Worte irrig deuten, wenn
er etwa vermeinen wollte, es sei hier ausge‐
sprochen, daß wir anderen dem erdenfernen
Zauberbilde gleichen wollten, das mit dem
Namen dieses Zimmermanns aus Nazareth,
in später Zeit, die ihn dem «Logos» gleichzu‐
stellen suchte, unterzeichnet wurde. ‒
Fern liegt uns solche Torheit!
Die ihn durch ihre zweifelhafte Kunst auf
solche Weise in den höchsten Himmeln si‐
chern wollten, haben ihn nur allem
Erden‐
menschlichen entfremdet, so daß er denen
nicht mehr faßbar ist, die er empor zu
höch‐
sten Geisteshöhen führen wollte!
Was Wunder, wenn er ihnen schließlich dann
zur
Mythe wurde!
.Seht, Freunde, ich weiß gar wohl, wovon
ich rede, wenn ich den größten aller Lie‐
benden den hohen «Bruder» nenne!
Kein einziger aus uns, so hoch ihn auch der
Geist erhoben haben mag, wird je dem Irr‐
sinn huldigen, er ‒ der Sprecher ‒ sei das
«Urwort» selbst, das aus ihm spricht, ‒
und also dünkt es uns: es sei verbrecherische
Schmähung, von jenem Größten aller
Liebenden zu glauben, daß er in solchem Irr‐
sinn sich gefallen habe...
Wir wollen ihn euch zeigen, so, wie er wirk‐
lich war, als er, gleich uns, der Erde Mühsal
trug, ‒ so, wie er heute noch, ‒ der geist‐
geeinte Bruder seiner Brüder, ‒ in Geist‐
gestaltung uns erkennbar und vereinigt, sich
uns Tag für Tag bezeugt!
Wenn wir, die ihn so hoch verehren, uns
seine «Brüder» nennen, so soll dies nur be‐
sagen, daß er als Erdenmensch der Unseren
einer war und daß er auch in geistiger
Gestalt der Unseren einer bleibt, mag
man auch aus dem Sohn des Menschen, der
alles Menschliche in sich erfahren hatte,
als er auf der Erde lebte, in einer heute fer‐
nen, wunderargen Zeit den «Gott» gestaltet
haben, der da aus seiner Gottesherrlichkeit
herniedersteigen mußte, weil eines kleinen
alten Volkes Rachegötze vorgeblich seine
Wut nicht zügeln konnte, bevor der eigene
«Sohn» sich ihm als Opfer dargeboten hatte.
‒ ‒
.Wir reden nicht von einem, den wir nur
aus alter, dunkler Kunde kennen! ‒
Wir sind mit dem, von dem wir künden, so
vereinigt, wie keine irdische Vereinigung
jemals den Menschen mit dem Menschen
einen kann! ‒ ‒ ‒
Wir
wissen, wüßten wir es
anders nicht,
durch den, um den es hier sich handelt, daß
er einst als
Mensch, in allen Stücken
menschlich uns vergleichbar, über diese Erde
schritt und daß er nur an
Liebesfeuer‐
kraft uns also überlegen war, daß er das
überirdisch-hohe Wunder wirken konnte, die
Geistesaura dieser Erde so zu wandeln, daß
jeder, der da «guten Willens» ist, nunmehr
den Weg zurück zum Geiste, in der Liebe
finden kann, ‒ gleichsam «gebahnt», so wie
ein Wanderer durch hohen Schnee den Weg
nicht fehlen wird, den einer bahnte, der des
rechten Weges kundig war...
Auf solche Weise ist es wahrlich seine ei‐
gene Kunde, die euch durch unser Wort er‐
reicht!
Seht ihr an uns des Menschen Mal, obwohl
wir uns als seine «Brüder» euch bezeugen
müssen, so wisset, daß auch er, gleich uns,
ein wahrer Mensch war, dem nichts
Menschliches erlebnisferne blieb! ‒
Nichts Menschliches schien ihm zu niedrig,
als daß er es nicht einstmals in sich selbst, in
eigenem Erleben, mitempfunden hätte! ‒
Er wäre nicht gewesen, der er war, wenn
nicht die ganze Weite alles Menschlichen in
ihm sich auszuwirken Raum gefunden hätte!
Doch war ihm auch wahrlich keine Macht ge‐
geben, seinem Menschentum sich zu ent‐
winden, hätte er sich jemals ihm entwinden
wollen!
Nur, daß er letzten Endes
Sieger blieb,
macht seine Größe aus, so wie ein jeder, der
ihm folgen will, sich nur als «auserwählt»
bezeugt, wenn er der Erde Torheit, der er
niemals ganz entrinnen kann, solange er
auf dieser Erde lebt, für «Nichts» zu achten
weiß und aller «Sündenschuld» sich zu ent‐
winden lernt, um im
Erlösungslicht sich
zu erheben, sich selbst verzehrend in den
Feuergluten jener
Liebe, die in dem Meister,
dem er nur in
Liebe sich
vereinen kann,
das hohe Wunder seines Lebens wirkte...
.Wer da den «
Großen Liebenden» im
Innersten des Innern
in sich selbst zu
finden hofft ‒ denn er ist wahrhaft allen Erd‐
geborenen so nahe, daß er leicht sich finden
läßt ‒ der muß vor allem jenem Wahn ent‐
sagen lernen, der aus dem reinsten
Men‐
schen, den die Erde trug, den «Gott» zu bil‐
den wußte, der seinem Vatergott sich als Ver‐
söhnungsopfer irren Rachedurstes, mensch‐
lich allzumenschlicher Erfindung, bot! ‒
Dann erst kann er den hohen Meister in sich
vernehmen: ‒ den weisen Zimmermann aus
Nazareth!
ENDE