MEHR LICHT
NOCHMALS DURCHGESEHENE,
TEILWEISE VERÄNDERTE AUTHENTISCHE
LETZTAUSGABE
KOBER'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG AG
BERN
3.Auflage
Unveränderter Nachdruck
der 1936 erschienenen Letztausgabe
© 1968 Kober'sche Verlagsbuchhandlung AG, Bern
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die der Übersetzung
in fremde Sprachen und der Verbreitung in Rundfunk und
Fernsehen
Druck: Schüler AG, Biel (Schweiz)
UM DEN BEDINGUNGEN DES URHEBERRECHTES
ZU ENTSPRECHEN, SEI HIER VERMERKT, DASS
ICH IM BÜRGERLICHEN LEBEN DEN NAMEN
JOSEPH ANTON SCHNEIDERFRANKEN FÜHRE,
IN MEINEM EWIGEN SEIN HINGEGEN IMMER DER
WAR UND BLEIBE, DER DIESE BÜCHER ZEICHNET
BÔ YIN RÂ
Dieses Buch ist aus einer Sammlung ehe‐
dem schon einzeln veröffentlichter Ab‐
handlungen hervorgegangen, die in erster
Form verbunden, bereits im Jahre 1921
herausgekommen war. Einzelne, den Sinn
schärfer bestimmende Veränderungen wur‐
den durch den Neudruck endgültig er‐
möglicht.
.Mittlerweile habe ich mit dem Buche
„Hortus conclusus” mein geistiges Lehr‐
werk abgeschlossen, wobei ich auch dem
Ganzen die symbolische Bezeichnung über‐
ließ, die Name seines letzten Bandes wur‐
de. Was ich in den zweiunddreißig orga‐
nisch vereinten Lehrgaben dieses Ganzen
hinterlasse, ‒ und somit auch das hier vor‐
liegende Buch, ‒ würde aber eine sehr
unzulängliche Betrachtungsweise erfahren,
wollte man es ausschließlich als „schrift‐
stellerische Produktion” auffassen. Wenn
auch das ganze Lehrwerk nicht vorhanden
wäre, hätte ich ihm nicht seine sprach‐
liche Formung geschaffen, so ist doch sein
Inhalt mit mir selbst: ‒ mit meinem blei‐
benden Sein aus dem ich lebe, ‒ identisch,
und nicht nur „Hervorbringung”, nicht
Werk irdischen Gestaltungsdranges! Bis
zu meinen Tagen sind unter allen Völkern
der Erde noch keine zehn Erdenmenschen
im zeitlichen Dasein gewesen, die sprach‐
liche Identität ihres eigenen ewigen Seins
mit irdischem Empfindungsgute herzustel‐
len vermochten. Wer es konnte, der durfte
freilich jederzeit mit allem Rechte sagen:
„Himmel und Erde werden vergehen,
aber meine WORTE werden nicht ver‐
gehen!” ‒ Auch was in den „Vor-” und
„Nachworten” meiner Lehrtexte zu fin‐
den ist, gehört noch zumeist zu diesen
„Worten” und darf nicht von dem, was es
umschließt, gesondert werden!
Wie man Edelsteine, die längst ihre end‐
gültige Gestalt erhalten zu haben schie‐
nen, zuweilen neu schleifen läßt, damit
sie mehr Licht widerzustrahlen vermö‐
gen, so ist der Inhalt dieses vorliegenden
Buches aufs neue „geschliffen” worden,
und Keiner, der die vormalige Gestaltung
kannte, wird heute daran zweifeln kön‐
nen, daß die neue Schleifung das vorhan‐
dene kristallene Material zu der ihm wahr‐
haftig entsprechenden, erhöhten Geltung
gebracht hat. Ich kann das Buch nur in
dieser ihm neu zuteil gewordenen Ge‐
staltung innerhalb meines nun abge‐
schlossenen Lehrwerkes gelten lassen. Das
betrifft insbesondere auch jene Kapitel,
die um der allseitigen Klärung willen,
neue Bezeichnungen erhalten mußten.
.Viele meiner Worte waren in Vorspann‐
dienste genommen worden, wo sie keines‐
falls angeschirrt werden wollten, so daß
es mir zur Pflicht wurde, sie hinfort vor
jeder Verkennung und irrigen Verwen‐
dung zu schützen, obwohl solcher Schutz
‒ weiß der Himmel ‒ unnötig sein sollte,
da ich niemals den geringsten Zweifel
daran aufkommen ließ, daß ich keinerlei
menschlicher Institution diene und gei‐
stig von keiner menschlichen Ideologie
abhängig bin. Es handelte sich in jedem
einzelnen der zweiunddreißig Abschnitte
meines geistigen Lehrwerkes ewigkeitsbe‐
stimmt darum, mir selbst einen Sprach‐
körper zu gestalten, in dem ich anderen
aufnehmbar werden könne. Mag auch
mein geistiges Leben im Laufe kommen‐
der Jahrhunderte Unzähligen auf geistige
Weise zu ihrem Eigenbesitz werden, so
wird es doch jedem Einzelnen jeweils un‐
geteilt gehören: ‒ substantiell einver‐
schmolzen seiner eigenen ewigen geisti‐
gen Substanz.
Es gibt Zeiten der Menschheitsgeschichte,
in denen der Mensch der Erde sich gänz‐
lich von seiner geistigen Urheimat ver‐
lassen fühlt, ja diese Urheimat auch nur
noch ahnend zu erglauben nicht mehr
fähig ist.
.Hinwiederum aber gibt es andere Zei‐
ten, in denen viele Sucher aus aller Mensch‐
heit sich wieder hin zum
Geistigen wen‐
den, dunkel fühlend, daß auch
der Mensch
auf dieser Erde des Geistes Erbe für sich
erlangen
könnte, aber nicht mehr
des
Weges bewußt ist, der zum wesenhaften
Geiste führt. So sucht man und tastet im
Dunkel, ‒ zwar
bemüht, diesen Weg zu
finden, aber auch jedem Irrweg blind ver‐
trauend, wenn er nur seltsam und ge‐
heimnisvoll erscheint.
.Hier gilt es „
mehr Licht” in das ver‐
wirrende Dunkel zu bringen, denn Un‐
zählige irren planlos zu solchen Zeiten in
den Labyrinthen der Spekulation umher,
oder laufen vermeintlichen geistigen „Füh‐
rern” nach, die ihre Anhänger nur zu sich
selbst und ihrer eigenen Torheit ver-führen.
Wir stehen inmitten einer solchen Zeit
des Suchens nach dem Geiste, auch wenn
zugleich noch allenthalben der brüske
Tiermensch billige Triumphe feiert.
.Es wäre unverantwortlich, wollte man
sagen, daß nur „Sensationsbedürfnis”, eitle
Neugier und hochmütiger Drang nach Er‐
weiterung ihres Wissens alle Suchenden
leite, die da heute trotz aller Gegenströ‐
mung dem Lichte des Geistes zustreben.
.Es wäre töricht,
jene Suchenden gering‐
zuschätzen, die in den Formen
alter Reli‐
gionen den roten Faden zu finden hoffen,
der sie aus den dunklen Irrgängen philo‐
sophischer Spekulation heraus, zu wahrer
Erkenntnis führen könne.
.Es gibt
gar manche Möglichkeit, dem
Dunkel zu entrinnen, und wer ihm zu ent‐
rinnen
vermag, der soll nicht fragen, ob
es auch „noch andere” Wege gäbe, zum
freien Ausgang zu gelangen, wenn nur
sein Weg ihn wirklich zum Lichte leiten
konnte.
.Unter den Suchenden in heutiger Zeit
gibt es aber schon zu viele, die bereits
müde des Suchens sind, weil
jeder Weg
der von ihnen eingeschlagen wurde, sich
als
Irrweg erwies, und weil
jeder vorgeb‐
lich geistige „Führer”, dem sie blindlings
vertrauten, sich schließlich als ebenso
un‐
wissend und
des Weges unkundig zeigte,
wie die von ihm geführte Schar.
.Für
diese so zahlreichen unter den Su‐
chenden schreibe ich in
erster Linie, als
einer, der nur von Dingen redet, die ihm
vertraut sind, wie sie nur selten einem
Erdenmenschen vertraut werden
können.
Jene andere Art der Suchenden aber, die
bereits
gefunden zu haben
glaubt, wird
hier einen
Prüfstein erhalten, der
untrüg‐
lich Echtes von Täuschendem scheidet.
Die einzelnen Abhandlungen dieses Bu‐
ches sind für sich gesondert entstanden und
gesondert lesbar.
.Sie wurden jeweils geschrieben, um vie‐
len Fragenden gemeinsame Antwort zu er‐
teilen, da meine Zeit und Kraft schon da‐
mals nicht ausgereicht haben würde, um
jede persönliche Frage auch gesondert zu
erörtern. Die Themen ergaben sich aus
den Fragestellungen. Es mußte daher auch
manches erwähnt werden, was ich
ohne
wirklich begründete Anfrage gewiß nicht
der Erörterung für wert erachtet haben
würde. Auch die unvermeidbaren Wieder‐
holungen sind durch die Art der Anfragen
gerechtfertigt.
.Aber alle Kapitel dieses Buches sind
dennoch, wie das nicht anders sein kann,
aufs engste im Geistigen verbunden, und
bilden in ihrer Gesamtheit eine Grundlage,
auf der jeder Einzelne in
seiner Art
mit
Sicherheit weiterbauen kann,
stets auf
festen Fundamenten fußend.
.So dürfte es denn kaum einen Leser ge‐
ben, der nicht aus dem hier vorliegenden
Buche reichsten Gewinn zöge: ‒ dem es
nicht wirklich „
mehr Licht” zu bringen
imstande wäre. Allerdings wird sich der
nach Einsicht Verlangende darüber klar
werden müssen, daß wirkliche Einsicht in
die Geheimnisse geistigen, unzerstörbaren
Lebens nicht durch ein neues religiöses
oder philosophisches Lehrsystem zu er‐
langen ist. Daher wird der Suchende in
meinen Schriften kaum je einem soge‐
nannten „Lehrsatz” begegnen, der sich
systematisch einem anderen anschließen
möchte. Ich zeige vielmehr dem Suchen‐
den das Geistige, dem er zustrebt, von den
verschiedensten Gesichtspunkten her in
immer wieder neuen Bildern, seinem Füh‐
len vertrauend und sein eigenes Urteil an‐
rufend, damit er aus dem so Vielfältigen
sich die innere Gewißheit selber verschaffe,
die jede Seele sich nur selbst zu geben
vermag. Es liegt mir nicht das geringste
an der Zustimmung des Verstandes, die
ich etwa bei einem Aufnehmenden meiner
Worte finde. Ich will ihm lediglich die
innere Verfassung erreichen helfen, in der
allein ihm offenbar werden kann, was das
Dunkel um ihn her seiner Seele verbirgt!
.Es wäre total verkehrt, in meinem Lehr‐
werk „Lehrsätze”, ‒ also: formgefaßte
und nur in dieser Formung allein gültige
Behauptungen aufspüren zu wollen. Man
wird nur dann zu der von mir in diese
Zeit gebrachten Lehre gelangen, wenn
man jedes der einzelnen Lehrstücke auf
die eigene Seele wirken läßt, indem man
in jedem zuerst nur mein ewiges geistiges
Sein zu empfinden sucht. Hat man dieses,
mein ewiges, wahres „Sein” endlich emp‐
funden, so wird man auch aus ihm heraus
alle „Antwort” in sich selbst erlangen,
nach der man begehrt, und zugleich die
Gewißheit ihrer unumstößlichen Wahrheit
als Zeugnis ewiger Wirklichkeit.
.Es ist auch ein Irrtum, zu glauben, daß
man in persönlicher Unterredung mit
mir vielleicht mehr Aufschlüsse erlangen
könne, als in den von mir gestalteten
Lehrschriften zu finden sind. Wer mit mir
spricht, der steht meiner körperlichen
vergänglichen Erscheinung gegenüber, ‒
nicht mir, für den ihm ja alle Wahrneh‐
mungsorgane fehlen! Ich kann ihm wohl
antworten über das Vehikel des mir zeit‐
begrenzt dargebotenen Gehirns, aber es
ist ganz unmöglich, mir in seiner Gegen‐
wart die Sprachgestaltung zu schaffen,
durch die ich substantiell in ihn einzu‐
gehen vermag. ‒ Dazu gehört Einsamkeit
und absolute Isolation von Schwingungen
anderer Gehirne: ‒ unvorstellbar inten‐
sive Konzentration!
Ein Präludium
Es geschehen Zeichen und Wunder in
unseren Tagen, und der Geist fährt wie ein
Sturmwind über die Erde hin, aber die
Menschen dieser Erde liegen im tiefen
Schlafe und sind nicht wachzurütteln.
.In ihren
Träumen suchen sie das
Wun‐
der und verschlafen darüber des Wunders
Wirklichkeit.
.Aber selbst in ihren Träumen suchen sie
nur das Zeichen der
Finsternis und wür‐
den Schrecken und Angst erdulden, könn‐
te das Zeichen des Lichtes sie im Traume
erreichen.
.So fabeln die einen, im Traume lallend,
von einer
Begründung des ihnen liebge‐
wordenen
Glaubens durch ihre
Wissen‐
schaft, indes die andern allen
Glauben
durch ihr Wissen
überwunden wähnen.
.Keiner aber ahnt, daß wache
Wirklich‐
keit, von seinen Träumen unberührt, we‐
der gedankliches
Wissen noch
Glauben im
Sinne eines Fürwahrhaltens braucht, um
Wunder und Zeichen zu gebären.
.Keiner ahnt, daß Wunder und Zeichen
ihn umgeben, während er sich, im Traume
suchend, unruhig wild im Schlafe wälzt.
Wären zu allen Zeiten nicht wenigstens
einige
Wenige gewesen, die gewaltsam
ihrem Schlafe sich entrissen, dann wäre
auch für die Anderen kein
Erwecken mög‐
lich, und in ihren Träumen müßten sie
dem Allbewußten entschwinden wie ein
Traum.
.So aber fanden Fürsten des Lichtes we‐
nigstens
einige wache Augen und Ohren,
denen sie des Lichtes
Zeichen deuten,
denen sie das
Wort des Lichtes künden
konnten, und diese wenigen Erwachten
sind die
Einzigen, die euch auch heute,
an diesem eurem Tage, aus dem Schlafe
rütteln können, wenn ihr erwachen wollt,
und euer Schlaf nicht schon des Todes
bleierne Umhüllung ist.
Wer diese Worte liest, wenn auch in tie‐
fem
Traum befangen, der suche in sich
Erinnerung in seinen tiefsten Schächten!
Vielleicht wird dort, in trübem Dämmer‐
licht, sich noch ein Kleinod finden, das
ihm als teurer Fund den reichen Schatz
gleichwie in ferner Ahnung zeigt, den
einst auch
er besaß!
.Wer aber so in Schlaf gebunden ist, daß
er auch diesen letzten
Schimmer der Er‐
innerung an
waches Vor-Sein nicht mehr
in sich finden kann, der lese diese Worte
nicht, denn ohne Macht, ihn heute seinem
Schlafe zu entreißen, könnten sie ihm nur
die liebsten, altgewohnten Träume stören,
die ihn ergötzen bis zu einem unerwünsch‐
ten Tage, der ihn dann doch erkennen las‐
sen muß, daß alles vordem so „Leibhaf‐
tige” nur Traum und Irrung war.
.Soll ich euch mehr als leere Worte ge‐
ben, dann muß ich manchem heißgelieb‐
ten Traum ein Ende setzen.
.Soll ich euch wirklich aus dem Schlafe
lösen, dann darf mein Wort sich nicht vor
harter Rede scheuen.
.Soll ich euch heute zu euerem Tage
erwecken, dann muß ich alle matten,
müden, schlafbeschwerten Worte eurer
erträumten Erlöser und Heilande mei‐
den.
Auch ich war einst, ‒ wenn auch nur von
außen her, ‒ dieser traumgeborenen Hei‐
lande träumender Schüler, bevor man
mich wachgerüttelt hatte und ich alsdann
erkannte, daß nur ein
einziger „Hei‐
land” uns von Urzeit an geboren ist, den
nie die süße Moderluft des Traumes ahnen
läßt.
.Wohl kamen euch Stimmen Rufender
in eure Wüsten, wohl wurde der
eine Hei‐
land der wachen
Wirklichkeit zu allen
Zeiten von einer „Jungfrau”, ohne Zeu‐
gung, geboren, allein der tosende Ton des
Muschelhorns, das alle zu ihm rief, die
starker Künste Könner werden sollten,
war euch viel zu rauh und wild, und störte
eurer Träume Spiel.
.So habt ihr die Urweltklänge, die sein
Odem neu und wieder neu ertönen ließ,
zu einer sanften, süß-verführerischen
Schäfermelodie gewandelt, damit sie woh‐
lig euch in neue Träume wiege.
.Hinter Jedem, den ihr „Heiland” und
„Erlöser” nennt, stand einer, der es
wirk‐
lich war, weil jeder, der von euch so Be‐
nannten in Wahrheit jenen
einen,
ewigen
Heiland in sich trug, und aus Schlaf und
Traum erwacht, „
des Menschen Sohn” in
sich vollendet hatte! Doch eure phantasti‐
schen
Bilder dieser Großen, die ihr nun
im Träumen ehrt und lobt, sind
Werke
eurer Träume: ‒ wesenlos und Schatten
gleich. ‒
Ob ihr euch Gottes
gläubige oder Gottes‐
leugner nennt: ‒ in beiden Fällen redet
ihr von einem „Gotte”, den ihr selbst
er‐
träumt, von einem „Gotte”, den ihr
nicht
mehr träumen wollt.
.Ihr treibt den lächerlichsten Götzen‐
dienst und träumt, den „einen”, wahren
Gott zu „
kennen” und zu „
ehren”. ‒ Ihr
leugnet euren Gott, und schafft euch
neue
Götter, die
nicht weniger Gebilde eurer
Träume sind. ‒
Nicht einer aus euch ahnt
in seiner Traumbenommenheit, daß aller
Streit, den ihr um Gott und Nicht-Gott
führt, nur wesenloses Nichts dem wesen‐
losen Nichts entgegenstellt.
Aber so, wie hinter euren erträumten Er‐
lösern und Heilanden ein
wirklicher „Hei‐
land” steht, so ist auch euer
Gottestraum
bedingt durch eine
Wirklichkeit, die eurer
Träume Maß verachtet.
.Auch ich, der ich heute wachend zu
euch rede, lag voreinst in euren Gottes‐
träumen, habe euren „Gott”
geglaubt und
habe ihn
geleugnet, bis ich, ‒ erwachend
in meinem Ewigen, ‒ sah, daß nie ein
Traum, dem unbewußten Traum des Er‐
denmenschen gleich, die Größe des
leben‐
digen Gottes faßt.
.Mit Donnerworten möchte ich euch aus
dem
Schlafe erwecken, um euch der laut‐
losen Stille des ewig wachen Lebens der
Wirklichkeit zuzuführen, in der
allein
der „lebendige Gott” in euch geboren
werden kann!
.In euch, ‒ in
dir und in
dir, ‒ muß er
sich selbst im irdischen Bewußtsein
ge‐
bären können, damit er euch erfahrbar
sei! ‒
.Nicht
im All und nicht
außer dem All ist
er von dir für dich zu finden, bevor er
nicht in
dir ‒ und in
dir allein für
dich
leibhaftig ‒ geboren wurde!
.Du lästerst
deinen lebendigen Gott, ob
du nun den „Gott” deiner Träume
glaubst,
oder ob du ihn träumend
leugnest!
.Du lästerst das ewige Sein,
das einzig
Wirkliche, das sich in dir zu
deinem le‐
bendigen Gotte formen will und
dessen
Form du bist, indes du dich im Traume
für „Das Werk seiner Hände” nimmst!
Vom Winde gejagten Vögeln gleich hat
eure Vorstellung von „Gott” eine Sphäre
erreicht, weit
jenseits aller wachen
Wirk‐
lichkeit. Ihr habt euch träumend einen
„Gott” erdichtet, der nur ein
intellek‐
tueller Fetisch ist. ‒ Der Wilde schafft
sich einen „Gott” aus einem Baumklotz,
den er mit dem Messer formt, bis er zu
seiner Seele spricht. Ihr aber schuft euch
euren „Gott”
im Denken aus Gedanken!
‒ Er „muß” vermeintlich so sein wie ihr
ihn haben wollt, und wenn ihr, selbst im
Traum, entdeckt, daß
niemals Wirkliches
aus eurem Götzen redet, dann gebt ihr
doch die Vorstellung nicht auf, daß „Gott”
nur
so, wie
ihr ihn
selbst gestaltet habt,
sein Dasein haben
könnte, ‒
wäre er im
Dasein.
.Ihr wißt nicht, daß der lebendige
Geist,
soll er des Erdenmenschen „
Gott” sein,
den
Menschen, der aus ihm hervorgeht,
braucht, „nach seinem Bilde” sich zu for‐
men. Das
ungeformte Meer des Geistes
wollt ihr fassen, und es entgleitet, indem
ihr es zu halten wähnt, euren Händen!
.Einst sagte euch einer: „
Der Geist er‐
forscht alles, auch die
Tiefen der
Gott‐
heit! ‒ ” Ihr aber erdreistet euch in euren
Träumen, auch den
Geist zu erforschen, ‒
gebt ihm wünschenswerte Attribute, und
nennt ihn, eurer Weisheit froh, in aller
vermeintlichen Ehrfurcht ehrfurchtslos:
‒ euren „
Gott”!
.Die ihn leugnen, bleiben
dennoch ihrem
Wahn verhaftet, denn ihr
Leugnen ist
Wahn, wie der anderen träumender
Glau‐
be. Gedanken
schaffen den Götzen, und
Gedanken
zerstören den Gedachten, ohne
die
Wirklichkeit auch nur von ferne zu
berühren.
Wahrlich, eine
Wirklichkeit ist
Ursache
dieses Wähnens der Träumenden, aber sie
wäre nicht Wirklichkeit, könnte
Traum‐
wahn sie jemals betasten.
.Unnahbar wie der Blitz, der von Wolke
zu Wolke überspringt, blendend wie die
Sonne am Mittag und sogleich wieder in
Nacht gehüllt, ist jenes Wirkliche
ewig
lebendig, und
wirkend sich selbst in sei‐
ner gewaltigen Macht und Größe.
.Aber es ist unendlich ferne eurer Vor‐
stellung vom „Geiste”, ‒ unendlich ferne
jeder Vorstellung von „Gott”, die hier auf
diesem Erdball „Religionen” schuf.
.Und doch: ‒ wenn je ein „Gott” den
Gläubigen erhört, mag dieser Gläubige
nun: Brahma, Allah, „Vater”, „Herr” und
„Heiland”, Christus oder Buddha rufen,
so ist es einzig
jene Wirklichkeit, die ihm
Erhörung schafft. ‒
.Nur wirklich
Erwachten wird sie
offen‐
bar.
.Nur denen, die den Schlaf und seine
Träume
für immer verlassen haben, gibt
sie sich zu
erkennen.
.Nur wer erwacht, mit
wachen Sinnen
seinen Gott
vernehmen kann, darf hoffen,
daß er in ihm selbst
das Wort des Lebens
spreche.
.Solange du noch glaubst, in deinen
Träu‐
men der Gottheit zu begegnen, mußt du
es dulden, daß dich deine selbstgeschaf‐
fenen Götzen äffen und du ihr Spielball
wirst.
Glaube nicht, diese Götzen seien
macht‐
los, wie du selbst dir erscheinst! ‒
.Du
selbst hast sie mit Macht begabt und
weißt es nicht!
.Noch ahnst du nicht, daß du mit Macht
begaben
kannst, und daß gerade darin
deine Macht besteht, daß über Mächte du
gebieten kannst, die
weitaus mächtiger
sind als du...
.So hast du dir Götzen erdacht, und den‐
kend sie mit Macht begabt durch deinen
Glauben!
.Ihr spottet des
Glaubens oder wollt ihn
durch
Wissenschaft stützen, aber ihr wißt
noch nicht, daß euer Glaube
mehr ist als
das,
was ihr glaubt!
.Im
Glauben ist euch eure
höchste Kraft
gegeben, weil ihr durch den
Glauben
Mächte euch zu
Dienern machen könnt,
die urgewaltig wirken, wo sie
durch
den Glauben frei von ihren Fesseln wer‐
den.
.Ihr könnt diese Mächte zum
Dienen
zwingen durch den Glauben, und könnt
sie zwingen, euch zu
quälen, ja euch zu
vernichten!
.Durch das, was ihr von eueren selbst‐
erdachten Götzen
glaubt, habt ihr sie
reich begabt mit
Macht, ‒ und wahrlich,
diese Macht ward nicht zu eurem
Segen,
denn ihr glaubt euch eure Götzen
selbst
zu Kerkermeistern!
.In unserer Zeit ward euch oft gesagt,
daß Gedanken „Dinge” seien, „wirklich”,
wie die greifbare „Wirklichkeit” der Din‐
ge dieser Erde, doch ich sage euch, eure
Gedanken sind wahrhaftig
mehr als die
„Dinge” dieser Erde, ‒ sind Kräfte: ‒
einzielige Bewußtheiten, denen
nichts auf
dieser Erde zu vergleichen ist, ‒ erfüllt
mit gierigem
Lebenswillen, dem
ihr durch
euer Denken Nahrung schafft!
.Aus solchen Kräften habt ihr eure Göt‐
zen gebildet und sie durch euren Glauben
mit der Macht begabt, euch Gutes oder
Böses anzutun nach ihrem Willen.
.Ihr sagt: „Wen Gott lieb hat, den züch‐
tigt er,” ‒ und euer „Gott”, ‒
von euch
geschaffen aus einzieligen Bewußtseins‐
energien, ‒ ist durch euch selbst
ge‐
zwungen, euch zu
quälen, je brennender
ihr das Vorstellungsbild, das ihn formte,
liebt...
.Ihr könnt aber den Gott eurer Träume,
den Milliarden seit ferner Vorzeit schufen,
nicht von heute auf morgen vernichten,
auch wenn ihr stolz verkündet: „Gott ist
tot!”
.Er wird euch immer wieder zeigen, daß
er noch am Leben ist, sich nährend von
Unzähligen, die ihn aufs neue
erdenken,
und seiner Macht gewaltig, die ihm täglich
neuer
Glaube gibt.
.Er spottet eurer Traumes-Übermen‐
schen-Herrlichkeit und läßt euch ruhig
rufen: „Gott ist tot!” ‒ derweil sein Le‐
ben
auf Jahrtausende gesichert ist, durch
tausendjährig wiederholten Glauben.
.Nicht eher werdet ihr euch seiner Macht
entwinden, als bis für euch der Tag er‐
scheint, der euch dem Schlaf und Traum
entreißt.
Aber noch seid ihr des Traumes Sklaven!
.Noch liebt ihr den Traum, der euch den
Tag verbirgt, und haltet ihn für waches
Leben.
.Ihr ahnt noch kaum, daß selbst die
Träume eurer Erdennächte
näher sind
dem wirklich wachen Leben, als das, was
ihr die Wirklichkeit des lichten Tages
nennt...
.Noch
liebt ihr allzusehr die Enge eurer
Träume, gleichwie der Vogel, der im Kä‐
fig aus dem Ei entschlüpfte, nicht ent‐
flieht, auch wenn die Türe seines Kerkers
offen steht.
.Der Vogel fühlt sich darin
heimisch,
weil er nur die Stäbe seines Bauers, die
ihm die Freiheit rauben, kennt und liebt,
und ebenso fühlt ihr euch nur heimisch
in eurem
Wissen von den Dingen, die ihr
gut zu wissen glaubt.
.Es ist euch un-
heim-lich, aus den Ker‐
kerwänden dieses
Wissens hinaus zu flie‐
hen in jene freie, wache Welt der
Wirk‐
lichkeit, die
jenseits allen Wissens ist, ‒
die nur erfährt, wer selber in ihr:
wirklich
wird, und also zu sich selber kommt, be‐
freit von aller Qual des
Wissen-
Wollens.
.Redet euch dann aber wahrhaftig einmal
einer, der davon reden
kann, von dieser
Welt der
Wirklichkeit, die ihn umgibt, ob‐
wohl er selbst auch noch das Traumreich
kennt, in dem ihr lebt, ‒ sofort seid ihr
bereit, mit tausend Fragen ihn zu über‐
fallen, deren Antwort euer
Wissen mehren
soll, doch selten nur will einer alles
Wissen
seinen
Träumen schenken, und
wirklich
werden in der von ihm vielleicht schon ge‐
ahnten Welt der
Wirklichkeit...
.Hier aber liegt der Schlüssel in tiefem
Schachte verborgen, seit Ewigkeit gehütet
von den „Müttern”!
.Wer nicht hinabsteigt zu ihnen, wird
ihn nicht erlangen.
.Wer nicht das Wissen seines Traumes
seinem
Traume überläßt, und mutig auf
sich selbst verzichtend, sich ins
Unge‐
wußte, niemals seinem
Wissen Unterwor‐
fene wenden will, der wird, in
seinen
Träumen vermeintlich
wissend, ewig
su‐
chen können, ohne je zu
finden, was er
sucht.
.Er liebt seinen Traum zu sehr, als daß
ihm jemals ein machtvoller Wille zum Er‐
wachen erwachsen könnte.
.Euer
Wissen-
Wollen ist es, das euch
vom
Erkennen ferne hält! ‒ Euer
Wissen‐
Wollen ist es, das euch nicht
erwachen
läßt! ‒
.Euer
Wissen-
Wollen ist es, das euch zu
Sklaven eurer Götzen macht, wie immer
ihr sie auch mit Namen nennen mögt!
.Solange ihr aber einem selbstgeschaffe‐
nen
Götzen aus „
Gedankentrieben” un‐
terworfen seid, auch wenn ihr ihn „den
einen, wahren Gott” zu nennen pflegt,
kann niemals lebendiger Geist sich selbst
in euch zu eurem „
lebendigen Gott” ge‐
bären.
Bevor der „lebendige Gott” in dir gebo‐
ren ist, mußt du notwendigerweise ein
„gottloser Götzendiener deiner Traum‐
welt” sein.
.Bevor der „lebendige Gott” in dir ge‐
boren ist, bist du lebendig tot, und ahnst
noch nicht in deinen kühnsten Träumen,
was dein
Leben in Wahrheit
ist, ‒ dein
Leben, das du, träumend, längst zu ken‐
nen glaubst.
.Bevor der „lebendige Gott” in dir ge‐
boren ist, muß das „Wissen” deiner
Traumwelt dich am Gängelbande führen,
und alles, was dir
wahrer scheint als frü‐
heres Bedünken, ist nur
neuer Irrtum,
neuer Traum, ‒ nur gültig für die Welt
deines Traumes innerhalb
ihrer Bereiche.
.Dein
Wille zum Erwachenwollen nur
kann dich aus deinen Träumen reißen,
und denen, die bereits erwachten, helfen,
dich aus deinem Schlafe zu befreien.
.Nur in
erwachten Seelen kann der „le‐
bendige Gott” sich selbst aus „Geist und
Wasser” gebären. (Zu „wissen”, was die‐
ses Wort besagt, wird nicht von dir ver‐
langt. Wenn du es jedoch
erfahren willst,
wirst du
zuvor erwachen müssen!)
Noch
möchtest du nur erwachen, allein
du
willst noch deine Träume
weiter träu‐
men!
.Noch bindet dich die Traumwelt, die
dich seit der Jugendzeit umgab.
.Noch fesseln dich der
Andern Träume
allzusehr, und du wagst es nicht, deine
eigenen Wege zu beschreiten, denn dich
schreckt die
Einsamkeit, durch die du
unermüdlich wandern mußt, wenn du die
neuen Gefährten der Welt der
Wirklich‐
heit dereinst erreichen willst.
.Doch all diese Hemmnisse wirst du
überwinden müssen, willst du jemals zur
Klarheit des wachen Tages gelangen.
.Ich rate dir: fasse noch
heute, während
du diese Worte liest,
den festen Willen,
dich nicht mehr länger dem gemeinsamen
Schlafe deiner Schlaf- und Traumgenossen
hinzugeben!
.Ich rate dir: fasse
heute noch den festen
Willen, alles aufzubieten, um im Lichte
meiner Lehre deine Träume als solche zu
erkennen!
.Ich rate dir: überlasse dein ganzes bis‐
heriges „
Wissen” in Ruhe der
Traum‐
welt, die es dir gab, gebrauche es ruhig
weiter, soweit du auch weiter mit Träu‐
menden verbunden bleibst, doch erwarte
nicht mehr von
ihm die Lösung der letzten
Fragen, die das Menschenherz bewegen!
Und ich rate dir ferner: mißtraue jedem
in frommen Formeln sich genügenden
Massenglauben, wie dich gar mancher in
deiner Traumwelt noch immer erreichte,
‒ besonders wenn er dich durch
Ängsti‐
gung gewinnen will! Mißtraue mehr noch
denen, die da allen Glaubenswahn der
Träumenden in einem alles vermischen‐
den neuen Glaubenswahn vereinigen wol‐
len!
.Mißtraue jenen, die durch neue vor‐
gebliche „Wissenschaft” den alten Glau‐
ben ihrer Träume übertünchen!
.Suche dich loszureißen von jeder Vor‐
stellung, die
andere Träumende in deine
Träume brachten, auf deine Frage nach
den letzten Dingen!
.Wohl steckt in jedem Glaubenswahn
ein Körnchen
Wahrheit, wie auch den
Träumen deiner Erdennächte oft ein
äußerliches Geschehen oder ein körper‐
licher Zustand ihre Auslösung schafft, aber
gerade
wegen dieser wenigen wahnver‐
hüllten
Wahrheit kann dir jeder Glau‐
benswahn der Traumwelt, in der du seit‐
her dich „
wachend” glaubst, zum Ver‐
hängnis werden und dich verleiten,
Wahn
um der Wahrheit willen für
wahr zu
nehmen!
.Hüte dich, was du nun zu erlangen
strebst: ‒
die Wahrheit des lichten Ta‐
ges der Wirklichkeit, ‒ durch dein
Den‐
ken erschließen, oder nach den dir be‐
kannten Denkgesetzen überprüfen zu
wollen!
.Was du nun erlangen willst, steht
über
dem Denken, und du kannst erst,
wenn
du es erlangtest, dein Denken zu ihm er‐
heben!
.Was du nun erlangen willst, mußt du
selber
werden: es kann dir niemals durch
die Formen deiner seitherigen Versuche,
die Wahrheit zu erfassen, sich erschließen.
Dein erstes Beginnen muß darauf gerich‐
tet sein,
eine weite Leere in dir zu schaf‐
fen, damit das
Neue, das dich erfüllen soll,
auch
Raum in dir finde.
.Erwarte nicht, daß sich von heute auf
morgen das Neue zeigen werde!
.Es sind
Jahre, ‒ vielleicht Jahrzehnte,
‒ vielleicht ‒ durch deine Art bedingt:
‒ noch längere Zeiten nötig, bis du so be‐
reitet bist, daß man dich aus dem Schlafe
reißen
kann, ohne dich zu gefährden.
.Nur dein beharrlicher Mut kann dich
führen am Anfang deines Weges.
.Wenn du aber ernsthaft bestrebt bist,
dich aus den Fesseln deiner Träume und
der Traumwelt der Andern zu lösen, dann
werden dir, schon nach weniger Zeit, die
Dinge, die du jetzt noch träumend zu er‐
kennen meinst, bald diese, bald jene
an‐
dere Seite zeigen und dich so belehren,
daß du bereits auf dem rechten Wege bist.
.Glaube nicht, daß plötzlich die er‐
träumten Wunder, die man in deiner bis‐
herigen Traumwelt für Zeichen der Er‐
weckung hält, dein Leben erfüllen werden!
.Es
werden Zeichen und Wunder auf
deinem neuen Lebenswege geschehen,
aber ich zweifle sehr daran, daß du sie
bemerken wirst, bevor sich „das dritte
Auge” auf deiner Stirne geöffnet haben
wird...
.Es ist auch
nicht nötig, daß du sie vor‐
dem bemerkst.
.Gar mancher war dem Erwachen nahe
und fiel zurück in Schlaf und Traum, weil
er dem geheimnisreichen Wunderweben
über seinem Wege noch nicht gewachsen
war und sich betäuben ließ durch wunder‐
same übermächtige Stimmen.
Je nüchterner und von Romantik freier
du deine Straße wandelst, desto besser!
.Du sollst nichts erwarten und nichts er‐
streben, außer dem
Einen: ‒ aus deinem
Schlafe, ‒ aus der Traumwelt der An‐
dern, ‒
erwachen zu wollen!
.Je stärker und konzentrierter dich in
stetem Gleichmut nur dieser
eine Wunsch
beseelt, desto eher ist Hoffnung vorhan‐
den, daß man dir
helfen kann, und man
muß dir helfen, denn niemals würdest du
allein das Werk vollbringen, auf welcher
hohen Stufe irdischen Erkennens du auch
immer als Mensch der Traumwelt dieser
Erde stehen magst.
.Halte es nicht für „Ungerechtigkeit”,
daß
du erreichen sollst, was andere
noch
nicht erreichen!
.Ich spreche zu dir, als zu einem, der
dem Erwachen
nahe kommen
kann in
diesen Tagen, ‒ auch wenn er um sich
her nur Träumende gewahrt in ihren be‐
drückenden angstbedrängten Träumen.
Kannst du noch nicht erwachen, dann
werden dir meine Worte ohnehin unver‐
ständlich sein und vorerst unverstehbar
bleiben. Du wirst dann erst zu
späterer
Zeit, ‒ vielleicht erst nach Jahrtausen‐
den, ‒ in
anderer Daseinsform einen ähn‐
lichen Weckruf hören und ihn dann auch
verstehen
können!
Was in der Traumwelt dieser Erde als
„ewige Gerechtigkeit”
gesucht, und allzu‐
oft nur,
nicht gefunden wird, ist eine
bloße Forderung traumgerechter Gebun‐
denheit.
.In jener Welt der
Wirklichkeit, die
euch wie mich umgibt und die ihr nie‐
mals sehen könnt, solange ihr
im Schlafe
träumend sucht, herrscht eine unleugbar
gesicherte
Gerechtigkeit, die aber euren
Augen erst faßbar wird, wenn
ihr zu Wirk‐
lichkeiten wurdet in der Welt der Wirk‐
lichkeit!
.Dann erst werdet ihr sehen, daß Vieles,
was ihr jetzt in eurem Traum als „Gött‐
liche Gerechtigkeit” erwartet, in schauer‐
licher Weise
ungerecht zu nennen wäre,
würde es sich so, wie ihr es hofft, erfül‐
len...
.Und Vieles, was euch heute als schreien‐
des
Unrecht in der „Weltordnung” er‐
scheint, wird dann seine unerschütterbare
Gerechtigkeit euch zeigen, denn
nicht
erst
nach dem Tode des Erdenleibes be‐
ginnen die Wirkungen in die Strandreiche
der geistigen Welt: ‒ die letzten und
un‐
erbittlichsten Folgen erdgezeugter Im‐
pulse!
Sucht nicht vorweg zu erhaschen, was
euch gerechterweise
erst dann zu eigen
werden kann, wenn ihr den „Preis” dafür
entrichtet habt in jahrelanger treuer
Ergebenheit!
.Jede
Erfüllung in der Welt der
Wirk‐
lichkeit kann nur als Folge genau be‐
stimmter,
erfüllter Gesetze euch gegeben
werden.
.Hier läßt sich nichts umgehen und
nichts auf billigere Weise „erhandeln”!
‒ Die euch das Erstrebte
erschleichen
helfen wollen, sind eure erbärmlichsten
Feinde, viel grausamer noch, als jeder
ehrliche Feind, der euch auf eurem ge‐
raden Wege jemals begegnen kann. ‒
.Traut keinem Wort, das euch
schnell
und
ohne harte Zucht zu Erkennern zu
machen verspricht!
.Traut keinem Lehrer, der euch „Me‐
thoden” lehrt, durch die ihr mit den
Mitteln eurer Traumwelt euch zu Geister‐
sehern bilden sollt!
.Traut nicht den Kundgebungen, die
man von weiblichen wie männlichen Som‐
nambulen und „Medien” in den Anfällen
ihrer Nervenkrisen erhalten kann!
.Traut keiner Lehre, die das höchste
Vorrecht des Menschen abhängig macht
von der Art seiner leiblichen Speise oder
von fakirhaften „Übungen”.
.Alles das führt euch nur zu
neuen Träu‐
men und senkt euch
noch tiefer in den
Schlaf, dem ihr entrinnen wollt!
Wer wirklich erwachen will, der
glaube
an sich selbst!
.Wer wahrhaft, als ein „Auferstandener”
die Welt der Wirklichkeit betreten will,
der prüfe,
allein mit sich, in seinem
Her‐
zen meiner Worte
Wahrheit, und handle
dann beharrlich nach der Lehre, die ich
ihm verkünde!
.So wird er Herr seines ewigen Schick‐
sals werden!
.So werden sich ihm die Pforten der
Tempel lichten Erkennens öffnen, die ihm
heute noch verschlossen sind, weil nur der
in sich selbst Erwachte
in sich selber die
Schlüssel zu ihnen findet.
.Geistige Helfer werden ihm jederzeit
geistig nahe sein, so oft er ihre Hilfe
braucht!
.Sie werden ihm aber immer nur dort
allein zu helfen vermögen, wo es um
sein geistiges Erwachen geht, und um
die durch sein Erwachen bedingte, ewig‐
gültige Selbstformung seiner Seele.
.Unnütz und sinnwidrig wäre hingegen
jedes Vertrauen auf geistige Hilfe, wo
immer des Erdenmenschen eigene Kräfte
ausreichen und von ihm gebraucht werden
wollen, um sich in Tat und Wirken entfal‐
ten zu lernen.
.Den, der des Schlafens müde geworden,
sich seiner eigenen Kräfte erinnert, wird
man am ehesten im Geiste zum Erwachen
bringen können!
Es gibt auf dieser Erde eine kleine An‐
zahl rein geistig verbundener Männer, ‒
einen im Ewigen statuierten Konvent, ‒
der schon Jahrtausende hindurch in stiller
Verborgenheit wirkt und doch auf geisti‐
gen Wegen ‒ ohne das gesprochene oder
geschriebene Wort ‒ alle Menschen zu er‐
reichen vermag, deren innere Seelenkul‐
tur durch eigene Arbeit an sich selbst so‐
weit gefördert wurde, daß die Strahlen
geistigen Lichtes, die von dieser, nur aus
dem ewigen Geiste her wirkenden verbor‐
genen Gemeinsamkeit ausgehen, ihre Her‐
zen erfüllen können.
.Dem Menschen der westlichen Welt mag
das verwunderlich und aller Zweifel wert
erscheinen, während der Orientale ‒ dem
auch ihm verborgenen geophysikalisch be‐
stimmten metaphysischen Kraftfelde des
geistigen Wirkens dieser Gemeinsamkeit
räumlich näher ‒ eher an dem Dasein der
Sonne zu zweifeln geneigt wäre, als daß er
zweifeln könnte an dem, was jeder Unter‐
richtete dort über das Wirken jener Weni‐
gen weiß und des öfteren auch selbst er‐
fahren hat.
.Auch im Abendlande hüteten Menschen
in stiller Verborgenheit ‒ schon seit den
Tagen der
Edda ‒ inneres Wissen um sol‐
che geistige Wirklichkeit. Wenn sie auch
nicht überall so klar zutage trat, wie in der
Sage vom
heiligen Gral und seiner Ritter‐
schaft, so war doch das ganze abendländi‐
sche Mittelalter erfüllt von hoher Kunde
aus einem erhabenen Kreise Gottesverein‐
ter, so daß dieser Kunde Spuren in Sage,
Volksglaube und Poesie allenthalben auf‐
zufinden sind.
.In neuerer Zeit war es ein ausschließlich
religiös eingestellter Kreis mystische Tra‐
dition Erforschender, der von den „
weisen
Männern des Ostens” wußte, und seit
einem halben Jahrhundert sprechen soge‐
nannte „theosophische” Bücher von „
Ma‐
hâtmas” und deren Gemeinschaft in einer
„
weißen Loge”, wenn auch die Wenigen
die man unter diesen Namen zu kennen
meint,
sehr ferne den
Lehren solcher Bü‐
cher stehen, und
weder eine Freimaurer‐
loge oder einen ähnlichen Zirkel,
noch
eine geheime Gesellschaft bilden, sondern
eine rein
geistige Gemeinsamkeit sind, ‒
mit
keiner anderen Menschenvereinigung
irgendwie vergleichbar.
.Gerade der Kunde von „theosophi‐
scher” Seite aber verdanken die Glieder
dieser geistigen Gemeinsamkeit einen my‐
steriösen Ruf, den sie niemals selbst ver‐
ursacht haben, und in dem sie nur ein ver‐
ächtliches,
phantastisches Zerrbild ihrer
selbst zu erkennen vermögen.
.Man hat aus ihnen eine Art von Zaube‐
rern gemacht, oder man stellte sie als
Halbgötter dar, angefüllt mit einem natur‐
wissenschaftlichen „Wissen”, das ihnen in
Wirklichkeit ganz gleichgültig ist, ‒ man
begabte sie großzügig mit göttergleicher
Allwissenheit, in Bezug auf die Gescheh‐
nisse der Erde, und verschrieb ihnen eine
fast unumschränkte Macht über Geist und
Materie.
.Man glaubte sich zu alledem berechtigt,
denn es hatten sich zu Beginn der Bewe‐
gung, die zum erstenmal im Abendlande
von „Mahâtmas” als bestaunenswerten
Übermenschen sprach, gewisse Dinge zu‐
getragen, seltsam genug, um von Unwissen‐
den auf „Halbgötter” zurückgeführt zu
werden, und man glaubt in hypnotischer
Gebundenheit, die Urheber jener Begeb‐
nisse und die „weisen Männer des Ostens”
seien identisch miteinander.
Die wirklichen „Mahâtmas”, wenn man
mit diesem in Indien als Ehrentitel viel‐
gebrauchten und abgegriffenen Worte
noch weiterhin auch Angehörige des Krei‐
ses im ewigen Urlichte Leuchtender die
sich in einem Erdenmenschendasein offen‐
baren, bezeichnen will, haben aber nie‐
mals „geistige Bewegungen” ins Leben
gerufen, oder Vereinigungen zu gründen
versucht, indem sie mit Fakirkünsten
und vorgeblicher wissenschaftlicher All‐
wissenheit auf die Menschen einzuwirken
suchten.
.Sie betrachten das ungestüme Wissen‐
wollen westlicher Wissenschaft als eine Art
geistiger „Vivisektion” und sehen den
Wissenstrieb des Menschen nur dort in ge‐
ordneten Bahnen, wo er den Umkreis sei‐
ner durch das erdenmenschliche Dasein
normalerweise bedingten Erfahrungswelt
nicht überschreitet.
.Ihr geistiges „
Wissen” ist
ganz anderer
Art: ‒ ist eine
absolute Gewißheit der
Seele in geistigen Dingen, und hat mit
wissenschaftlicher Erkenntnis
nicht das
allermindeste zu tun.
.Zwar ist es ihnen erdenmenschlich er‐
wünscht, daß, wer zu ihnen gehört, auch
einen verstandesmäßigen Einblick hat in
die irdischen Gebiete, die mit dem Ver‐
stande zu fassen sind: ‒ sie erwarten also,
daß jeder der Ihrigen einigermaßen über
die Allgemeinbildung seiner Zeit und sei‐
nes Volkes verfüge ‒ aber dem
strengen
Sinn ihrer rein geistig bestimmten Ge‐
setze nach könnte auch jeder Hirte, der
nicht einmal seinen Namen zu schreiben
vermag und fern aller Kultur aufwuchs,
einer der Ihrigen sein, vorausgesetzt, daß
er dazu
geboren ist, denn der „Meister”
wird nicht „gemacht”, so wenig, wie man
aus einem künstlerisch Unbegabten ein
künstlerisches Genie
machen kann.
Es erübrigt sich eigentlich, zu betonen,
daß ein „Meister” des hehren Kreises, den
die groteske „Theosophie” der letzten
Jahrzehnte als „Weiße Loge” bezeichnete,
‒ ein
wirklicher „Mahâtma”, ‒ in des
Wortes wahrer Bedeutung: ein „
Groß‐
beseelter”, oder: eine „
Große Seele”, ‒
an jedem Orte der Erde geboren werden
kann, nicht etwa nur in Indien, China
oder Tibet, und daß es an sich völlig gleich‐
gültig ist, ob er in
früheren oder in
spä‐
teren Lebensjahren in Konnex mit dem
Zentralpunkt „aller Brüder auf Erden”
kommt, ob er
als Jüngling oder
als Greis
die Spiralen der geistigen Schulung durch‐
läuft, die ihn eines Tages erwachen läßt
als legitimen Nachfolger und Erben eines
dahingegangenen Meisters, der auch wei‐
terhin bei der Erde bleibt, dergestalt, daß
er nun sich mit dem Geiste seines Nach‐
folgers
vereinigt und ihm so seine bereits
vollendete Meisterschaft überträgt.
.Erst
dann ist der zum Meister
Geborene
auch
de facto „Meister”, erst dann ist er
sich seines
Priestertums „nach der Ord‐
nung des Melchisedek”
bewußt. ‒
.Im Laufe seiner Entwicklungsjahre hatte
er vorher die verschiedensten Phasen ok‐
kult-geistiger Möglichkeiten zu durchlau‐
fen, so wie das Kind im Mutterleib alle
Stadien der Lebewesen durchläuft, die
unterhalb der Stufe des irdischen Men‐
schen liegen.
.Auf diese Weise stand der noch Un‐
vollendete auch einmal an einem Ent‐
scheidungspunkte, der es ihm freistellte,
zum
Fakir oder zum geistigen
Meister zu
reifen. ‒
.Er hatte Kräfte in sich entdeckt, die es
ihm bald leicht gemacht haben würden,
die unerhörtesten scheinbaren „Wunder”
zu vollbringen, und die
Versuchung, auf
der Stufe des Fakirs zu
verharren, war
groß für ihn. Dadurch, daß er die Kraft
besaß, dieser Versuchung zu
widerstehen,
bezeigte er sich als einer der überaus sel‐
tenen, wirklich
Erwählten, aber er hatte
damit auch auf die okkulten Fakirkräfte
seiner Natur
ein unverletzbares Siegel
gedrückt, durch das sie für alle Zeiten
ge‐
bunden bleiben, falls nicht der im sub‐
stantiellen, reinen Geiste verharrende, ur‐
heilige „Älteste”
der Brüder auf Erden
dem späteren Meister geistig erlaubt, die‐
ses Siegel zu
entfernen, was aber nur in
vielen Jahrtausenden vielleicht
einmal ge‐
schieht, und nur im Dienste einer Mission,
die auf gar keine andere Weise zu erfüllen
wäre.
.Um aber durch die Beihilfe eines wirk‐
lichen Meisters eine „Bewegung” ins Le‐
ben zu rufen, wie sie von der Begründerin
der „Theosophischen” Gesellschaft unter
Berufung auf ihre
vermeintlichen „Mei‐
ster” ausging: ‒ um die von jedem Fakir
und jedem Zauberer-Lama verlachten al‐
bernen spiritistischen Tassen- und Brief‐
kunststückchen ausführen zu können, die
sich in der Nähe dieser abnormen Frau an‐
geblich abspielten, wird diese Erlaubnis
natürlich
nie und nimmer gegeben! Ich
hoffe, man wird meine Ironie
verstehen! ‒
.Es ist fast unbegreiflich, daß ernsthafte
Männer von den berichteten Phänomenen
völlig überwältigt, allen Ernstes zu dem
Glauben gelangen konnten, eine nicht nur
ethisch hochstehende, sondern auch ganz
im
geistigen Leben des Kosmos wurzelnde,
rein geistige Gemeinschaft gäbe sich zu
derlei Firlefanz her, nur um ihre „Souve‐
ränität über die Naturgesetze” auf solche
triviale Weise zu zeigen.
Die Kräfte, über die ein geborener und
in seinem Irdischen zur Vollendung ge‐
langter Leuchtender des Urlichts auf die‐
ser Erde verfügt, ‒ ein
wirklicher „Mei‐
ster” der geistigen „weißen Loge”, ‒
wenn wir diese nun einmal geläufig ge‐
wordene Bezeichnung, trotzdem sie rein
willkürlich ist, als Notbehelf beibehalten
wollen ‒ würden sich schwerlich eignen,
um damit
äußere Phänomene zu bewir‐
ken, durch die er in Konkurrenz mit dem
erstbesten entwickelten Fakir zu treten
vermöchte.
.Im äußeren Leben auf dieser Erde ist
jeder wirkliche geistige Meister den
glei‐
chen Naturgesetzen unterstellt, wie alle
übrigen Menschen, und hat längst frei‐
willig darauf verzichtet, die Kräfte zu ge‐
brauchen, durch die er als erklärter oder
geheimer Fakir in den Ruf eines Wunder‐
täters hätte gelangen müssen.
.Um den Preis dieses Verzichtes hat er
allerdings eine Kraft erlangt, die, wie die
Königin in einem Bienenstock, unzählige
andere Kräfte unter sich vereinigt, die
alle durch sie
nur dem Willen des Mei‐
sters dienen, und allen
anderen zum
Ver‐
derben gereichen müßten.
.Diese hohe Kraft und die ihr unterge‐
ordneten Kräfte wirken zwar zurück bis
in die äußere physisch-sinnliche Erschei‐
nungswelt, obwohl ihr
Ursprung hier
nicht mehr wahrgenommen wird, allein
die Wirkungsebene, auf der diese Kräfte
durch einen wahren geistigen Meister
in
Tätigkeit gesetzt werden können, ist allen
verschlossen, die nicht wie er als Leuch‐
tende des Urlichts
geboren und in jahre‐
langer Schulung vollendet wurden.
.Nur
unbewußt reicht jeder Menschen‐
geist auf dieser Erde in jene hohe Sphäre
hinein, und so ergibt sich die Möglichkeit,
von dorther alle Menschen zu erreichen.
Während aber bei den meisten Menschen
eine Inspiration in jener Sphäre völlig
wirkungslos bleibt, weil ihre höheren
geistigen Organe in einer Art Totenstarre
verharren, gibt es doch auch in jedem
Zeitalter eine große Anzahl, bei denen die
geistigen Organe höherer Art bereits in
Tätigkeit sind, auch wenn diese Tätigkeit
von dem Gehirnbewußtsein des irdischen
Menschen noch nicht registriert wird.
.Diese
Vorgeschrittenen, die durch
eige‐
ne Arbeit an sich selbst bereits eine Art
spontaner, unwillkürlicher Tätigkeit ihrer
höheren geistigen Organe erzielten, bil‐
den, ‒ obwohl
auch sie es in ihrem irdi‐
schen Gehirnbewußtsein
nicht wissen, ‒
die eigentliche Gemeinde derer, die den
geistigen Einfluß der „Meister”, der im
Urlicht Leuchtenden, erfahren.
.Bewußt wird dieser Einfluß erst dann,
wenn die höheren geistigen Organe eines
solchen Menschen genügend entfaltet sind
und wenn der Wille, aus der Latenz er‐
wacht, die Inspirationen, die er aus seinem
höheren Geistesbereich empfängt, stets so
ehrlich durchzuführen bestrebt ist, daß
die Gefahren, die einen Unvorbereiteten
beim Erwachen der höheren geistigen Or‐
gane bedrohen, bei ihm als ausgeschaltet
gelten können.
.Es ist nur ein
Schutz, den die Natur den
Hilflosen gewährt, da ja Menschen nicht
mit völlig erwachten höheren Geistes‐
organen zur Welt kommen, wenn sie die
Bedingung stellt, daß diesem Erwachen
erst
eine jahrelange ausdauernde Arbeit
an sich selbst vorausgehen muß, und daß
der zum Erwachen Dringende nicht wirk‐
lich zum Erwachen kommt, bevor er die
Prüfungen bestand, die seine moralische
Widerstandskraft gewährleisten.
.Wäre das
nicht, dann würden die höhe‐
ren geistigen Organe des Menschen, die
seine
höchste Glückseligkeit bedingen,
ihm nur dazu dienen, in absoluter Ver‐
zweiflung und Hoffnungslosigkeit
sich
selbst geistig zu
vernichten, ohne daß der
Verzweifelnde auch nur ahnen würde,
wo‐
zu er sie gebrauchte.
Man glaube aber auch hinwiederum nicht,
daß jene, die zwar noch nicht „erwachten”
und dennoch schon den geistigen Einfluß
der „Meister” empfangen, diesen Einfluß
in gar keiner Weise empfinden könnten.
.Wohl
wird er
empfunden, aber man
ahnt seine
Ursache nicht und deutet zu‐
meist auf eine platt rationalistische Art,
oder befangen in abergläubische oder reli‐
giös gefärbte Vorstellungen, was man le‐
diglich dem Einfluß der „älteren Brüder”
auf hochgeistiger Ebene zu danken hat.
.Dieser Einfluß besteht nicht, wie man
meinen könnte, in der Eingebung beson‐
derer Ideen aus der Erkenntniswelt der
geistigen Meister, wenn auch ein solcher
Einfluß bei höher entwickelten Indivi‐
duen nicht absolut ausgeschlossen ist, son‐
dern er erstreckt sich zumeist lediglich auf
eine
Kräftezuleitung, ‒ auf geistig
ver‐
anlaßte Hilfe, ‒ die den betreffenden
Menschen in den Stand setzt, durch seine
geistigen höheren Organe solcher Dinge
innezuwerden, die in der Richtung seiner
eigenen höheren Impulse liegen.
Es wurde gesagt, daß die Meister „jedes
Volk und jeden Einzelnen” geistig zu er‐
reichen wissen, aber wenn auch schon
ganze Völker unter ihrem lange dauernden
Einfluß standen, so geschah dies nur, weil
diese Völker auffallend viele
Einzelne her‐
vorgebracht hatten, die in den Einflußbe‐
reich der Meister des Lichtes auf hoher
geistiger Ebene zu gelangen vermochten.
Man kennt auf seiten dieser
rein geisti‐
gen Gemeinsamkeit weder Vorrechte noch
Vorurteile in Bezug auf „
Volk”, „
Nation”
oder „
Rasse”, insoferne es sich um Auf‐
nahmefähige geistigen Lichtes handelt.
Man hat es immer nur mit den
Einzelnen
zu tun, aus denen alle diese irdisch ge‐
trennten Menschenkomplexe gebildet
sind.
Die Zugehörigkeit zu
Rassen und
Völkern oder zu deren
Parteien ist auf
jener hohen geistigen Ebene, auf der die
Leuchtenden im Urlicht wirken, nicht nur
durchaus belanglos, sondern auch in kei‐
ner Weise mehr wirksam oder auch nur
erkennbar! Hier herrscht
wirklich eine,
‒ allerdings
rein geistige, ‒ „
allgemeine
Bruderschaft” derer, die in diesen gehei‐
ligten Bereich
gelangen konnten. Alles
Destruktive bleibt ihm schon
aus eigener
Abneigung fern und wäre ihm
niemals
assimilierbar.
Jedoch
gibt es in diesen hohen geistigen
Sphären nur insoweit „
Freiheit”, als sie
durch die
Einordnung in die
Bindungen
des kosmischen Gesetzes sich erringen
läßt, während es niemals eine „
Gleich‐
heit” gab noch geben wird, denn in die‐
sen Regionen herrscht allein das Gesetz
der
Hierarchie, ein Gesetz, das jedem
Einzelnen mit unerbittlicher Notwendig‐
keit die ihm vorbehaltene Stelle anweist.
Der gotische Dom ist das vollkommenste
Abbild dieser hierarchischen, kosmischen
Ordnung! Während die
Mauersteine nach
Tausenden zählen, verringert sich schon
die Anzahl der Steine, die zu
Pfeilern
brauchbar sind, und der
Fialen des Tur‐
mes werden weniger und noch weniger,
bis zuletzt
ein einziger Stein die
Kreuz‐
blume bildet.
.So
verschiedenwertig aber alle diese
Steine auch sein mögen, so sind sie doch
alle zur Harmonie des Ganzen von glei‐
cher
Notwendigkeit, und hierin
allein
kann man einen Ausdruck der „Gleich‐
heit” sehen. Es herrscht eine
absolute
Unterordnung, von der Kreuzblume und
den weithin sichtbaren Fialen des Tur‐
mes an bis zu den verstecktesten Stei‐
nen der Fundamente, die keine andere
Aufgabe haben, als das ganze Gebäude zu
tragen.
.Nicht anders ist es in der geistigen Welt,
deren ewige Harmonie nur durch die un‐
beirrbare Wirkung des hierarchischen Ge‐
setzes gesichert ist.
.Wenn wir das Bild des gotischen Domes
im anderen Sinne beibehalten wollen, dann
ist die verborgene geistige Aufgabe der
Leuchtenden im Urlicht, als Meister des
Tempelbaues, gewissermaßen: ‒ geistige
Hilfeleistung bei der „
Steinmetzarbeit”
der einzelnen an sich selbst arbeitenden
„Steine” die Hilfe
brauchen bei ihrer
Selbstformung. ‒ Es wäre jedoch nutzlos,
daß sich ein geistiger, lebendiger „Stein”
beklagen würde, weshalb er nicht zu einem
Pfeilerstein oder einer
Turmfiale werden
könne, während er vielleicht nicht zu ent‐
behren ist als einer der vielen Mauer‐
steine, die das Gewölbe des Domes nach
außen stützen.
Das „Wissen” des wirklichen Meisters der
kosmischen Baukunst, dem die ewigen
Baupläne vorliegen, ist ein absolut sicheres
Seelenwissen, kein Erschließen und kein
Errechnen, kein Wissen im Sinne einer
irdischen
Wissenschaft.
.Ein Beispiel möge das verdeutlichen. ‒
Jeder Mensch mit gesunden Augen weiß,
daß er bei geöffneten Augenlidern zu se‐
hen vermag.
.Der Vorgang, den wir „Sehen” nen‐
nen, ist aber, wissenschaftlich betrachtet,
äußerst komplizierter Art, und es gehört
eine Menge Denkarbeit dazu, ihn soweit
zu begreifen, wie er gedanklich erfaß‐
bar ist.
.Die Meister halten es in diesem Falle
mit dem allernaivsten Menschen oder dem
Kinde...
.Sie wollen nicht mehr und nicht weniger
als sehen
können, und es genügt ihnen zu
„wissen”,
daß sie sehen.
.Die
irdisch-
wissenschaftliche Untersu‐
chung dieses Vorganges ist für ihre über‐
materielle Welt in jeder Weise belanglos,
aber sie wäre darüber hinaus noch aus‐
gesprochen
schädlich und in höchstem
Grade
verwerflich, denn da hier Tätigkeit
und Untersuchung der Tätigkeit nicht wie
im irdisch-wissenschaftlichen Prozeß des
Erkennens zu trennen sind, so würde
durch die Untersuchung
die Tätigkeit
selbst unmöglich gemacht.
.Mit anderen Worten: auf rein geistigem,
überweltlichen Gebiet läßt sich nur
bei
vollkommenster Naivität absolut sichere
Erfahrung gewinnen, und sehr vieles, was
irdischer Wissenschaft so wichtig erscheint,
daß sich gläubig-fromme Wissenschafter zu
der Hoffnung verstiegen, es müsse wohl
im „
Jenseits” auf alle ihre Fragen „
rest‐
lose Aufklärung” geben, wird auf
gei‐
stiger Ebene nicht nur als wissens
unwert,
sondern als
verderblich betrachtet.
.Man sieht dort in jeder analytischen
Wissens-
Sehnsucht nichts anderes als
das
Unheil, das den Menschen aus dem „
Pa‐
radiese” jagte: ‒ man sieht darin einen
Ausdruck der
Unvernunft, die nicht bes‐
ser handelt, als ein Mensch, der ein Uhr‐
werk, um seinen geheimen Mechanismus
zu ergründen, in scharfe Säuren legen
würde, damit es, in Atome aufgelöst, ihm
Aufschluß gäbe.
.Man weiß in jenen Sphären, daß jedes
analytische Wissen-Wollen zur
entgegen‐
gesetzten Richtung führt, gegenüber dem
kosmischen Gesetz, das aus Kräftepunkten
im Chaos
Formen werden läßt, deren wirk‐
liche Erklärung sich erst in
höchsten gei‐
stigen Formen findet. Man weiß dort, daß
jede
höhere Form die
niedere durchleuch‐
tet, daß aber alles Schließen vom Niederen
aufs Höhere, auch wenn es in gewissen
Grenzen befriedigende Resultate zu ge‐
währen scheint, dennoch ein
trügliches
Erschließen darstellt.
.Dies ist auch der Grund, weshalb es
keinem wirklichen geistigen Meister ein‐
fallen wird, dem Alltagsgeschehen seiner
Zeit, die für seine Zeitbegriffe stets nur
ein winziges Zeit-
Atom bedeuten kann,
mehr Aufmerksamkeit zu widmen, als für
sein persönliches irdisches Leben gerade
unumgänglich nötig ist.
Atavistische okkulte Überbleibsel, wie
„Hellsehen” und ähnliches, sind bei sei‐
ner von Geburt an gegebenen Artung von
vornherein ausgeschlossen.
.Es gibt kein untrüglicheres Zeichen für
einen „falschen” Meister, mag er auch gu‐
ten Glaubens sich für einen geistigen Mei‐
ster
halten, als wenn man etwa von ihm
weiß, daß er „Hellseher” ist.
.Jeder Hellseher sieht nur,
bestenfalls,
verborgene Dinge, die in den Bereich
der unsichtbaren
physischen Welt fallen.
Glaubt er
Geistiges zu sehen, dann ist er
lediglich den Spiegelungen irdisch ent‐
standener Vorstellungsbilder erlegen, die
wie eine Fata Morgana von tausend und
aber tausend Bildern, die
physische, nor‐
malerweise unsichtbare Aura dieses Pla‐
neten erfüllen.
.Es gab auch noch niemals einen wirk‐
lichen echten geistigen „Meister”, der in
irgendeiner Hinsicht etwa „
allwissend”
gewesen wäre! Alles, was abergläubische
Schwärmer oder gewissenlose Betrüger in
dieser Hinsicht zu jeder Zeit zu verbreiten
wußten, gehört in den Bereich der Fabel.
.Würde ein wirklicher geistiger Meister
in Dingen des irdischen Lebens unge‐
wöhnlichen Scharfsinn bekunden, so läge
das lediglich begründet in seiner
persön‐
lichen menschlichen Begabung, denn nie‐
mals würde er in diesen Dingen okkulte
Hilfe in Anspruch nehmen können, ohne
das bindende Gesetz zu durchbrechen,
mit dessen
absoluter Anerkennung aus
freiem Willen er steht und fällt. ‒
Auch ein geistiger „Meister” kann, soweit
sein Irdisches in Frage kommt, noch „
fal‐
len”, aber auch
er nur kann als Irdischer
die einzige „
Sünde” begehen, für die es
„
keine Vergebung” gibt ‒ „
die Sünde
gegen den heiligen Geist”, ‒ die in sei‐
nem Falle widerstrebendes, überhebliches
Ignorieren Dessen in ihm ist, was durch
ihn sich offenbaren will. Er verschwindet
dann aus der geistigen Welt, lautlos, wie
ein erloschener Stern versinkt im Welt‐
raum. Sein Name ist ausgetilgt aus dem
„Buche des Lammes”, das „sieben Siegel”
trägt.
.Gewiß kann das
Ewige eines solchen
Verbrechers im Geistigen niemals mit sei‐
nem geistigen Selbstmord
vernichtet wer‐
den, aber sein
Individualbewußtsein löst
sich in Jahrtausende dauerndem Zerset‐
zungsprozeß allmählich auf im allgemei‐
nen
planetarischen Bewußtsein, und sein
letztes individuelles Wissen um sich selbst
sagt ihm nur, daß er
sich selbst verurteilt
hat, in qualvolle Nacht zu versinken.
.Er ist „
Luzifer”, der gestürzte Leuch‐
ter, der vor dem Throne des Ewigen stand,
und es ist wahrlich
keine „Erfindung
herrschsüchtiger Priester”, daß es, so‐
lange die Erde Menschen tragen wird,
eine „
Hölle” gibt, daß dieser Planet um‐
geben ist von einem Heer von „
Teufeln”,
die nichts anderes sind, als gefallene „
Got‐
tessöhne”, die nach ihrem Fall nicht Ruhe
finden können, bis der Abgrund des Chaos
den letzten Funken ihres Bewußtseins
verschlingt.
.„Der Teufel aber geht umher wie ein
brüllender Löwe und sucht, wen er ver‐
schlingen könne.” ‒
.Unter lebenden Menschen auf dieser
Erde haben sich diese Gefallenen Helfers‐
helfer verschafft, indem sie ihre Jünger
mit allen Fakirkünsten vertraut machten,
denen sie selbst einst abgeschworen hatten.
.Sie erhalten sie in dem Wahn, sie seien
nicht „gefallen”, sondern über ihre ehe‐
maligen Brüder emporgestiegen, sie wüß‐
ten jetzt, daß deren selbstauferlegte Bin‐
dung an ewige Gesetze frommer Trug sei.
Alles, was auf Erden als teuflisch, böse
und gemein gilt, erklären sie ihren Schü‐
lern als erlaubt, und so erhalten sie bis
auf den heutigen Tag im Innern Asiens ein
satanisches Zerrbild der geistigen Gemein‐
schaft des Lichtes, ‒ einen Pfuhl schauder‐
hafter Greuel, dessen giftige Miasmen alle
niedrig stehenden Menschenrassen ver‐
seuchen, die aber auch auf der westlichen
Erdhälfte nicht wenige unbewußte Opfer
fordern. Hierher gehören auch die über
ganz Asien und andere Erdteile verbreite‐
ten Geheim-Bünde, Bruderschaften und
geheimen Sekten, denen der Mensch aus
religiösen Gründen als ein Nichtseinsol‐
lendes gilt, die aber charakteristischer‐
weise in erster Linie die Ausrottung des
weißen Menschen anstreben.
Ich weiß wohl, daß sich so mancher Leser
noch mehr gegen
diese Mitteilungen sträu‐
ben wird, als gegen
das, was ich von
der nun einmal so bezeichneten „
weißen
Loge” sagte.
.Er wird hier den „Aberglauben alter
Religionen” in neuem Gewande wittern.
.Aber die Lehrer der alten Religionen,
die Priester der alten Kulte, waren zum
großen Teil „
Wissende”, und so verhält
sich die Sache
umgekehrt, indem jene al‐
ten Darstellungen ein mehr oder weniger
verschleiertes Wissen um die
Wirklichkeit
bergen.
.Ich trage hier nicht Phantasien vor und
erzähle keine Märchen! Ich spreche nur
von
Tatsachen, die nicht dadurch aus der
Welt zu schaffen sind, daß man ihre Tat‐
sächlichkeit
leugnet.
.Des wirklichen geistigen Meisters unbe‐
streitbares Vorrecht gegenüber anderen
Menschen ist eine
absolute Erfahrungs‐
sicherheit in rein geistigen Dingen und
seine Macht, auf hoher geistiger Ebene
Be‐
dingungen zu schaffen, durch die in nie‐
deren geistigen Sphären bis herab zu der
unsichtbaren
physischen Aura dieses Pla‐
neten nach Möglichkeit Unheil
verhütet
wird.
.Der Kampf gegen seine ehemaligen Brü‐
der, die in ihrem „Falle” alles mit sich
reißen möchten, was sie erreichen können,
ist eine seiner vornehmsten Aufgaben.
.Da aber dieser Kampf
niemals angrei‐
fend, sondern stets nur durch
Verhinde‐
rung der Anschläge geführt werden kann,
wird die Aufgabe in demselben Maße er‐
leichtert, in dem es gelingt, Menschen auf
die Gefahr
aufmerksam zu machen.
.Die Menschen der heutigen Zeit würden
aber niemals die Gefahren, die sie unsicht‐
bar umdrohen, ernst zu nehmen vermö‐
gen, solange der ganze geistige „Meister”
Begriff derart ungeklärt und problematisch
bleibt, wie das bis jetzt der Fall war.
.Solange dem gesunden Menschenver‐
stand noch zugemutet wird, an „Meister”
zu glauben, die auf dieser Erde leben und
gleichzeitig als Halbgötter über dem Le‐
ben des Menschen stehen, solange man
noch an „Mahâtmas” glauben soll, die je‐
den indischen Fakir noch an Trivialität
ihrer Produktionen überbieten, solange
man gar in der Bruderschaft der Leuch‐
tenden eine „Große Schule der Natur‐
wissenschaft” sehen soll (die natürlich un‐
endlich „mehr” weiß als alle Vertreter der
Naturwissenschaft an unseren Hochschu‐
len!), solange kann man es keinem ernst‐
haft Denkenden übelnehmen, wenn er nur
ein mitleidiges Lächeln für die Kunde von
einer solchen Gemeinschaft bereit hat.
.„Geheimnisvoll am lichten Tag” bleibt
trotzdem Vieles, was den vollendeten ech‐
ten geistigen Meister angeht, und man hat
nicht nötig, seine Existenz mit bedenk‐
lichen mysteriösen Schleiern zu drapieren.
Im äußeren Leben ist er
ein Mensch wie
jeder andere und darf niemals seine rein
geistigen Möglichkeiten zur Erhöhung sei‐
nes äußeren menschlichen Lebens miß‐
brauchen.
.Er ist auch keineswegs etwa infolge sei‐
ner Geistigkeit ein menschliches „
Genie”
oder gar ein „
Heiliger”.
.In seinem äußeren Menschenleben wer‐
den ihn nur
sehr geübte Augen zu erken‐
nen vermögen.
.Hier ist er
ein Mensch und nichts weiter!
.Erst auf
geistiger Ebene beginnt seine
„Meisterschaft”, und daß er, als ein irdi‐
scher Mensch, es vermag,
gleichzeitig in
beiden Regionen bewußt zu sein und auch
in der
geistigen Welt
handelnd aufzu‐
treten,
das dankt er dieser Meisterschaft,
die ihm
angeboren ist, und seinem mensch‐
lich gefestigten Willen, der ihn vom einem
gewissen Tage an befähigte, die Spiralen
geistiger Schulung bis zur
Vollendung auf
geistigem Gebiete zu durchlaufen, trotz
aller äußeren und inneren Gefahren und
Hindernisse.
.Geheimnisvoll im
äußeren Leben, ‒
und zwar auch für die Beteiligten selbst, ‒
bleibt
die ständige geistige Verbindung
zwischen einzelnen Meistern, mögen sie
auch an den entgegengesetzten Enden der
Welt leben, und die Verbindung
aller
Meister mit ihrem
verborgenen irdischen
Zentralpunkt im Innern Asiens. Aber kein
wirklicher Meister würde hier jemals den
Schleier lüften, auch wenn es ihm möglich
wäre, und alle die schönen Erklärungen
okkultistischer Bücher, alles Heranziehen
des Allerweltsbegriffes „Telepathie” kön‐
nen niemals die „Methode” einem Men‐
schen begreiflich machen, der sie nicht
selbst auszuüben
imstande ist. Einem sol‐
chen aber genügt es völlig, daß er sie aus‐
üben
kann, und er wird niemals in Ver‐
suchung kommen, sie, und sei es auch nur
für sich selbst, „wissenschaftlich” erklären
zu wollen.
.Allen anderen aber möge es genügen,
zu wissen, daß ein
wirkliches Glied der
„weißen Loge”: ‒ also ein wirklicher
Leuchtender des Urlichtes ‒ auch
durch
Wort und Schrift niemals etwas in Bezug
auf
rein geistige Dinge lehren wird, ohne
völlige Übereinstimmung mit seinen Brü‐
dern und mit seinem wie ihrer aller geisti‐
gen Oberhaupt im ewigen Urlicht.
.Nur für
geistige Dinge besitzt ein
geistiger „Meister”
absolute Gewißheit!
In allen anderen Angelegenheiten und
menschlichen Wissenszweigen hängt seine
Glaubwürdigkeit lediglich von seiner Er‐
fahrung und seinem alltäglicherweise er‐
lernten Wissen und Können ab. ‒
.Möchten diese Erläuterungen dazu die‐
nen, in den geistigen Augen der Menschen
meiner Zeit einen „blinden Punkt” aus‐
zutilgen, der die Ursache ist, daß jedes
Weltbild lückenhaft bleiben muß, wie sehr
es auch im übrigen logisch gefügt und har‐
monisch vollendet erscheinen mag!
.Möge einigen, die „
das Licht” zu
suchen
unternehmen, das Vertrauen erleichtert
werden, daß ihr Weg behütet ist ‒ „
von
den Meistern des lichten Tages”, den Bau‐
meistern am Dome der Menschheit, denen
der
Meister aller Meister die Maßeinheit
des „
Ecksteins” zu eigen gab, der
alle gei‐
stige „Maßgerechtigkeit” in sich enthält!
THEOSOPHIE
UND PSEUDOTHEOSOPHIE
ZUR GESCHICHTE
EINER WORT ‒ ENTWERTUNG
Wenn es den Menschen der westlichen
Welt in ihrer Gesamtheit einmal
möglich
würde, die mancherlei
Narkosen abzu‐
schütteln, die ihnen jede dauernde, klare
Selbstbesinnung rauben, dann müßte ein
Schauder des Entsetzens sie ergreifen bei
der Erkenntnis der grauenvollen Finster‐
nis, die sie umgibt in Bezug auf
geistiges
Wissen.
.Zwar herrscht auf dieser Erdhälfte an‐
geblich das „Christentum” und seine An‐
hänger fußen auf den Schriften der vier
Autoren, die man die „Evangelisten” nennt,
die Bringer der „frohen Botschaft” und
des Lichtes zur Erleuchtung der „Hei‐
den”...
.Nun lassen aber die Schreiber dieser
„Evangelien” ihren hohen Meister also
sprechen zu seinen Jüngern:
.„
Euch ist es
gegeben die Geheimnisse
des Reiches der Himmel zu
erkennen, den
anderen wird alles nur in
Gleichnissen,
damit sie sehen und
doch nicht sehen,
hören und
nicht verstehen!”
.Ein hartes und furchtbares Wort, wenn
alle Menschen ‒ wie man so gerne meint
‒ „vor Gott gleich” wären, wenn „die
andern” demnach etwa ein
Anrecht hät‐
ten, in
gleicher Weise „die Geheimnisse
des Reiches Gottes” zu ergründen?! ‒
.Aber die heiligen Bücher, auf denen
alle christliche Lehre sich aufbaut, wissen
nichts von dieser „Gleichheit vor Gott”.
‒ Sie unterscheiden mit Schärfe und
Deutlichkeit: „Kinder
dieser Welt” und
„Kinder des
Lichtes”. ‒
.Sie lassen ihren Meister davor
warnen,
daß man „das Heilige den Hunden” vor‐
werfe und „Perlen vor die Schweine”
schütte... Vergleiche, die gewiß deutlich
genug sind, um ihn nicht in der Meinung
befangen zu zeigen, alle Menschen seien
„vor Gott gleich”!
.Die alten Berichte über sein Leben und
Sterben lassen ihn
schweigen auf die Frage
des Pilatus:
wer er sei; doch denen, die
erkannt hatten, was „Fleisch und Blut
nicht offenbaren” konnte, gibt er in Ho‐
heit die
Bestätigung und spricht zu ihnen:
.„Ihr nennt mich
Meister, und ihr habt
recht, denn
ich bin es!”
Wo sind nun aber in den vier Schriften,
die man die „Evangelien” nennt,
die Worte
zu finden, die dieser Meister
allein zu sei‐
nen Vertrauten, zu den von ihm
Auserle‐
senen, gesprochen hätte??
.Es finden sich zwar Worte, die auf
eine den
Jüngern allein bekannte Lehre
schließen lassen, aber die
Lehre selbst
wird man vergeblich suchen.
.Die Kirche Roms ist gewiß nicht im
Unrecht, wenn sie die Lehre des Meisters
von Nazareth nicht nur auf dem „
Schrift‐
wort”, sondern auch auf der „
Tradition”
begründet sehen will, allein: ‒ ist diese
„Tradition” nicht längst
verschüttet und
entstellt, ‒ auch wenn wirklich vielleicht
noch da und dort die letzten
Spuren ihres
Daseins bis in diese Tage reichen?
Man sagt, der Meister der Evangelien
habe keinerlei
schriftliche Aufzeichnung
gemacht und hinterlassen.
.Es steht jedermann frei, mir Glauben zu
schenken oder nicht, wenn ich sage, daß
auf diesem kleinen Planeten Menschen
leben, die mit
aller jede sonstige Gewiß‐
heit übersteigenden Sicherheit wissen,
daß der Meister von Nazareth
Aufzeich‐
nungen seiner
geheimen Lehren hinter‐
ließ: ‒ daß die letzten davon noch bis zur
Zeit der Christenverfolgungen existierten
und in Rom von getreuen späteren Jün‐
gern vernichtet wurden, um sie nicht in
die Hände der „Heiden” gelangen zu las‐
sen, ‒ sowie, daß im „
Johannes”-
Evan‐
gelium große
Teile dieser eigenhändi‐
gen Schriften auszugsweise
wiedergegeben
sind, soweit sie in verhüllter Sprache spre‐
chen und als
mündliche Worte in den Text
verarbeitet werden konnten.
.Die dieses wissen, wissen auch, daß die
eigenhändigen Schriften des Meisters in
mancher
Abschrift verbreitet waren, und
daß Auszüge daraus sich auch noch in an‐
deren Schriften fanden,
außer dem auf
uns gelangten Evangelium, das den Namen
„Johannes” trägt.
Damit erschöpft sich das Wissen dieser
Wenigen, soweit es sich auf den Meister
der Evangelien bezieht, durchaus nicht;
aber auch sie sind, wie die ersten seiner
Jünger, einem Gesetze verpflichtet, das
sie als Geheimnis wahren läßt, was nicht
allen gegeben werden kann. ‒ Auch reden
sie zu „den andern” nur in „Gleichnissen”
und verhüllenden Symbolen. ‒
.Sie sind die mit jeder Generation er‐
neuerten Bewahrer eines heiligen Schat‐
zes, der durch sie auf diesem Planeten
erhalten bleibt: ‒ die wahrhaften „Ritter
des heiligen Gral” der Sage, ‒ Aus‐
übende eines geistigen Dienstes zu dem
nur
sehr wenige Menschen in jeder Ge‐
neration befähigt sind, da nur
sehr wenige
jeweils dazu geboren werden.
.Man muß aber „
dazu geboren” sein,
wie ein Mensch dazu geboren sein mußte,
Mozart, ein anderer,
Beethoven zu sein,
und ein Mensch, auch nicht durch allen
Fleiß der Welt etwa ihresgleichen „wer‐
den” könnte.
.Die hier nun gemeinten Männer ‒ un‐
ter denen in Jahrtausenden nur selten
einer
europäischen Blutes zu finden war ‒
sind zu jeder Zeit die
einzigen, die jenes
geheime „Wissen” in höherem oder auch
geringerem Grade besitzen, das der Mei‐
ster der Evangelien besaß, und
er besaß
es
nur, weil er
einer aus ihnen war. Er
wußte aber auch, daß es einen „Andern”
gab, dem er, in gleicher Weise wie seine
geistigen Brüder,
alles verdankte, und
von dem er ehrfürchtig selbst bekannte,
daß dieser „größer” sei als er, der von
ihm sprach. ‒
.Er
konnte den Seinen bei ihm „Woh‐
nungen” bereiten, und er hat sie bereitet,
ja
er selbst lebt in seiner geistigen Form
noch heute unter denen, die seines „Va‐
ters” Söhne sind, denn diese, dem ewigen
Geiste eingeborenen Menschen sind auch
nach dem Vorgang, den man den Tod
des Körpers nennt, im freien Besitz ihrer
Kräfte und nicht, wie „die andern”, den
Gesetzen des Planeten unterworfen.
.Sie sind die einzigen wahren geistigen
„
Meister” auf dieser Erde, die
Leuchten‐
den des Urlichtes, die lebendigen Träger
des ewigen „
Christos”-Geistes, die Trans‐
formatoren ewiger, göttlicher Weisheit in
erdenmenschliches Erfassungsvermögen...
.Wem das unglaublich erscheint, oder wer
seinen frommen Kirchenglauben dadurch
in Gefahr sieht, der möge es bezweifeln;
er wird aber an der ihm unbekannten
Tatsache nichts zu ändern vermögen.
.Die Tausende aus allen „christlichen”
Glaubensgemeinschaften, die in ihrer in‐
neren Seelenkultur über das eifernde Kir‐
chentum hinausgelangten und die wirk‐
liche
Gegenwart ihres Meisters zu fühlen
glauben,
huldigen keinem Wahn!
Man hüte sich aber, wie ich schon sagte,
vor der Annahme, die Leuchtenden des
Urlichtes,
unter denen der Meister von
Nazareth noch heute in seiner Geistes‐
form auf dieser Erde lebt, seien etwa
gleichzusetzen mit den „Meistern”, von
denen gewisse, „theosophisch” genannte
Schriften zu erzählen wissen, oder gar mit
der schon erwähnten „Großen Schule der
Naturwissenschaft”, die in Amerika kre‐
iert wurde und den Stempel der Unecht‐
heit, neben allen hochtönenden, moralisch
tuenden Erklärungen ihres mittlerweile
entlarvten Erfinders für jeden Sehenden
an der Stirne trägt!
.„Es werden
falsche Christi und
falsche
Propheten kommen, die Zeichen und
Wunder tun, daß sie auch die
Auserwähl‐
ten verführten, so es möglich wäre.” ‒
.„Die Kinder
dieser Welt sind aber
in ihrer Art
klüger, als die Kinder des
Lichtes.” ‒
Die „
Söhne des Lichtes” die wirklichen
Vertreter der „
Theo-
Sophia” auf dieser
Erde, sind wahrhaft „Wissende”, aber die‐
ses Wissen ist
anderer Art als das Wissen
irgendeiner
Wissenschaft.
.Allem berechtigten Zweifel entgegen
muß ich bekennen,
daß es ein solches ge‐
heimes „Wissen” für sehr Wenige auf die‐
ser Erde
gibt!
.Es ist ein „Wissen”, das auf
Gewißheit
durch Betätigung gegründet ist und zu
dem keiner kommt, der nicht
von Geburt
an die Fähigkeit mitbringt,
es praktisch
auszuüben, denn es ist kein Wissen „
von”
etwas, kein Wissen „
über” etwas, sondern
besteht nur in einer permanenten
Tat: ‒
in einem bewußten, lebendigen
Einswer‐
den mit dem Gegenstand des Wissens
selbst.
.Der indische Weise Patânjali sagt dem
Sinne nach etwa: „So wie Wasser die
Form
eines Gefäßes, in das man es schüttet, es
ausfüllend,
annimmt, so nimmt der Geist
des Yogi die Form des Dinges an, das er
wissend durchdringen will!” (Daß er nicht
etwa die „Yogis” an Straßen und Tempel‐
pforten meint, versteht sich von selbst!)
.Der Zustand derer, die dieses „Wissen”
sich erwirken können, läßt sich bezeich‐
nen mit den Worten: „
durch Selbstver‐
wandlung wissen”.
.Es gibt
außer diesem geistigen „Wissen”
eine „
Lehre”, die nicht in Worten „ge‐
lehrt” werden kann, ‒ die niemals in
einem Buche niedergeschrieben werden
konnte, weil auch sie einzig der Selbster‐
fahrung zugänglich ist, ‒ und die seit den
ältesten Tagen des zum
Menschentum er‐
wachten Menschentieres, von Meistern,
die „durch Selbstverwandlung wissend”
waren, durch
geistige Übertragung wei‐
tergegeben wurde.
.Auch zum Empfang dieser geheimen
„
Lehre” muß man von Natur aus geeignet
sein, aber es sind immerhin doch
mehr
Menschen zum Empfang
dieser Art von
Belehrung geeignet, als zum Wissen durch
Selbstverwandlung geboren.
.Es gibt ein innerstes, geheimes Reich
des Geistes und geistiger Gewalten, in der
geistigen Region unseres Planeten, dem
alle, die auf Erden leben, ihr
Bestes dan‐
ken!
.Es gibt ein ewiges
Vorleben vor dem
Eintritt des Menschengeistes in diese Welt
der Sichtbarkeit, und es gibt ein ewiges
Fortleben nach dem „Tode” des Erden‐
körpers!
.Es gibt geistige „Wunder”, die jedes
orientalische Märchen noch in den Schatten
stellen und doch Wirklichkeiten sind!
.Aber, was über alle diese Dinge in Wor‐
ten menschlicher Sprache gesagt werden
kann, und was durch eine erhabene Hier‐
archie geistiger Wesenheiten vom „Ur‐
licht” herab bis zu den „Leuchtenden”
auf Erden und durch sie in die Kanäle
menschlicher Sprachen floß, ist
unsagbar
wenig gegenüber dem, was der „
durch
Selbstverwandlung Wissende” seiner
Er‐
fahrung verdankt, der von sich sagen
darf, wie der Meister der Evangelien:
„Alles, was der
Vater hat, ist
mein!” ‒
„Ich aber, und der
Vater ‒ sind Eins!”
Die Gemeinsamkeit der Wenigen, die
„durch Selbstverwandlung wissend” sind,
ist die Darstellung des ewigen „
Christos”
auf dieser Erde, und der Meister der
Evangelien ist einer der höchsten Söhne
dieser geistigen Gemeinsamkeit der Leuch‐
tenden des Urlichtes, die allein den „Va‐
ter”
kennen und also tun können, wie der
„Vater” sie lehrt.
.Die Kirchlichen seiner Zeit nannten
den geistigen Meister aus Nazareth einen
„Fresser und Weinsäufer”, denn sie konn‐
ten es nicht verstehen, daß ein Mensch,
der „aus Gott” sei, also mit den „Sün‐
dern” lebe, ohne die Gaben dieser Erde
zu mißachten.
.Sie wußten nichts davon, daß in ihm
„Das Reich der Himmel”, in dem er gei‐
stig lebte, ‒
nahe herbei gekommen war,
mitten in dieses Leben der Erde, und die
Erkenntnis des Kephas-Petrus war ihnen
fremd: „Herr, zu wem sollten wir gehen?
‒
Du hast
Worte des Lebens!”
.Aber der „Gottessohn” der Evangelien
dachte
niemals daran, seine menschliche
Persönlichkeit als die
einzige Trägerin
dieser Sohnschaft auf der Erde zu be‐
trachten.
.Erst seine späteren Ausleger haben seine
Worte derart mißverstanden, und in
ihrem
Sinne gedreht und verdeutelt. ‒
.Unzählig sind die Irrtümer, die aus der
Nichterkenntnis des
Christos-
Mysteriums
stammen, und mancher irrigen Lehre hätte
man leichtlich wehren können, verstünde
man das Wort: „
Ich bin die Tür; so jemand
durch mich eingeht, der wird selig wer‐
den.” ‒
.So aber wird der „Stein, der zum Eck‐
stein gesetzt ist, von den Bauleuten ver‐
worfen” und die Menschen suchen auf
falschen Wegen, da ihnen der Weg, der
„
Wahrheit” ist und „Leben”, nicht gang‐
bar erscheint.
In unseren Tagen erschien es der Welt als
ein Gebot der Gerechtigkeit, daß das Weib
dem Manne
gleichgestellt werde, und die
Mahnung eines echten geistigen Schülers
seines Meisters, ‒ eines Schülers, der sein
Wissen durch „
geistige Übertragung” er‐
halten hatte, ‒ das Weib solle „schwei‐
gen”: ‒ es solle
nicht lehren in der Ge‐
meinde, da es
weder durch „geistige Über‐
tragung” noch „durch Selbstverwandlung”
wissend werden
kann, wurde als „veraltete
und unwürdige Auffassung vom Wesen des
Weibes” verlacht und verächtlich befunden.
.Mit dem ganzen Vollgewicht seiner ver‐
pflichtenden Erkenntnisbürde muß aber
jeder, dem durch „geistige Übertragung”
oder durch Selbstverwandlung „Wissen”
ward, trotz aller in heiliger Ehrfurcht vor
dem „Wesen des Weibes” begründeten
Verehrung der Frau, die Worte des Paulus
bestätigen, die auch
heute noch zu Recht
bestehen und ihre Gültigkeit auch in Jahr‐
tausenden
niemals verlieren können!
.Man hat nicht umsonst in Indien das
Linga und den
Phallos im alten Hellas
zu allerheiligsten geistigen Symbolen er‐
hoben, ‒ und selbst die Menschen, die
auch nur wenig über das
exoterische Wis‐
sen der alten asiatischen Kulte hinaus zum
höheren
Verstehen kamen, haben doch er‐
kannt, daß man gewisse geheime, hohe
geistige Kräfte
nur dann besitzen kann,
wenn man als Erdenmensch ‒ in natura ‒
besitzt, was diese Symbole darstellen.
Zwitterbildungen waren noch immer,
selbst von den äußerlichsten „Mysterien”
ausgeschlossen, und das Weib hatte stets
nur zu den Vorstufen allgemeiner Beleh‐
rung Zutritt, während nur der Mann zum
„Eingeweihten” werden konnte, obwohl
man auch Frauen wahrlich jederzeit gerne
gab, was sie zu tragen vermochten. (De‐
generierte Mysterienverbände, die bereits
Frauen aufnahmen, konnten das nur, weil
das wirkliche Mysterium von ihnen ent‐
weiht, und ihnen daher längst entzogen
worden war!) Alle höchsten Mysterien in
des Wortes erhabenstem Sinne, ‒ in wel‐
cher Form sie auch in der bisherigen
Menschheitsgeschichte aufgetreten sein
mögen, ‒ sind im Grunde reine, geistige
Sexualmysterien, und „Kundalini”, die
geistgewandelte Zeugungskraft, ist nicht
umsonst den Indern heilig als die höchste
der Yogikräfte, ‒ wenn auch die solcher
Wandlung Kundigen nicht unter den Yogis
zu suchen sind, die der Reisende sieht.
.Alle
geistige Kraftbetätigung braucht
korrelative
körperliche Organe, um über‐
haupt in diesem Erdenleben in Erschei‐
nung treten zu können.
.Ein weiblicher geistiger „Meister” ist
ein Widerspruch in sich selbst, weil eine
Frau die körperlich-geistige
Vorausset‐
zung nicht mitbringen
kann, die sie das
„
Wissen-
Können” eines geistigen Mei‐
sters
praktisch erwirken lassen würde, ‒
denn das verlangt die ausgeprägte und un‐
versehrte
männliche sexuelle Artung! ‒
.Die Frau kann als
Somnambule, als
Seherin geboren sein, aber
niemals kann
aus ihr eine „Initiierte” werden.
.Ihre geistig
höchste Stufe erreicht die
Frau ausnahmslos erst in
nachirdischen
Zuständen durch ihre Verschmelzung: ihre
Einswerdung mit einem
männlich-pola‐
ren, in Göttlichkeit verklärten Menschen‐
geiste, der sie
in sich selbst, in geheimnis‐
voller Vereinung, ‒ wie in einem Taber‐
nakel geborgen, in Liebe eingehüllt, ‒
durch die Unendlichkeit der geistigen
Sphären trägt.
.Man betrachte nur einmal die mancher‐
lei
Männertypen der Evangelien, von dem
Meister angefangen bis zum entferntesten
seiner Jünger, und vergleiche mit allen
diesen Männern und ihrem machtvollen
Wort, ‒ nachdem sie zur Reife gelangten,
‒ die
Frauengestalten, die in den Evan‐
gelien geschildert werden, um zu begrei‐
fen, in welcher Stellung
allein die Frau
einen Platz finden kann, wenn das
Chri‐
stos-
Mysterium des Mannes ihr Dasein
wirksam berühren soll.
.Die beiden Pole des Geschlechtes sind
ewiger Natur und reichen bis ins Innerste
des
Urlichtes hinauf.
.Niemals war eine Frau, wie populäre
Afterweisheit orakelt, „in einer früheren
Inkarnation” ein
Mann, niemals
könnte
sie „in einer späteren Inkarnation” zum
Manne
werden!
.Was heute auf Erden „Mann” ist, war
immer, auch vor Ewigkeiten,
männlich‐
polarer Art in
ursprünglicher Geistnatur,
und was heute auf Erden als „Weib” lebt,
war ewig
weiblich-geistiger Artung aus
dem
weiblichen Sein in der Gottheit her,
die da „Mann” ist
und „Weib”!
.Die absurde Annahme, die Polarität der
Geschlechter sei nur im
Physischen be‐
gründet und könne
wechseln, verrät eine
absolute Unkenntnis der primären Ge‐
setze des Geistes, in dem alle polare Ge‐
schlechtlichkeit, auch die in der ganzen
nichtmenschlichen
physischen Welt sich
auswirkende,
von Ewigkeiten her ge‐
geben ist.
.Daß manche Frauen „lieber Männer
sein” möchten, liegt nur in ihrer
weib‐
lichen Geistesnatur begründet.
.Wären sie jemals Männer „
gewesen”,
so wäre dieser Wunsch ihnen fremd.
.Das, was überdies in normalen Fällen
allein „reinkarniert”, sind lediglich die
nicht saturierten niederen
Seelenkräfte,
die im Seelenkomplex neuer Menschen
immer wieder auftreten, bis der
Impuls,
durch den sie in einem früheren Men‐
schen
geformt wurden, endgültig er‐
schöpft ist.
.Sie können freilich von Männern auf
Frauen und von Frauen auf Männer über‐
tragen werden, aber
ohne die bestimmte
Sexualität ihrer jeweiligen Träger zu ver‐
ändern.
.Jeder Mensch jedoch ist eine völlig
ein‐
zigartige Emanation des mit Individualisie‐
rungswillen „geladenen” ewigen Geistes,
männlicher
oder weiblich-polarer Span‐
nung, ‒
obgleich im Manne auch Weib‐
liches und im Weibe Männliches lebt, ‒
und ein Mensch, der hier auf Erden seinen
Lebensweg vollendet hat, kehrt unter nor‐
malen Umständen
niemals als ein späterer
Mensch auf die Erde zurück.
.Die Fälle
abnormaler Art, in denen tat‐
sächlich „Reinkarnation” in dem plumpen
Sinne exoterischer Lehre eintreten
kann:
‒
Selbstmord,
Tod im frühen Kindesal‐
ter oder
auf gänzlich vertierter geistiger
Stufe ‒ sind für die Regel kaum von Be‐
lang und müssen jedenfalls hier insofern
außer betracht bleiben, als auch bei ihnen
niemals eine Änderung der von Ewigkeit
her gegebenen Geschlechtspolarität ein‐
treten
kann.
Was man heute „Theosophie” zu nennen
beliebt, sagt über diese Dinge freilich
an‐
deres aus, und die gläubigen Bekenner mo‐
derner „Geheimlehren” werden in mei‐
nen Worten einen Angriff auf ihr liebstes
Dogma sehen.
.Aber ‒ ‒
wer ‒ hat diese „Geheim‐
lehren” der Welt in so reicher Fülle ge‐
geben??
.Gehen nicht
alle diese Lehren, geht
nicht
alle diese angebliche „Entschleie‐
rung” geheimer Weisheit, die seit nahezu
einem halben Jahrhundert so manche Ge‐
müter bannte, von einer
Frau aus?
.Einer allerdings in gewissem Sinne „ge‐
nialen” Frau, die manches an echter Weis‐
heit zu erfassen wußte, von dem, was ihr
durch ihre somnambule Veranlagung zu‐
kam, die aber leider auch genötigt war,
sich von
männlichen Kräftebeherrschern
aufs ärgste seelisch
mißbrauchen zu lassen,
weil sie solchen Kräften, als Frau, einfach
nicht gewachsen sein
konnte, und die man
schließlich, von autoritativer Seite her, in
die Irre führen lassen mußte, weil sie
sonst, ohne die Tragweite ihres Handelns
zu ahnen, zu einer „Gefahr für die Welt”
geworden wäre.
.Es war leider eine
Frau, deren Ehrgeiz
hier zu geben
suchte, was nur einer derer
hätte geben
können, die „durch Selbst‐
verwandlung wissend” sind, was aber ein
solcher
niemals in der von ihr gewünsch‐
ten Form gegeben haben
würde.
Man sagt nun: „Sie war ja nur ein Werk‐
zeug in der Hand ihrer „Meister”, denen
sie hingebend diente!”
.Gewiß! ‒ Das ist leider nur allzu
wahr,
und eben darum wurde ihre, in einer Mi‐
schung von Überheblichkeit und blindem
Vertrauen dargebotene Gabe ‒ ein Danaer‐
geschenk!
.In ihren Schriften finden sich Bruch‐
stücke wirklicher, ewiger Weisheit, ara‐
beskenhaft durchschlungen mit dem Aber‐
glauben aller Jahrhunderte und aller Zo‐
nen.
.In ihren Schriften finden sich Ahnungen
höchster Erkenntnis, umwallt von einem
Nebelbrodem scheinbaren „Wissens”, das
aus Grüften düsterster menschlicher Ver‐
irrung stammt, von denen, die es ihr ga‐
ben, für „heilig” gehalten, weil es nur
unter Preisgabe des Heiligsten, das der
Menschengeist besitzt, zustande kam.
.In ihren Schriften finden sich Spuren
uralter Geisteswege, überwuchert von ‒
parodierten ‒ Erklärungsversuchen, die
man ihr gab, um sie zu narren.
.Die
Quellen ihrer Inspirationen sind
äußerst verschiedenwertig, und dem ent‐
spricht bei ihr das jeweils Gegebene.
Die unglückliche Frau mußte ja, ‒ wie
wenn sie eine Art lebender „Telefunken‐
station” gewesen wäre, ‒ infolge ihrer
abnormen somnambul-medialen Veranla‐
gung
alles aufnehmen, was sie aus aller
Welt und darüber hinaus erreichte.
.Es fehlte ihr, als
Frau, die niemals die
erforderliche Gegenprobe auszuführen im‐
stande sein konnte,
jede Möglichkeit ei‐
gener sicherer Kontrolle der
Quellen.
.Vertrauensvoll glaubte sie an die „über‐
ragende Weisheit”, die ihr unter anderem
von einer Seite übermittelt wurde, die
noch heute ein absonderliches Vergnügen
daran findet, „das Wissen der Westlichen”
zu
parodieren, ‒ die noch heute bei „spi‐
ritistischen Sitzungen” und wo sie sonst
eines medial veranlagten Europäers hab‐
haft werden kann, zu diesem Zwecke alle
okkulten Künste spielen läßt, ‒ was frei‐
lich denen, die dieses Gebiet menschlicher
Betätigung nicht aus
über-sinnlicher Er‐
fahrung kennen, recht wunderlich und
unglaubhaft erscheinen mag, obwohl sie
vielleicht selbst schon, geistigerweise, Op‐
fer derartiger Menschen wurden, ohne es
zu ahnen.
.In völliger Passivität verfiel sie den Be‐
einflussungen einer anderen, über ganz
Asien verbreiteten und am tiefstem in ein‐
zelnen Gegenden Tibets wurzelnden Ge‐
heimsekte, deren
religiöse Pflicht es ist,
alle ihr reichlich bekannten okkulten Mit‐
tel aufzubieten, um Europäer zu schädigen
und, wenn möglich, zu vernichten.
.Daneben gingen Einflüsse edler Schwär‐
mer, die sie aus jenen Banden zu
retten
suchten, aber
selbst nur
Talmi statt
Gold
zu geben hatten, und die noch überdies
bedenklich an ihr handelten, indem sie
ihr Beeinflussungsobjekt gerne in dem
Glauben ließen, gewisse
andere Manifesta‐
tionen
physischer Art, die diesem sehr im‐
ponierten, rührten ebenfalls von
ihnen
her, die dann unbedenklich solche Mani‐
festationen für
ihre Zwecke
benutzten.
Die gequälte Frau war nur allzu geneigt,
in kritikloser Eitelkeit
alle Manifestatio‐
nen auf die denkbar
höchste und
edelste
Quelle, deren
Vorhandensein sie auf som‐
nambule Weise in
Erfahrung gebracht
hatte, ‒ mit der sie aber
nie in Berührung
kam, ‒ zu beziehen.
.Es war oft ein wahrer Hexensabbat der
verschiedenwertigsten okkulten Einflüsse
auf das erregbare Gemüt dieser beklagens‐
werten Frau konzentriert, und hätte Herr
Hodgson etwas von den
wirklichen Vor‐
gängen um sie geahnt, dann wären die
„
Proceedings of the Society for Psychical
Research” um einige Nummern reicher,
die in der ganzen Welt an Interessantheit
kaum ihresgleichen fänden. So aber konnte
er nur ihre äußeren
Täuschungsversuche
aufdecken. (Siehe genannte Berichte!)
.Nun sagte ich aber schon, daß man noch
außerdem von
autoritativer Seite her
ge‐
nötigt war,
auf eine indirekte Weise alle
Mitteilungen an jene Frau
verwirren zu
lassen, die sich auf gewisse Dinge bezo‐
gen, deren Geheimhaltung für jeden da‐
von Wissenden strengste Pflicht ist, will
er nicht, daß dem schauerlichen Reich‐
tum an Zerstörungs-Erfindungen, über
den die westliche „Kultur”-Menschheit
verfügt, noch die entsetzlichsten okkult‐
geistigen Spreng- und Auflösungskräfte
beigefügt werden. ‒
.(Wie Feuer und Elektrizität als wohl‐
tätige Diener des Menschen fungieren,
aber auch alles dem Menschen Wertvolle
vernichten können, so wirken jene Kräfte
in der Hand verantwortungsvoller
Berufe‐
ner zum
Segen der Menschheit, während
sie
allen anderen, auch wenn dies gegen
ihren Willen ist, zu
Vernichtungskräften
werden.)
.Man wird begreifen, daß aus allen die‐
sen Einflüssen und Gegeneinflüssen nichts
anderes resultieren
konnte, als das mit den
wunderlichsten Schlingpflanzen durchwo‐
bene Urwald-Dickicht, das in den Schrif‐
ten und den Berichten über das Leben der
merkwürdigen Frau sich weithin ausbreitet.
Aus den seltsamen Orchideen und betäu‐
bend duftenden Dschungelblumen dieses
tropischen Urwaldes sind nun aber die
Kränze gewunden, die man seit den
Erdentagen dieser seherischen, unglück‐
lichen Somnambule in Ehrfurcht auf den
Altären des Tempels der „Meister” opfern
zu müssen meinte...
.Auf den Lehren dieser, für äußere Au‐
gen so abenteuerlich mysteriösen Frau
baut sich schlechthin
alles auf, was seit
ihrer Zeit den Namen „
Theosophie” für
sich usurpierte.
.Männer, die durch ihre
eigene som‐
nambule Veranlagung sich zu dieser Frau,
zu ihren Schriften oder den Berichten
über ihr Leben hingezogen fühlten, unter‐
lagen den
gleichen Einflüssen wie sie,
und „bestätigten” nun in ‒ wie sie es
nannten ‒ „geisteswissenschaftlicher For‐
schung” ‒ was ihre in unterweltlichen
Feuerbränden glühende Prophetin ver‐
kündet hatte.
.Frauen hochsensitiver Veranlagung und
erfüllt von reinster Begeisterung, lebten
sich derart in die Vorstellungswelt ihrer
berühmten Vorgängerin ein, daß sie bald
alles „sehen” lernten wie
Frau Helena
Petrowna Blavatskij es gesehen wissen
wollte, und daß jeder leise Zweifel an
irgendeiner Behauptung, die durch ihre
Autorität gestützt war, ihnen wie ein Ver‐
brechen gegen alle geistige Wahrheit er‐
schien.
.So wurde schließlich ein Boden ge‐
schaffen, auf dem die verschiedensten gei‐
stigen Parasiten nur allzu üppig gedei‐
hen konnten, und ihre Entzündungsherde
durften sich ungehindert immer weiter
ausbreiten, denn es war ja nur allzu leicht,
jede noch so abstruse Lehre entweder
durch die in den Schriften der „Dienerin
der Meister” aufgefundenen Aussprüche
zu stützen, oder aber sie als neuestes Er‐
gebnis der „geisteswissenschaftlichen For‐
schung” auszugeben.
Besonders die
letzte Methode tat immer
ihre Wirkung, denn „geisteswissenschaft‐
liche Forschung” ‒ das klang dem an
die exakt-wissenschaftlichen Forschungs‐
methoden der Naturwissenschaft gewohn‐
ten Abendländer so
vertrauenerweckend,
daß er sich ohne weiteres von beson‐
ders geschickten Begriffs-Jongleuren „For‐
schungsergebnisse” vorführen ließ, die
nur, ‒
bestenfalls, ‒ in der
Selbsthypnose
der „Geistesforscher” zustande gekommen
waren, und nun den Anlaß zu verhängnis‐
vollen, durch mancherlei Nebenmittel ge‐
förderten
Kollektivhypnosen boten...
.Jeder, der die Geschichte der anglo‐
indischen „theosophischen” Bewegung
und ihrer Auswirkungen auch nur einiger‐
maßen kennt, wird unschwer Beispiele
finden, auf die sich meine Worte bezie‐
hen.
.Daß sich diese Bewegung auch in
Indien
ausbreiten konnte, spricht nicht sehr zu‐
gunsten der Urteilskraft moderner, halb‐
europäisierter Inder. Allerdings läßt sich
das Urteilsvermögen vieler
Europäer ge‐
wiß
nicht höher einschätzen, die jedem
Phantasten, ja jedem geschäftstüchtigen
weltbereisenden asiatischen Gaukler, in
Scharen nachlaufen, wenn der vermeint‐
liche „Seher”, „Meister”, „Yogi” oder
wie immer er sich nennen mag, nur einen
exotischen Kaftan oder Ähnliches trägt,
und etwa gar noch möglichst dunkler
Hautfarbe ist. ‒
.Wer es vermag, die Schriften der
Be‐
gründerin dieser Bewegung nicht nur mit
gläubigem Staunen und ehrfurchtsvoller
Befangenheit zu lesen, ‒ wer es wagt,
diese Schriften auch einmal
kritisch durch‐
zuprüfen und wer die Berichte über das
Leben der Verfasserin ebenso kritisch zu
betrachten unternimmt, der wird gar bald
imstande sein, alles, was ich über die
Quellen ihrer Inspiration sagte, selbst be‐
stätigt zu sehen. Er wird auch bald ent‐
decken, daß ein seinerzeit Aufsehen er‐
regender Versuch, die unglückliche Frau
als das Opfer
europäischer Okkultisten
darzustellen, auf völliger Unfähigkeit be‐
ruhte, die Dinge, wie sie
wirklich lagen,
durchdringen zu können.
.Ich glaube nicht, daß ich bei halbwegs
Urteilsfähigen noch genötigt bin, Rechen‐
schaft abzulegen über die Quelle
meines
Wissens in dieser Sache.
.Nach allem, was ich bis jetzt darlege,
mag man mir zwar den Glauben versagen,
wenn man dazu nach Überprüfung dessen,
was sich leicht überprüfen
läßt, noch
den zweifelhaften Mut finden sollte, aber
daß ich, meiner Verantwortung wohl be‐
wußt, aus einer
absoluten Wissensgewiß‐
heit spreche, dürfte wohl auch denen
nicht ganz entgangen sein, die es für ihre
Zwecke lieber gesehen hätten, diese Worte
wären niemals geschrieben worden.
.Auch
ich hätte sie lieber
nicht geschrie‐
ben und mein Wissen still für mich be‐
halten, wenn ich nicht zu ihrer Nieder‐
schrift
verpflichtet wäre.
.Ich spreche in völliger Übereinstim‐
mung mit denen, die Frau
Blavatskij zwar
auf somnambule Weise
ahnte, mit denen
sie in Verbindung zu sein
glaubte, mit
denen sie aber
niemals in irgendeiner
„
okkulten”
oder auch nur der äußer‐
lichsten Verbindung war.
.Unsere Kenntnis der Dinge gründet sich
nicht auf irgendwelche äußeren Beobach‐
tungen, sondern ergibt sich aus einer Wahr‐
nehmungsart, vor der es keine Schleier
und Hüllen geben
kann, so dicht sie auch
selbst unseren
äußeren Augen gezogen
erscheinen mögen.
.Im Namen derer, die „durch Selbstver‐
wandlung wissend” sind und deren stille,
verborgene geistige Gemeinschaft schon
viele Jahrtausende überdauert hat, erkläre
ich, daß
Frau Helena Petrowna Blavatskij
irrte, als sie glaubte, jemals mit einem
aus uns
in direkte okkulte oder äußere
Berührung gekommen zu sein, und daß
sie
keine Ahnung hatte,
wer ihre Inspira‐
toren in Wirklichkeit waren, die Inspira‐
toren der Lehren, die sie selbst mit dem
Namen „Theosophie” zu belegen für gut
fand, durch die willkürliche Benennung
der von ihr gegründeten Gesellschaft, die
vor dieser Umtaufe eine sehr wesentlich
andere Bezeichnung getragen hatte und
sich offen: „spiritistisch” nannte.
Die von ihr verkündeten Lehren sind ein
Mixtum compositum der heterogensten
Vorstellungen aller Zeiten und Völker,
vermehrt durch persönliche Zutaten der
Herausgeberin und ihrer äußerlich helfen‐
den englischen und anderen westlichen
Freunde, und haben mit wahrer „Theo‐
sophie”, so wie das Wort seit manchem
Jahrhundert verstanden wurde, seit es
durch den Apostel Paulus Verbreitung
fand, so wenig gemeinsam, daß es eine
Begriffsfälschung darstellt, sie mit die‐
sem Namen zu bezeichnen.
.Echte „Theosophie” vermag es wohl,
sich in die verschiedensten religiösen Ge‐
wänder zu hüllen, aber niemals kann ein
zusammengeflickter Mantel aus den Über‐
resten der Priestergewänder aller Reli‐
gionen seinen Träger mit „Theo-Sophia”:
‒ mit Gottes-Wissen oder Gottes-Erken‐
nen ‒ begaben.
.Man mag Lao-tse, die großen indischen
und tibetischen Religionslehrer, den Apo‐
stel Paulus und den Verfasser des „Jo‐
hannes”-Evangeliums ebenso als Verkün‐
der wahrer „Theosophie” bezeichnen, wie
die weisheitstrunkenen echten alten mos‐
limischen „Sufi” im alten Persien, oder
den „letzten indischen Propheten” Ra‐
makrischna, ‒ die mystischen Philoso‐
phen Tauler und Meister Eckhard, oder
den noch lange nicht verstandenen geistig
erbheimischen Jakob Böhme, ‒ aber es
geht nicht an, die Niederschläge der ok‐
kulten Besessenheit, die in der „Geheim‐
lehre” der Frau Blavatskij vorliegen, als
„Theosophie” zu deklarieren.
.Das wirkliche Verdienst dieser aben‐
teuerlichen Frau bestand darin, daß sie
der Welt des Westens Hinweise gab auf
die Existenz einer Weisheitsquelle im
„innersten Osten”, die sie, wie Moses das
gelobte Land, zwar
ahnend erschaute, de‐
ren Wasser aber ihre ungestüm heischen‐
den Lippen niemals netzten.
Wie man dieser reinen Quelle, die „von
hohen Bergen fließt”,
wirklich nahe kom‐
men kann, habe ich in meinen Schriften
stets wieder zu zeigen unternommen.
.Wer diese Quelle erreichen will, muß
in seinem eigenen Innern suchen und
hier den „Höhenweg” ersteigen.
.Er bleibe ruhig in seiner, ihm von
Jugend an vertrauten Glaubensform und
übersetze sich das, was ich in meinen
Schriften gebe, in dieser Glaubensform alt‐
begründete Begriffe, wohl bedenkend, daß
ich in
erster Linie für Menschen schreibe,
die in den herrschenden Glaubensformen
kein Genügen fanden und dennoch ihren
lebendigen Gott zu erringen trachten.
.Wer weitere Belehrung zu brauchen
glaubt, und auch zwischen den Zeilen zu
lesen versteht, der durchforsche nur nüch‐
ternen Sinnes die Schriften der oben ge‐
nannten mystischen Philosophen zu de‐
nen noch
Angelus Silesius und
Thomas â
Kempis mit Fug und Recht zu zählen sind.
.Er wähle sich aus, was zu seiner
Seele
spricht, wo immer er es finden mag, aber
er vermeide den Irrtum, als sei „
das Wis‐
sen der Seele”: ‒ die
wirkliche „Theo‐
sophie” aller Völker und Zeiten! ‒ ein
„Wissen” im Sinne einer „
Wissenschaft”.
Als bedürfe dieses „Wissen der ewigen
Seele” einer Förderung durch äußeren
Gesellschaftsverband oder könne jemals
durch das Studium dickleibiger Folianten
errungen werden. ‒ Es würde aber auch
eine Lebensarbeit bedeuten, wollte sich
jemand die Aufgabe stellen, jedes in
der Welt vorhandene schriftliche Zeugnis
wahrhaft geistiger Lebendiger
kennenzu‐
lernen, und ein in solcher Art verbrauch‐
tes Leben würde dabei noch
weitab führen
von dem Wege der Seele zum Licht. Alle,
die solchem Erspüren ihr Leben gewidmet
hatten, sind noch immer zuletzt in tiefster
Seelennot von dieser Erde abgeschieden.
.„Wer suchet, der wird finden, und wer
anklopft, dem wird aufgetan”: ‒ aber nur
stete
Beharrlichkeit beim Suchen und
Anklopfen
im eigenen Innern führt zum
Ziele, das der Meister der Evangelien sei‐
nen Auserwählten zeigte, als er sagte:
.„
Wer an
mich glaubt, der glaubt nicht
an
mich, sondern an
den, der mich
ge‐
sandt hat!”
.„Denn ich habe nicht von mir selbst ge‐
redet, sondern der
Vater, der mich
ge‐
sandt hat,
der hat mir das Gebot gegeben,
was ich reden und was ich lehren soll.
Und ich
weiß, daß sein Gebot das ewige
Leben ist. Darum, was ich rede, rede ich
so, wie es mir der
Vater gesagt hat!”
.In diesen Worten spricht er für Jeden,
der den „Vater”
kennt, mag er in Indien,
China, Tibet, oder aber nun im modernen
Europa sich in seinem Irdischen offen‐
baren.
Die Worte eines Jeden, der lehrt,
wie es ihm der „Vater”
geboten hat, füh‐
ren hin zu
wahrer „Theo-Sophia”, die
identisch ist mit dem urgegebenen, ge‐
heimnisvollen geistigen „
Christentum”
aus dem ewigen „Christos” im Urlichte,
dessen erhabenster Tempel auf Erden
lange
bevor der Meister von Nazareth als
ein ihm Eingefügter die ewige Liebe er‐
leben lehrte, im „innersten Osten” allein
gefunden ward. Hier wird er bestehen
bleiben bis zum Ende der Tage auf dieser
Erde, und, mit ihm für
alle Zeiten die
ewig Verordneten, die ihm eingefügt sind
als „
Priester nach der Ordnung des Mel‐
chisedek”: ‒ der Ordnung, die das
Ewige
sich selbst im Zeitlichen setzt!
.Nur diesen unsagbar wenigen Erden‐
menschen, deren ewiges Geistiges aus der
„Sóphia”: ‒
der Weisheit! ‒ Gottes, als
dem ewigen
weiblichen Pole des substan‐
tiellen Geistes, die Bewußtseinsgestaltung
dazu empfing, ist es nach dieser Ordnung
jemals
möglich, auch ihren irdischen Mit‐
menschen die Erkenntnis und das Wissen
um die
Sóphia in Gott
zu vermitteln!
Umgeben von einer Welt, die sich nur
phy‐
sischen Sinnen offenbart, ‒ dem Außen‐
körper nach
selbst ein Teil dieser Welt, ‒
erschöpft sich dennoch des Menschen Da‐
sein keineswegs in dieser Welt Leben.
.Tief dringt der forschende Gedanke in
das innere Wirken und Weben dieser Welt,
aber
weit Tieferes dieses Wirkens und
Webens bleibt ihm
unerschlossen.
.Geheimnisvolle Kräfte schaffen im In‐
nersten dieser Welt Gestaltung, ‒ wenigen
nur erkennbar. Aber immer wieder lassen
sich Menschen verführen durch den Wahn,
diese Kräfte „
meistern” zu können, indes
diese Kräfte allein
ihren eingewobenen
Gesetzen dienstbar sind, und jeden früher
oder später
vernichten müssen, der sich
töricht vermißt, sie aus ihrer Bahn lenken
zu wollen.
.Dieses
okkulte Reich der Natur, von
dem ich hier rede, hat noch keinem, der
es betrat, letztlich Gewinn gebracht.
.Wie eine Fliege im Netze einer Spinne
gefangen und ausgesaugt wird, so wird
Jeder gefangen, umsponnen und ausge‐
sogen, wagt er sich allzu weit vor in dieses
Reich.
.Und wie ein großes gefangenes Insekt
an dem Netz einer Spinne rütteln wird,
so auch rüttelt der also Vermessene an
dem Gewebe
okkulter Kräfte der Natur,
und seine Anhänger stehen staunend und
sagen: „Seht doch, wie er die okkulten
Kräfte zu bemeistern weiß!”
.Sie ahnen nicht, daß er nur die Fäden
bewegt, die ihn
gefangen halten und bald
völlig fesseln werden, um ihn zu verder‐
ben... Dem
Untergang geweiht, verlockt
er noch
andere auf den
Weg der Vernich‐
tung.
.Nicht in dieser, den
Sinnen faßbaren
Natur, und nicht in den
okkulten Kräften
im Innersten dieser Natur aber erschöpft
sich das Dasein des Menschen, obwohl er
selbst nur als
Wirkung jener okkulten
Kräfte in Erscheinung treten kann, ‒ ob‐
wohl er
selbst sich darstellt als okkulte
Kraft.
.Zwar
ist der Mensch der Erde
selbst
eine dieser okkulten Kräfte der Natur,
aber er ist
zugleich noch
anderes!
.Wohl weiß ich zu verstehen, wenn gesagt
wird: „Es gibt nichts
Übernatürliches!”
‒ „Auch das Unbegreiflichste, das unseren
irdischen Sinnen begegnen kann, ist noch
innerhalb der Natur!” ‒ und wenn man
so die
Einheit allen Lebens für eigenes
Verstehen und Deuten wahren möchte.
.Aber mit solchen Worten
täuschen wir
uns dennoch
selbst; denn es gibt
wahr‐
lich etwas, das von
gänzlich anderer Be‐
schaffenheit ist, als alles, was wir gemein‐
hin, und selbst im
weitesten Sinne, als
„Die Natur” betrachten!
.Es gibt wahrlich etwas, das
nicht inner‐
halb der von uns als „gesetzmäßig be‐
dingt”
erkannten Abläufe des Geschehens
liegt, ‒ das
gänzlich anderen Bedingun‐
gen gehorcht, als alles, was wir als phy‐
sische „Natur” erkennen!
.Wollen wir dieses so völlig Andersartige
auch im Sinne der Alltagsrede zur „Na‐
tur” rechnen, so
verwirren wir nur
in un‐
serer Vorstellung, was
in Wirklichkeit
klar geschieden ist, trotz der allem
über‐
geordneten Einheit.
.Begünstigt wird diese Verwirrung durch
die Nichterkenntnis der, dem allgemeinen
Erkenntnisvermögen „okkulten”, ewigen
Urseinskräfte der Natur, die das einzig
Wirkliche sind in der äußeren Erschei‐
nungen ewigem Wechsel.
.Nur sehr wenige auf dieser Erde ahnen,
welcher Wirkungen diese Kräfte fähig sind,
wie so gar vieles, das man als „übernatür‐
lich” bezeichnete, klargeprägte Wirkung
dieser Kräfte ist.
.So bleibt es denn wohlbegründet, wenn
auch geheimnisvollstes Geschehen als
noch
innerhalb der „
Natur”
verankert be‐
trachtet wird, aber es gibt,
weit über die
geheimnisvollsten Vorgänge innerhalb
der okkulten physischen „
Natur”
hinaus,
Regionen des Geschehens, die völlig un‐
erkannt bleiben, solange man sie in kon‐
tinuierlichem Zusammenhang mit jenen
Möglichkeiten des Geschehens glaubt, die
uns als
naturgesetzlich begründet er‐
scheinen. ‒
Zwei Worte stehen mir zur Bezeichnung
dieser
höheren Regionen zur Wahl: „
Seele”
und „
Geist”.
.In neuerer Zeit gibt es gar viele, die
dem Worte „Seele” höheren Rang an‐
weisen, aber ich glaube, daß schon die
Genesis dieses Wortes innerhalb der deut‐
schen Sprache mir ein Recht geben dürfte,
es als Bezeichnung jenes „flutenden” lich‐
ten
Zwischenreiches zu wählen, das zwischen
dem, was man die physische „Na‐
tur” zu nennen pflegt, und dem urgrün‐
digen, wesenhaften Reiche höchster Kraft
und Weisheit, das ich das Reich des
Geistes nenne, mitteninne liegt.
.Das Reich der
Seele gleicht einem „flu‐
tenden Meere” geheimnisvoller, vom Rei‐
che des Geistes überstrahlter Kräfte, die
alles übersteigen, was in der Region der
okkulten Kräfte der physischen „Natur”
zu finden ist, und die
durchaus unab‐
hängig von jenen Gesetzen wirken, durch
die sich das Wirken der okkulten Kräfte
der physischen „Natur”
bestimmt sieht.
.Auch in dieser Region der Seele ist der
Mensch, gleichwie in der physischen „Na‐
tur”, in seinem Eigentum. Auch hier ist
er selbst ein Teil des unermeßlichen Gan‐
zen, und seine Eigenseele ist ein Komplex
aus Myriaden dieser Kräfte des „Meeres”
der Seele.
.Hier hat er jedoch ein
Recht, sich Kräfte
untertan zu machen! Hier ist es
Gebot für
ihn, die Kräfte
meistern zu lernen! ‒
Zwischenliegend, zwischen den Kräften
der physischen „Natur” und denen des
reinen
Geistes, ist das Reich der „
Seele”
beider
Influenz erreichbar. Seine Kräfte
sind jedoch
nicht etwa den Kräften der
physischen „Natur”
unterworfen!
.Beruf des Menschen ist es, sich selbst,
soweit er Niederem zugehört, dem
Hö‐
heren in ihm
zu Dienste zu geben. Nur
so kann er sich zu
ewiger Gestaltung
schaffen, als individuelle Wesenheit.
.Darum muß er auch noch
über das
Reich der Seele hinaus zu seinem
Ursein,
im Geiste, das er einst verließ, zurück
gelangen.
.Hier erst ist er wirklich in seiner „Hei‐
mat”, und von hier aus erst vermag er es,
sich ewig zu erhalten.
.Hier hat die hohe Gemeinschaft des
Geistes, aus der ich rede, ihren Tempel,
und von hier aus kommt jedem die Füh‐
rung, der ernstlich durch sein Tun nach
ihr verlangt.
Brüder im
Geiste, sind wir, die seit Ur‐
zeittagen,
aus dem reinen Geiste geboren,
in der Menschheit wirkten, hier vereinigt
in Alleinheit: aber „Bruder im Geiste”
ward uns allezeit nur
der, den
wir durch
des Urlichtes „
Wort”
bereitet fanden,
ehe er geboren wurde, sodaß wir ihn, war
er im irdischen Erlebensvermögen durch
uns vollendet, dann in unsere Mitte führ‐
ren durften.
.Torheit hat zu allen Zeiten sich ver‐
messen, auf Schleichwegen uns zu errei‐
chen, aber der unübersteigbare Wall ewiger
Gesetze des reinen, wesenhaften
Geistes,
läßt keinen
auch nur von ferne unseren
Tempel schauen, der sich in selbstgefälli‐
ger Überheblichkeit etwa berufen glauben
sollte, den Weg zum
Geiste zu finden,
ohne
den einzigen Weg zu gehen, den der
Geist seit Urzeittagen allen, die ihn suchen,
selbst bereitet hat.
.„
Keiner kommt zum Vater,
außer
durch mich!” ‒ So durfte daher vor Zei‐
ten einer der Unseren sprechen, der wahr‐
haft „
Weg” geworden war ‒ doch man
verstand ihn nicht und machte aus ihm,
‒ der Vorstellungswelt seiner Zeit ent‐
sprechend, ‒ einen menschgewordenen
Gott.
.Er aber war wahrhaft „Gottessohn”, ge‐
nau so wie seine geistigen Brüder
aus
dem reinen Geiste geboren, und verhehlte
nicht, daß in seines Vaters Hause „
viele”
Wohnungen sind. ‒
.Er wehrte und sprach: „Was nennst du
mich gut? ‒
Gott allein ist gut!”
.Nicht er trägt Schuld, wenn eine Lehre
sich um seinen Namen rankt, die, ‒ alter
Götterlehren Frucht, ‒ aus ihm den
Menschengott dieses kleinen Planeten
schuf.
Wohl war er strahlender vom Urlicht
durchglüht, als jener indische Königs‐
sohn, den die Welt als Gautama, den
Buddha, kennt, denn in dem Buddha lebte
nur ein Mensch, der Licht
erlangte, nicht
einer, der
im Lichte des Geistes geboren
war. ‒
.Nicht
selbst zum „
Wege” geworden war
dieser Buddha! Nicht vom Geiste als Weg
bereitet! Nur seine unermeßliche Liebe
zu aller Kreatur ließ ihn einen Weg
er‐
graben, der zur Erleuchtung, zu geistigem
Lichte, aber nicht zur wirklichen
Wieder‐
erlangung geistiger Gotteinheit führt,
wenn dieser Weg auch zuletzt, in gewissen
Abzweigungen, dahin führen
kann, aber
dann
nicht mehr der
historisch bekannte
Weg des Buddha ist, sondern
uralten an‐
deren Wegmarken folgt.
.Man ist geneigt in unseren Tagen, die
merklichen Unterschiede zu
verwischen,
die von der Lehre dieses Weisen scharf die
lebendige Geistesmacht des Meisters aus
Nazareth
trennen.
.Man wird erst erkennen lernen müssen,
wer dieser Meister
wirklich war, der von
sich sagen durfte, daß er „
der Weg,
die
Wahrheit und
das Leben” sei. ‒
.Man wird erst verstehen lernen müssen
weshalb er berechtigt war, zu sagen: „Wer
nicht
mit mir ist, der ist
wider mich, und
wer nicht mit mir
sammelt, der
zerstreut”.
.Ich rede jedoch hier von der
historisch
gegebenen Erscheinung jenes Mannes, von
dem die Evangelien künden, ‒ nicht von
der Gestalt des Kultes, die der Glaube
Vieler mit ihm identisch glaubt!
.Ich rede ebenso nur von dem Manne,
der als Gautama, der Buddha, die Lande
Indiens als Lehrender durchzog.
Scharf von diesen
menschlichen Persön‐
lichkeiten zu trennen ist die erhabene
göttliche Wesenheit, die bei den nörd‐
lichen Buddhisten als höchster himmli‐
scher „Buddha”, bei den Christen als
„Christus”, im Sinne einer „Person in der
Gottheit”, Anbetung und Verehrung findet.
.Die theologische Vermischung einer
menschlichen Erscheinung auf dieser Erde
mit der
höchsten Selbstdarstellung des
ewigen Urlichts: ‒ des ewigen Geistes,
als
individuelle höchste
Geisteswesenheit,
trägt nicht zum wenigsten Schuld daran,
daß man weder in Wahrheit erkennt,
wer der Meister aus Nazareth war, noch
zur hohen Erkenntnis des „Logos”, des
„
Wortes”, das „
Gott” ist, der
individua‐
lisierten Selbstaussprache des ewigen Ur‐
lichtes gelangt.
.Diese höchste individualisierte Selbst‐
darstellung des Geistes ist aber
der ewige
Ausgangspunkt aller geistigen Hierar‐
chien, bis herab zu den wenigen geistig Er‐
wachten dieser Erde, in denen diese Hie‐
rarchien ihre letzte Auswirkung finden, ‒
die sie sich selbst bereiten, um die Verei‐
nigung des Menschengeistes mit eben die‐
sem ewigen Ausgangspunkt im Bewußtsein
des Erdenmenschen wieder herzustellen.
Erstes und Letztes ist so in theologischer
Lehre vermischt ‒ nur wenigen erkennbar.
Auf jener Höhe, zu der Gautama, der
Buddha, dringen konnte, hat das
Gebet
kein logisch erweisbares Recht mehr, aber
‒ es gibt einen
weitaus höheren Zustand,
den selbst der höchste Aufstieg des Buddha
nicht erreichte, der nicht
erstiegen, der
nur mit Geistesflügeln „
erflogen” werden
kann, und in
diesem Zustand, gotteinig im
reinen Geiste, wird das Gebet erst wahr‐
haft
Ausdruck innigster Vereinigung des
individuellen ewigen Geistesmenschen
mit dem Urlicht, aus dem er lebt.
.Hier erst wird offenbar, was das Wort
des Meisters von Nazareth besagen will:
„Bittet, so wird euch gegeben, suchet, so
werdet ihr finden, klopfet an, so wird euch
aufgetan.”
.Und weiter: „Um was immer ihr den
Vater in meinem
Namen bitten werdet,
das wird er euch geben.”
.Er aber, der allen, die an ihn glaubten
und sein Wort lebten,
ewiges Leben ver‐
hieß, wußte gar wohl, daß
mehr dazu ge‐
höre, als was „Natur”, ‒ was „Fleisch und
Blut” offenbart, ‒ um ihn zu verstehen.
.Er spricht von denen, die „draußen”
sind, die „mit sehenden Augen sehen und
doch nicht erkennen, mit hörenden Ohren
hören, und doch nicht verstehen”.
.Es wird aber
allezeit solche geben, die
„draußen” sind...
.Wer noch die okkulten Kräfte innerster
physischer „
Natur” zu beherrschen strebt,
wer sich als Lehrender gebärdet, ohne zu
ahnen,
woher ihm seine vermeintliche
Weisheit kommt, wer noch im tiefen Dun‐
kel steckt und dennoch anderen als Leuchte
gelten möchte, wer seines Denkens Mei‐
nung wie ein Götzenbild verehrt, wer
jenen einen Weg zum Geiste, der ihm
gangbar wäre, nicht betreten mag, dem
können wir, so tief wir ihn in seinem Wahn
bedauern, nicht des Geistes Hilfe senden.
.Wer da in „blinder Nichterkenntnis”
glaubt, im Reiche der Seele geborgen zu
sein, ohne die Kräfte dieses Reiches wahr‐
haft zu bemeistern: ‒ auch der wird ver‐
geblich nach „Geisteshilfe” rufen.
.Erst wer den okkulten Kräften der irdi‐
schen „Natur” sich entwindet, die Kräfte
der Seele zu meistern weiß, und alsdann
höher strebt, dem Reiche des reinen Gei‐
stes zu, dem gewährt der Geist seine Hilfe,
weil sie dann erst aufgenommen werden
kann, ‒ und nur, wem der Geist zu hel‐
fen gebietet, dem dürfen wir, aus des Gei‐
stes Kräften, Hilfe bringen.
.Er wird befreit von allem niederen
Herrschaftsverlangen, und
im reinen Gei‐
ste, davon er vor Ewigkeiten ausgegangen,
wird er wieder erneut das ihm ehedem
eigene Bewußtsein erlangen.
.Lebendig geworden im
reinen Geiste
wird er der
Liebe leben, wissend,
daß
nichts Bestand im Geiste hat,
das der
Liebe unwert ist, ‒
nichts, das seinen
Haß erregen
könnte. ‒
Schmähsüchtige Ohnmacht hat schon vor
Tausenden von Jahren vergeblich versucht,
die Gemeinschaft im reinen Geiste, von
der meine Worte zeugen, mit giftigem
Geifer zu besudeln, aber noch immer fiel
solcher ekle Auswurf auf den zurück, der
uns zu beschmutzen gedachte.
.Es leben mit uns im reinen Geiste
die
Ewiglebenden, denen einst solches blinde,
geifernde Wüten galt, aber vergeblich
würde man in allen Reichen der kosmi‐
schen physischen „Natur”, im Reiche der
Seele, im Reiche des
reinen Geistes, auch
nur
eine letzte Spur ihrer einstigen, un‐
säglich törichten Widersacher zu finden
suchen.
.Nichts Unreines kann das ewige Leben
im reinen Geiste erlangen!
.„Denn
draußen sind die Hunde und
die Zauberer und die Hurer und die Tot‐
schläger und alle, die
lieb haben und
tun
die Lüge.”
.„Selig aber, die zum Abendmahl des
Lammes
berufen sind!”
.Also steht es geschrieben seit zwei Jahr‐
tausenden, und der das einst schrieb, der
wußte wohl, von wannen ihm der
Ruf zum
Schreiben kam, sodaß zu wissen nottut,
daß wenig von dem, was man ihm zu‐
schreibt, wirklich von ihm geschrieben ist.
.Er sprach, wie so mancher andere Be‐
rufene, von den
gleichen Dingen, von de‐
nen ich heute in
anderen Bildern rede.
.Die Gemeinschaft des Geistes, die sich
ihm offenbarte, hat sich zu jeder Zeit der
zeitgerechten Symbole bedient.
.Verschieden in allen Völkern und Reli‐
gionen sind die
Formen ihrer Offenbarung,
aber wer sie auch nur in
einer Form
er‐
reichte, der hat
sicheren Boden unter
den Füßen! ‒ Er geht den Weg, den der
Geist bereitet hat,
wie immer er diesen
Weg zum Geiste auch benennen mag.
Sind doch von geistig dazu Berufenen,
selbst in den so streng durch den Koran
bestimmten Formen des Islam zu ver‐
schiedenen Zeiten immer wieder die
innersten Offenbarungen substantiellen
ewigen Geistes wahrlich ebenso vernom‐
men worden, wie sie der indische ‒ ech‐
te ‒ Yogi oder der antike Myste im al‐
ten Hellas vernahm!
Alle Religionen der Welt rufen den Men‐
schen in irgendeiner Art zur
Umkehr, zum
Wiedersuchen und Wiederfinden seiner
geistigen Urheimat auf, wie verschieden
auch die
Vorstellung von dieser „
Urhei‐
mat im Geiste” sein mag, wie verschieden
der
Weg, der beschritten werden soll.
.Allen Religionen gemeinsam ist die Er‐
kenntnis, daß diese Urheimat im Geiste
nicht den gleichen
Zustand aufweist, in
dem sich der Mensch hier auf der Erde
findet, und daß dieser nun wieder
neue
Zustand nur
erreicht werden könne durch
irgendwelche
Veredelung des Tuns, durch
Unterordnung niederer Impulse unter die
höheren und
höchsten, die im Menschen
gefunden werden.
.In fast allen Religionen ist die Vorstel‐
lung einer
individualisierten Selbstdar‐
stellung des ewigen Urlichtes als Spur
einer tiefen Wirklichkeitserkenntnis zu
finden. Nur im Taoismus, dem Shintoismus
und im Glauben der
südlichen Buddhisten,
der „Hînayâna”-Schule, findet sich diese
Erkenntnis
nicht, aber es ist dennoch irrig,
diese Religionen schlechthin „atheistisch”
zu nennen, nur weil ihre Vorstellungen
vom Göttlichen sich nicht über das unge‐
formte Meer göttlichen Seinsgrundes zu
erheben wissen.
.Der Buddhismus des
Nordens, die Schule
des „Mahâyâna”, der „
großen Überfahrt”
im Gegensatz zur „kleinen Überfahrt”,
dem „Hînayâna”, zeigt dagegen die Vor‐
stellung einer individualisierten Selbst‐
darstellung des ewigen Urlichtes in rein‐
ster Ausprägung in seinem himmlischen
Ur-
Buddha, „Adibuddha”, auch wenn die
einzelnen Lehrmeinungen die Reinheit
dieser Vorstellung sehr verwischen. Es
ist möglich, daß diese Vorstellung
gno‐
stischen Ursprungs ist, und erst in recht
später Zeit über Persien und Turke‐
stan nach Nepal und Tibet gelangte, um
von da aus ihre weitere Ausbreitung zu
finden.
.Gnostischer Erkenntnis entstammt der
„Logos”-Begriff. Hier aber, in dem „Wort”,
das
aus Gott ist, und Gott
ist, steht nichts
anderes vor uns, als die
Selbstaussprache
des ewigen,
unfaßbaren Urlichts in einer
individualisierten geistigen Gestaltung,
und diese Erkenntnis geistiger Wirklich‐
keit gelangte in die Lehre des
Christen‐
tums, wo sie völlig der durchaus anders
gearteten „Gottessohnschaft” des Meisters
von Nazareth vermischt wurde, so daß der
„Gesalbte”, der
Christos der Evangelien,
nun schon seit fast zweitausend Jahren
als: „menschgewordener” Logos aufgefaßt
und angebetet wird.
Im Grunde zeigt aber die gnostisch-alexan‐
drinische Logos-Lehre nur in aller Klarheit
die Erkenntnis einer
Wirklichkeit, die
allen ‒ wie man zu sagen pflegt: „persön‐
lichen” Gottesvorstellungen
ihre volle Be‐
rechtigung gibt, ‒ ‒ vorausgesetzt, daß
sie nicht
in anthropomorphe Ungeistig‐
keit ausarten, die dann dazu führt, einen
„persönlichen Gott” über den Wolken zu
erträumen, der nichts weiter ist, als ein
mit göttlichen Machtvollkommenheiten
ausgestatteter „irdisch-allzuirdischer” Po‐
tentat.
.Landläufige christliche Gottesauffassung
ist leider nicht allzuweit entfernt von sol‐
cher Vorstellung.
.Es gibt dann nur zwiefache Möglichkeit
für den Menschen, diesem himmlischen
„König” zu nahen.
.Entweder man fürchtet,
sein Ohr nicht
zu finden, wenn man persönlich,
ohne Für‐
sprache, vor ihn treten wolle, und sieht
sich so nun in guter, alter, höfischer Art
nach
geistigen Vermittlern der Beziehung
um, oder ‒ man
verschmäht in stolzer
Selbsteinschätzung jede Vermittlung, und
glaubt sich berechtigt,
allein und
ohne
„Fürsprech”, die Beziehung anzuknüpfen.
.Beiden Auffassungen eignet eine unsäg‐
lich enge, irdisch gebundene Vorstellung
göttlichen Wesens, ‒ auch
wenn man
glaubt, seinen Gott in durchaus „vergei‐
stigter” Weise zu empfinden.
.Was so empfunden wird: ‒
der „Gott”,
mit dem man auf eine
dieser beiden Arten
in Beziehung treten zu können glaubt, ist
stets ein
erträumter Gott!
Wie kleinräumig und dabei:
wie überheb‐
lich und vermessen ist doch eine Vorstel‐
lung vom
ewigen Ursprung allen Seins,
die es fertigbringt, die Gunst ihres Gottes
durch
Fürsprache erlangen zu wollen, oder
aber dazu verleiten kann, direkte Zwie‐
sprache mit dem
Urlicht zu suchen, ohne
zu bedenken, daß dieses
Urlicht, wie nicht
minder seine ewige
Selbstaussprache in
individualisierter Form, so
alle mensch‐
liche Fassungskraft übersteigt, wie die
größte der Feuersonnen des physischen
Weltalls ein glimmendes Fünklein im
Herdfeuer überstrahlt!
.Wäre nicht vom ewigen, allesumfassen‐
den Geiste aus dem Urlicht allen Seins
ein
gangbarer Weg bereitet, dann könnte
wahrlich
kein Menschengeist jemals zu sei‐
nem ewigen Ursprung zurückgelangen.
.Dieser „Weg” ist aber der
gleiche, den
der Geistesmensch einstmals durchlaufen
hat, bevor er sich dem Menschentiere der
Erde einte.
.Unbeschreitbar wäre er dem Menschen
dieser Erde, wenn einst
alle Geistesmen‐
schen gemeinsam „gefallen” wären.
.So aber ist es immer nur eine geringe
Zahl, die diesem „Falle” erliegt, auch wenn
es sich um
Myriaden handelt, die nun im
Laufe der Jahrtausende, auf diesem und
anderen Planeten, das Leben des Tieres
teilen müssen
zu ihrer Zeit.
.Einige aber, die
nicht in des Tieres kör‐
perliche Erscheinung fielen, leben seit Ur‐
zeittagen,
von göttlicher Liebe und Er‐
barmen durchglüht, freiwillig
in unsicht‐
barer Gestaltung hier auf dieser Erde, um
den gefallenen Brüdern den Weg zurück
zum Urlicht offen zu halten, geleitet von
einem der
urgezeugten Geistesmenschen
der
Urwelt des reinen Geistes, der niemals
seinen Urort im „
Worte” das da „
Gott”
ist, verließ.
Diese Wenigen wußten schon seit unvor‐
denklichen Zeiten, Menschengeister, noch
ehe sie im Menschentiere geboren werden
mußten, so zu bereiten, daß sie, einmal
geboren, jenen Zustand erreichen konn‐
ten, der für den Menschengeist die Brücke
bildet, auf der er hinüberzuschreiten ver‐
mag zu den ersten Landzungen jener se‐
ligen Überwelt des Geistes,
aus der er
selbst sich durch seinen Fall einst ver‐
bannte.
.Die so
Bereiteten unter den Menschen
dieser Erde, sind hier durch das Ewige,
das in ihnen sich selbst offenbart,
die
„
Leuchtenden des Urlichtes” geworden,
jene Wenigen, die man, um einen nun ein‐
mal vorhandenen Ausdruck zu gebrauchen,
auch: ‒ die „
älteren Brüder der Mensch‐
heit” nennen mag, ‒ „älter”, weil sie
schon vor
tausenden von Jahren, im Men‐
schentiere der Erde geboren worden
wä‐
ren, hätten sie nicht aus freier Entschlie‐
ßung, obwohl
auch sie zu jenen Geistes‐
menschen gehören, die dem
Falle erlegen
waren und sich nun dem Tiere einen
mußten, ihren wenigen
nichtgefallenen
Brüdern, die hier in geistiger Gestaltung
leben, sich dargeboten, um gleichsam zu
menschlichen Sammellinsen der Strahlen
des Urlichtes bereitet zu werden.
.Diese Bereitung aber bedingte auch, daß
sie
schon seit Jahrtausenden ihren nicht‐
gefallenen, in Erbarmen und Liebe bei
den Menschen der Erde in geistiger Ge‐
staltung verharrenden Brüdern, bei deren
Erleuchtungs- und Erlösungswerk
dienen
mußten, und auf diese Weise schon gar
lange
vor ihrer Geburt im Tiere, auf dieser
Erde helfend wirkten.
.Nicht jedem aus ihnen ist auf dieser
Erde, sobald er einmal im Tiermenschen
in Erscheinung tritt, die
gleiche Aufgabe
gestellt.
.Jeder aber ist seinem
besonderen Rufe
verpflichtet, und hört
allein auf ihn, ei‐
nerlei ob ihn dabei das Leben auf dieser
Erde zu Ehre, Glanz und Reichtum führt,
oder zu Armut, Niedrigkeit, Marter und
Verachtung.
.Entzieht er sich dem, was ihm das ir‐
dische Leben nun einmal bringen muß, so
fällt er tiefer als er je gefallen war, und
es macht keinen Unterschied,
welchen
Formen der Schicksalsgestaltung er sich
entzog, ‒ seien sie irdisch erfreulichster,
oder unerfreulichster Natur ‒ denn nie
kann einer hier seinem Rufe,
allen Anfor‐
derungen gemäß
genügen, ohne der Art des
Lebens zu entsprechen, die ihm in weiser
Lenkung widerfährt,
damit er dem Rufe
folgen
könne, der speziell
an ihn erging.
Diese denkbar subtilste Vereinung im
Geiste Lebendiger wirkt auf Erden mit
einer Art „magnetischer” äußerlich un‐
wahrnehmbarer, rein geistiger Gewalt auf
alle Menschengeister, die bereits des Auf‐
stiegs fähig sind, und zieht sie empor in
einen geistigen Zustand, der dem ihrer
Glieder gleicht, doch mit dem einen Un‐
terschied, daß ein also zum Erwachen ge‐
langter Geistesmensch nur zum Weiter‐
schreiten sich erhebt, und zu dem Hilfs‐
werk, das die geistige Gemeinschaft der
Leuchtenden ohne Unterlaß selbst voll‐
bringt, weder verpflichtet noch befähigt
ist, denn dieses bedingt, wie ich schon
sagte, eine Vorbereitung von Jahrtau‐
senden.
.Ein so durch die unsichtbare Hilfe der
geistgeordneten Helfer Erwachter aber
wird nach dem Tode des Menschentieres,
mit dem er auf Erden vereinigt lebte, all‐
sogleich fähig werden, den nächsthöhe‐
ren Geisteszustand zu erreichen, in dem
jene Nichtgefallenen in geistiger Gestal‐
tung leben, deren eigenstes
Werk die
Gemeinsamkeit im reinen Geiste darstellt,
die hier auf Erden in tiermenschlicher
Erscheinung lebt, ‒ da sie ununterbro‐
chen, im Irdischen wirkend, von ihnen
geistige Impulse erhält, ohne die ein
Erdenmensch niemals zum Offenbarer des
in ihm sich offenbarenden Ewigen wer‐
den könnte.
.Hier gibt es nun einige Wenige, die der
Erde „gestorben” sind im Tiere, und die,
sobald sie diesen höheren Zustand
er‐
reichten, gleich jenen Nichtgefallenen,
aus
Liebe und Erbarmen bei den Menschen
der Erde unsichtbar verbleiben, das Hilfs‐
und Erlösungswerk jener Nichtgefallenen
fördernd, soweit das durch eine Art Akku‐
mulation des Willens möglich wird.
.Fast alle aber,
außer diesen Wenigen,
die der Buddhismus des Nordens als „
Bod‐
dhisatras des Erbarmens”, die ältere
christliche Kirche aber als ihre „
Heili‐
gen”, „
Engel” und „
Erzengel” kennt, ‒
(auch die späteren „Vierzehn Nothelfer”
gehören hierher!) ‒ streben von diesem
höheren Zustand des Geistes aus
wieder
weiter empor, und so durchläuft der Men‐
schengeist in nicht mehr irdisch zu be‐
messenden Zeiten, allmählich jeden, stets
höheren Zustand der Hierarchien des Gei‐
stes, bis er zu jener höchsten Urwesen‐
heit im Geiste gelangt, ‒ zur Selbstaus‐
sprache des Urlichts, ‒ zum „
Worte”,
das „
Gott” ist, zurück, um
in ihm,
ewig
vereint,
sein höchstes individuelles Gei‐
stesmenschentum für alle Ewigkeiten zu
finden, schon lange vorher mit seinem
geistesmenschlichen erotischen Gegenpol
vereint, als „
Mann und Weib” im Geiste.
.Auf solche Weise findet der einst „ge‐
fallene” Geistesmensch vom Tiere der
Erde
zurück in seine
Urheimat im ewi‐
gen,
reinen Geiste, in die „Welt” der
Se‐
ligkeit und
Klarheit die
gänzlich an‐
dersartiges „Leben” kennt, als es auch
in den geheimnisvollsten Regionen der
Allnatur, zu der diese Erde gehört, zu
finden ist!
Nicht „
ferne” dieser physischen Allnatur
ist die Welt des
reinen Geistes, und das
Meer der
Seelenkräfte, dem der Men‐
schengeist die Möglichkeit
seiner indivi‐
duellen Formung dankt! Dennoch klafft
aber eine Kluft zwischen
allem,
was zu
dieser physischen Allnatur gehört, und
der
Welt des reinen Geistes, die
nie‐
mals überbrückbar wäre, hätten nicht
jene Nichtgefallenen, die in geistiger Ge‐
staltung bei den gefallenen Menschen‐
geistern verblieben, seit Urzeittagen die
einzige „Brücke” gebildet und erhalten,
auf der die Rückkehr zum Leben im ewi‐
gen Geiste
möglich ist.
.Erst nach
vollendeter Rückkehr,
verei‐
nigt mit dem „
Worte”
das „
Gott”
ist,
schaut der Geistesmensch die Gottheit,
wie sie ewig ist und wirkt „
von An‐
gesicht zu Angesicht”, aber
nicht von
außen her, sondern
in sich selbst.
.Erst
dann „erkennt” er, wie auch er
„erkannt wird”!
Aber schon am ersten Anfang dieses un‐
ermeßlichen Weges kann sein „
leben‐
diger Gott” sich in ihm gebären, in
menschlich empfindbarer Form.
.Der „
lebendige Gott” des erwachenden
oder erwachten Menschen auf dieser Erde
ist gleichsam
ein unfaßbares Fünklein
aus dem ewigen Strahlenlichte des „Wor‐
tes” das da „
Gott” ist von Ewigkeit zu
Ewigkeit, und das
selbst das Urlicht in
seiner Selbstaussprache als Urwort
ist, ‒
so wie es „gleichzeitig” sich
selbst als
ewi‐
ge „
Gottheit” erfaßt.
.Um letzter Klarheit willen, sei hier der
Vergleich erlaubt mit einer der Kräfte
des physischen Universums, die der Mensch
sich dienstbar zu machen wußte:
.So wie elektrische Kraft ein haardünnes
Fädchen zum Glühen und Leuchten brin‐
gen kann, wie aber der Strom der
glei‐
chen Kraft, der eine große Stadt versor‐
gen soll,
in seiner ganzen Stärke ge‐
braucht, diesen Kohlenfaden
im Augen‐
blick vernichten würde, so würde auch
das Fassungsvermögen des irdischen Men‐
schen im Augenblick vernichtet sein,
könnte es unbereitet
dem Strahlenglanze
des ewigen „
Wortes” und damit
dem Ur‐
lichte selber nahen, ‒ während erden‐
menschliche Fassungskraft es
wohl vermag,
jene
unendlich zarte Durchströmung zu
ertragen, die im Innersten des seelischen
Innern jenen „
Abglanz des Vaters”: ‒
jenen leuchtenden Stern erzeugt, in dem
ihm allein sein „
lebendiger Gott” auf die‐
ser Erde
erfaßbar werden kann, will er
des Erdgeborenen Bewußtsein nicht zer‐
stören durch seines Glanzes Fülle.
.Beschreitet dann der endlich Erwachte
den einzigen Weg, der wirklich zurück in
die
Urheimat des Geistesmenschen führt,
so leuchtet ihm dieser Stern voran und
wird mit jedem errungenen höheren Zu‐
stand
lichter und
strahlenreicher, bis er
zuletzt, im unnennbaren Glanze des ewi‐
gen „Wortes”: ‒ im sich selbst gebärenden
ewigen Urlicht, ‒
sich mit ihm selber für
alle Ewigkeiten eint.
Das ist, nach menschlichem Vermögen dar‐
gestellt, der Weg, der den Geistesmen‐
schen nach seinem Falle wieder aufwärts
führt!
.Das ist,
was es zu fassen gilt, will man
den Weg zum wesenhaften Geiste,
den
einzigen gangbaren Weg für den Men‐
schengeist, in seiner
Wirklichkeit erken‐
nen, den Weg, den im Grunde alle geistig
befruchteten Religionen auf dieser Erde
erahnen, und nach ihrer Weise finden
lehren wollen.
.Wer da etwa glaubt, daß er
andere Wege
zum Geiste zeigen könne, der betrügt sich
selbst, ‒ und wenn er auch aus bester Ab‐
sicht handeln sollte, so führt er dennoch
nur sich selbst und alle die ihm folgen,
qualvoller seelischer Wirrsal zu,
hier schon,
und durch Aeonen
nach dem Erdentode:
‒ wenn nicht zu völliger Bewußtseinsauf‐
lösung, ‒ zum ewigen „
geistigen Tode”,
von dem es
kein Erstehen mehr gibt...
.Unbeirrbar wirken die „Gesetze” des
ewigen geistigen Reiches und keine Macht
und Weisheit des Himmels und der Erde
kann sie jemals beugen, denn nichts an‐
deres findet in ihnen seinen Ausdruck, als
der ewige Wille des Urlichtes selbst, dem
alles was
ist, entstrahlt.
Du siehst die Sternenheere der Nacht und
du kannst nicht fassen, was sie erhält, und
dennoch ist dieses ganze Weltenall mit
seinen zahllosen Sonnensystemen nur das
geringste Zeugnis einer Kraft und ihres
eingewobenen Willens, einer Kraft, der
auch du dein Dasein dankst, und deren
höhere Offenbarung dir, bis in ihr ureigen‐
stes Wesen, werden
kann, wenn du den
Weg, den Liebe und Erbarmen offenhal‐
ten
beschreiten magst!
.„
Kein Auge hat es gesehen,
kein Ohr
gehört,
was Gott denen bereitet hat,
die
ihn lieben!” Nichts
physisch Irdisches
kann das Ewige erfassen!
.Möchten dich meine Worte
alles Gött‐
liche lieben lehren!
.Erst wenn du Göttliches, soweit du in
der Betrachtung das vermagst,
erkennst,
wirst du es
lieben! Sonst liebst du nur
einen
Fetisch, den du
dir selbst geschaffen
hast
in deiner Vorstellung.
.Erst wenn du die aufwärts ziehende
Kraft des Göttlichen meditierend in dir
empfindest, wirst du auch die ewige
Liebe
in dir erkennen, durch die du alles, was
zu deiner geistigen Rettung dient, voll‐
bringen kannst!
.Dann erst wirst du jene unvergleich‐
liche Kraft, die alle Kräfte meistert, auch
selbst
gebrauchen lernen: ‒ die
Liebe,
losgelöst von jedem
Gegenstand der Liebe!
.Diese göttlich lebendige, schwingende
Urkraft aus der
geistigen „Welt”, durch
die allein das Leben des Menschen auf
dieser Erde erlöst werden kann aus aller
Gebundenheit!
.Diese höchste Kraft, durch die du aus
der Haftung dich befreien kannst, in der
dich die unsichtbaren Gewalten der phy‐
sischen Allnatur in der du lebst, gefangen
halten, ‒ sie, die
tief unter dir stehen,
und dennoch derzeit
mächtiger sind als
du, bevor dich
die Liebe an sich zum un‐
besiegbaren Herrn deines Lebens macht!
.Dann wirst du verstehen lernen, was
das Wort besagen will:
.„
Gott ist die Liebe,
und wer in der
Liebe bleibt,
der bleibt in Gott,
und Gott
in ihm!”
Es gab eine Zeit ‒ und vielleicht mag sie
für viele heute noch nicht zu Ende sein ‒
da man „Leib” und „Seele” stets fein
säuberlich geschieden betrachtet wissen
wollte, und sich fast seelisch
schämte, mit
einem
Leibe behaftet zu sein, sobald man
für sich den Anspruch erhob, zu den
gei‐
stig gerichteten Menschen zu gehören.
.Wer der
Seele sich erinnerte, der glaubte
beinahe, des Körpers
nicht mehr zu be‐
dürfen, hielt ihn bestenfalls für ein
lästi‐
ges Bleigewicht, das nur die Seele
nieder‐
ziehen könne, ‒ für ein vielleicht not‐
wendiges, aber greuliches
Übel: ‒ ein
widerwärtiges
Hindernis aller seelischen
Entfaltung.
.Man suchte den Körper nach Möglich‐
keit „
abzutöten”, wähnend, dadurch die
Seele „
frei” zu machen, ‒ und ahnte nicht,
daß die Seele für den Menschen dieser
Erde eine gähnende Leere, ein inhalts‐
loses Sprechen, eine Uhr ohne Zifferblatt,
eine Werkstatt mit tausend surrenden,
aber leerlaufenden Rädern, ein ungemünz‐
ter und unhebbarer Reichtum wäre,
ohne
den
Inhalt ihres Erlebens, das ihr,
hier
auf dieser Erde, durch den
Körper ver‐
mittelt wird.
.Man wußte nicht, daß wir keinen einzi‐
gen
Gedanken fassen können, der nicht
im
Erdenkörper seine
analoge Beziehung
hat, seinen eigentlichen Inhalt
irdisch sin‐
nenfällig dargestellt findet: daß all unsere
Vorstellungsbilder, ‒ selbst die kompli‐
ziertesten, im
Körper vorgebildet sind,
und daß uns keine
Empfindung bewußt
zu werden vermag,
ohne Beziehung auf
die Empfindungsfähigkeit des
Körpers und
seiner Organe. ‒
Aber auch heute noch sind die Wenigen
zu zählen, die wissen, daß bei jeglichem
erdbewußten seelischen Wahrnehmen, bei
jeglichem Denken,
etwas mehr in Tätigkeit
gesetzt wird, als nur das
Gehirn: ‒ daß viel‐
mehr
jedes Atom unseres Körpers uns
die‐
nen muß zu
seelischer Wahrnehmung, so‐
lange wir diesem Körper in einer
phy‐
sisch körperlichen Erscheinungswelt ver‐
haftet sind, ‒ und daß der Reichtum der
Seele, wie seine Gebrauchsmöglichkeit,
uns hier auf Erden nur durch die
Mit‐
arbeit des irdischen Körpers
erreichbar
ist.
.Was wir „fühlen” und „empfinden”
nennen, ist in gewisser Weise Äußerung
der gleichen Kraft, durch die wir auch zu
„denken” vermögen, und unser Fühlen
und Empfinden läßt sich zu gleicher,
wenn nicht weit größerer
Schärfe der Ein‐
stellung, tatsächlich aber
zu weit höhe‐
rer Sicherheit emporentwickeln, als das
Denken.
.Die Vorgänge, die da in Betracht kom‐
men, sind dem blitzschnellen Aussenden
bewußter und halbbewußter
Fragen ver‐
gleichbar, auf die meist mit der gleichen
Schnelligkeit die
Beantwortung erfolgt,
und die Antwort kommt uns stets, ‒ ohne
daß wir es ahnen, ‒
vom Körper her, auch
wenn wir glauben,
ohne ihn fertig werden
zu können und ihn undankbarerweise
ver‐
achten zu dürfen meinen...
.Bei jedem Gedanken, bei jedem Emp‐
findungsanreiz, und handle es sich um Ge‐
danken noch so abstrakter, um Empfin‐
dungen noch so sublimer Art, senden wir
mit Hilfe unseres Gehirns gleichsam einen
Kundschafter aus in jene Teile des Kör‐
pers, ‒ ob wir sie nun kennen oder nicht,
‒ in denen das
Analogon zu jenen ge‐
danklichen oder empfindungsmäßig zu fas‐
senden Verhältnissen
physisch-
körperlich
dargestellt ist, die uns im Moment beschäf‐
tigen. Und fast in gleicher Sekunde kehrt
der Bote zurück und berichtet uns ‒ wie‐
der in der Transformation durch das Ge‐
hirn, ‒ von dem, was er gefunden hat.
.Es ist nicht ganz leicht, diesen Vorgang
zu verstehen. Aber unsere ganze Wahr‐
nehmung der physisch gegebenen Welt
wird
nur auf solche Art erreicht, und die
ganze äußere Welt wäre uns ein
Chaos, ‒
hätte weder Maß noch Grenze und bliebe
uns seelisch
unerfaßbar, ‒ ohne diese
Mithilfe des
Körpers ‒ nicht etwa nur
des
Gehirnes allein, ‒ obwohl gewiß das
Gehirn die zentrale Regierungsstelle des
Körpers ist, und nichts Körperliches zum
Bewußtsein unserer Seele dringen
kann,
ohne diese Zentralstelle
durchlaufen zu
haben um in ihr für unsere seelische Wahr‐
nehmung empfindungsfähige Gestaltung
zu erhalten.
Auch alles
künstlerische Künden der
Seele ist nur möglich auf dieser Erde durch
die
Mitarbeit des Körpers.
.Die
künstlerische Ausdrucksform kann
‒ in jeglichem Einzelfall ‒
nur dann zu
einer
Sprache der Seele werden, wenn
bewußt oder unbewußt
Rhythmen in ihr
und durch sie zum Schwingen gebracht
werden, die irgendwo im Körper
analoge
Rhythmen
zum Mitschwingen bringen.
.Selbst die äußere Wiedergabe der
menschlichen Gestalt und der Dinge, die
sie umgeben, in der bildenden Kunst, ist
seelisch nur faßbar durch die Auslösung
gewisser Beziehungs-Bewußtheiten
im
Körper des Beschauers, auch wenn er le‐
diglich durch das
Auge, und mit Hilfe des
Gehirns, des Geschauten habhaft zu wer‐
den
glaubt.
.Wer aber
das eigentlich
Wesentliche in
aller Kunst erfassen will, der wird stets
mehr
mit dem Körper aufzunehmen ge‐
nötigt sein, als er weiß und zugeben
möchte.
.Wohl wird
Musik primär durch das
Ohr
empfangen, aber der Prozeß des
Bewußt‐
werdens ist komplizierter als mancher
Hörende ahnt! ‒ Das Ohr ist nur
Auf‐
nahmeapparat für die Schallwellen. Um
diese aber zu
deuten, ist es genötigt, den
empfangenen rhythmischen und klang‐
lichen Anstoß
durch den ganzen Körper
zu leiten, bis er jeweils
jene Stellen im
Körper erreicht, die ihm
analog sind: ‒
die gleiche Beziehungsintervalle, gleiche
Schwingungseinheiten, gleiche Rhythmen
aufweisen, und so wie ein Echo
die Ant‐
wort zurücksenden zum Mechanismus des
Ohres, das die Antwort sogleich dem
Ge‐
hirn vermittelt, in dem sie allein sich
zu
jener Sprache verdichten kann, die
der Seele faßbar ist.
.Ein Gleiches geschieht in Bezug auf das
Auge, sobald es sich um die Wahrneh‐
mung eines künstlerischen Bauwerkes, ei‐
nes Werkes der Plastik oder der Malerei
handelt, während oft
alle Sinne zugleich
beansprucht werden, insonderheit aber
immer das
Gehör, sobald es sich um das,
wenn auch im stillen Lesen erfolgende
Aufnehmen eines Werkes der
Dichtkunst
handelt.
.Es ist immer der gleiche Vorgang!
.„Geheimnisvoll am lichten Tag...”
.Alles Wirken „
künstlerischer Ausdrucks‐
formen” ist: ‒
Zeichen-
Magie, bedingt
durch das Finden der gleichen Kräftedia‐
gramme, wie sie der
Körper physisch-real
in sich zur Darstellung bringt.
.Das gilt sowohl von dem schöpferischen
Gestalten, als auch vom empfindungsbe‐
wegten seelischen
Erfassen eines jeglichen
Werkes jeglicher Kunst, wenn auch für
den Gestalter künstlerischer Ausdrucks‐
form ebenso wie für den durch sie Ange‐
sprochenen geheimnisvoll bleibt, was bei‐
der Erleben erregt.
Die paar wenigen wirklichen, wie die
zahllosen bloß vermeintlichen, oder sich
selbst anmaßend so nennenden „Kabba‐
listen” meist seltsamerweise antisemiti‐
scher Färbung, denen die Lenker des „feu‐
rigen Wagens” dieses Buch in die Hände
spielen, werden wohl nicht etwa vermu‐
ten wollen, daß hier ein verborgener Trak‐
tat althebräischer Mystik ans Licht gezo‐
gen werde, ‒ und den Neuling, der kaum
weiß, was er sich unter Kabbalistik vor‐
stellen soll, möchte ich hier zu allererst
doch auf jene in allen Kultursprachen er‐
schienenen sachlichen Werke verweisen,
die von der Mystik des Judentums ‒ eben
der Kabbalah ‒ handeln, damit er sich dort
einige Kenntnis des in Rede stehenden
Gebietes erwerbe. Nötig ist ihm das nicht,
wenn ihn die Bereiche, die ich hier be‐
treten muß, nicht sonderlich interessieren!
.Ich bin nicht in der Lage, hier etwa auf
die verschiedenen grundlegenden hebrä‐
ischen Texte einzugehen, aus deren inne‐
rer Kraft sich die Mystik und magische
Praktik des streng orthodoxen östlichen
Judentums nähren, und ich sehe auch dazu
keinen Anlaß, nachdem solche Untersu‐
chungen von berufener Seite längst vor‐
liegen.
.Im Besitz sicheren Wissens über die ver‐
gessenen nichtjüdischen
Urquellen dieser
Texte, wende ich mich vielmehr eben die‐
sen Quellen zu, um aus
ihren Tiefen her‐
aus das eigentlich
Wesentliche kabbalisti‐
scher Erkenntnis zu erläutern.
Auf die Gefahr hin, Kabbalisten
jüdischen
Blutes, ganz gegen meinen Willen, viel‐
leicht zu verletzen, bin ich zu der grund‐
legenden Feststellung gezwungen, daß
das
ganze mystische
System der Kabbalah
nichtjüdischen Ursprungs ist: ‒ daß es
vielmehr in den Traditionen einer indi‐
schen Geheimlehre wurzelt, die in die frü‐
hesten Zeiten indischer Weisheit zurück‐
reicht, und daß die Anhänger dieser Ge‐
heimlehre
heute noch auf ihre Art „Kabba‐
lah”
praktizieren, ohne von der
jüdischen
Kabbalah eine Ahnung zu haben, oder auch
nur ihren Namen zu kennen!
.Näheres hierüber mitzuteilen, ist nicht
meine Absicht, aber der wirklich wissende
Kabbalist wird mir schwerlich den Glauben
versagen können, wenn er dieses Buch in
allen seinen Abschnitten unvoreingenom‐
men und auch „zwischen den Zeilen” le‐
send, in ruhiger Lektüre beendet hat.
Der Neuling aber möge sich vorerst mei‐
ner Führung anvertrauen, bis auch er im‐
stande ist, die von mir vertretene Fest‐
stellung, soweit er es vermag, zu überprü‐
fen!
.Diese Worte sollen die tiefen Wahr‐
heiten der Kabbalah nur
bestätigen, aber
der von Ehrfurcht durchdrungene Freund
der Kabbalah möge es mir verzeihen, wenn
ich hier, aller Polemik ferne, doch nur die
Grundprinzipien des ganzen Systems in
ihrem hohen Werte betrachtet wissen will,
und keineswegs zugleich den ihm liebge‐
wordenen geheimtuerischen vulgären
For‐
meln Beachtung schenke, die vielleicht
ihm selbst heilig und aller Verehrung wert
erscheinen.
Wirkliche Kabbalah kann nie‐
mals Angelegenheit des „profanum vul‐
gus” werden, sondern bleibt immer nur
geheime Lehre für unsagbar Wenige!
.Zweck dieser kurzen Erläuterung ist es,
das Studium der Kabbalah bei denen zu
vertiefen, die auch heute noch den ech‐
ten Kern der alten Lehren erahnen, und
Fernerstehende die urtiefe Weisheit
ach‐
ten zu lehren, die vom weiten Osten her
im Gewande mittelalterlicher jüdischer
Mystik herübergewandert ist bis in die
westliche Welt: ‒ eine Weisheit, die den
überragendsten Geistern des Mittelalters
und der Renaissance zu denken gab, ‒ eine
Weisheit, die
von Wenigen nur erkannt,
dennoch
von Vielen in stupider Über‐
heblichkeit
gelästert wurde, und die auch
heute noch, wenn auch nur in
Auserle‐
senen, da und dort, ‒ besonders in nörd‐
lichen Ländern, ‒
lebendig ist, hoher Ver‐
ehrung und des Einsatzes eines mühseligen
Forscherlebens durchaus wert befunden.
Auch in der
Kabbalah handelt es sich,
wie in
aller praktischen Mystik, in
erster
Linie um das Hinfinden zu dem höchsten
Geistigen, aus dem alles Leben stammt: ‒
um die Vereinung der Seele mit ihrem
verlassenen Lebensquell: um eine „
Unio
mystica”: ‒ die Verschmelzung des
ge‐
trennt Individuellen mit dem ewigen
Ur‐
Individuum, das allein allen individuellen
Daseins gemeinsamer Seinsgrund ist.
.Daneben aber geht eine rein
magische
Betätigung: ‒ eine Kraftäußerung im Ge‐
biete der
phänomenalen Welt, ‒ zu der
dem strenge geschulten
wirklichen Kab‐
balisten die Fähigkeit wird, durch ein Le‐
ben im Geiste kabbalistischer Disziplin, ‒
eine Fähigkeit, deren Erreichung jedoch
nicht
Selbstzweck ist, sondern die sich
ganz von selbst einstellt, sobald der Stre‐
bende
die Bedingungen schafft, die ihn
geeignet machen,
zuvor jene oben ge‐
nannte
Unio mystica zu erlangen.
.Das ganze System ist eine vornehme alte
Abart der in Indien wurzelnden
Yoga‐
Schulung.
Diese
spezielle Yoga-Praxis, die wir auf
der westlichen Erdhälfte in hebraisierter
Form als „
Kabbalah” kennen, wird heute
noch, wie vor Jahrtausenden, an einigen
Stellen
Zentralasiens eifrig geübt, wenn
auch kein Globetrotter jemals davon er‐
fährt. Auch jahrzehntelanger Aufenthalt
in
Indien wird schwerlich einem Europäer
so viel geistigen Kredit bei den dortigen
Wissenden schaffen, daß sie ihm
auch
nur ein Weniges ihres strenge gehüteten
und selbst den Gelehrten zumeist
uner‐
reichbaren mystischen Wissens offenba‐
ren, obwohl keine Nacht vergeht, in der
nicht die darauf gegründete magische
Praktik feierlich, in streng vor aller Ent‐
weihung geschützten Tempeln, ausgeübt
würde.
.Es dürfte fast überflüssig sein, zu beto‐
nen, daß die indischen, tibetanischen und
chinesischen „Kabbalisten” in hingebend‐
ster geistiger
Verbindung mit der hohen
Geistesgemeinschaft stehen, als deren gei‐
stigem, ewigkeitsbestimmten Glied mir
das Wissen über diese Dinge ward, die kaum
jemals vorher einem Europäer enthüllt
wurden, mochte er auch alle Länder, die
hier in Betracht kommen, aus eigener An‐
schauung kennen und fließend ihre Spra‐
chen sprechen.
.Wenn hier von
westöstlicher Magie ge‐
sprochen wird, so möge man aber stets
dessen eingedenk bleiben, daß die mittel‐
alterliche jüdische Kabbalah eine Art
„
Übersetzung” und
Umbildung jener
Ur‐
„
Kabbalah” darstellt, die,
ohne diesen
Namen ‒ aber in allem Wesentlichen
iden‐
tisch, noch heute im Innern Asiens
leben‐
dig ist. Von den
wirkenden Prinzipien
in dieser reinen und nur verschwindend
Wenigen zugänglichen Yoga-Praktik kün‐
det, in
anderer Sprache, dieses ganze
Buch, und die so überaus seltenen
wirk‐
lichen „Kabbalisten” des
Westens, denen
es in die Hand fallen mag, werden gar bald
herauszufinden wissen, weshalb ich hier
ausdrücklich auf den indischen
Ursprung
der erst vom Mittelalter an auch hebrai‐
sierten „Kabbalah” hinzuweisen, allen An‐
laß finde.
.Unter „Kabbalah” verstehe ich aller‐
dings beileibe nicht die in gewissen Krei‐
sen der europäischen und amerikanischen
Großstädte von zerstörten Existenzen aus‐
geübte abergläubische Pseudomagie, die
diesen Namen unverantwortlicherweise
dreist
usurpiert, sondern das
tiefste gei‐
stige Erkennen, wie es nur noch im öst‐
lichen
orthodoxen Judentum, und auch da
nur
vereinzelt, zu finden ist, ‒ von dem
jene nichtjüdischen, ja zumeist aller jü‐
dischen Geistigkeit gänzlich
fremden After‐
kabbalisten, die in närrischen Beschwö‐
rungsformeln Kabbalistik auszuüben glau‐
ben, und sich als Freibeuter jüdischer Weis‐
heit fühlen, nur ein lächerliches
Zerrbild
schufen.
.Die ehrfurchtgebietenden erleuchteten
Geister des mittelalterlichen und nachfol‐
genden orthodoxen Judentums, die so in‐
brünstig danach strebten, das von ihnen
als volkseigen geglaubte geheime Wissen
der Kabbalah der bloßen Spekulation wie
dem Aberglauben düsterer Vulgärmagie
unerreichbar werden zu lassen, hätten
wahrlich
nicht befürchtet, daß sich nach
Jahrhunderten so zahlreiche extrem ju‐
denfeindliche Nichtjuden finden könnten
‒ nicht des Hebräischen kundig und ah‐
nungslos gegenüber jüdischer Frömmig‐
keit, ‒ um das ihnen vielfach nur in frag‐
würdigster Übersetzung bekannte kabba‐
listische Sprach- und Gedankengut zu ei‐
nem abstrusen, allem jüdischen Fühlen
und Denken fremden Zaubertreiben zu
mißbrauchen! Es ist aber hier auch ent‐
schieden zu warnen vor einer weitverbrei‐
teten ängstlichen Überschätzung alles des‐
sen, was mit Kabbalistik zusammenhängt,
und insonderheit vor der törichten Mei‐
nung, man müsse von allen diesen Dingen
„wissen”, wolle man nicht als Ignorant an
Geheimnissen vorübergehen, die zu er‐
kunden so vielen Menschen als höchste
Lebensaufgabe galt. Um wirklich zu den
höchsten Erkenntnissen zu gelangen, die
sich in den absichtlich vieldeutig gestal‐
teten schnörkelreichen Bildern kabbali‐
stischer Schriften verbergen, gehört, wie
ich schon sagte, ein ihrer Erforschung ge‐
widmetes Menschenleben. Leichtfertiges
Lustwandeln in diesen Vorstellungsgebie‐
ten führt jedoch nur zu einem wider‐
lichen Vulgärokkultismus, dem in unzäh‐
ligen billigen Traktätchen von verantwor‐
tungslosen Verschacherern kabbalistischer
Weisheit immer noch neue Nahrung an‐
geboten wird.
In
allen großen Religionssystemen, die je
durch Erleuchtete der Welt gegeben wur‐
den, lassen sich
Spuren geistigen Lichtes
finden, aber es ist hier nicht meine Ab‐
sicht, alle Religionen auf solche Geistes‐
bekundung hin zu untersuchen, denn man
müßte Folianten füllen, wollte man auch
nur die
wichtigsten religiösen Lehren und
das Leben der Gläubigen, die nach ihnen
handeln, gerecht und billig von diesem
Gesichtspunkt her betrachten.
.Wir wollen uns
hier allein auf das
Chri‐
stentum beschränken, das, ‒ von vielen
als
einzige Wahrheit angesehen, von weit
mehreren nur
geachtet, oder aber gar
ge‐
haßt und befehdet, ‒ für den Menschen
der
westlichen Erdhälfte doch unstreitig
die
wichtigste Religionsform darstellt.
.Schon höre ich aber die Frage:
welches
„Christentum” ich wohl meine, ‒ und
der Bekenner des älteren Systems, ‒
also etwa der griechisch orthodoxe oder
der römische Katholik, ‒ ist ebenso
geneigt nur seine Auffassung allein als
„richtig” gelten zu lassen, wie der auf
irgendeiner der zahllosen jüngeren An‐
schauungen Fußende bereit ist, in den
älteren Glaubensformen und ihrer Aus‐
drucksgestaltung nur „törichten Aber‐
glauben” zu sehen. Der Haß zwischen
Christen und Christen, auf Grund wider‐
streitender Meinungen, ist ein viel ärgerer
Feind des Christentums, als alle ätzend an‐
fressende Kritik sämtlicher Virtuosen der
Verhöhnung seiner Lehren!
.Unsägliches Unheil kam durch den Wi‐
derstreit gläubiger Meinungen schon über
Menschen und Völker, und noch immer
ist des Unheils kein Ende, das im Na‐
men christlicher Gläubigkeit in engeren
Kreisen Tag für Tag heraufbeschworen
wird.
.Aber was hier von Oberflächlichen dem
Christentum zu Lasten gerechnet werden
mag, hat
an sich mit dieser Religionsform
nichts zu schaffen.
.Es ist Ausfluß menschlicher Enge,
menschlicher Parteilichkeit und Recht‐
haberei, entspringt mißleitetem mensch‐
lichen Machtbedürfnis: ‒ der Sucht, über
andere zu herrschen bis in die letzten ge‐
heimsten Tiefen ihrer Geistigkeit, und ‒
nicht zuletzt ‒ dem verzeihlichen Wahn,
allein die „Wahrheit” zu „
besitzen”, und
sie den andern, auch
gegen ihren Willen,
aufzwingen zu müssen, um „ihre Seelen
zu erretten”.
Nicht von diesen
Irrpfaden des christ‐
lichen Glaubenslebens und dem auf sol‐
chen Irrgängen üblichen Handeln will ich
hier reden.
.Was hier zu sagen wäre, ist nur allzu be‐
kannt, und stets wird auch die wahnwit‐
zigste Irrung ihre scharfsinnigen und von
vermeintlich „echter” Glaubensglut in
ihrer Art erfüllten Verteidiger finden.
.Das Christentum ist noch
viel zu jung
auf dieser Erde, als daß es schon
in seinen
göttlichen Tiefen erkannt sein
könnte,
und die da glauben, es habe sich selbst
„überlebt” und durch die Sünden seiner
„Kirchen” ad absurdum geführt, irren
sehr, denn sie haben nur
die bis jetzt ge‐
übte Art seiner Auswirkung im Auge und
ahnen nicht, daß dereinst eine Zeit kom‐
men wird, die fast das Meiste, was man bis
heute „Christentum” nennt, nur mit
Scham im Herzen betrachten kann, so,
wie der gereifte Mann die brutalen Tor‐
heiten und überheblichen Ansprüche sei‐
ner Jünglingszeit betrachtet.
Man möge diese Worte aber nicht etwa
mißdeuten!
.Ich bin wahrhaftig
weit entfernt davon,
zu behaupten, daß bisher
nichts von wah‐
rem Christentum in der Welt zu finden ge‐
wesen wäre, ‒ aber ich darf auch nicht
unterlassen, darauf hinzuweisen, daß der
echte Kern des Christentums für die
weit‐
aus Meisten, die sich „Christen” nannten
und nennen, bis zum heutigen Tage noch
in zahllosen, mehr oder weniger harten
Schalen steckt, und daß man
die köstliche
Süße dieses innersten Kernes noch nicht
verkostet hat, auch wenn man zuzeiten
durch die Risse der Schalen hindurch
schon ein Weniges seiner saftreichen Fülle
aufzufangen wußte.
.Man weiß noch nicht, und man
will es
vielfach nicht wissen, daß dieser innerste
Kern des Christentums
wesentliche Gei‐
steswirklichkeit ist, und daß erst
alle
„
Schalen” als
an sich unwesentlich er‐
kannt werden müssen, bevor man
das gött‐
liche Mysterium des Christentums von
ihnen befreien und
in seiner Reinheit er‐
schauen kann, ‒ bevor man diesem aller‐
innersten Kern das Tabernakel zu bauen
vermag, in dem er für alle Zeiten der
Verehrung der Menschheit sich darbieten
kann, für
Formen der Verehrung, die sei‐
ner
würdig sind. ‒
Es mag dem gläubigen Gemüte vertraut
und wohltätig erscheinen, wenn immer
wieder an die
ersten Anfänge des Chri‐
stentums erinnert wird, ‒ aber man ver‐
gißt dabei, daß das
Samenkorn etwas an‐
deres ist als der
Keim, und der
Keim
etwas anderes als die zur Vollgestalt rei‐
fende
Pflanze, diese aber hinwiederum
etwas anderes als die
Blüte, und die
Blüte
ein anderes als die zur Reife entwickelte
Frucht.
.Wer eine sich entfaltende Pflanze stets
wieder
zurückschneiden wollte, damit sie
in ihrer Form nie die schlichte Einfach‐
heit des
Keimes überschreite, der würde
gewiß nicht als guter Gärtner gelten.
.Das Christentum aber ist bis auf den
heutigen Tag noch immer einer
in ihrer
Entfaltung begriffenen Pflanze vergleich‐
bar, und es ist
nicht die Aufgabe seiner
Bekenner, jeden, wenn auch vielleicht
allzu üppig erscheinenden Blatttrieb an
der Wurzelstaude
wegzuschneiden, son‐
dern der Pflanze
freies Wachstum zu ver‐
statten, ihre Formenwelt sich
entfalten
zu lassen und
keiner Form zu wehren, die
sich aus den Wurzelkräften, wenn auch
unter Aneignung der Säfte
des gegebenen
Bodens, bilden mag.
.Hier sind „Reinigungsbestrebungen”
sehr wenig angebracht, denn die Pflanze,
um bei diesem Bilde zu bleiben, kann
sich
nicht aus sich selbst ernähren; sie
muß sich „fremde” Stoffe assimilieren,
muß die ihr ursprünglich fremden Säfte
in sich aufnehmen, um sie
in sich selbst
zu verwandeln. ‒
.Die Formen, die allzu üppig um den
Wurzelknoten herum ins Kraut schießen,
welken
ganz von selbst, wenn einmal
ihre Aufgabe erfüllt ist, den sprossenden
Trieb zu
schützen, und
neue Formen
bilden sich, die den Verlust der ersten
Schutzblätter völlig vergessen machen,
weil auch sie, nun zum
Wesensbestand‐
teil der Pflanze bestimmt,
alle bleibende
Charakteristik ihrer Eigenart aufweisen.
Man hat an der Pflanze Christentum,
in
bester Absicht, zu viel „herumgeschnit‐
ten”, und man setzt stets von neuem das
Messer an, so daß es begreiflich sein
dürfte, daß die Pflanze in ihrem naturge‐
mäßen Wachstum zurückbleiben mußte.
.Ein
Wunder aber könnte man es fast
nennen, daß die Pflanze
trotz all dieser
herben Behandlung
noch am Leben ist! ‒
.Man gehe ihr nicht
stets wieder erneut
an ihres Lebens Mark,
erfreue sich viel‐
mehr
all ihrer
älteren und
neueren
Triebe, und stelle ihr Wachstum in die
Hände des
ewigen Gärtners, der weiß,
was ihr frommt, und man wird in abseh‐
barer Zeit schon alle schädlichen Aus‐
wüchse verschwinden, die krafterfüllten
Keime aber zu hoher Schönheit sich ent‐
wickeln sehen.
Es sei mir verziehen, daß ich hier in ver‐
schiedenen Bildern reden muß, aber wer
gewillt ist, mich zu verstehen, der wird
aus diesen Bildern leicht enträtseln, was
ich zu sagen habe, und ich bin nicht ge‐
nötigt, nach der einen oder der anderen
Seite hin, gläubige Seelen zu verletzen.
.Ich rede
keiner der bestehenden christ‐
lichen Glaubensformen das Wort und sehe
in
jeder göttliche Geisteskräfte am Werke,
nur gehemmt durch gutgemeinte, aber
auf allzu enge
Parteilichkeit eingestellte
Glaubensmeinung, gehemmt durch all‐
zu ängstliche Besorgnis, Liebgewordenes
preisgeben zu müssen, oder scheinbar
Überwundenes dennoch als in seiner Art
nicht verwerflich anerkennen zu sollen.
Man vergesse aber doch nicht, daß
jede
urgültige Wahrheit in ihrer Auswirkung
gar
mannigfache Formen verträgt!
.Man werde sich doch
endlich des
Ur‐
wesentlichen am Christentum voll bewußt
und überlasse die jeweilige Bildung seiner
Betätigungsform ehrfürchtig achtend der
menschlichen Verschiedenartigkeit seiner
Bekenner!
.Die Lebensbedingungen des Adlers sind
andere, als die der Nachtigall, aber ein
jedes Lebewesen dieser Erde atmet die
gleiche lebenspendende Luft, die den
Erdball umgibt, und so auch sind die Be‐
dürfnisse der menschlichen Seele gar
mannigfaltig, obwohl sie allüberall
das
göttliche Licht des Geistes benötigt, soll
sie gedeihen und leben.
Im Christentum, so wie es sich bis heute,
geschichtlich bedingt, aber stets aus einer
ewigen geistigen Quelle
genährt, ent‐
faltet hat, sind
trotz aller vorher aufge‐
zeigten „menschlich-allzumenschlichen”
Unvollkommenheiten, ‒ ja aller frühe‐
ren Fürchterlichkeiten, ‒
tiefste Geistes‐
kräfte am Werke und die überragende
Sonderstellung, die dieser Religionsform
von ihren gläubigen Anhängern zuteil wird,
gründet sich durchaus auf reale Gegeben‐
heiten, wenn auch die Auswirkungsfor‐
men, die das Christentum bis heute zeigte,
noch nicht die Berechtigung zu solcher
Sonderstellung erkennen lassen.
.Uralte, urgründig im Ewigen wur‐
zelnde Weisheitslehren sind in seinen
Glaubenssätzen verborgen, ‒ nur selten
von Seltenen in ihrer ganzen Bedeutung
erkannt, von den weitaus meisten seiner
Bekenner noch nicht einmal dunkel er‐
ahnt.
.Gar vieles erscheint da der fatalen Gei‐
stestrockenheit unserer Tage als Petrefakt
alten „heidnischen” Aberglaubens, was
einst durch sonnenklare, im Lichte des
Geistes glühende Erkenner, christlicher
Lehre einverleibt, aber von neuerem Puri‐
tanertum, als anscheinend „wesensfremd”
wieder herausgeschnitten wurde.
.Hohe Eingeweihte alter, um die Wirk‐
lichkeit des Ewigen wissender Mysterien
haben einst in weiser, überragender Ein‐
sicht den Tempel dieser Lehre erbaut, ‒
und so rein und herzenseinfältig auch die
Absicht Späterer war, die an den
Formen
dieses Tempels Anstoß nahmen, so kamen
sie doch an kosmischem Erkennen
nicht
von ferne Jenen gleich, die einst Grund‐
und Aufriß dieses Tempelbaues schufen.
.In bester Absicht, und auch im Grunde
durch manches Geschehen
wohlberechtigt
zur Kritik, haben diese Späteren am Bau
gesündigt ohne es zu ahnen. Die Ge‐
schichte zeigt nur allzudeutlich, daß
we‐
sentliche Steine des Baues entfernt wur‐
den, so daß dem steten Abbröckeln des
Mauerwerks kaum mehr Einhalt zu tun ist.
.Nur ein erneutes
tiefes Eindringen in
die
ewigen Mysterien, denen das Christen‐
tum
lebendige Darstellungsform zu schaf‐
fen berufen ist, kann diese folgenschwere
Unterbrechung seiner Entfaltung beenden,
kann gegenseitiges Verstehen und Duldung
schaffen, und kann seine einzelnen Be‐
kenntnisarten zu gegenseitiger Befruch‐
tung und Erneuerung wachrufen.
Gegensätzliche Auffassungsarten mögen in
Ruhe so lange bestehen bleiben, wie sie
vonnöten sind, und man maße sich nicht
hier ein Richteramt an, wo höchste gei‐
stige Leitung
allein das Gegensätzliche
zu seiner Zeit zu vereinen fähig ist.
.Die wahren Helfer in den heutigen Nö‐
ten des Christentums sind vor allem jene
deutschen Geisteskünder, die man als
„mittelalterliche Mystiker” zu kennen
meint: ‒ die
wirklichen „Theosophen” im
paulinischen Sinne, ‒ die wahrhaftigen
Geisteskundigen, wie
Eckehard,
Tauler,
der dem Namen nach unbekannte
Frank‐
furter Deutschordensherr, dem wir das
„
Büchlein vom vollkommenen Leben”,
die „
Theologia deutsch” verdanken, der
Domherr
Thomas a Kempis, der seinen
Mitgläubigen die „
Nachfolge Christi”
schenkte und ‒ für die, denen seine kos‐
mischen Gesichte nicht allzu grandios und
erdrückend sind, der Görlitzer Seher
Jakob
Böhme. ‒ Obwohl er vor allem
Dichter ist,
darf auch
Angelus Silesius an dieser Stelle
nicht vergessen werden.
Ein weites Wirkungsfeld eröffnet sich je‐
doch auch einer
neueren Theologie, ohne
deren
zielbewußte Hilfe die entstandenen
Schäden kaum zu heilen sind.
.In erster Linie gilt es da, den Knäuel
der dogmatischen Verwirrung aufzulösen,
der durch die religionsgeschichtliche, also
rein
zeitlich, bedingte
Gleichsetzung des
Meisters von Nazareth mit der Selbst‐
aussprache des ewigen Urlichtes, ‒ dem
Logos ‒ entstanden ist.
.Hier ist eine wirkliche
Re-formation,
eine wirkliche
Reinigung der Begriffe,
brennend nötig. ‒
.Die Darstellung der
Selbstaussprache
Gottes, des
Logos, des ewigen „
Wortes,
das
bei Gott ist und Gott
ist” und die
reinlich davon zu trennende Darstellung
der
geist-
menschlichen Potenz, die uns in
dem
Meister der Evangelien entgegen‐
tritt, ‒ das alles theologisch derart be‐
gründet, daß jedes ältere Dogma dadurch
nicht aufgehoben, sondern im wahrhaftig‐
sten Sinne
verklärt würde, ‒ diese Tat
harrt noch des Mutigen, der sie
wagt, des
Kundigen, der sie zu wagen
imstande ist,
und der
Segen, der aus dieser Tat erblü‐
hen könnte, wäre
unermeßlich.
Die uralte Weisheitslehre, deren Künder
in unseren Tagen zu sein, ich verpflichtet
bin, steht in keinerlei Gegensatz zu dem
ewigen Wesenskern des Christentums, so
gegensätzlich dem oberflächlichen Blick
auch manches in dieser durch mich ver‐
tretenen Lehre fürs erste erscheinen mag.
.Wer begriffen hat,
aus welcher Quelle
diese Lehre stammt, dem muß schon der
bloße Gedanke absurd erscheinen, daß
hier ein Gegensatz obwalten
könnte.
.Es ist jedoch nicht meine Aufgabe, der
Sachwalter
irgend eines Religions-
Systems
der Menschheit zu sein, und sei es auch
das erhabene Lehrgebäude des
Christen‐
tums.
.Ich habe nur die hohen ewigen Werte
aufzuzeigen, deren Zeuge
jedes der großen
geistig befruchteten Religions-Systeme der
Erde ist.
.Das schließt nicht aus, daß ich, ‒ von
christlichen, uralten deutschen Stämmen
und Geschlechtern entsprossenen Eltern
geboren und im Christentum unterrichtet,
‒ alle meine Voreltern in diesem Glauben
einst geborgen wissend, ‒
mir selbst die
Pflicht setze, zu einer
echten Vertiefung
christlicher Lebensauffassung, vom Stand‐
punkt der mir möglichen inneren Wesens‐
schau her, das meinige beizutragen.
.Schon gibt es nicht Wenige, und nicht
wenige Seelenhirten der beiden hauptsäch‐
lichen christlichen Konfessionen, denen
meine Lehren
Führer wurden bei ihren
suchenden Wanderungen durch die Wun‐
derwelt christlicher Lehre. Ich habe kei‐
nen Grund, daran zu zweifeln, daß
immer
mehrere, die guten Willens sind, sich das,
was ich oft in
anderer Form zu sagen habe,
in „
christliche” Sprache übersetzt, zu ei‐
gen machen werden, um so ihrer eigenen
Glaubensmeinung
untrügliche Stütze zu
geben.
Es ist keineswegs nötig, ja es wäre
im höch‐
sten Grade verderblich,
neue christliche,
oder sonstige geistige
Gemeinschaften be‐
gründen zu wollen.
.Wir haben der Kirchengemeinden und
Konventikel wahrlich schon mehr als ge‐
nug!
.Ein Jeder aber, der in
irgendeiner die‐
ser Gemeinden verankert ist, und der über‐
zeugt zu sein glaubt, daß die
christliche
Form der Gottesgemeinschaft
mehr zu sei‐
nem Herzen spricht als Anderes, sei auf
seine Weise bemüht, durch sein
eigenes
Leben, seine
eigene vertiefte Erkenntnis
und Gläubigkeit, der Enthüllung des ewi‐
gen
göttlich-
geistigen Wesenskernes des
Christentums zu dienen.
.Er suche aber auch jene
Anderen zu
verstehen und erziehe sich zur
Ehrfurcht
vor ihrer Geistesführung, die in
anderen
Formen als er, dem
Wesenskern des Chri‐
stentums zu nahen suchen.
.Und
ferne sei ihm jede
pharisäische
Selbstgerechtigkeit, die ihrer Verehrung
christlicher Lehre nicht besser Ausdruck
geben zu können meint, als indem sie den
in
nicht-
christlicher Form die Wahrheit
Suchenden verständnislos, oder gar mit
Haß begegnet!
.In den Einöden Innerasiens leben
auch
heute Männer, denen
kein Europäer außer
dem, der hier spricht, sich an wirklicher
Einsicht in das, was das Wesen des Chri‐
stentums ausmacht, auch nur formell ver‐
gleichen darf, und denen trotzdem nichts
ferner liegt, als sich einem „christlich” ge‐
meinten Glaubenskreise anzuschließen.
.„Viele werden kommen vom Morgen
und vom Abend, und mit Abraham, Isaak
und Jakob im Himmelreich zu Tische
sitzen.”
.Ist es noch nötig, zu sagen, daß nur lä‐
cherlicher Hochmut und blinde Anmaßung
sich vermessen können, zu glauben, die
Absichten des göttlichen Geistes hinsicht‐
lich der Zukunft des Christentums, vor‐
witzig
bestimmen zu dürfen?! ‒
.Allüberall hat „der Herr der Ernte
seine Arbeiter in seinen Weinberg ge‐
sandt”, und
jede fruchtbringende Rebe
wird von ihnen
gefunden und
sorglichst
gehütet werden.
.Die
gleiche geistige Sonne wird die
Früchte
aller Reben zur
Reife gelangen
lassen, zu geistig gesetzter Zeit!
Hier ist nun zu erforderlicher Erhellung
die Rede von den geistigen Dombauhütten,
die zu allen Zeiten „Arbeiter” suchten,
Abeiter, die mitzuhelfen gesonnen waren,
an dem großen geistigen „Bau” jenes er‐
habenen Gottestempels, von dem allein
die Leuchtenden des Urlichtes auf dieser
Erde, die fern allen Machtgelüsten und
persönlichen Ehrgeizbestrebungen nur
dem Ewigen im Menschen dienen, Plan
und Ausmaße kennen. „Arbeiter” am Bau
dieses Menschheitsdomes kann jeglicher
Erdenmensch sein, insoferne er willens ist,
an sich selber geistig zu arbeiten, bis er
der rein geistigen Form entspricht, der er
zu entsprechen vermag.
.In mancherlei äußerer Gemeinschaft,
und nach mancherlei seltsamer Satzung,
haben sich seit ältester Zeit die zu Emp‐
fang der Lehre und zum Werk Bereiten
zusammengefunden, und die symboli‐
sche „Geschichte” solcher Vereinigungen
geistig Suchender tischt wahrlich keine
Märchen auf, wenn sie die Frühesten ihrer
Art schon unter den ersten menschgewor‐
denen Menschentieren dieser Erde, den
ersten wirklichen „Menschen” sucht, ja
sie kommt weit näher der Wahrheit über
den Ursprung der hier gemeinten gemein‐
samen Bestrebungen, als alle rationalisti‐
sche moderne Forschung nach frühesten
Quellen, die doch nur aus Niederschriften
recht später Chronisten fließen.
.Die Tempelbauten des alten Ägypten
wurden ebenso von wirklichen Kennern
des Geistigen im Menschen für die Ent‐
faltung der Seele errichtet, wie der Par‐
thenon, und, in christlicher Zeit, so man‐
che weltberühmte Kathedrale. ‒ Alle
diese äußeren Tempelbauten zeigen in
sichtbaren Formen seelische Symbole aus
dem ewigen unsichtbaren Tempelbau, der
um der Entfaltung der
Seele willen bauen
lehrte. Nicht umsonst entstammen der al‐
ten
Baukunst die Symbole für geistige
Dinge, die als zu heilig galten, um in die Re‐
deweise des Alltags einzugehen.
Künstler
der Baukunst hatten
selbst die Symbole
geschaffen! Auch die Schöpfer der großen
Baukunstwerke des antiken und mittel‐
alterlichen
Morgenlandes waren ebenso
wie die Baumeister des alten Mexiko, tra‐
ditionelle geistige Schüler dieser, „des
Bauens und der Zierde Kundigen”, davon
heute noch zahllose Bauten und Ruinen
deutlich zeugen.
Doch der Ursprung der
Impulse zu gegen‐
seitiger geistiger Hilfe ist etwas anderes,
als der Ursprung der vielerlei
Namen, un‐
ter denen man sich vereinigte. ‒ Die Na‐
men
wechselten, aber die selbstgestellte
Aufgabe, einander zu Gott zu führen, blieb
im Wesentlichen die gleiche.
.Freilich darf man nicht glauben, je‐
mals etwa geistig vollendeten „Wissen‐
den” ewiger Weisheit in irgend einer der
mancherlei geistig gerichteten Werkstätten
zu begegnen!
.Heute gar sind diese geistigen Arbeits‐
gemeinschaften bestenfalls nur noch Auf‐
bewahrungsstätten des
Arbeitsgerätes, der
Aufrisse und der Bauschablonen: ‒
Ver‐
wahrungsorte der uralten, heiligen
Sym‐
bole, deren
Deutung den Mysten erst wirk‐
lich zur Annahme der Lehre
befähigt,
während sie jedoch gegenwärtig unter den
etwa noch zu gegenseitiger Belehrung Ver‐
sammelten niemand mehr deuten
kann,
niemand mehr zu deuten
wagt, ‒ es sei
denn, auf eine spießbürgerlich-huma‐
nistisch-
rationale Weise, oder gar in irgend
einem töricht
phantastischen Sinn.
.Trotzdem bleibt jede wirkliche geistige
Dombauhütte
ein heiliger Ort, und es
wird
nichts von allem je verloren gehen,
was man ahnungslos in ihr für
spätere Zei‐
ten gemächlich
verwahrt, ‒ mögen auch
da und dort womöglich, durch Menschen,
die in Verfolgungswahn handeln, symbo‐
lische Requisiten äußerlich demoliert wer‐
den, ‒ mögen auch heutige Verwahrer
selbst nur
aus Pietät noch achten, was sie
nicht mehr geistig zu gebrauchen wissen!
. Es
werden wieder
wirkliche, des Werk‐
zeugs
kundige, geistig erleuchtete „Er‐
bauer” erstehen, wenn es ‒ „
an der Zeit”
ist, und sie werden den heutigen Hütern
der alten Lehrschätze einstens gewiß zu
danken wissen, wenn diese Verwahrer we‐
nigstens
nicht zerstreuten, was ihnen: ‒
als des heiligsten Handwerks
Unkundigen
‒ nichts mehr zu „bedeuten” schien.
Möglich ist es, daß diese
neuen Seelen‐
kundigen noch den
Namen ihrer Vor‐
gänger durch die Jahrhunderte kommen‐
der Geschlechter führen, aber
Bedingung
zu gegenseitiger werkgerechter geistiger
„Erbauung” ist das
nicht, so wenig es in
früheren Jahrhunderten jemals Bedingung
war. Die
Namen, die man sich, als Ge‐
meinschaft, in neueren Zeiten gab, oder
gar irgendwelcher Namen
Mißbrauch, ha‐
ben nicht das Geringste mit der gemein‐
ten Sache selbst zu tun!
.Auch ist es nicht unbedingt nötig, daß
jeder wahrhafte geistgeleitete „Steinmetz”
an Gottes Tempelbau, einer Arbeitsgemein‐
schaft
äußerlich angegliedert ist, ja es läßt
sich verstehen, daß mancher sich nur den
Leuchtenden des Urlichtes, als
den Hütern
des geistigen Bauplanes, zur „Arbeit”
unterstellt, der
erst dann sich zu
den
Hütern des Werkzeugs gesellen würde,
wenn er wieder
solche unter ihnen fände,
die das Werkzeug auch selbst
zu gebrau‐
chen wüßten. ‒
Was ist nun dieses geistige „
Werkzeug”,
‒ was die geistige „
Arbeit am Stein”, ‒
und was der geistige „
Tempelbau?” ‒
.Es sei der Versuch gewagt, zum Heil
der erhabensten Kunst: ‒ der Kunst der
Selbstgestaltung ‒ allen Fähigen
Antwort
zu geben, soweit es angängig ist, ohne
Kunstgeheimnisse, die schwer
errungen
werden müssen und Mysterien des Tempel‐
planes, die nur der Geheiligte erfaßt,
Un‐
mündigen zu verraten, eingedenk des
Wortes: „Werfet das Heilige nicht den
Hunden vor und die Perlen nicht vor die
Säue!” (Auch
außerchristliche Gemein‐
schaften der Antike und des Orients haben
alle mit strengsten Strafen bedacht, die
jemals versuchten, den hier erteilten Rat
zu mißachten.)
Beim Bau des erhabenen Domes, den es
geistig zu errichten gilt, ist jeder, der daran
arbeitet,
Arbeiter,
Werkzeug und
Bau‐
stein zugleich.
.„
Arbeiter” durch seinen freien
Willen,
wird er zum „
Werkzeug” durch die er‐
worbene „
Kunst”: ‒ durch
Deutung der
Symbole, die ihm ihre Anwendung zeigen,
‒ und zum „
Baustein” endlich durch
die
Arbeit an sich selbst, mittels der bau‐
gerechten Zubereitung im rechten Ge‐
brauch des dargebotenen Werkzeugs.
.Nur aus kunstgerecht nach geistiger An‐
weisung der
bauleitenden „Steinmetzen”
behauenen Steinen kann der Dom der
Menschheit nach dem ewigen, aus der Lie‐
be, die
Gott ist, gegebenen Bauplan er‐
stehen.
.Jeder, der an diesem hochheiligen Tem‐
pel Gottes „bauen” hilft so gut er es ver‐
mag, will
sich selbst als tragenden
Bau‐
stein seinem Gefüge einverleiben, den
Weisungen
Derer entsprechend, die selbst,
durch eigenen Willens Auswirkung, zu ra‐
genden
Säulen behauen, als
Monolithen,
das hohe
Gewölbe des Tempels zu tragen
haben.
.Um
Baustein zu werden, muß jeder,
der danach strebt, das
Handwerk erlernen,
muß
Unterweisung erhalten von einem,
der bereits das Handwerk
kennt, damit er
fähig wird, das Handwerkszeug
gebrau‐
chen zu können und damit
sich selbst nach
Vorschrift geistiger Planung
zu bearbeiten.
.Noch ist er ein rauher, unregelmäßig ge‐
formter, dem Steinbruch entnommener
Stein. Er wird sich
durch eigene Arbeit
behauen und
schleifen müssen, auf daß er
zum maßgerechten an seine Stelle passen‐
den
Baustein werde.
.Ist er es
geworden, so wird er willig sich
an seiner ihm vorbehaltenen Stelle
ein‐
fügen lassen in den heiligen geistigen
Tempelbau.
Doch, damit ist er für sich selbst
noch nicht
am Ende des Werkes.
.Noch ist er
innerlich dunkel, ‒ aber er
soll als Baustein
leuchtend werden, denn
der Dom, den es zu bauen gilt, ist aufer‐
baut aus
innerlich leuchtenden Steinen,
damit er in den unermeßlichen Weiten der
Ewigkeit mit seinem geistigen Lichte er‐
strahle.
.Nun beginnt für den Mysten die
innere
Arbeit, zu der ihn die altgeheiligten
Sym‐
bole der geistigen Dombauhütte leiten, die
er schon zu Anfang kennen lernte, und die
er auch jetzt, nachdem er
Baustein wurde,
dem das Handwerkszeug nichts mehr nützt,
in sich behält als untrügliche Räte.
.Trotzdem könnte er,
aus sich selbst her‐
aus und
allein auf sich beschränkt, nur
schwerlich, und erst nach unermeßlichen
Zeiten, zu eigenem Lichte kommen.
.Er bedarf der Aufnahme
jener Strahlen,
die von den
anderen „Steinen” ausgehen,
die gleich ihm sich einstens formten, aber
schon leuchtend wurden, ‒ und vor allem
braucht er
das Licht jener Säulen-
Mono‐
lithen, die im
Innern des Tempels stehen.
.Ohne seine
eigene innere Arbeit, zu
der ihn die in seinem Innersten
erkann‐
ten Symbole leiten, würde er aber nie‐
mals tauglich werden, dieses Licht, das
ihn allenthalben umstrahlt, auch
aufzu‐
nehmen, und es könnte geschehen, daß
die hohen Dombaumeister in ihm einen
„
toten” Stein erkennen müßten: ‒ daß
sie ihn also aus dem Gefüge des Baues zu
entfernen, und einen
anderen Stein
an
seine Stelle zu setzen hätten. ‒
.Bringt er sich aber durch eigene innere
Arbeit soweit, daß das Licht, das ihn rings‐
um überstrahlt, auch
ihn im Innern
leuch‐
tend werden lassen
kann, dann wird er
für alle ewigen Zeiten in seinem eigenen
Lichte strahlen,
allen kommenden Ge‐
schlechtern leuchtend,
am Ziele seiner
mühereichen Arbeit angelangt.
.Mit anderen Worten gesagt: Einer der
ehedem in die Nacht der Nichterkenntnis
tierhaften Daseins gefallenen Menschen‐
geister hat sich selbst im Lichte der Ewig‐
keit wiedergefunden, seiner selbst nun
bewußt als eines ewig Lebenden!
Der hier gemeinte geistige Dombau ist
wahrhaftig noch nicht vollendet, und wird
nicht eher vollendet sein, als bis auch der
letzte der erdgebundenen Menschengei‐
ster, die zurück zu ihrer Urheimat streben,
seinen Weg heimgefunden hat ins Licht.
.Auch
heute werden daher neue
Ar‐
beiter am Dombau, werden neue „Bau‐
steine” gebraucht.
.Wer des redlichen Willens ist, sich
selbst in harter Arbeit zum „Baustein” zu
behauen,
den wird man im Ewigen
fin‐
den, er wird
geistig gelehrt und geleitet
werden, und
geistig wird er
andere Sym‐
bole entdecken und enthüllen lernen, da
der Ort der Verwahrung der
alten Ur‐
Symbole ja leider heute der Kundigen
entbehrt, und die
äußere Zugehörigkeit
zu einer Arbeitsgemeinschaft den Suchen‐
den ja
doch nicht zum werkgerechten
Kundigen geistiger Baukunst zu vollenden
vermöchte.
.Gehört der geistig Strebende aber etwa
zu den formellen
Hütern des Schatzes der
alten Werkstätten in unseren Tagen, dann
möge er wissen, daß all das, was er nur
aus Pietät noch ehrt, und als
traditionelles
Gebrauchtum kennt, ohne es in seinem
Innersten zu „verstehen”,
tiefgeistige
Weisheit verhüllt in sich birgt, und daß
er das tiefste Geheimnis der geistigen Bau‐
kunst
sich selbst mit Hilfe der ihm an‐
vertrauten heiligen Symbole zu eigen ge‐
ben kann, auch wenn
keiner seiner Berater
es ihm je zu enthüllen vermöchte.
.Wehe aber den heutigen
Hütern der
Werkzeuge und der
uralten Symbole,
wenn sie die Bauhütte: ‒ die Stätte ihrer
Verwahrung, ‒ nicht
heilig zu halten wis‐
sen! Wehe ihnen, wenn sie nicht mehr
aufbauen, sondern
einreißen lehren, was
ihre großen Vorfahren zum Heile der
Seelen gestaltet haben!
.Noch ist die Weisheit ältester Kulte,
noch ist das tiefste Geisteswissen, dessen
je die Menschheit sich rühmen konnte,
innerhalb der Dombauhütten in verhüll‐
ten Gefäßen verwahrt. Wer nicht zu
deu‐
ten weiß, was er zu behüten hat, der sollte
es zum mindesten vor
Entweihung zu be‐
wahren wissen.
Die Welt
wird dereinst wieder wahre Kun‐
dige geistiger Wahrheit an der Arbeit
sehen, und es
wird ein Weistum endlich
erbaut werden, das dann wirklich, inmitten
des Dunkels und falscher Lichter, wie ein
Leuchtturm der Ewigkeit steht!
.Dann aber werden wahrlich
nicht alle,
die heute noch unerprobterweise Zutritt
zu manchem Mysterium alter Urväter‐
zeiten finden, den erhabenen ewigkeits‐
gezeugten Symbolen nahen dürfen!
.Man wird
strengere Prüfung brauchen,
wenn man die Spreu vom Weizen sondern
will: ‒ wenn die
geistige Atmosphäre ge‐
schaffen werden soll, die
wahrhaft gei‐
stiger Arbeit am Dombau vonnöten ist!
.Möchten die kommenden wahrhaften
Strebenden allmählich wieder
die Vorbe‐
dingungen finden, die der Erneuerung ur‐
alten Wirklichkeitserkennens allein günstig
sind!
.Es möge sich aber Jeder selber prüfen,
mag er den geistigen Dombauhütten ferne‐
stehen oder nicht, ob er sich ihrem erha‐
benen
ursprünglichen und durch Jahr‐
tausende hindurch heilig gehaltenen
End‐
ziel nicht widmen dürfe, ‒ ob er nicht
ein
Arbeiter an sich selbst,
ein Baustein am
leuchtenden geistigen Tempel der Mensch‐
heit werden könnte?!
.Wer immer sich fähig fühlt,
sich selbst
aus einem rohen Steinblock zu einem ge‐
rechtsam behauenen
Baustein des Tempels
der Menschheit zu bearbeiten, der wird
von innen heraus seine geistige Leitung
finden, auch wenn ihm
kein äußerer Füh‐
rer beratend zur Seite steht.
.Noch ist es gewiß nicht an der Zeit, daß
allen die geistige Einsicht werde, die
einstmals die alten Dombauhütten, deren
Werke die alten Kathedralen der Christen‐
heit sind, den strenge Geprüften gaben, ‒
aber denen, die sich im Herzen würdig
darauf vorbereiten, wird mit geistgege‐
bener Notwendigkeit dennoch dereinst der
flammende Stern erneut erscheinen, der
vordem über der „Krippe” stand, in der
das Licht der Ewigkeit, zwischen den ar‐
men
Tieren dieser Erde, wieder zu den
Menschen kam.
Unzählige Arten der Gottesverehrung hat
der Menschengeist im Laufe der Jahr‐
tausende ersonnen und je nach seiner Vor‐
stellung von „Gott” fand hier jede mensch‐
liche Empfindungsmöglichkeit ihren Aus‐
druck, von wildester Rohheit bis zur er‐
habensten Geistigkeit.
.Allen diesen Arten der Gottesverehrung
lag und liegt aber der anthropomorphe Ge‐
danke zugrunde, als ob „Gott” des
Dien‐
stes der Menschen
bedürfe, ‒ als ob die‐
ser Gott vom Menschen
erwarte, daß er
ihn
bediene, ‒ wie das tote Götterbild
den Dienst des Menschen
braucht, soll es
das Leben in Phantasie und Unterbe‐
wußtsein seines Dieners nicht verlieren.
.Wohl sind die
höheren Arten solchen
Gottesdienstes dazu angetan, das Gemüt
des Menschen zu befruchten und zu er‐
heben, oft tiefste Schächte urgeistigen
Empfindens aufzureißen, in Kultusformen
Symbole erhabenster Erkenntnis zu schaf‐
fen, und dennoch ist das alles nur ‒
Menschendienst, nur aus dem Bedürfnis
des Menschen heraus entstanden, seinem
eigenen Geiste
Anregung zur Erhebung
zu bringen, sich selbst in kultischen For‐
men das eigene Verhältnis zum erträum‐
ten, erahnten, geglaubten oder schon er‐
kannten Weltgrund
deutlich zu machen.
.All das mag dem Menschen
stärkste
Förderung werden auf seinem Wege in
die geistige Welt, aber es bleibt
Dienst an
der eigenen Seele, wird nur
fälschlich als
„
Gottes-Dienst”
bezeichnet, ist nicht der
„rechte Gottesdienst”, von dem ich hier
rede.
Dieser rechte Gottesdienst ist
kein Be‐
dienen der Gottheit, kein
Kult, in der Mei‐
nung zelebriert, damit der Gottheit
schul‐
digen Tribut zu entrichten, sondern ein
freiwilliges Darbieten aller Kräfte und
Fähigkeiten des Menschen, damit sie
Die‐
ner des göttlichen Willens werden, auf
daß sie
bedingungslos sich der
Lenkung
des lebendigen Gottes
in des Menschen
eigener ewiger Geistigkeit unterordnen,
‒ eine Erlösung aus dem Chaos wilder
Wünsche, ein Kristallisationsprozeß, bei
dem jedes Kräfteatom sich der ewigen kos‐
mischen Gestaltungskraft
überläßt, um so
an seine geordnete Stelle zu gelangen.
.Mag der Mensch auch in äußeren Kulten
seine
Erhebung suchen,
mag auch die Seele
tief innerlich
berührt durch kultische
Handlung sein, so wird doch wirkliche
Ver‐
einung der Seele mit der Gottheit nur ge‐
funden durch solche
Hingabe aller Kräfte
des Menschen in ihre Hand.
Hier wird eine „Dienstbarkeit” gefordert,
die
allein zu höchster
Freiheit zu führen
vermag, ein Dienen, das zum
Herrschen‐
lernen in sich selber leiten soll, ein Unter‐
ordnen, um alles Niedere dem Höchsten
anzugleichen, damit es
im Rhythmus die‐
ses Höchsten zu schwingen vermag, und
so
erhalten bleibe durch alle Äonen ewigen
Lebens. ‒
.Dieses
Erhalten der Individualität, der
Bewußtseinsfülle, über den Tod des Kör‐
pers hinaus, aber durch ihn nicht berührt,
durch alle Ewigkeiten hindurch, ‒ dieses
In-
Gleichklang-
Setzen aller Kräfte mit
dem
ewigen Gottesfunken, um den herum
sich alles Bewußtsein geordnet kristalli‐
sieren soll, ist ja dem Wissenden der End‐
zweck
allen richtigen geistigen Strebens
des Menschen auf dieser Erde.
.Was nützen alle
okkulten Künste und
seien es auch die erstaunlichsten Fakir‐
leistungen, da sich alles das doch nur auf
diese
physische Erscheinungswelt bezieht,
die uns als solche verläßt, sobald das Ge‐
hirn des menschlich-tierischen Körpers
nicht mehr als Empfindungstransformator
zur Verfügung steht?
.Was nützt alle
hellseherische Begabung,
da sie doch bestenfalls nur die sonst un‐
wahrnehmbaren Bilder der astralen terre‐
strischen, gemeinhin physisch unsichtbaren
„
Aura” dieses Planeten erkennen läßt,
und den Hellseher nur gröblicher
Täu‐
schung unterwirft, wenn er zu der Mei‐
nung verleitet wird, was er sieht, sei be‐
reits
den Welten des reinen Geistes nahe,
oder gar diesen Welten innewohnend?
.Was nützt alles
verstandesmäßige Er‐
kennen, alles Wissen
über die Welten des
Geistes, wenn doch alles das mit dem Fort‐
fall der Gehirnfunktionen lautlos in Nichts
zerstäubt und nie mehr im seelischen Be‐
wußtsein gefunden werden kann, falls die‐
ses seelische Bewußtsein nicht
vorher,
noch
während es das Gehirn zur Verfügung
hatte,
den ewigen Willen zur Einigung
mit seinem lebendigen Gott, seinem gött‐
lichen Geistesfunken im innersten Innen,
erreichte?
Diese Einigung
aller Seelenkräfte,
al‐
ler Empfindungsmöglichkeiten, auch der
durch den Körper
allein gegebenen, im
allerinnersten „
Ich”, ‒ in der höchsten
Region inneren Fühlens, die
allein die
Gottheit erreicht und sie eben
nur im
Menschen selbst, als den
in ihm leben‐
digen Gott erreichen
kann, ‒ ist die
ein‐
zige geistige Aufgabe des Menschen, die
sich wirklich aller Anstrengung wert er‐
weist.
.„Das Himmelreich leidet Gewalt, und
nur die Gewalt brauchen,
reißen es an
sich!”
.Wahrlich, es braucht „Gewalt”, alle
störenden Einreden des nur auf die
phy‐
sische Welt und auf die aus ihr abgelei‐
teten Spekulationen beschränkten
Ver‐
standes abzuweisen, damit die
innere
Stille zustande kommt, die uns das
Urbild
unseres „
Ich” empfinden läßt, unsern
le‐
bendigen Gott, der uns jeden Augenblick
unseres Seins stets neu nach seinem Bilde
schafft, ‒ dessen ewigen Schaffens
Aus‐
druck wir geistig sind, ‒ dem wir völlig
uns
angleichen sollen, damit wir aus
sei‐
nem Bewußtsein heraus, durch alle Ewi‐
keit hindurch,
uns selbst in
Bewußtseins‐
identität zu erhalten fähig werden!
Nicht eine verkrampfte Anstrengung des
Willens ist hier gemeint, nicht eine er‐
quälte „Konzentration”, sondern ein stets
waches, energisches Abweisen aller lauten
Vordringlichkeit des Intellekts, ein Bän‐
digen seiner anmaßlichen Ansprüche, auch
in einer Region das große Wort zu führen,
die ihm
niemals zugänglich ist! ‒ Diese
Zurückweisung aber ist unumgänglich nö‐
tig, damit
das große Lassenkönnen mög‐
lich werde, das, ‒ als
Vorausbedingung,
‒ erreicht sein muß, sollen alle unsere
Empfindungskräfte zu willigen Dienern
unseres inneren
Gottes werden, aus dem
wir leben und sind, ‒ soll der ewige
Mensch im Erdmenschen aus seinem Grabe
erstehen, aus dem Geiste neu geboren: ‒
Bild und Gleichnis seines „Vaters” der
in ihm in seinem „Himmel” ist.
.Wohl aber kann uns bei solchem Stre‐
ben der Intellekt „wie ein Zugtier” vor‐
wärts bringen, sobald wir ihn gebändigt
haben! Es ist auch gewiß verstattet, das
geistig Erfühlte, nachdem es erfühlt ward,
auch auf intellektuelle Weise zu be‐
trachten: ‒ sich gleichsam ein Gedanken‐
gebäude nach logischer Folge aufzurich‐
ten, als geordnete „Schatzkammer”, in
der wir die Kleinodien unseres inneren
Fühlens zu verwahren wissen. Ja ohne
ein solches selbst erbaute Schatzhaus wäre
unser inneres Erleben, wäre der Schatz
unseres geistigen Erfühlens sehr in Gefahr,
uns im Leben des Alltags wieder verloren
zu gehen, verstreut zu werden in alle
Winde, statt uns stets in geordneter Weise
zur Verfügung zu stehen.
.Aber
niemals darf der
Intellekt die
Führung erhalten, wenn wir uns im Früh‐
rot ferner Ahnung auf den Weg des Su‐
chens begeben, des Suchens nach dem, was
unser Aller bleibender unzerstörbarer Le‐
benskern, unser Aller innerste Heimat, un‐
ser Aller unbegreiflichstes Wunder: ‒ das
„Juwel in der Lotosblume” ist.
Der Verstand ist ein guter Pfadfinder
wenn es gilt, die Wegspuren zu entdecken,
die zur Erkenntnis
jener Dinge führen,
die
in der physischen Welt der Sinne ihre
letzte Auswirkung zeigen, und
hier soll
man ihm wahrhaftig
vertrauen, soll ihm
alle Gelegenheit geben, sich zu entfalten,
denn auch der Verstand ist
göttlichen Ur‐
sprungs und
wohltätig wirkend an
seinem,
ihm vorbehaltenen Ort.
.Wollen wir aber zu
Gott gelangen, so
dürfen wir
nicht außen suchen, ‒ auch
nicht in
jenem Außen, das den meisten
schon als ein „
Innen” erscheint, weil kei‐
ner ihrer Sinne es mehr zu fassen im‐
stande ist.
.Auch wenn der Menschengeist in den
höchsten geistigen Regionen Ewigkeiten
hindurch nach
Gott suchen wollte, würde
er niemals Gott begegnen, denn so, wie in
der ganzen physischen Natur niemals Na‐
turkraft
an sich zu finden ist, und dennoch
in jedem Atom dieser Sichtbarkeit erkannt
wird, so äuß
ert sich Gottheit
nur in den
aus ihr gezeugten
Geisteswesenheiten, ‒
in jeder
individuell gesondert auf die
nur
in ihr allein erstrebte Weise der Offen‐
barung, ‒ und kann
niemals, auch nicht
in
einer der
höchsten Geisteswelten,
iso‐
liert und
für sich bestehend gefunden
werden.
.Wir müssen Gott
in uns selbst entdecken,
in seinem ewigen, zeugenden
Leben, und
damit wir Gott in uns selbst entdecken
können, ohne uns selbst einen
Götzen aus
uns zu schaffen, und so einer argen
Täu‐
schung zu erliegen, müssen wir hier der
Führung
Jener vertrauen, die bereits im
Bewußtsein Gottes
leben, die ihre Kräfte
Gott zu Dienern gaben und sich dem ewigen
Urbild
einten, das sie zeugt.
Es wäre freilich törichter Glaube, wollte
man erwarten, hier in diesem durch völlig
andersartige Gesetze bestimmten Leben
der Erde den
höchsten gottgeeinten
Gei‐
steswesen als sichtbaren Gestaltungen zu
begegnen. Auch wird
die Menschenseele,
die sich hier ihrem lebendigen Gotte einte,
und ihrer Kräfte Herrscher ward aus Gott,
dem sie diese Kräfte zum Dienste weihte,
niemals, solange sie mit dem Körper des
Menschentieres verbunden bleibt,
von ir‐
dischen Banden frei, und kann,
selbst in
höchster Vollendung, nur die
niederste
Stufe göttlicher Geisteseinung erreichen.
Selbst der Gottgeeinte, aus dem sich ein
Leuchtender des Urlichtes den Offenbarer
schafft, wäre
aus sich allein unfähig, die
ihm erschlossenen höheren Stufen zu er‐
steigen!
.Zwar leben auch Geisteswesenheiten in
der
geistigen Region dieses Planeten, die
auf weitaus
höherer Stufe stehen, als sie
ihnen in physischer Verkörperung zugäng‐
lich wäre, aber sie sind entweder längst
vom irdischen Körper
befreit, oder waren
niemals an ihn gebunden, weil sie nicht
dem Falle der Geister
erlegen waren.
.Sie können uns aber nur
von innen her
fühlbar, können nach ewigen Gesetzen nur
der gänzlich gottgeeinten Seele eines Men‐
schen unter gewissen seltenen Umständen
schaubar und hörbar werden.
.Äußerst selten nur sind die wenigen
Fälle, in denen ein irdischer, sinnengebun‐
dener Mensch diese Geistigen wahrzuneh‐
men imstande war, ‒
zahllos aber sind
hier die
Täuschungsmöglichkeiten, zahl‐
los die Berichte
solcher Menschen, die
Ge‐
bilde der Täuschung sahen und nicht an‐
ders glauben konnten, als daß ihren Sinnen
sich ein
Geistiger offenbart habe.
.Kaum auszurotten ist der Wahn, daß
„Hellsehern” diese hohen Geisteswesen
sichtbar werden könnten, und Tausende
wollen das Hellsehen „lernen”, weil sie
meinen, wenn sie es könnten, wären sie
imstande,
Geistiges mit inneren Sinnen
wahrzunehmen.
.Man kann aber weder Hellsehen „ler‐
nen”, noch hat
je ein Hellseher
anderes
erschaut, als was in der
niederastralen,
keineswes „geistigen” Aura der Erde an
täuschenden Gebilden und täuschungs‐
lustigen Wesen
keineswegs geistiger Art
zu finden ist.
.Wohl gibt es Methoden, die Kräfte der
plastischen Phantasie des Menschen so
zu
überreizen, daß sie ihn alles als schein‐
bare Wirklichkeit sehen und hören lassen,
was er sehen und hören
will. Wohl kön‐
nen einem derart betrogenen Menschen
„innere Aufschlüsse” werden, in denen
Wahres und Falsches sich in grotesker Mi‐
schung mengt. Wohl kann er grandiose
Phantasiegebilde Anderer, oder selbstge‐
schaffene Trugbilder als scheinbare „Wirk‐
lichkeit” erblicken. Doch wer sollte hier
im Zweifel sein, daß ein solcher Mensch
noch viel bedauernswerter ist, als der
wirk‐
liche Hellseher, der seine fragwürdige
„Gabe”
stets von Geburt an mit auf die
Erde bringt, und der doch wenigstens ein
tatsächlich
erdenhaft „
Wirkliches” wahr‐
nimmt, wenn er auch fälschlich glaubt,
daß die Welten des
Geistes ihm erschlossen
seien!
Es ist eine gänzlich verkehrte Einstellung
der Wünsche, wenn ein Mensch dem Gei‐
stigen zuzustreben glaubt, und dabei hofft,
recht bald mehr oder weniger
sinnenfällige
Beweise des Daseins geistiger Welten zu
erlangen.
.Ganz davon abgesehen, daß es ihn nie‐
mals weiter bringen würde, wenn auch
sämtliche „Welten” des reinen wesen‐
haften Geistes gar seinem
physischen Auge
erschlossen wären, ‒ daß auch hundert‐
jährige, stete Zwiesprache mit den höch‐
sten geistigen Wesenheiten doch ihn immer
auf der gleichen Stufe verharren lassen
würde, auf der er den Austausch begonnen
hätte, ‒ darf er auch niemals glauben, daß
er dereinst, im Tode körperfrei geworden,
Geistiges sofort auf allen geistigen Stufen
erkennen könne.
.Hier erkennt sich nur,
was gleicher
Artung ist, und selbst ganz gottgeeinte
menschliche Geisteswesen können in gei‐
tigen Welten nur empor bis zu
jenen Stu‐
fen dringen, die ihrer
eigenen Geistigkeit
entsprechen.
.Wo es notwendig ist, steigen Wesen‐
heiten von
höherer geistiger Stufe
herab,
um belehrend Kunde zu bringen von dem,
was
ihnen erschlossen ist, wie das bei der
Schaffung des irdischen Geeinten eines im
Urlichte Leuchtenden unvermeidbar wird,
‒ denn
höhere Geistigkeit kann wohl die
Sphäre
niederer Stufen zeitweilig ent‐
sagend betreten, während die Geistigen
auf solcher
niederen Stufe
sich selbst zer‐
stören würden, falls dies
möglich wäre,
wollten sie versuchen, in Sphären des Gei‐
stes vorzudringen,
zu deren Betreten sie
noch nicht bereitet sind. (Die niederen
mentalen Einflüsse die jeder Erdenmensch
erfahren kann, stammen nicht aus
gei‐
stigen, sondern aus den Regionen der un‐
sichtbaren
physischen Welt!) Es herrschen
allerwärts
strengste geistige Gesetze, de‐
nen sich willig beugt, was wahrhaft des
ewigen Geistes ist.
.Weise hat das ewige Urlicht, das in allem
Geistigen leuchtet, seine Strahlen schüt‐
zend umhüllt für alles, was nicht in solcher
Weise sich dem Geiste geeint findet, daß
es auch des göttlichen Geistes wesenhaftes
Licht
zu ertragen imstande ist!
Was sollte es auch dem Menschen der Erde
nützen, könnte er Geistiges erschauen, so‐
lange er nicht in sich selbst dem Geiste
absolut geeinigt wurde?
.Es würde ihm nur zu
namenloser Qual,
und keine Höllenpein, die teuflische Tier‐
menschenwollust je ersann, ist derart grau‐
sam, daß ihre Martern jenen Peinen glei‐
chen würden, die ein menschliches Be‐
wußtsein empfinden müßte, das Geistiges
zu
schauen fähig wäre, bevor es
selbst,
dem Geiste auch
substantiell geeint, des
Geistes
Leben zu teilen imstande ist.
.Es bleibt nur Eines, das not tut: ‒ Alle
Kräfte der Seele, alle Empfindungsfähig‐
keit des Körpers, jeden Impuls und jede
Regung, dem Geiste, ‒ dem lebendigen
Gott in uns, ‒ willig und ohne Vorbehalt
zum Dienste an uns darzubieten, damit
es dem ewigen, göttlichen Geiste möglich
ist, allmählich sich mit unserem mensch‐
lichen Bewußtsein zu vereinen und uns
aus sich heraus wieder diese Kräfte, Im‐
pulse, Regungen und Empfindungsfähig‐
keiten zu willfährigen Dienern zu geben,
‒ nachdem wir bereitet wurden, sie aus
dem ewig uns zeugenden leuchtenden Kern
unseres Seins heraus zu beherrschen.
.Das ist der „rechte Gottesdienst”, den
Jeder vollbringen muß, der sein irdisch‐
menschliches Bewußtsein mit hinüber‐
nehmen will, nicht nur für scheinbar end‐
lose Zeiten, sondern für alle Ewigkeit!
.„Wirket, solange es Tag ist, denn es
kommt die Nacht, da niemand wirken
kann!”
Hier in diesem Erdenleben ist es dem Men‐
schen
möglich, zu „wirken”. ‒ Nach dem
Verlassen der physischen Welt aber findet
er sich
in dem Zustand,
den er sich selber
schuf, und muß
passiv verharren, bis sich
ohne sein Zutun, vielleicht in kürzerer
Zeit, vielleicht auch erst nach Jahrtausen‐
den, ‒ in irdischer Weise zu sprechen, ‒
sein Seelisches derart geläutert hat, daß
es
substantiell gottgeeinten Geisteswesen‐
heiten gelingt, in ihm das Bewußtsein
vom wesenhaften Innewohnen seines gött‐
lichen Wesenskernes, seines lebendigen
Gottes, zu erwecken.
Erst dann kann in
ihm die
Willensumkehr erfolgen, durch
die er alle Kräfte seinem „lebendigen
Gott” zum Dienste
überläßt, wodurch
dann erst die
Vereinung seines Bewußt‐
seins mit dem
ewigen Bewußtsein des
göttlichen Geistes in ihm herbeizuführen
ist, die auch kein „Gnadenakt” der Gott‐
heit jemals anders herbeizuführen vermag!
.Dann aber ist sein
erdenmenschliches
Bewußtsein ihm
längst entschwunden, wie
ein Traum, der sich selbst entschwand.
.Er ist zwar „
gerettet”, aber sein Leben
auf dieser Erde mit all seinem Trachten,
seinem Glück und seiner Mühsal ist auf
ewig ihm
unerinnerbar geworden, er hat
den Preis des Siegers,
die Erweiterung
des Bewußtseins Dessen,
der die äußer‐
sten Reiche göttlicher Selbstoffenbarung
durchlaufen hat, für sich
nicht erlangt!
.Zwar wird auch
er, ‒ dann dem gött‐
lichen Geiste Darstellungsform geworden
und mit seinem ihm gleichgearteten männ‐
lichen oder weiblichen geistigen Gegen‐
pol vereint, ‒ in der Fülle unendlichen
Glückes
das Leben des reinen Geistes le‐
ben, doch
ungleich höher ist die Art der
Selbstempfindung
jener ewig Geistigen,
die in all ihrem unendlichen Glück auch
des Bewußtseins der
tiefsten Tiefe noch
fähig bleiben, in die sie, dem Erdenmen‐
schentiere einst verbunden, hinabgetaucht
waren.
.Wie der Mensch der Ebene, in seiner
ganzen Seele erschüttert und beglückt vor
den Wundern der Bergwelt, steht, von dem
Gebirgsbewohner zuweilen kaum in seiner
Andacht verstanden, so ermißt erst
der
Geist, der auch
aller Tiefen noch bewußt
sich erinnern kann, die ganze Höhe seines
Glückes, und je
höher die Stufen werden,
die er, wenn auch erst in Äonen, erreichen
soll, desto weniger möchte er die
Er‐
innerungsmöglichkeit an seine tiefste
Stufe missen.
Da
Geistiges niemals in seinem Wesen
veränderlich ist, so handelt es sich bei dem
Aufstieg der Seele auch niemals um eine
Veränderung ihres göttlich-geistigen, ewig
sie zeugenden Wesenskernes.
.Der „lebendige Gott” in des Menschen
innerstem Innen, dem er hier schon auf
dieser Erde sich im Bewußtsein zu einen
vermag, ist
der Gleiche, auf
jeder geistigen
Stufe, die je erreicht wird, durch alle
Ewigkeit hindurch.
.Nur
der Zustand der Seele, der Zustand
menschlich-seelischen
Bewußtseins erwei‐
tert sich, um stets
höhere geistige Bewußt‐
heit zu erlangen, um stets
weitere Un‐
ermeßlichkeiten geistigen Seins
empfinden
zu können.
.Würde es sich nur darum handeln,
ir‐
gendein Individualbewußtsein seelischer
Art um den geistigen, zeugenden Wesens‐
kern herum zu bilden, dann wäre jedes
Trachten nach der Einung des Bewußt‐
seins mit dem Geiste, hier während dieses
irdischen Lebens,
völlig überflüssig, denn
die Einung
kann, mit Ausnahme der Fälle
gänzlicher Bewußtseinsauflösung, nach
ewigen, dem göttlichen Leben inhärenten
Gesetzen noch erfolgen, auch wenn sie
erst in Äonen erfolgt.
.Der Weckruf aller wirklichen Geistes‐
lehrer der Menschheit erging zu allen Zei‐
ten
deshalb, weil es das höchste Glück der
Seele in aller Ewigkeit ausmacht,
ihr ir‐
disches Bewußtsein und damit
die Fähig‐
keit des Erinnerns in sich
zu erhalten,
und weil unsägliches
Leid der Seele, das
zur Auslösung kommen kann, nachdem
sie den Erdenkörper verlassen hat, durch
ihre Geisteseinung während des irdischen
Lebens
vermeidbar wird.
.Die Menschheit zu jeder Zeit durch ihre
berufenen Sprecher
auf diese Bahn ver‐
mehrten Glückes hinzuleiten, ist Aufgabe
Derer, aus deren Mitte heraus ich diese
Lehren künde und jedes Wort dieses Bu‐
ches soll seine Leser nichts anderes lehren,
als diese Art des „
rechten Gottesdienstes”.
Möge keiner, der diese Worte liest, aus
diesem Leben irdischer Mühsal scheiden,
bevor sein Bewußtsein
geeinigt wurde
seinem „
lebendigen Gott”!
.Möge keiner in jene „Nacht” der
Un‐
möglichkeit eigenen Wirkens gelangen,
aus der es kein Entrinnen gibt, ehe die
Schuld des Harrenden „bis auf den letzten
Heller” beglichen ist!
.Noch ist es „
Tag” und hilfreiche Hände
sind am Werke,
Allen geistige Hilfe zu‐
zuleiten, die danach verlangen. ‒ Es be‐
darf
keiner Sonderschulung, diese Hilfe
herbeizuziehen, und keiner
persönlichen
Einzel-
Belehrung, sie sich zu eigen zu
machen.
.„
Wer Ohren hat zu hören,
der höre!”
ENDE DES BUCHES