WELTEN
EINE FOLGE KOSMISCHER GESICHTE
KOBER'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG AG
ZÜRICH
Der bürgerliche Name von Bô Yin Râ war
Joseph Anton Schneiderfranken
2. Auflage
Die erste Auflage erschien im Rhein-Verlag, Basel, 1922
©
1956 Copyright by
Kober'sche Verlagsbuchhandlung AG, Zürich 48
Alle Rechte, besonders das der Übersetzung
in fremde Sprachen und Reproduktion der Bilder
sind den Rechtsnachfolgern
des 1943 verstorbenen Autors vorbehalten.
Druck und Einband: Art. Institut Orell Füssli AG, Zürich
Die 1922 erschienene erste Auflage von «
Welten» ist seit langem ver‐
griffen. Die vorliegende Neuausgabe berücksichtigt kleine, von Bô Yin Râ
selbst vorgenommene Korrekturen.
Im Handexemplar von Bô Yin Râ befindet sich außerdem, später von
ihm angefügt, das hier folgende Gedicht von GIORDANO BRUNO (nach der
Übersetzung von Kuhlenbeck):
Brenn, ich fleh' dich an, mein Leben,
.brenn in die Brust mir...
Daß ich also mich ganz in
ein
.Licht sehe verwandelt,
Ganz ein Auge nur bin, ein
.allwärts schauendes Auge,
Dem das Jetzt, die vergangene Zeit
.und die künftige vorschwebt,
Ober- und Unterwelt und das All
.im umkreisenden Ringlauf.
Der Verlag
.In diesem Buche wird dem
Worte anschauliches
Bild zur Seite treten,
und beides soll vereint
der Seele Höhenreiche dir erschließen helfen. ‒
.Du wirst jedoch zuerst bei flüchtiger Betrachtung, ehe noch das
Wort
in dir die Seele stimmen konnte, wie man eine Harfe stimmt, vielleicht ver‐
muten können, «neuer Ausdruckswille», wie er zur Zeit, da dieses ge‐
schrieben wurde, in allen Künsten sich versuchte, sei auch in diesen
Bildern Form geworden? ‒
.Ich würde gerne deine Meinung bejahen, wenn dem so wäre.
.So aber reichen die Versuche, das nun Dargestellte zu gestalten, in eine
Zeit zurück, da man noch nichts von solchem neuen Ausdruckswillen
wußte, und ich muß dir gestehen: ‒ ich habe niemals jene Not in mir
verspürt, durch die in unseren Tagen viele Strebende im Reich der Künste
sich berufen fühlen, neue Ausdrucksmittel sich zu schaffen, da die alten
ihrem Drang nach Ausdruck nicht mehr rein und wahr genug erscheinen.
.Wohl kann ich verstehen, was zu solchem Drängen treibt und neue
Wege bahnen heißt, allein mir selbst war das, was ich gestalten wollte,
stets von innen her
zugleich mit seiner Form geworden, so daß ich niemals
in mir anderen Drang erlebte, als diese mir gewordene Form zur Dar‐
stellung zu bringen.
*
.Die hier gezeigten Bilder sind nicht anders in mir entstanden, als alles
andere, das jemals in mir Gestaltung finden wollte.
.Was es hier aber darzustellen galt, war
an sich schon
anders geformt,
so daß
die Formen, die sich in den Bildern finden, notwendig aus der
Anregung zur Darstellung erwachsen mußten. ‒
*
.In einer Innenwelt des
wesenhaften Geistes, völlig wachbewußt wie in
der Welt der körperlichen Sinne, sind diese Formen mir vertraut wie alles,
was die Erdenwelt mir dinglich gibt.
.Doch während Dinge, die das Licht der Erdensonne trifft, zumeist in
festgefügten Grenzen bleiben, stellt sich dort in jener
Geisteswelt die Form
in stets lebendiger Verwandlung dar.
.Während auf Erden alle Form gestaltbar wird aus
einem streng fixierten
Blickpunkt her, schaut man in jener Geisteswelt die Formen
so, als wäre
man ein Hohlraum,
dessen Grenzen tausend Augen bilden...
.Jedoch auch hier ergab sich mir kein Suchen nach der Form der Dar‐
stellung.
.Was ich erlebte, formte sich von selbst zum Bilde auf der Fläche,
und ich versuchte nur, dies Bild
von aller Zutat rein, mit den von mir
beherrschten handwerklichen Mitteln
immer klarer festzuhalten.
*
.Die
Titel dieser Bilder finden sich in dem, was ich in diesem Buche durch
das
Wort erlebnisnahe bringen will.
.Sie mögen nur als «Fingerzeige» gelten, um jene «
Einstellung» zu fördern,
die vonnöten ist, soll das Beschauen in der Seele Klang und
Rhythmus wecken.
.Die Seltenen, die
selbst in dieser Geisteswelt, von der die Bilder zeugen,
wachbewußt zu erleben wissen, werden unschwer
Selbsterlebtes in den
Bildern
wiederfinden.
.Den anderen sei hier gesagt, daß die hier dargestellte
Welt des Geistes
erst
erfahrbar wird, wenn man die niedere
Region okkulter Bilder jener
täuschungsschwangeren Bereiche steter Dämmerung und dunkler Schrek‐
ken längst verlassen hat, aus der sich
Medien,
Somnambule und
Ekstatiker
vermeintliche Bestätigung für die Gebilde ihrer krausen Phantasie zu
holen pflegen.
*
.Da alle Elemente der in diesem Buche dargebotenen Gesichte
im tiefsten
Urgrund eines jeden Menschen so verankert sind, daß dort
Entsprechungen
dafür sich finden, so lassen sich durch diese Bilder auch die
Kräfte wecken,
durch die der Seele «Sinne» sich zu jenem einen
Ursinn ineinanderkonzen‐
trieren, der
Vorbedingung jedes wirklich
echten Erlebens geistiger Gegeben‐
heiten ist. ‒
.Der
Erweckung dieses seelischen
Ursinnes sollen
Wort und
Bild hier
dienen...
.Wie weit dies in jedem einzelnen, der dieses Buch gebraucht, erreichbar
ist, wird einzig von dieses einzelnen bereits erreichter Stufe geistiger Ent‐
wicklung abhängig sein.
.Doch vieles kann dabei auch rechte «
Einstellung» bewirken.
*
.Will man erlangen, was das Buch zu geben vermag, dann möge man
von vornherein auf jede
verstandesmäßige Deutung der dargestellten
Gesichte verzichten!
.Tief innerliches
Versenken und
Einfühlen nur wird hier die Übertragung der
Hieroglyphen des Gestalteten in empfindbare
Seelenbewegung bewirken. ‒
.Stets wird der
Wille zu eigener Einfühlung vorhanden sein müssen, soll
seelisches
Erleben dem Beschauen der Bilder folgen.
.Dies gilt schon von
aller Kunst; doch hier wird dieser Wille in
erhöhtem
Maße nötig sein, will man vom
Äußeren, das dem Auge sich erschließt,
ins
Innere gelangen. ‒ ‒
*
.Sind einst die
Kräfte des Schauens wirklich zum
Erwachen gelangt, so
wird der Erlebende jeweils nach seiner Art gewiß auch
andere Gesichte
haben können, denn was hier zur Darstellung kam, ist nur eine Folge
innerlich verknüpfter Bilder, die mit den
Worten dieses Buches vereint,
ein
inneres Reich der Seele nahebringen sollen, das ihr durch die Außen‐
welt mehr, als nötig wäre, entfremdet wurde. ‒ ‒
*
.Unter solchen, die mit den Lehren uralter Weisheit schon vertraut sind,
denen ich in meinen Schriften Ausdruck schaffen durfte, werden nur
wenige sein, die dieses Buches Sinn nicht alsbald zu fassen wüßten.
.Erfahrung zeigte mir jedoch, daß auch in Fernerstehenden, zumal wenn
sie in irgendeinem Sinne «
künstlerisch»
geartet waren, schon nach kurzer
Einfühlung ein
Erklingen der Seele anhob, das in
urzeithaften Erahnungen
seine Auswirkung fand...
*
.Ich kann und darf, will ich nicht der Seele den Weg
verbauen, hier keine
«
Erläuterung» der Formen- und Farbenwelt geben, die in diesen Gestal‐
tungen bildhafte Darstellung verlangte.
.Ich muß den
Kräften der Seele in jedem einzelnen Beschauer
vertrauen.
.Jeder
Deutungsversuch ist hier vom Übel; könnte nur das
Wesentlichste
durch einen
Gedankenschleier verhüllen. ‒
*
.Im magischen Wirken aller Zeiten und Völker waren
heilige Zeichen
den Eingeweihten bekannt; aber wenige ahnen, daß diese Zeichen aus
geistiger Anschauung stammten, daß sie in den Reichen des wirkenden
Geistes voreinst gefunden worden waren. ‒
.Hier werden solche Zeichen dir in ihrem
ewigen Gestaltungsreich gezeigt!
.Nur wenn du
Versenkung in deine
Urnatur noch kennst, wird sich die
Kraft dieser Zeichen dir offenbaren!
.Wohl dir, wenn du sie alsdann zu deuten weißt
aus ihrer Wirkung auf
deine Seele!
.Dann wirst du wahrlich jeder «
Erklärung» ihrer Werte fürder entraten
können!
.Dann wirst du gewiß den Tag zu segnen wissen, der dieses Buch dir in
die Hände gab. ‒
.Ich aber werde mich
deines Glückes freuen...
.‒ ‒
Suchende Seele ‒ wer du auch sein magst vor dir selbst ‒ ergreife
meine Hand und entschwebe mit mir der längst gewohnten Kerkerhaft,
die dich in deiner Körpersinne enge Fesseln bindet!
.Zu lange schon hast du diese Fesseln getragen, bis sie dir lieb werden
konnten gleich einem königlichen Geschmeide!
.Lerne erkennen, daß nur
du selbst die Macht hast, dich zu fesseln, und
daß nur
dir selbst die Schlüssel vorbehalten sind, die deine Ketten
lösen! ‒
.Gewinne
Mut, die Sicherheit des Kerkers zu verlassen und durch
dich
selbst dir deine
Freiheit zu erringen!
.Lass' nicht umsonst mich deiner dumpfen Zelle schwere Pforte öffnen!
*
.Bereite dich auf ferne Fahrt in dir noch unbekanntes oder nur geahntes
Land; aber wisse, daß ich dich in deine
Heimat führen will, deine Heimat,
die du einst vor undenklicher Zeit verlassen hast und deren lichte Weite
dir nun
un-
heimlich geworden ist, da du nur Kerkermauern als die Grenze
deines Blickes kennst...
.Du sollst nichts von dem verlieren müssen, was deines Herzens Liebe
fand in deiner Gefangenschaft.
.Alles wirst du nach deinem Willen später wiederfinden, und keiner ist,
der dich berauben könnte, außer dir selbst!
.Aber wenn du alsdann, nach unserer Sternenfahrt, zurückkehrst an
diesen Ort, wird deine enge Zelle sich verwandelt haben in ein lichtes,
strahlendes Gemach in einem Königschloß, und ‒
du wirst «
Herr der
Schlüssel» sein...
.Alles, was hier dein eigen war, wird dir auch fürderhin gehören; doch
wirst du wahrlich
besseren Gebrauch davon zu machen wissen, und was
bis heute noch allhier im Schmutze liegt, wird dann von jenem Strahlen‐
glanz umleuchtet sein, den du aus deiner Heimat mit dir nehmen sollst
in dieses Erdendaseins dämmerdüstere Gefilde. ‒
.Ich bitte dich: ‒ säume nicht länger an diesem Orte der Gefangenschaft;
sinne nicht ängstlich nach, ob du mir auch wohl zu folgen vermagst!
.Jedes Zaudern hält dich nur unnütz länger in der Gebundenheit. ‒
.Glaube an deine ureigenste Kraft! Nur durch deine
eigene Kraft wirst
du dich mit mir erheben können! ‒
.Ich aber will dir nur
Führer sein, und deine Heimat schickte mich aus,
dich zu suchen, da du «
gerufen» hast...
.Glaube, solange du noch nicht
verstehen kannst!
.Glaube, damit du einst zu wachem
Wissen kommst!
.Glaube und folge mir nach!
*
.‒ ‒ Endlich, endlich fühle ich deine zögernde Hand!
.Fasse geruhigen Mutes fester zu, damit ich dich sicher führen kann!
.‒ Du fühlst bereits, daß wir uns
erheben, aber bald sollst du
dorthin
erhoben sein, wo alles, was dir bis heute
hoch erschien, tief
unter uns
liegen wird...
*
.‒ Schon sind wir emporgestiegen aus Düsternis und dunkler Enge, und
deine Füße fühlen sich von deines Körpers Last befreit! ‒
.Tief unter uns liegt der Erdball mit all seiner grauen Not.
.Denke nicht zurück an das, was du soeben erst verlassen hast, denn
jeder Gedanke an Schweres und Drückendes hemmt deinen freien Flug!
.Dein Hinunterblicken muß dir wie ein
Abstoßen sein, damit du auch
aus dem
Rückblick Kraft gewinnst, dich zu
erheben.
.Alles Zurückgelassene sei dir wie ein nichtiger Traum, dem du glücklich
entronnen bist und der niemals mehr wiederkehren kann!
.Neuem Erleben trägt dich deine Kraft entgegen, und du wirst es
nur
dann in dir erfassen, wenn du
vergessen kannst, was dir
bisher als dein
höchstes Erleben erschien...
*
.‒ Indem ich noch zu dir rede, glaube ich schon zu sehen, wie dir meiner
Worte Wink genügt, um deinen Willen zu lösen.
.Erleichtert schwebst du bereits empor!
.Dein Auge, das noch vor kurzem trübe blickte, gewinnt Glanz und
Leuchten...
.Es wird noch weit heller erstrahlen, je mehr wir dem Lichte nahen, das
deine ursprüngliche Heimat ist, der du vor Aeonen dich selbst entwunden
hast!
.Noch schweben wir im «leeren» Raum, denn nichts ist hier, das du
schon wahrzunehmen vermöchtest.
.Dennoch ist auch hier um dich die Fülle des Lebens ausgebreitet, und
was dir «leer» erscheint, ist nur deinem ungeübten Blick noch nicht
zu fassen.
.Vernimm hier die Wahrheit, daß es in allen Unendlichkeiten keine
«Leere» gibt, daß alle
scheinbare «Leere» gedrängt erfüllt von Form und
Leben ist, und daß deine Wahrnehmungsfähigkeit für dieses Leben stetig
wachsen wird, je intensiver dein eigenes Leben sich sublimieren und ver‐
feinern kann! ‒
*
.Wir müssen noch weitaus
höher entschweben durch alle Sternen‐
räume!
.Über die fernsten Sonnen müssen wir hoch empor, damit wir in
jene
Sphären gelangen, in denen dein
inneres Auge dir erwachen soll aus
tausendjährigem Schlaf! ‒ ‒
*
.Schon sind auch die Weltenkreise, die man auf Erden nur als lichte
Nebel am samtenen Himmel klarer Nächte sieht, tief
unter uns, und noch
immer hat unser Höhenflug kein Ende gefunden...
.Wir gewahren uns nun in einem unermeßlichen Raum, und du
siehst staunend die gleichen lichten Sternen-Nebel, die tief
unter uns
blieben, auch ferne
über dir und
nach allen Seiten hin uns jetzt um‐
schließen!
.Wir sind wie im Innern einer unfaßbar gewaltigen
Kugel, deren äußere
Umgrenzung durch Myriaden von Weltsystemen gebildet wird...
.Inmitten dieses unermeßlichen Raumes aber gewahrst du nun ein
neues
Licht, heller als der leuchtendste Blitz, strahlender als das hellste Sonnen‐
leuchten auf tropischen Meeren...
.‒ Ich höre deinen ersten Freudenruf?
.Ja, es ist keine Täuschung: ‒ dein inneres Auge hat sich aufgetan! ‒ ‒ ‒
*
.Fester faßt du meine Hand?
.Du fühlst wohl schon, daß alles bisher Bekannte dich nun verlassen hat
und daß du in diesem Lichte hier erst
sehen lernen mußt?!
.Wie jenes Leuchten, das die lange Nacht an den Eispolen des Erd‐
balls erhellt, so lebt auch dieses unendliche Lichtmeer, in dem wir jetzt
schweben, in aber tausend lodernden Strahlen und in wundersamer
Farbenpracht.
.Noch kann dein Auge nichts Formgewordenes in diesem lebenden
Lichte erkennen.
.Dazu bedarf es noch der Zeit und immer höheren Fluges! ‒ ‒
*
.‒ Gewahrst du bereits die ersten schrillweißen Strahlenfunken, die uns
auf unserem Wege entgegenblitzen? ‒
.Wende deine Blicke aufwärts, ihrem Ausgangspunkte zu!
.Erschreckt bebst du zurück?!
.Du fühlst, daß wir längst nicht mehr emporsteigen aus
eigener Kraft,
sondern daß jene unbeschreiblich strahlende URSONNE, die du jetzt im
Innersten des kugelförmigen Raumes erblicktest, mit magnetischer Gewalt
uns erfaßte, um uns in ihres Feuerlichtes Mitte einzusaugen!
.Du kannst nicht mehr Widerstand leisten, und während du noch voll
innerem Beben einzuhalten glaubst, bist du mit mir ihren äußern Licht‐
und Flammenhüllen schon immer näher gekommen...
*
.‒ Ich begreife deine Furcht, auch wenn ich sie längst nicht mehr teile.
.Auch ich habe einst dieses Erschauern durchlebt, als ein Anderer an
meiner Seite mich zum erstenmal in diese Region entführte.
.Aber ich sagte dir nur letzte
Wahrheit, als ich dir versprach, dich in
deine
Heimat zu führen, obwohl dein ganzes Sein jetzt in Furcht vor
Vernichtung erbebt. ‒ ‒
*
.‒ Hörst du die dröhnenden Donner, die uns jetzt entgegenschallen, so
laß dich
auch dadurch nicht ängsten!
.Auch durch diesen «Kreis der Schrecken» wird uns die Kraft dieser
Ursonne schneller emporziehen, als du vermuten magst.
.Bleibe nur
deiner selbst gewiß und deines Willens, in deine Heimat zu
gelangen.
.Gib alles
Fürchten und
Vermuten auf, und selbst die
Sorge um dein
Sein! ‒
.Sein oder Nichtsein muß dir gleichen Wertes dünken, wenn ich dich
nicht vergeblich auf diesem Höhenflug begleitet haben soll! ‒ ‒
.Alles, was du selbst dir
warst, was du selbst aus dir
machtest, mußt du
opfern wollen.
.Du wirst gewißlich in diesem Urfeuer nun
verwandelt werden, du
magst wollen oder nicht wollen, aber hier wird es sich nun erweisen,
wer
du bist! ‒ ‒ ‒
.Du wirst hier verbrennen, um als
leuchtender Stern zurückgesandt zu
werden in die Finsternis, damit sie von deinen Strahlen ewiges Licht
empfange, oder aber: ‒ dein schwankender Wille wird dir zum Verderben
und bringt dir Aeonen erneuter Qual...
.Niemals hätte ich dich aus deinem Kerker geholt und zu diesem Fluge
überredet, wenn du nicht
selbst mich vorher tausendmal «
gerufen» hättest,
in den einsamen Nächten deiner Erdengefangenschaft. ‒ ‒
.Nun ist dir
kein Rückweg mehr möglich! ‒ ‒
.Nun muß es sich zeigen, ob du schon zum «Rufen»
berechtigt warst!
.Nur wer
zu früh nach Erlösung schrie, kann hier seinen Untergang finden
und das Wissen um sich selbst für Aeonen in diesen Urfeuern verlieren. ‒
.Auch er wird einst wieder als «Funke» in den ewigen «Raum» gesandt,
aber er war noch nicht reif geworden, heute schon ein
Stern zu sein und
die Urfeuer dieser Sonne, die seine Heimat ist, konnten ihn nicht zu
seinem höchsten Sein aufs neue gebären. ‒ ‒
*
.Doch löse jetzt die
Furcht von deinen Schultern!
.Furcht hat noch niemals ein großes Ziel erreicht! ‒ ‒
.Solange die
Furcht dich bedrückt, wirst du an diesem
Ur-
Ort nicht
deine Stätte finden, denn du
willst noch nicht
dich selbst zum Opfer
bringen, um
dich selbst zu finden! ‒
.Kennst du die Worte des Meisters nicht, daß deine Seele dir
verloren
sein wird, wenn du sie
erhalten willst, daß
du dich nur
gewinnen kannst,
wenn du die Fesseln lösest, die an dich selbst dich binden? ‒ ‒
*
.Wohl darf ich dir noch nicht
Gewißheit geben, daß du die höchste
Prüfung, die dir jetzt bevorsteht,
ertragen wirst; allein, du wärest wohl
nicht hier, wenn dich der
Absturz hier bedrohen würde...
.Schwerlich wärest du mir gefolgt, als ich eintrat bei dir auf dein
«Rufen» hin, denn du hättest
anderes erwartet, als das, was ich dir raten
konnte. ‒
.Die noch nicht berechtigt zum «Rufen» waren und dennoch «riefen»,
suchten noch immer die düstersten Winkel ihres Kerkers auf, wenn einer
der unseren an ihre Pforte klopfte, und nur vermessenste
Verwegenheit
hat dann und wann der Führung freventlich die Hand gereicht, obwohl
sie sich noch nicht bereitet wußte. ‒ ‒
.Du aber bist nur
zögernd mir gefolgt, und darum glaube ich, daß du
dir
mehr vertrauen darfst, als du dir
zugestehen möchtest...
.Bereite dir nicht selber Qual und vertraue deinem Stern!
.Dem Stern, der
deine höchste Formung darstellt und in den gewandelt
du dann wiederkehren sollst, wenn du dich selbst in diesem Sonnenfeuer
von dir selbst befreitest! ‒
.Wolle nicht mehr
ein Anderes sein ‒
neben diesem Sonnenfeuer, das
alles Sein in sich beschließt, und es wird
neu dich gebären aus seiner Kraft,
so daß du ewig
in ihm dein Leben hast! ‒ ‒ ‒
*
.Ich aber lasse dich, für deine Wahrnehmung, nun allein, denn in Feuer
und Leuchten muß ich mich wandeln, dessen Anblick du jetzt noch nicht
ertragen könntest!
.Meine Stätte im Innersten dieser Ursonne suche ich jetzt auf, und wenn
du mich wiederfindest, wirst auch du als ein Stern mich zurückgeleiten in
das düstere Reich der Erde, um denen zu leuchten, die dort des Lichtes
bedürfen.
.Du wirst nicht wie ich diese Reise tausendfach wiederholen müssen,
und kein Gelöbnis bindet dich an meine Pflicht; allein, dein Sternenlicht
wird aus dem gleichen Sonnenfeuer dir gegeben sein, das mir, längst ehe
ich als Mensch der Erde dir begegnen konnte, einst mein Leuchten
gab! ‒ ‒ ‒
.Gehe nun in deine Heimat!
.Lass' dich verbrennen im Feuerlicht, ‒ und als ein Sohn des Lichtes
kehre erneut mir zurück! ‒ ‒ ‒
.Im innersten Herzfeuer dieser Ursonne will ich deine Geburt erwarten,
und hier in ihren Strahlenreichen sollst du den, der zu dir sprach, dann
hüllenlos in seiner ewigen Gestalt erblicken...
.Ziehe ein in deine Vollendung, auf daß der Erde in ihrer grauen Not
ein neuer Stern geboren werde! ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
.‒ So finde ich dich nun hier wieder, du Siegreicher, als leuchtender
Stern aus ewigem Lichte neu geboren!
.Wieder sind wir am gleichen Ort, an dem ich dich verlassen hatte, um
in diese Strahlenform mich zu wandeln, in der du nun mich erblickst,
nachdem du selbst in strahlendes Licht dich gewandelt hast.
.Nun kannst du selbst ermessen, weshalb du vorher mich in dieser
Lichtform nicht ertragen hättest...
.Im gleichen Urfeuer sind wir nun bewußt vereinigt durch alle Ewig‐
keiten!
.Und nun weißt du auch, daß jeder, der hier «Meister» ist, eines
Vollendeteren «Schüler» sein muß, und daß die Stufenleiter dieser
Hierarchie kein Ende haben kann, weil Absolutes in sich selbst kein
Ende kennt und jeder «höchsten» Stufe eine höhere erscheint, in die
sie wieder selbst sich wandelt, wenn sie ihr Höchstes in sich selbst ver‐
wirklicht hat. ‒ ‒ ‒
.Wir sind beide noch die untersten Stufensprossen dieser Himmels‐
leiter!
.Mir ward, wie du weißt, das bindende Gelöbnis einst auferlegt, den
Stromkreis des ewigen Geistes, aus dem der Erdenmensch lebt, nicht eher
zu verlassen, als bis auch der letzte meiner Menschenbrüder einging
ins Licht wie du: bis er der Stufenleiter ewig leuchtender Sterne ver‐
einigt ist. ‒
.Darum muß ich gleich dir nun zurück in die Erdennacht, und auch
wenn mein erdenmenschliches Kleid einst ausgetragen ist, darf ich den
geistigen Stromkreis des Erdenmenschen niemals verlassen, solange der
Erdball noch Menschen tragen wird. ‒ ‒ ‒
.Du aber wirst, nachdem einst der Erde Fessel dich nicht mehr bindet,
sogleich zur nächsten Stufe dich wandeln, als die dein geistiges Auge
mich
hier erblickt; doch wirst
du keineswegs
in ihr verharren müssen... Sie ist
für dich auch nur
Form des Empfindens, nicht was sie mir ist: ‒ ureigenster,
selbstgewollter Arbeitsbereich!
.Sobald du in ihr deine höchste Vollendung erreichst, wirst du die
nächste höhere Stufe über dir erblicken, und alsobald auch wirst du
dich
selbst in diese
höhere Stufe wandeln, so wie du dich in
meine Form dereinst
verwandelt haben wirst, wenn du befreit vom Erdentiere dich in deiner
höchsten Vollendung gefunden hast.
.In aller Ewigkeit wird dieses stete «
Empor» kein Ende finden, und
wahrlich: schon die höchste Vollendung
jeder einzelnen Stufe, die
über
uns erscheint, braucht
immer längere Zeitenfolgen, bis dann selbst das,
was wir Menschen «Ewigkeit» nennen, nur ein winziger Bruchteil ist jener
Zeit, in der sich die
höheren Stufen erst zu
ihrer höchsten Vollendung
formen. ‒ ‒ ‒
.Hier ist jedes menschliche Wort, das dieses ewige Geschehen dir be‐
greifbar machen möchte, nur ein Stammeln, und erst wenn du selbst zur
«
Ein-
sicht» in dies alles fähig wirst, kannst du durch
eigene Anschauung
zu letzter Erkenntnis kommen. ‒
.Die
Liebe der Ursonne, die dich nun zum ewigen Stern aus sich geboren
hat, lebt jetzt in
deiner Form in dir, und nur aus dieser
Liebe wirst du die
Kraft der
Ein-
sicht erhalten!
*
.Jetzt aber wollen wir, bevor wir wieder zurück zu den Sphären der
äußeren Weltensysteme, und dann noch weit tiefer, ins Äußere hinaus,
hinab zur
Erde uns senken, noch eine kleine Zeit in diesem Inneren des
Reiches ursächlichen, ewig-wirkenden Werdens verweilen und seine Wun‐
der schauen!
*
.‒ Erstaunend siehst du nun, daß hier, wo dir vordem nur lodernde
Strahlenmeere in allen Farben erschienen waren, eine neue Welt ur‐
sprünglicher Formen dich umgibt. ‒
.Jetzt siehst du alles erfüllt hier mit formenden Kräften, die
selbst ge‐
formt sein müssen, damit sie weiterschaffend Formen
bilden können. ‒ ‒ ‒
Noch ist dir das alles ein
Chaos, und du weißt nicht, wie du es deuten
sollst!
.Bald aber wirst du es zu entwirren wissen, wenn du dein
inneres Auge
nun
gebrauchen lernst!
.Gar vieles wird sich dir dann enträtseln, das hieroglyphengleich dich
hier umgibt, und du wirst zuletzt hier auch den «
Schlüssel» finden, der
jene Fesseln löst, die du auf Erden, als Mensch der irdischen Erscheinung,
tragen mußtest. ‒
.Dein tiefstes
Sein wird dir so «erschlossen» werden!
*
.Tausendfach verschlungen und ineinanderverwoben tauchen unzählige
Bilder innersten Geschehens hier vor dir auf.
.Dir
sind es noch «Bilder», weil dein Sinn noch nicht geschult ist, ur‐
sächliches Geschehen zu erfassen, und weil du gewohnt bist, alles dir zum
Bilde formen zu müssen, bevor du
verstehen kannst. ‒
.In Wahrheit ist das, was du hier siehst, nur das Walten jener urgründig‐
verankerten Kräfte des Werdens, deren Wirkung
alles ist, was je ge‐
worden ist...
.Du kannst deshalb auch alles je Gewordene hier wiederfinden und
erkennen lernen, und bevor du nicht zu erkennen vermagst, was hier zu
erkennen ist, hast du mit aller irdischen «Erkenntnis» dir nur trübe
täuschende
Schleier geschaffen, auf die deine Phantasie jene Formeln
malt, die dir deine Nichterkenntnis
verbergen sollen. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
*
.Unter all diesem tausendfältigen Geschehen wird dein innerer Sinn,
den du nun erlangtest und in dem hier
alle anderen Sinne vereinigt sind,
gar bald Einzelnes aus der verschlungenen Vielheit des Ganzen zu lösen
wissen.
.Urweltliches,
schöpferisches Geschehen wird in seinen einzelnen Phasen
sich dir enthüllen!
.Urzeitig Fernes wird dir zur
Gegenwart werden!
Alles, was Menschen jemals erdenken konnten, ist nur
Schatten und
Abbild dessen, was hier
ist! ‒ ‒ ‒
.Erst wenn du dies weißt, wird dir diese Welt der farbenreichsten Wunder
ihre inneren Geheimnisse zeigen...
.Blicke nicht auf
Irdisches zurück und suche nicht durch
Vergleiche das
zu enträtseln, was nur ein
Einmaliges ist und nur aus seiner
eigenen Form
heraus sich erkennen läßt!
.Du wirst Zeichen, Formen und Farben sehen, denen manches
auf Erden gleicht, und
dennoch darfst du nicht
vergleichen wollen,
wenn du nicht
verwirren willst, was in sich
einfach und
ohne Zweites
ist! ‒
.Es ist eine neue
Sprache, die du hier verstehen lernen sollst, und erst
wenn sie in dir die gleichen Klänge
weckt, wirst du allmählich ahnen, was
sie dir zu sagen hat. ‒ ‒ ‒
.Uralte Weisheitsbücher wissen dir auf Erden von dieser Sprache zu
künden, aber du warst zu weit von dem Wissen derer entfernt, die sie
einst niederschrieben, und so hast du stets
deinen Text dem der Weisen
unterschoben...
.Wenn du hier nun erkennen lerntest, wirst du mit Staunen später deine
genügsame Torheit belächeln und wirst nicht begreifen können, daß dir
der Wortlaut dieser Bücher einst dunkle Rätsel barg, oder daß du ver‐
messentlich zu einer «Erklärung» dich berechtigt fühltest, wo Weisere als
du dir
restlose Klarheit geben wollten. ‒ ‒ ‒
.«Das Wort des Herrn ergeht in alle Lande», aber man muß dieses
Wortes
Klang erst zu
vernehmen wissen, bevor man den
Sinn dieser
Sprache deuten will...
.Wenn nicht so viele in ihrer Taubheit
gedeutelt hätten, würde wahrlich
weniger
Verwirrung auf Erden herrschen!
*
.Es gibt keine Kraft in den unendlichen kosmischen «Räumen», die
nicht zugleich als Ton und Zeichen ihre Art dir offenbaren könnte.
.Hier aber, wo alle Sinne in
einem Sinn verschmolzen sind, vernimmst
du auch Ton und Zeichen in
einer Wahrnehmung.
.Erkenne hier
Form und
Farbe, ‒ und Fühlen, Geschmack, Geruch und
Ton wird alsogleich in dir lebendig sein! ‒ ‒ ‒
.Da auch
du selbst durch die gleichen Kräfte, die du hier wahrnimmst,
gestaltet bist, so muß sich in dir für alles, was sich dir zeigt, eine innere
Antwort finden.
.Du darfst in das, was du hier siehst, nichts «
hinein-
legen» wollen, son‐
dern mußt in völliger Ruhe und Sammlung verharren, bis
aus dir selbst
die Antwort
kommt!
.Ist dir die Antwort
geworden, so
zögere nicht, sie
anzunehmen, doch
wisse, daß hier jeder seine
eigene Antwort empfängt, und daß es dich um
dein
Bestes bringen würde, wolltest du nun auf
andere warten, um
deine
Antwort mit den Antworten jener etwa zu vergleichen!
.So wie du allein und ohne Zweiten aus Urfeuersonnenlicht zum leuch‐
tenden Stern geboren wurdest,
so kannst du auch nur
allein für dich selbst
dir höchste Erkenntnis hier erringen, und doch wird dein Erkennen in
deinen
Formen auch die Erkenntnis
aller anderen spiegeln, die hier auf gleiche Art
erkennen lernten...
*
.Du weißt nun, weshalb ich dir hier weder Formen noch Farben
deuten
darf? ‒
.Ich würde dir nur von außenher
meine Deutung geben können und so
dich um
deine eigene Antwort bringen. ‒ ‒
.Nur deine
eigene Antwort aber erweckt
die Kräfte in dir, deren du für
deine höchste Vollendung in
deiner Form bedarfst. ‒ ‒ ‒
.Wir wollen dennoch jetzt beieinander bleiben, aber erwarte du nicht
von mir, daß
ich dir deuten möge, was du nur
selbst für dich
selber
deuten ‒ was du nur selbst für dich selber erfühlen lernen mußt!
.‒ Unendlich ist der Innenraum dieser «Kugel», in der wir schweben,
obgleich sie in jenen Myriaden von Sonnen und Welten, die sie ausstrahlt,
ihre «Grenzen» setzt! ‒
.Unendliches
Geschehen ist hier beschlossen, und alle Ewigkeiten würden
dir wie ein kurzer Tag erscheinen, wolltest du jemals alle Wunder dieses
ewigen Geschehens ergründen! ‒
.Du weißt vielleicht, daß es in alten Zeiten auf der Erde einstmals
«Seher» gab, die, ihres begrenzten Schauens allzugewiß, sich vermaßen,
jene Zeiten errechnen zu wollen, in denen ein Weltall werde und wieder
ins «Unerschaffene» sich löse?
.Wahrlich, sie waren sich ihres törichten Wähnens nicht bewußt und
ahnten nicht, daß
vor ihnen
Weisere waren, deren Worte sie nicht mehr
verstehen konnten, so daß sie jenem Kinde gleichen mußten, von dem
man berichtet, daß es den Ozean in eine kleine Grube schöpfen wollte! ‒ ‒
*
.Ewig im
letzten Sinne:
ohne Anfang und ohne Ende, ist der «
Weltentag»,
den jene errechnen wollten ‒
ewig zu gleicher Zeit jene «Welten-
Nacht»! ‒
.Ewige
EMANATION dieser Urfeuersonne, die dich zum leuchtenden
Stern gebar, setzt ewig sich äußerste Grenze ihres Wirkens in allen den
Weltsystemen, die uns als fernster, trübweißer Lichtnebel hier wie eine
Kugelform umschließen.
.Ewig entstehen dort
neue Weltsysteme in dem nach allen Seiten ge‐
schlossenen Ring der entstandenen, und
ewig werden Weltsysteme mit
unzählbaren Sonnen und ihren Planetenscharen wieder
aufgesogen im
unendlichen «Raum». ‒ ‒
.Keine Berechnung menschlicher Gehirne vermag
die Zeiten darzu‐
stellen, in denen auch nur
eines dieser Weltsysteme
entstehen mag, oder
vergeht!
.Niemals hat geistige Offenbarung sich so erniedrigt, um Menschen‐
geistern auf der Erde
ewig für sie Unfaßliches etwa enthüllen zu wollen. ‒
.Alles, was jemals dem Menschen vom Geiste der Ewigkeit zukam, war
seiner Fassungskraft weise entsprechend, war wirkungsträchtig auch in des
Erdenmenschen verdunkelter Region. ‒
*
.Es scheint dir seltsam, daß dir
Allerinnerstes im Ursein
erschlossen
wird, während das
Äußere dir
unfaßbar bleiben soll?
.Aber besinne dich auf dich selbst und vergiß nicht, daß du hier in
deiner
Urheimat bist, aus der du dich vor Aeonen selbst hinaus in
die Fremde drängtest, obwohl dir bewußt war, daß du dort draußen
nur in
Wirkungen dich bezeugen solltest und nicht in deiner ureigensten
Wesenheit! ‒ ‒
.Deine eigene Größe hat dich einst zu Fall gebracht! ‒ ‒ ‒ ‒
.Auch heute noch kannst du
aufs neue dem Falle erliegen und so deine
dauernde Rückkehr ins Licht um Aeonen aufs neue verzögern. Selbst
Seelen, die das gleiche Gelöbnis gegeben hatten, das als freigewählte
Bürde auch auf meinen Schultern liegt, sind schon solchem
neuen Falle
in die Finsternis erlegen, wenn sie ihrer eigenen Größe nicht gewachsen
waren. ‒
.Darum ward dir meine Leitung, auf daß du dich nicht
verleiten lassen
mögest...
.Hier im Innersten wird dir allein dein «Reich» erstehen, damit du
erneut ins Äußere zu wirken weißt!
.Hier wirkst du dann dereinst aus der gleichen Kraft, der alles Äußere
entstammt, aber im Äußeren würdest du nur abgeleitete Kräfte finden, die
dort dir zu mächtig sind, weil du dort nicht in deiner Lichtkraft dich offen‐
baren kannst. ‒ ‒ ‒
.Alles im unermeßlichen «Raum» ist nur an seinem, ihm vorbehaltenen
Ort seiner eigenen Macht und Kraftbezeugung gewiß, und in seiner Fülle
kann es sich an keinem anderen Orte entfalten...
.Das Urlicht selbst ist nur in sich selber mächtig, obwohl das ganze
unendliche All aus ihm entströmt! ‒
.Je weiter entfernt von dieser einen, alles gebärenden Urfeuersonne,
desto mehr verlieren die aus ihr entströmenden Kräfte die Ähnlichkeit
mit ihrem Sein, bis sie schließlich im Alleräußersten sich zum Gegen‐
Sein gestalten. ‒
.Nur hier im Innern dieser unermeßlichen Kugel sind wir noch in wahr‐
haft «göttlichem» Sein!
.Sobald wir wieder in jene Weltsysteme untertauchen, um den Erdball
dort zu erreichen, sind wir, dem Äußeren nach, diesem «göttlichen» Leben
entrückt, und nur im eigenen Innersten vermögen wir es uns zu erhalten...
.Wohl wird auch das Äußerste von göttlicher Geisteskraft durchdrungen,
allein: dort ist sie nicht in ihrer Macht, und nur die im Innersten erwacht
sind, können sie noch in sich finden. ‒ ‒
.Wenn dir trotzdem auf Erden die äußere Natur schon voll «göttlicher
Wunder» erschien, so bedenke, daß auch das Äußerste aus dem Innersten
stammt, und daß es trotz allem Gegen-Sein noch die äußersten Spuren
seines Ausgangs aus dem Urlicht zeigt!
.Dort im Äußeren aber werden dir die Hände gebunden sein, denn dort
sind die Kräfte des Gegen-Seins an ihrem Ort und so allein in ihrer
Macht. ‒ ‒
.Du mußt stets
vom Innersten deines Innern her diese hohe
Licht‐
region erreichen, wenn du dort,
im Äußeren, auch nur in geringen
Dingen jene Gegenkräfte meistern willst; doch niemals kannst du sie
restlos bezwingen.
.Fakire und machtbegierige Adepten der Magie haben es
anders ver‐
sucht, indem sie gewisse Formen jener Kräfte des
Gegen-Seins in
langem Mühen sich dienstbar machten, aber noch
keiner ist je auf Er‐
den gefunden worden, der nicht zuletzt mit all seinen Künsten elend
zerschellen mußte. ‒
.Die
göttlichen Magier aller Zeiten haben immer nur von
hier aus ge‐
wirkt, aus den Kräften
göttlichen Seins, die uns hier umgeben, und wenn
die Sage sie zu «Wundertätern» werden ließ, so hat sie doch gerade die
wirklichen «Wunder», die sie wirkten,
nicht erkannt, denn diese
echten
«Wunder»
sieht das Menschenauge nicht, und ihre
Wirkung, die es wahr‐
lich sieht, wird nie die wahre
Ursache enthüllen.
.Hier sind
die Zeichen aufzufinden, die jeder, dem die
göttliche Magie
zu eigen werden soll, gebrauchen können muß; aber niemals wurden diese
Zeichen von denen gefunden, die in ihrer Gier nach Macht nach dem
Rufe eines Wundertäters lechzten. ‒
.Hier an diesem heiligen Ort sollst du erfühlen lernen, was dir diese
Zeichen sagen wollen.
.Hier mußt du wahrhaft
heimisch werden, wenn dir deine
Heimat ihre
Schätze anvertrauen soll!
*
.«IN PRINCIPIO ERAT VERBUM...» ‒ Im Anfang war das Wort ‒
sagt dir ein heiliges Buch, und so mancher Sucher zermarterte schon sein
armes Hirn mit der unnützen Frage, warum hier dem «
Worte» solche
Bedeutung gegeben sei ‒ weshalb wohl der Weise den Ursprung alles
Werdens als das «Wort» bezeichne? ‒
.Aber aus tiefster «
Ein-
Sicht» heraus wurde einst diese Lehre in solcher
Form verkündet.
.Urewige
Emanation der Urfeuersonne ewiger Liebe spricht
sich selbst
in ewigem
Werde-Willen aus, wird
sich selbst zu rhythmisch geballter
Bewegung, wird zum
Ur-
Wort, das alles Werden aus
sich selbst hervor‐
spricht, geordnet nach innewohnendem Maß, nach innewohnender
Zahl!
.Das Wort der Sprache des Menschenmundes ist nur
fernster Ausklang
dieses «Wortes», das «
bei Gott» und das Gott
ist von Ewigkeit zu
Ewigkeit! ‒
.Der Weise spricht von einem «
Anfang», der
immer war und
ewig sein
wird!
.Hier taucht vor deinem geistigen Auge dieser «
Anfang» auf, und das
«
Wort» offenbart sich dir in Rhythmus und Farbe, in Form und Klang
als erster Ausdruck des ewigen Willens zur Gestaltung.
.Fühlend verweile und suche in dir selbst, in deinem
Allerinnersten,
dieses Urwortes tiefstes
Sein zu erleben, aus dem
alles wurde, was je
geworden ist, aus dem alles
werden wird, was je werden
kann! ‒ ‒ ‒
*
.Als
«LUX IN TENEBRIS...», ‒ als Licht in der Finsternis, spricht
sich selbst dieses Urwort aus in die unermeßlichen Tiefen des «Rau‐
mes» ‒ erste
Ur-
Form gestaltend aus
sich selbst, und in Schauern ei‐
genen Selbsterfassens baut es sich
hier schon seinen Altar der Anbe‐
tung...
.Urträchtig zeugende Gestaltung steht wie ein Priesterchor voll Ehr‐
furcht um diesen Altar, in erster Seinsgestaltung kristallisiert, noch starr
gebunden, und dennoch schon ein stummes Beten...
*
.Doch hier ist kein Verharren im Gewordenen möglich, und alsbald
siehst du, wie sich aus erster Form der Formenfülle ewige Zeugung
ausergießt, wie immer
neue Formung sich gestaltet, wogt und ineinander
sich verschlingt, bis aus der Fülle immer lichter sich das Kleinod hebt,
in dem das «
Wort» sich selbst in der von ihm gesprochenen Welt erkennt
und formhaft faßt. ‒ ‒
.Und wie es nun inmitten seiner Formung sieghaft leuchtet, erhebt sich
allzugleich der Jubelchor der ersten Schöpfung durch alle Geistes-Sphären.
.«TE DEUM LAUDAMUS...» ‒ Dich Gott loben wir ‒ erklingt der
Hymnus der Form durch die erstgeschaffene Welt des Geistes, und alle
Himmel sind erfüllt von hehrer Anbetung...
.Hier ist das «
Wort» in seiner Schöpfung «
Ich» geworden, und alle Geistes‐
form erkennt in ihm ihres Daseins Grund in jubelnder Verzückung. ‒
.Das Reich des
reinen Geistes ist erstanden, um in seinen Formen ewig
in sich selbst zu kreisen.
.Das Ur-Wort wirkt sich aus in seiner innersten Erfüllung!
*
.Noch aber ist sein schöpferischer Werde-Wille hier in diesem Licht‐
kreis nicht am Ende seines Wirkens. ‒
.Auch dieses Reich der innersten Erfüllung ist
schöpfungsträchtig ge‐
blieben und
zeugt weiter im ewigen unermeßlichen «Raum», ‒ zeugt
selbst sich seine
Grenzen und schafft die
Gegenwirkung ewigen «Raumes»,
ewiger Zeit. ‒
.Was im innersten Reiche des Geistes
Eines ist ‒ hier wird es nun zur
Zweiheit, und vor deinem geistigen Auge siehst du gleichsam eine kos‐
mische Werkstätte erstehen, in der die ungeborene Kraft des Geistes
formend baut, was
Vorbedingung jener Weltsysteme ist, die uns wie ferne
Nebel hier in diese lichte Kugel schließen: ‒ hier wird in schaffendem
Gestalten
RAUM UND ZEIT der äußeren Weltgefüge! ‒ ‒
.Dem
ewigen «Raume» nicht mehr gleich und dennoch seine Gesetze in
sich bergend...
.Nicht mehr der «Raum» des
Geistes, der seine Zeit
in sich beschließt,
wird dieser
neu geschaffene Raum die Zeit erst
aus sich selber bilden. ‒
Während du selbst
hier den ewigen «Raum»
durchdringst, wie du von
ihm durchdrungen
wirst, wird dir dieser
zeitgebärende Raum an allen
Orten
Grenzen setzen! ‒
.Während dein geistiges Auge hier in diesem
ewigen «Raum» in einer
Weise zu sehen vermag, als wäre es
selbst eine unermeßliche Kugel,
die alles in sich enthält und zugleich
von allen Seiten sieht, wirst du
dort nur
von innen nach außen sehen können und stets nur von
einem
Punkte aus wahrzunehmen vermögen. ‒
*
.Nun beginnt erst die
zweite Schöpfung, ‒ gleichsam der
Nachhall des
«
Wortes», das die erste aus sich gebar!
.Wie ein unermeßliches Meer dehnen sich die Wogen der äußersten
Finsternis ‒ doch: «der Geist Gottes schwebt über den Gewässern» und
sein schimmerndes Strahlenlicht voll Kraft und wirkender Gewalt senkt
in ewiger
URZEUGUNG Werde-Willen in das Meer der Finsternis.
.Magische Urzeichen werden zu Formen äußerer Welten, und bald wird
deinem geistigen Auge die Finsternis sich lösen.
*
.WELTENKEIME siehst du erstehen in einem Domgewölbe wirkender
Kräfte.
.Immer
erneut drängen sie ins Dasein, während das Meer der Finster‐
nis sich zu leuchtender Wolke wandelt.
*
.Schon siehst du aus diesen Keimen
WERDENDE WELTEN ins Da‐
sein treten! Urmächtige Formkräfte wirken ihr Werk, und kosmisches
Licht zieht wie Nebelschwaden durch den geschaffenen Raum. ‒
.Bald wird ihr Werden vollendet sein.
*
.Was du nun sehen wirst, ist
DIE GEBURT DES KOSMOS, der Aus‐
gang der gezeugten äußeren Welten aus dem Bereich der formenden kosmi‐
schen Kräfte...
.In der ewigen Weltennacht, in unendlicher Ferne von der Urfeuersonne
ewiger Liebe, die dich zum Stern gebar, sind Weltballgebilde erstanden in
unendlicher Zahl ‒ die äußerste Grenze, die sich das Wirken des Ur‐
Wortes selber setzt ‒ jene leuchtenden Weltennebel bildend, die uns
hier in unendlich weiter Wölbung von allen Seiten, oben und unten, um‐
fassen.
*
.Nun wird sich dein inneres Auge für
jenes Geschehen öffnen, das auf
einer dieser Welten, die nun ihr eigenes Leben leben, sich erfüllt!
.Erinnere dich, daß ich dir sagte, wie nichts in aller Gestaltung je ge‐
schah, noch geschehen kann, das nicht in diesem Lichtreiche innersten
Werdens in ursächlichen Gesichten schaubar ist! ‒
.Hier wirst du nun den Wegen folgen, die der gefallene
Geistmensch, ‒
«gefallen», da er sich seiner Urheimat entwand, um im Äußeren ihrer
Schöpfungsgrenzen sich zu erleben ‒ auf diesen äußeren Welten durchwan‐
dern muß, um sich einst der Torheit seiner Willensrichtung zu entwinden
und die Rückkehr ins Licht seiner ewigen Heimat
wollen zu können. ‒
*
.Zuerst findet er auf diesen Welten nur ein farbenprächtiges, starres,
enges
LABYRINTH, das ihm stetig den Ausgang in ein neues Licht ver‐
heißt, um ihn stets erneut zu betrügen. ‒
.Ermattet hält er schließlich inne, denn er muß sehen, daß seiner Geistes‐
form hier keine Freiheit werden kann.
*
.So erfüllt ihn nun der
DRANG ZUR GESTALTUNG, und er, der
einst über alle Begriffe
frei war, schließt sich nun dem Zuge der Millionen
Wesen an, die auf diesen Welten ihre äußere Formgestaltung ersehnen.
*
.Endlich im Tiere zur Form der äußern Welt gekommen, glaubt er ein
neues Zeichen seiner rechten Wahl zu sehen, doch er verfällt nur der
schaurig grauenerfüllten Sphäre des
ASTRALLICHTES, das jede dieser
äußeren Welten umgibt. ‒
.Täuschend ist dieses Licht, aber seine Kräfte lassen den nicht los, der
seine Region einmal betreten hat, und von Täuschung zu neuer Täuschung
tastend, verfällt er schließlich in
Schuld, um dann in irrer Torheit allem
Lichte Hohn zu sprechen. ‒ ‒
.Das Tier nimmt seine Geistigkeit nun völlig in Besitz, um in zügellosen
Orgien, aus
vertierter Geistigkeit ersonnen, ihm sein
SODOM zu be‐
reiten...
*
.Nun scheint ihm auch die letzte Hoffnung entschwunden, und in
grauenvoller Verfinsterung irrt er durch ein
INFERNO, eine Hölle, die er
sich selber geschaffen hat ‒ gepeinigt von Schrecken, die seiner Wahn‐
sinnstat wie Furien folgen.
.Hier scheint kein Entrinnen mehr möglich. ‒
.Alle Schauer des Entsetzens muß er verkosten, bis ihn Verzweiflung zu
Erinnerung an seine einstige Größe führt und er sich entsinnt, daß er
göttlichen Ursprungs ist. ‒
*
.Nun erst empfindet er zum erstenmal jenes sehnende Zurückverlangen,
das ihn einst wieder aufwärts führen soll, seiner Heimat zu, die jetzt noch
in unendlichen Fernen für ihn verschwunden scheint.
.Der erste Schritt zur Umkehr wird zaghaft und furchterfüllt getan...
.Eine bebende Ahnung möglicher Rettung erfüllt sein neues Sehnen.
*
.Nach schier endlosem, quälendem Suchen gewahrt er aber doch zuletzt
in aller Dunkelheit ein Leuchten, das er als seiner
Heimat Licht erkennt.
.Mit verdoppelter Kraft lenkt er seine im Dunkel tappenden Schritte
diesem Leuchten entgegen.
.Endlich kommt er ihm näher.
.Er erblickt nun ein verborgenes Heiligtum inmitten seines Inferno.
.Schon möchte er sich gerettet glauben, aber furchtbare Augen blicken
ihn gespenstig an ‒ entsetzliche Wächter halten hier drohende Wacht...
.Es bedarf seiner letzten Kraft, um hier nicht von tötender Furcht über‐
mannt zu werden.
.Unzählige Male macht er den Versuch, den hohen Stufen zu nahen, um
die Schwelle zu überschreiten.
.Stets wieder hält ihn seine Furcht vor den Hütern zurück.
.Doch endlich wird seine Ausdauer ihm belohnt.
.Aus der Höhe der Düsternis tönt ihm eine Stimme und erfüllt ihn mit
neuer Kraft.
.Er fühlt sich plötzlich wie an den Händen gehalten, und mit mutigem
Blick sieht er den drohenden Ungetümen ins Auge, um nun die Schwelle
sieghaft wie ein Held zu überschreiten.
.Nun ist er im
Innern des Mysterienheiligtums, und sogleich ist ihm, als
sei das «Tier» von ihm abgeglitten. ‒
.Als
geistiges Wesen fühlt er sich wieder, und aus der tiefsten Inbrunst
seines Fühlens entströmen seinen Lippen die Worte: «
DE PROFUN-
DIS...», aus der Tiefe erlöse o Herr meine Seele!
.Anbetend neigt er sich vor dem Gottesbild, das in der Tiefe des lichten
Raumes er erblickt.
.Erste Erlösung aus unerträglicher Qual erscheint ihm hier sein Gebet...
*
.Aber wie er endlich die Augen hebt, gewahrt er
hinter dem Gottesbild
eine neue strahlende Helle und fühlt sich von unsichtbarer Hand geleitet,
diesen Strahlenraum zu betreten.
.Unsicher wagt er Schritt um Schritt.
.Auch
hier ist noch drohendes Geschehen zu durchschreiten, aber die
Furcht hat ihn nun verlassen.
.Endlich teilen sich vor ihm unter Donnergetöse die letzten Hüllen, und
vor sich erblickt er hell leuchtend das Kleinod der
OFFENBARUNG...
.Längst entwöhnte Erinnerung wird ihm wieder, und er fühlt sich zurück‐
versetzt an jenen geistigen Ort, da einst auch
er seine jubelnde Stimme in
einem «
Te Deum» der Geisterchöre hörte.....
*
.So schreitet er trunken von innerer Freude dem Kleinod entgegen, das
sich vor seinen Augen zu einer
Sonne wandelt, vor der auch die letzten
Hüllen, vom Lichte besiegt, zur Seite weichen.
.Jetzt erst wird ihm völlige
ERLEUCHTUNG, und sein ganzes Sein er‐
strahlt in geistig reinem Licht. ‒
.So
selbst zu reinstem Leuchten vollendet, überblickt er nun seinen Weg,
und aus Urgrundtiefen sieht er die Formen gestaltender Kräfte am Werke
der Schöpfung einen hohen Tempelraum erbauen, in dem die Hüllen des
Allerheiligsten sich langsam vor seinem Auge öffnen und ihm nun in weit
strahlenderer Gestalt ein noch reicheres Kleinod zeigen, als jenes selbst
war, das ihm die
Offenbarung des Gottesbildes brachte.
.ERFÜLLUNG wird hier endlich seinem höchsten Sehnen...
*
.Nun aber verlangt ihn nach der äußeren
Erde zurück, denn nun weiß
er, daß er sich selbst in seiner Erdenform nur erlösen kann, wenn er den
Geist in sich zu
körperlichem Ausdruck bringt.
.Verkörperung des Geistes ist der «Schlüssel», wie er nunmehr fühlt, der
seine Erdenfessel dauernd lösen wird, so daß er als ein
Freier, als ein
Sohn
des Lichtes über den Erdball schreiten kann ‒ ein
Selbsterlöster und
Erlöser seiner Menschenbrüder ‒ ein Helfer jener, die auch ihm, obwohl
er es nicht ahnte, auf dem Erlösungsweg zur Seite standen.
*
.Erfüllt von solchem großem, reinem Willen findet er sich fast im gleichen
Augenblick auf hohen Bergeszinnen, ‒ und aus den Felsenschründen, aus
den Tälern, scheinen Lichtesgarben aufzusprießen.
.Was auch sein Auge sieht, erstrahlt in gold'nem Leuchten, und je‐
der Strahl verkündet ihm den
SIEG!
*
.Doch für den Sieger gibt es kein Verweilen, will er die Frucht des Sieges
bergen.
.Hoch über seinem Standort findet nun sein Blick ein weitaus
höher
ragendes Gebirge, ewig mit strahlenweißem Schnee bedeckt.
.Der Hort des
Ewigen auf dieser Erde hat seinem Geistesauge sich
gezeigt...
.Er fühlt: ‒ der ferne Gipfel dort im reinen Weiß vor golddurchglühtem
Himmel ‒ ‒ ist
«HIMAVAT», der Berg der Einzigen auf dieser Erde, die
das Urlicht selbst zu Priesterkönigen sich weihte!
.Dort ist das
Urbild jenes Tempels und seiner Hüterschar, dort ist die stete
Wirklichkeit, von der die Sage fromme Kunde geben wollte, die Menschen
einst in Formen, die sie
fassen konnten, sprach: vom «
heiligen Gral.» ‒ ‒
*
.Dorthin führt ihn nunmehr sein Weg.
.Wohl sieht er, daß auf diesem Wege noch manche Hinderung ihm
drohen wird, allein, er weiß, daß man ihn dort
erwartet, daß seiner dort
der
Führer harrt, der durch das Erdenleben ihn geleiten soll, und ihm nach
der vollbrachten Zeit die Pforte öffnen wird, damit er, so wie du, zu seiner
Heimat finde.
.Die klebrig grünen, vorgewälzten Massen
dumpfer Trägheit, denen er
zuerst begegnet, wollen seinen Fuß am Schreiten hindern, doch ihm genügt
ein Blick zum fernen Ziel, um sie zu überwinden!
.Der starre Felsenzackenzaun der
Zweifel baut sich siegessicher vor ihm
auf, um seinen Mut zu lähmen, doch keine Kraft der Erde hält ihn mehr
zurück, und wenn er auch aus tausend Wunden bluten müßte, wird er
doch auch dies allerletzte Hindernis besiegen!
.Nach langer, harter Beschwernis endlich am Ziele angelangt, wird er
gewiß nicht mehr an die Gefahren des durchmessenen Weges denken.
.Als
Finder seiner selbst wird man ihn empfangen und ihm den Goldreif
der Erkenntnis um die Stirne legen.
.Man wird ihn in heiliges, weißes Linnen kleiden, so daß kein Makel,
der ihn auf seinem Wege je befleckte, an ihm haften bleibt.
.So wird man ihn dem
Ewigen weihen und ihn die hohe
königliche Kunst
zu lehren wissen, die Kraft des reinen, wesenhaften Geistes durch die
Liebe erdenmenschhaft zu
verkörpern. ‒
.Was vorher dunkle
Tierheit war, wird dann in ihm
verwandelt werden,
und all sein Erdenhaftes wird nur
Ausdrucksform des Geistes sein. ‒
.Man wird ihn lehren, daß im ewigen Geiste nur der
Tapfere seines
geistigen Reiches Krone dauernd behaupten kann, und daß nur
Feigheit
oder angsterfüllte
Torheit der Außenwelt der Erdensinne
entfliehen möchte,
in die sich eigener Wille einst verhaftet hat...
*
.Doch ‒ ‒ ich greife bereits einer Lehre voraus, die
du, der im Geiste
zum
Stern der Ewigkeit Geborene nunmehr von mir erhalten sollst!
.Alles, was du bisher geschaut hast mit geöffnetem inneren Auge, war
ja nichts anderes als dein
eigener Weg, vom Ausgang deines ewigen Seins
bis zu der Rückkehr, die dich nun zum
Stern gewandelt vor mir sieht. ‒
.Du wirst hinfort gar oft in diesem innersten geistigen Reich der wesen‐
haften Schauung, mit mir vereint, als deinem dir verbundenen Führer,
dieses Reiches Wunder an dir vorüberziehen lassen, und es werden stets
andere Gesichte sein, die dir der Urgrund alles Werdens offenbart.
.Wisse aber, daß diese «Gesichte» stets nur
wesenhaftes Wirken zeigen,
daß diese «Bilder» wahrhafte
Urbilder allen Geschehens sind, davon du
auf Erden, in jener äußersten Region der Grenzen des Seins, nur immer
das
Abbild siehst. ‒ ‒ ‒
*
.Wir kehren nun zurück zur Erde, die dein sieghaftes
Leuchten braucht.
.Lasse nicht Trauer dein inneres Licht verhüllen, ‒ gewähre dem Schmerz
keine Stätte in dir, wenn du jetzt das Reich des Lichtes mit mir verlassen
wirst, und dann, zurückgekehrt zur Erde, die trübe Geistesnacht gewahrst,
die dort dich umfängt!
.Wer wie
du zurückkehrt in sein Erdendasein, hat keine Nacht mehr zu
fürchten, denn er trägt
in sich selbst sein Licht ‒
das Licht der Ewigkeit! ‒
.All deine Sorge sei es hinfür: mit dem dir eigenen Lichte alles zu
ver‐
klären, was dir nahekommt, und als Stern aus der Urfeuersonne ewiger
Liebe allen, die noch im Dunkel sind, zu
leuchten.
.Begehre nichts mehr
für dich selbst und du wirst alles, was du brauchst
durch deines eigenen Lichtes Kraft besitzen! ‒ ‒
.Du kannst keinen Strahl deines Lichtes auf andere Herzen ergießen,
der dir nicht tausendfach Herzen
gewinnen würde!
.Du wirst dich nicht etwa
mühen müssen, zu
leuchten; ‒ du wirst dich
nur mühen müssen, das Licht der Ewigkeit, das aus dir strahlen will,
niemals durch äußeres erdenhaftes Tun für andere zu
verdunkeln! ‒ ‒
.Wenn du nur
selbst deinem Lichte dich
vertraust, wird auch dein Erden‐
körper so durchleuchtet sein, daß er
keinen Schatten mehr auf andere
wirft, die deines Lichtes in der Erdennacht
bedürfen! ‒
*
.Mich aber wirst du allzeit finden, wenn du meiner bedarfst, und sollten
unsere Erdenkörper auch weite Meere trennen.
.Nicht in meinem
äußeren Erdenkleide sollst du mich suchen, denn nie‐
mals könnte ich im
Äußeren mich dir so vereinen, wie wir im Allerinnersten
nunmehr vereinigt sind. ‒
.Ins
Allerinnerste deines Fühlens mußt
du selbst dich begeben, wenn ich
dir wieder vernehmbar werden soll, und
nur im Allerinnersten wirst du
auch stets wieder dieses
Reich des wesenhaften Lichtes schauen! ‒ ‒
.Du Liebender, der du in diesem Buche
Licht und
Erleuchtung finden
willst, ‒ wisse, daß Licht und Erleuchtung noch keinem durch
Lesen und
Denken kam! ‒
.Die Lehre, die ich dir zu geben habe, ist
Leben,
Weg und
Wahrheit, aber
du kannst sie nur empfangen, wenn du sie
in dir selbst zu Leben, Weg
und Wahrheit werden läßt.
.Um dir zu zeigen, was deiner wartet, wenn du also tun willst, bin ich
mit Vorbedacht deinem
heutigen Zustand
vorausgeeilt und versuchte, in
dir schon heute und im voraus Empfindungen zu erwecken, die dir erst
wahrhaft und
wirklich werden können, wenn du den Weg beschreiten und
tapfer durchmessen willst, den ich in meinen Schriften von allen Seiten
her zu beleuchten versuche, so daß er schwerlich zu verfehlen ist ‒ den
ich hier nur andeuten kann und der in seiner Art
durchlebt sein muß, um
die seelische Reife zu erreichen, die hier in diesem Buche, am Beginn der
«
Führung», bereits
vorausgesetzt wurde. ‒
.Ich glaube aber aus guten Gründen dennoch sagen zu dürfen, daß auf
dem Wege zum Geiste jede enge Fesselung vom Übel ist, und sei es auch
nur die Bindung durch das Leitseil des Führers.
.Jeder Menschengeist auf dieser Erde trägt seine
eigenen Auswirkungs‐
möglichkeiten
in sich selbst, und jeder wird seinen Weg auf
seine
Weise ‒ selbst an der Hand des Führers ‒ am
sichersten zu gehen
vermögen.
.So soll denn auch keineswegs hier etwa der Irrtum Spielraum finden,
als müßtest du vorher meine übrigen Lehren kennen, bevor dir dieses
Buch zum Antrieb werden könne, in deinem Innersten nach dem Weg
zur ewigen Freiheit zu suchen.
.Es gibt Naturen, die erst dann einen Weg betreten, wenn sie vor‐
her genau auf der Landkarte dieses Weges kleinste Biegung, jede sei‐
ner Höhen und Senkungen sich vergegenwärtigt haben ‒ und es gibt
wieder andere Naturen, die nur das
Ziel ins Auge zu fassen brauchen,
und unbekümmert um die Art des Weges, spontan sich zur Wanderung
entschließen.
.So mögen dem einen die obenerwähnten Schriften gleichsam als «Land‐
karte» dienen, während sie dem andern erst später Begleiter auf seinem
Wege werden.
.Die Art des mir übertragenen Wirkens in diesen Tagen verlangt jedoch,
daß alles, was ich mit den mir eigenen Ausdrucksmitteln zu geben habe,
in sich eine
Einheit bilde, und so ist denn auch dieses Buch hier nicht von
dem zu trennen, was ich bereits vorher gab, und was ich noch fürderhin
auszusprechen haben werde.
*
.Den Weg zum Geiste hat das Geröll des Denkens so vielfach ver‐
schüttet, daß er oft den ehrlichsten und mutigsten Suchern nicht mehr
auffindbar erscheint; ‒ ja es sind nicht wenige heute der Meinung, alles,
was jemals in der Menschheitsgeschichte davon verlautete, sei nur be‐
dauernswerter Wahn. ‒
.Wie am Fuße hoher Berge der Alpenwelt den fremden Wanderer eine
Schar von Führern umringt, die alle ihn zum Gipfel zu bringen ver‐
sprechen, so wird in unserer Zeit der Suchende, der den Weg zum Geiste
beschreiten will, von allen Seiten angerufen, und jeder der Rufer ver‐
spricht ihm hoch und heilig, ihn ans Ziel zu bringen.
.Allzu viele vertrauen sich einer Führung an, die
selbst des Weges
nicht
kundig ist, aber noch
keinen fand ich, der so das Ziel erreichte. ‒
.Kein Wunder, wenn dann der Weg zum Geiste als unauffindbar gilt,
ja wenn die wenigen, die ihn unter sicherer Leitung fanden, gar oft be‐
lächelt werden, als seien sie einem frommen Trug erlegen! ‒
*
.Es tut bitter not, der heutigen Welt zu zeigen, daß es dennoch einen
wirklichen Weg zum Geiste
gibt, und daß der Wanderer auf diesem Wege
gar wohl sein Ziel erreichen kann.
.Ein wenig
Urteilsvermögen muß allerdings dem Wanderer zu eigen sein,
und er darf auf diesen, doch immerhin auch
gefahrumdrohten Weg, sich
nur dann begeben, wenn er der dargebotenen Führung jene
Zustimmung
des Herzens zu geben vermag, die in jedem Menschengeiste erwacht, wenn
er berufener Führung begegnet ‒ es sei denn, er habe längst sich ent‐
wöhnt, auf diese innere Bestätigung zu hören. ‒
*
.Nicht wenige scheuen auch vor dem Betreten des Weges zurück, weil
seit Jahrtausenden der Albdruck düsterer Lehren auf der Menschheit
lastet, die ihr den Weg
zum Geiste als einen Weg der
Weltentsagung und
des
Leidenwollens erscheinen lassen.
.Furchtbares Unheil, Wahn und Verbrechen am Heiligsten haben diese
Lehren über die Menschheit gebracht, und noch immer ist ihres Wütens
kein Ende...
.Das
Edle und
Gute, in dessen Namen man solcher Unheilsaat auf Erden
Wachstum schuf, wurde wahrlich
allzuteuer von der Menschheit bezahlt! ‒
.Wohl war man guten Glaubens, wenn man
den Weg zum Geiste nur um
den Preis der «
Weltverneinung» gangbar wähnte ‒ und man ist es noch
jetzt...
.Aber wie sehr man auch immer die vermeintliche Notwendigkeit be‐
tonte, der Welt zu
entfliehen, um in den Geist zu gelangen, so sah man sich
in allen diesen Lehren doch gar bald genötigt, dem
Leben ‒ das
Ausfluß des
Geistes ist ‒ und wahrlich
siegreicher sich zeigt als jede Glaubenslehre, ‒
mit Weh und Ach auf weite Strecken hin das Feld zu räumen. ‒ ‒
*
.Man glaube auch nicht, daß solche Lehren wirklich nur die reine,
unverfälschte Weisheit großer Menschheitslehrer überliefern!
.Der einzige, den man hier nennen dürfte, war jener indische Fürsten‐
sohn, der nicht anders seine dekadente Umwelt heilen zu können glaubte,
als durch die Predigt von dem Leid der Welt, dem nur Erlösung werden
könne durch
Verzicht.
.Aber selbst dieses
einen Lehre läßt aus gewichtigen Gründen noch die
Frage offen, ob sie nicht erst als Beute eines Mönchtums, das durch sie
den Ruf der «Heiligkeit» erlangte,
die Form gewann, in der sie überliefert
wird? ‒
.Wo immer aber in
anderen Lehren der Pestbazillus quietistischer Tat‐
entmannung und träumender Weltflucht gezüchtet wurde, dort darf man
sicher sein, nur einem
irrigen Verstehen weiser Lehren zu begegnen.
*
.Im zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung ertönt schon die Klage,
daß die Berichte, die Leben und Lehre des hohen
Meisters aus Nazareth
beschreiben, kaum mehr als
authentisch anzusehen seien!
.Und was hat
spätere Zeit in aller Einfalt hier noch
dazugetan und
weg‐
genommen! ‒
.Trotz allem aber ist bis auf den heutigen Tag doch immerhin noch
einiges geblieben, das wahrlich
alles andere zeigt als einen Lehrer, der die
Weltflucht preist. ‒
.Es ist vergeblich Mühen, sich hier auf «das Wort der Schrift» zu stützen ‒
der
gleichen «Schrift», die den Meister klagen läßt, daß man ihn «Fresser
und Weinsäufer» nenne, weil er mit denen, die ihn luden, aß und trank ‒
der
gleichen «Schrift», die als sein erstes «Wunder» zu berichten weiß, daß
er bei einer Hochzeit, als die Gäste nach des Speisemeisters Urteil schon
«genug getrunken» hatten, Wasser in
Wein verwandelt habe. ‒ ‒
.Wer Augen hat zu lesen, und nicht den
Kampf der Weltfluchtswahn‐
erfüllten mit des Meisters
wahrer Lehre sieht, der sich auf jeder Seite der
Berichte, die auf uns gekommen sind, ereignet hat, bevor
der Text ent‐
stand, den
wir nun kennen, ‒ dem mag wohl kaum zu helfen sein!
*
.Es ist eine diabolische
Verwirrung menschlichen Empfindens, die seit
Jahrtausenden von einem üblen Ausgangsherde aus sich über weite Länder
und Geschlechterfolgen hin verbreitet und den Menschen in den Wahn
verstrickt, als sei der Weg zum Geiste quasi zu
erhandeln, als heische einer
da
Tribut an erdenfestem
Leben und lasse keinen diesen Weg betreten, der
nicht willens ist, dem Leben zu entsagen.
*
.Aber solange Menschengeister, die durch eigenen Willens Wahl dereinst
ihr «Paradies» verließen, hier auf dieser Erde sich dem Menschentiere
einen müssen, um den Weg zurück zum Geiste nun zu finden, wird ihnen
stets der hohe Auftrag werden:... «
Beherrschet die Erde und machet sie
euch untertan!» ‒ denn nur als
Herren und
Beherrscher ihres Erdendaseins
können sie in wacher Tat
die Kräfte stählen, die vonnöten sind, wenn sie
den Weg zum Geiste an des Führers Hand beschreiten wollen. ‒ ‒ ‒
.Wer das Leben der Erde
flieht, statt es beherrschen zu lernen, der hat
«die Welt» wahrhaftig
nicht überwunden!!
*
.Es heißt den Freuden, die uns das Dasein im Erdentiereskörper ermög‐
licht, eine lächerliche
Überwertung geben, schätzt du sie so
hoch, daß
sie als «
Preis» für deine
geistige Erleuchtung gelten könnten. ‒
.Du machst auf solche Weise aus deinem
Gotte einen «Wilden», der sich
sein gutes Gold um ‒ Glasperlen abhandeln läßt! ‒ ‒
.Gewiß ist
Beherrschung der Erde auch: Beherrschung ihrer
Freuden;
aber niemals ist Beherrschung: ‒
Verzicht!
*
.Wie einer, dessen ganzes Sinnen von einem großen Werke derart erfüllt
ist, daß er inmitten einer lärmenden Menge dennoch nur die Stimme seines
Innern hört, so sollst du den Lärm der Erdentierestriebe in dir nicht etwa
«
niederschreien» wollen, sondern
dich selber sollst du auch inmitten ihres
Lärmens
allein nur hören!
.Es sind tiefe Kräfte in deinen erdenhaften Trieben verborgen, und du
gewahrst sie oft genug, wenn du ihnen, häufiger, als du möchtest, erliegst!
.Aber diese Triebe verlangen dich als
Herrn, und wenn du nicht
Herr
zu sein
vermagst, und statt dessen deine Triebe
tötest, erschlägst du dir
nur deine besten
Diener...
.Du
beherrschst deine Triebe
nur dann, wenn du jederzeit mit wachem
Willen dich ihnen
anvertrauen kannst, ohne befürchten zu müssen, daß sie
dich
weiter treiben könnten, als du getrieben werden
willst! ‒
.Hast du
das erreicht, dann hast du die
höchste Spannkraft gewonnen, die
dir dein
irdisches Leben für deines
Geistes Entfaltung zu geben vermag...
.Du kannst nur in dein wesenhaftes, ewiges
Geistes-Sein zurück gelangen,
wenn du
hier stets alle die Wirkungskräfte zu benutzen weißt, über die du,
nun einmal dem tierischen Körper verbunden, in
dieser Daseinsart verfügst!
.Alles andere ist nur ein
Erträumen, dem nichts wahrhaft
Wirkliches
entspricht!
*
.Viele haben sich so eine «innere Welt»
erträumt, die oft alle Schönheit
eines echten
Dichterwerkes zeigte, aber auch keineswegs eine andere
Wahr‐
heit in sich barg, als jene, die einer
Dichtung eigen ist. ‒ ‒ ‒
.Andere wieder suchten in der
Ekstase sich ihrem Ewigen zu nähern
und glaubten auch, es so gefunden zu haben.
.Sie ahnten nicht, daß sie nur einem
Trugspiel geheimer Körperkräfte
erlegen waren, die sie durch ihr irriges Streben
selbst erregt und ent‐
bunden hatten, ohne ihrer
Herr zu sein. ‒
*
.Wenn ich dir raten darf, als einer, der von einer Sache redet, die er bis
in ihre letzten Tiefen kennt, ‒ dann gehe allen Lehren aus dem Wege, die
nur auf mystisches
Erträumen und vermeintliches
Hellseher-«Wissen» sich
berufen; ‒ vermeide aber
noch mehr alle Lehren, die dich zur
Ekstase, zur
Preisgabe deines vollen
Wachbewußtseins ver-führen wollen!
.Der Geist der Ewigkeit, aus dem dein innerstes Sein entstammt und in
dem es wieder seine Heimat finden will, ist das
Allerwirklichste alles dessen,
was man «wirklich» nennen kann! ‒
.Er gibt sich niemals Träumern und Phantasten kund! ‒
.Du mußt ihn in dir suchen mit der gleichen
Wachheit, mit der gleichen
Inbrunst, die selbst schon jeden Forschenden erfüllt, der in der
äußeren
Natur erahnte Kräfte zu entdecken sucht!
.Suche aber nicht etwa
weit von dir!
.Es gilt ja, dein
Allerinnerstes zu entdecken. ‒
.Die meisten, die behaupten,
vergeblich gesucht zu haben, schweiften in
die
Weite, glaubten ein völlig
Fremdes finden zu müssen und verbargen
so
selbst ihrem Blick, was ihnen am allernächsten, am
allereigensten war
und ist. ‒
.Nur
in dir selbst, im
Innersten deines
Innern beginnt der Weg, der dich
in deine ewige
Heimat führt!
.Gewiß wirst du, wenn du ihn finden willst, an jedem Tage eine kleine
Zeit der
inneren Versenkung weihen müssen, allein, du darfst nicht ver‐
gessen, daß diese Versenkung dir
nur dann von Nutzen ist, wenn sie dein
übriges Tagewerk
beflügelt, statt es zu erlahmen!
.Wer nicht bei seinem Suchen nach der innersten Wirklichkeit
von
Tag zu Tag die Kräfte zu äußerem Tun und Wirken in sich wachsen
fühlt, der ist auf
falschen Bahnen...
*
.Der Weg zum wesenhaften Geiste ist im Grunde so
einfach, daß du gut
tun wirst,
dich selbst, in deinem ganzen Denken und Empfinden, zu «
ver‐
einfachen»!
.Dies ist der Sinn der Worte des hohen Meisters, wenn er lehrte: «
So ihr
nicht werdet wie die Kindlein, wird euch das Reich der Himmel sich nicht
erschließen.» ‒
.Die meisten Gehirne sind
zu kompliziert geworden, als daß sie noch
fähig wären, ohne bewußte Umstellung zu einfachstem Reagieren das
Mysterium des Menschen zu erfassen.
.Vielfältig sind zwar die
Mittel, die du anwenden kannst, um dich
wieder zu
geistigem Leben zu
erwecken, aber am
Ziel deiner Mühen
wirst du dich immer nur wundern müssen, weshalb du nicht
früher er‐
kanntest, was dir
dann als das
Allereinfachste und
von selbst Verständlichste
erscheint. ‒
.Du bist auch
jetzt nicht getrennt vom geistigen
Leben, doch es
schläft
noch jene einfache
Erkenntniskraft in dir, die es dir
enthüllen könnte, und
durch deinen irrigen Glauben, die geistige Wirklichkeit sei durch dein
Denken zu erreichen, versäumst du es,
diese einzige Kraft in dir zu
er‐
wecken, die dir auf alle deine Fragen
Antwort geben würde, wäre sie in
dir
erwacht...
*
.Was ich dir hier in diesem Buche gebe, sind
Mittel, diese Kraft in dir
zu
wecken.
.Es ist nötig, dein inneres Empfinden «wie eine Harfe
zu stimmen»,
damit der reine
Grundakkord in dir ertönen kann, der diese Kraft allein
dem Schlafe zu entreißen vermag.
.Auch wenn sie zuerst nur
zaghaft und
leise sich in dir zu äußern wagt,
so wirst du sie doch
niemals mehr verlieren können, wenn sie einmal dir
zum
Bewußtsein sprach.
.Glaube aber nicht, daß du ihr Erwachen
erzwingen könntest!
.Du kannst nur immer erneut an jedem Tage die
Vorbedingungen
schaffen und mußt in Geduld verharren, bis sie früher oder später,
spontan
in dir zum
Erwachen kommt.
.Wichtigste Vorbedingung ist eine Einstellung deines ganzen Sinnens
und Trachtens auf
äußerste Einfachheit des Empfindens hin. ‒
.«Selig sind die
Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich!»
.‒ Du schleppst noch immer einen ungeheuren Ballast an Gedanken‐
Reichtum mit dir herum, der dir nur
die freie,
leichte Haltung raubt, die
du wahren mußt, willst du das «Reich der Himmel»
in dir selber finden!
.Nur in
diesem Sinne sollst du «
dir selbst entfliehen», sollst du «
dich selbst
verlieren», um dich in wacher
Wirklichkeit finden zu können, denn deine
Gedanken wurden dir längst ein Ersatz
deiner selbst, und
du weißt noch
nicht, daß
du selbst wahrlich
etwas anderes bist als dein
Denken, das dich
in seinem Reichtum erstickt. ‒
.Doch
du sollst
Herr sein auch deines
Denkens, während du heute noch
sein machtloser
Sklave bist!
.Was ich schon vordem von den
Trieben sagte, das muß ich auch hier
in bezug auf deine
Gedanken wiederholen:
.Herr sein heißt nicht, auf die
Dienste seines Dieners
verzichten!
.Aber deine
Diener dürfen niemals deine
Herren werden. ‒
* *
*
.Erfülle dich selbst mit einer ruhigen
Zuversicht, denn wer ein Ziel
erreichen will, der muß vor allem
an sich selbst, und seine
Kraft, es zu
erreichen,
glauben! ‒
.Beginne nicht damit, dir tausend
Fragen zu stellen,
auf die dir erst
Antwort werden kann, wenn du die Lehre
lebst, die ich dir gebe!
.Hier wird
praktisches Handeln von dir verlangt, und das
Resultat dieses
Handelns ist ein neues
Sein, nicht ein anderes
Meinen und
Glauben!
.Lasse ruhig auf sich beruhen, was du bis heute glauben oder meinen
mochtest!
.Wenn du in
Tat und
Leben umsetzest, was ich dir gebe, dann wirst
du
selbst dir einst sagen können, was bis heute deines Glaubens
Wahrheit
und was
Täuschung war.
.Fragen, auf die du
dir selbst nicht Antwort geben kannst, haben
auch
dann ihre letzte Beantwortung nicht gefunden, wenn du von
anderer Seite
eine Antwort
hörst...
.In
dir selbst muß dein ganzes Sein und Denken seine tiefste Begründung
finden. ‒
*
.Erhalte dir in jeder Lebenslage eine
heitere Ruhe, und wenn du dies
noch nicht vermagst, so
erziehe dich selbst dazu!
.Du wirst mir sagen, dein Tagewerk bringe täglich Begebenheiten, die
auch der Weiseste nicht mit Ruhe und Heiterkeit aufnehmen könne.
.Ich will dir gerne glauben, daß es dir
heute noch so
erscheint.
.Du wirst aber
anders urteilen lernen, wenn du
dich selbst zu wandeln
verstehst. ‒ ‒
.Die Dinge und Ereignisse dieses Erdenlebens sind für uns nur immer
das, was wir daraus für unsre Vorstellung
machen. ‒
.Ich erwarte von dir gewiß nicht, daß dich ein leidvolles, schweres
Schicksal zur «Heiterkeit» frei erhalten solle.
.Die
großen Dinge des Lebens aber rauben dir fast
niemals deine Ruhe;
ja man darf sagen, daß schweres Erdulden schon gar manchem half, die
Ruhe zu
gewinnen, die ich dir empfehle.
.Es sind immer die
kleinen Alltagswichtigkeiten, die dich um deine Ruhe
bringen; ‒ Dinge und Begebenheiten, die dir schon nach kurzer Zeit sehr
unbedeutend werden.
.Du sollst der Welt
nicht entfliehen, und so wirst du bestrebt sein müssen,
in dir selbst einen Seelenzustand zu erhalten, der dich befähigt, die Dinge
des Alltags
gelassen hinzunehmen.
.Du kannst in dem
Äußeren dieses Daseins gar vieles nicht ändern, auch
wenn deine Änderung allen zum Heile würde.
.Nur
in dir selbst hast du
fast unumschränkte Macht, und immer mehr
wird sich dir deine Macht erweisen, je mehr du sie in dir
gebrauchen
lernst. ‒
.So töricht war noch nie ein Fürst, daß er in
fremden Ländern den Ge‐
horsam hätte finden wollen, den er im
eigenen Lande nur erwarten durfte.
.So sollst auch
du hinfür nicht mehr von
außen her erwarten, was du nur
in
dir selbst, in deinem
Innenreich, nach Wunsch und Willen ordnen kannst.
.Wohl werden immer äußere Begebenheiten dich beim Zusammenprall
für den ersten Augenblick
erregen können,
allein, der
zweite Augenblick
soll dich schon wieder
in deiner Macht erblicken, zur
Ruhe alle Kräfte in
dir
zwingend, wenn sie noch nicht auf den ersten Ruf gehorchen wollen.
.Du wirst dir viel
Leid auf solche Weise
ersparen und dir erst
selbst
dadurch zur
Freude werden! ‒
*
.Daß du
dir selbst in vollem Maße zur
Freude werden mögest, dazu gebe
ich dir alle Lehre!
.Ich will den «
Künstler» in dir wecken; der aus dir ein
ewiges Götterbild
gestalten kann. ‒
.Du selbst bist hier der «
Künstler» und
zugleich das
Werk!
.Allzulange schon säumte der «Künstler» in dir an deiner
Gestaltung ‒
ja du hast längst vergessen, daß
du selbst es bist, der dir allein deine ewige
Form verleihen kann.
.Immer hast du die Zufallsformung, die dir
von außen her gegeben ward,
als unentrinnbare
Notwendigkeit betrachtet.
.Ich will dich
frei von solchem Glauben sehen!
.Was dir von außen her an Sternengunst und Ungunst zufiel, ist
nicht
ein «
Fatum», dem du nicht entrinnen kannst ‒ soll dich vielmehr zur
höchsten Anspannung bewegen, um Gunst wie Ungunst
deinem hohen Ziel
zu beugen! ‒
.Der «Künstler» in dir benutzt sein Formungsmaterial, wie er es eben
findet, und darin erweist sich seine Kunst, daß er sowohl
Vorzug wie auch
Mängel seines Materials in bester Art
dem Werke dienstbar macht. ‒
.Du mußt nur
selbst den «
Künstler» dieses Werkes
in dir fühlen lernen,
auch wenn du bisher glaubtest, eher ein trockener
Rechner des Lebens
sein zu müssen, um ihm zu entsprechen!
*
.Du hast Unendliches zu
gewinnen, wenn du meinen Ratschlägen folgen
willst, und du kannst dir dabei mit Sicherheit sagen, daß du
keinesfalls
irgend etwas
verlieren wirst.
.Benütze dieses Buch
in der Weise,
wie es benützt sein will, und es wird
dir vieles nützen können!
.Nicht von flüchtigem
Lesen wirst du dir Nutzen versprechen dürfen,
sondern
erst dann, wenn dein «Lesen» dir zum
Erleben wird! ‒ ‒
.Dann aber, glaube ich, wird dir dies Buch zum
Freunde werden, zu
einem Freunde, den du nie mehr wirst missen wollen und der dir dein
eigenes Haus zum
Tempel weihen wird...
*
.Je mehr du lernen wirst, die
Gesichte, die ich dir hier zeige, an der Hand
meiner Führung innerlich zu
erfühlen, desto mehr wirst du auch meiner
Worte letzten Sinn erfassen, so wie dich umgekehrt die
Worte leiten
wollen, diese
Bilder nacherlebend deiner Seele anzueignen.
.Möge dir beides zum Segen werden!
.Möchtest du selbst dich fähig machen,
jenem Zuruf zu entsprechen,
den einst
die Priester eines alten Weihetempels über seinen Eingang meißeln ließen:
«ERKENNE DICH SELBST!»
*
ENDE