DAS BUCH
VOM
LEBENDIGEN
GOTT
Verlagslogo
gegründet 1816
KOBER`SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG AG
BERN
4. Auflage
Unveränderter Nachdruck
der 1927 erschienenen Neuausgabe
(Anm.: Erstausgabe 1919)
©
1971 Kober'sche Verlagsbuchhandlung AG, Bern
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die der Übersetzung
in fremde Sprachen und der Verbreitung in Rundfunk und
Fernsehen
Druck: Graphische Anstalt Schüler AG, Biel
INHALT Seite
Geleitwort 5
„Die Hütte Gottes bei den Menschen” 13
Die „Weiße Loge” 29
Übersinnliche Erfahrung 41
Der Weg 63
En sôph 111
Vom Suchen nach Gott 121
Von Tat und Wirken 127
Von Heiligkeit und Sünde 133
Die „okkulte” Welt 143
Der verborgene Tempel 159
Karma 169
Krieg und Frieden 183
Die Einheit der Religionen 197
Der Wille zum Licht 209
Die hohen Kräfte des Erkennens 219
Vom Tode 233
Vom Geiste 247
Der Pfad der Vollendung 263
Vom ewigen Leben 281
Im Osten wohnt das Licht 291
Glaube, Talisman und Götterbild 307
Die Magie des Wortes 321
Ein Ruf aus Himavat 333
Eucharistie 343
Epilog 349
Originalscan
GELEITWORT
.Es lese keiner dieses Buch, der
fromm und gläubig ist!
.Es lese keiner dieses Buch, der nie
an Gott gezweifelt hat!
.Dieses Buch ist geschrieben für solche
Menschen, die in harten inneren Kämpfen
ihren Gott erringen wollten, aber ihn nicht
fanden...
.Dieses Buch ist geschrieben für Alle, die
in den Dornen der Zweifel hängen...
.Diesen wird es helfen!
.Diesen wird es ein Wegzeiger sein!
.Uralte Weisheit ist es, die ich hier ver‐
künde.
7 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Die Wenigen, die jeweils sie empfinden
konnten, hielten sie seit alter Zeit geheim.
.Nur selten, nur zu gewählter Stunde und
nur in dunklen Symbolen durfte in früheren
Tagen der Welt davon gesprochen werden.
.Nun aber ist die Zeit gekommen, deut
licher davon zu reden, nachdem durch Un‐
berufene verzerrte Bilder dieser Weisheit in
der Welt verbreitet wurden und verbreitet
werden.
.Im „innersten Osten” wurde beschlos‐
sen, den lange und sorglichst vor profanen
Augen gehüteten, „heiligen Schrein” nun den
Menschen des Westens zu öffnen.
.Der ihn hier öffnet, ist dazu ermächtigt.
.Noch aber verlangt man strenge Prü
fung von den Suchenden, und keiner kann
den Tempel betreten, wenn er nicht vorher
die Prüfung besteht. ‒
8 Das Buch vom Lebendigen Gott
.So läßt sich denn vorerst nur aus der
Ferne zeigen, was der Würdige dereinst er
fassen und begreifen soll...
.Was sich von den Geheimnissen des Tem‐
pels sagen läßt, will ich euch sagen!
.Wollt ihr sie ergründen, dann müßt ihr
Sorge tragen, sie im eigenen Innern zu er
leben!
.Sie offenbaren sich wahrlich nur dem,
der mit allen Kräften sich ihr Erfassen er
ringt! ‒
.Mit dem „Lesen” meiner Worte werdet
ihr wenig errungen haben...
.Was hier Wort wird, muß willige Her
zen finden; ‒ Herzen, die es aufzunehmen
und in sich zu behalten wissen, sonst ist es
vergeblich Wort geworden! ‒ ‒
.Keiner aber kann etwa ein Urteil fällen
über Wert oder Unwert des Vernommenen,
9 Das Buch vom Lebendigen Gott
bevor er sich der vielverlangenden Prüfung
unterzog, die ihm geboten ist, wenn er den
Tempel selbst betreten will. ‒
.Nur denen, die im Innern dieses Tempels
sind, ist hier die Urteilsbildung möglich!
.Ich kann hier nur von außen zeigen, was
sich dereinst im Innersten des also Belehr‐
ten offenbaren soll.
.Damit es sich offenbare, ist ein lange
dauernder, hoher Wille vonnöten, und nur
wer diesen Willen in sich erzwingt, darf auf
Bestätigung meiner Worte in sich selber
hoffen.
.Er findet den Weg zu seinem lebendigen
Gott!
.Er findet in sich selbst das Reich des Geistes
und seine hohen Gewalten!
.Sein Gott wird in ihm selbst „geboren
werden!
10 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Es liegt mir ferne, „Beweise” zu führen.
.Ob meine Worte Wahrheit künden, müßt
ihr selbst erproben!
.Nur in euch selbst wohnt jener stille
Richter, der euch bekräftigt, was mein Wort
in euch erregt...
.Meine Beweise könntet ihr nicht ver
stehen, denn ihr seid nicht die Wege ge‐
gangen, die ich einst mühevoll durchwandern
mußte! ‒
.Hier gibt es auch keine „allgemein gül
tigen” Beweise!
.Hier findet ein jeder den für ihn bündigen
Beweis nur in sich selbst! ‒ ‒ ‒
.Ich gebe euch auch keine „Wissenschaft
und verkünde euch keinen „Glauben”.
.Ich zeige euch nur was sich zeigen läßt,
von der Weisheit desinnersten Ostens”,
11 Das Buch vom Lebendigen Gott
vom hohen Geheimnis des Tempels der
Ewigkeit!
.Möge euch mein Wort ermuntern zum
endlichen Erwachen zu euch selbst, denn
noch weiß keiner aus euch, ‒ wer er ist!
‒ ‒ ‒
.Segen und Kraft aber werde allen, die
guten Willens und starken Wollens sind!
12 Das Buch vom Lebendigen Gott
„DIE HÜTTE GOTTES BEI DEN
MENSCHEN”
.Es kam eine stille Kunde schon in alten
Zeiten einst von Sonnenaufgang her nach dem
Abendlande und stellte in der Bilderweise
frommen Christenglaubens eine wunder
same, geistverbundene Gemeinschaft
wissend Wirkender vor Augen, ‒ die
Menschen des Abendlandes aber wußten
nicht zu deuten, was sie solcherart er‐
reichte. ‒ ‒
.Der Sage Schleier wob sich um den „hei
ligen Gral” und seine hehre „Ritterschaft”..
.Ein trosterfülltes Wissen ging in dunkler
Mythe unter, ‒ wurde frommer Dichtung
sagenhafter Hintergrund. ‒
.Da geschah es jedoch in unseren Tagen,
daß in phantastisch aufgeputzten Berichten
15 Das Buch vom Lebendigen Gott
abenteuerlicher Mystagogen vor aller Welt
gesprochen wurde von verborgenlebenden
Geheimniskundigen im inneren Orient,
obwohl die Mär wider Willen zugleich be‐
zeugte, daß ihre Künder zwar vom Dasein
der Verborgenen erfahren, aber keinen je ge‐
sehen hatten, ‒ ansonsten man niemals
hätte vermeinen können, gewisse Wunder
fakire und seltsame Heilige denen man be‐
gegnet war, seien Glieder jenes geistigen
Kreises...
.Weil aber im Nichtbewußten vieler
Seelen letzte dunkle Ahnung sich erhalten
hat von einer möglichen geistigen Verbun‐
denheit mit einem irgendwo auf dieser Erde
noch verborgenen, gottesgeisterfüllten Heilig‐
tum, so fanden sich bald zum Glauben Geneig‐
te, die solche Verbindung zu erlangen hofften.
.Leider suchten sie auf falschen Wegen,
und auf diesen Irrtumswegen suchen sie noch
jetzt. ‒ ‒
16 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Aus Wissensbrocken die am Wege lagen,
türmten sie ein wunderliches Scheinwerk auf
und nannten es die „Wissenschaft” vom
Geiste, ‒ ahnungslos dem Wahn verfallen,
daß wahres Wissen um den Geist der Ewigkeit
erlernbar sei wie irdische Verstandeswissen‐
schaft.
.Sie leben als Asketen, um sich, wie sie
meinen, zu „vergeistigen”, ‒ versenken sich
in mitternächtigdunkle Giftmoraste einer
„Mystik” die aus der Fieberatmosphäre tro‐
pischheißer Dschungel stammt, ‒ spüren
allenthalben leidenschaftbetört nach alten oder
neuen Anweisungen um „okkulte Kräfte
zu erlangen, ‒ und glauben, daß sie sich auf
solche Weise Jenen nähern könnten, die für
alles dieses nur ein mitleidsvolles Lä
cheln, voll Verzeihung und Verstehen,
übrig haben. ‒ ‒
.Keiner mag die Felsensteige betreten, die
zu den im Sonnenlichte strahlenden Firnen
des „großen Gebirges” führen, und alle laufen
17 Das Buch vom Lebendigen Gott
dahin auf breiten, staubigen Straßen, nach
den längst entweihten Wallfahrtszielen dump‐
fer Täler...
.Viele träumten sich schon auf dem Wege
zu den nüchternklaren Lenkern im Reiche der
Seele, und nun durchsuchen sie die Wälder,
um ‒ einenHeiligen” zu entdecken...
.Andere wieder glauben, die religiösen
Lehren östlicher Völker seien identisch
mit der Weisheit jener stillen und verborgenen
Lenker...
.So sagen sie sich denn mit Recht:
.„Auch bei uns hat es in alten Zeiten Seher
und Weise gegeben, auch wir haben unsere
heiligen Bücher aus der fernen Vorzeit!
.Das Göttliche aber ist allerorten gleich!
.Weshalb nur sollten wir, des Westens
Söhne, nun unser Heil allein im Osten su‐
chen?! ‒”
18 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Sie reden wahr, ‒ denn, wenn es sich
allein um Jenes handeln würde, was man
allerorten, frommen Herzens, in sich fühlen
lernen kann, ‒ wenn es hier nur um jene
Lehren aus der Vorzeit ginge, die im Morgen‐
lande noch die Glaubensvorstellungen mit‐
bestimmen, ‒ dann fände jeder Suchende
Befriedung aus sich selbst und in den weisen
Lehren die ihm seines Volkes Seher und Ver‐
künder hinterlassen haben.
.Aber Weisheit und Wirken jener stillen
Lenker haben nur weniges zu tun mit den
Lehren der östlichen Völker, und die verbor‐
genen geistigen Helfer führen weiter, als nur
zu jenen Himmeln, die jede Zeit als Ausdruck
ihres frommen Sehnens sich erschuf. ‒
.Die Hüter des Urzeiterbes aller Mensch‐
heit sind die mächtigsten Schützer alles Gei
stigen im Menschen, und sind zugleich des
Erdenmenschen wahrhaftigste Freun
de, voll Verstehen und voll Rat. ‒
19 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Seit den ältesten Zeiten haben sie Brüder
entsandt, nach allen Ländern der Erde, um
geistige Strahlungspunkte zu bilden, wo
sie vonnöten waren.
.Aus allen Völkern haben sie im Laufe der
Zeiten sich ihre geistigen Söhne und Brüder
erwählt, wie geistiges Gesetz sie wählen hieß.
.Allen aber, die sie so erwählten, wurde
eine Stätte mitten in Asien zur geistigen Hei‐
mat, zu der den Zutritt keiner findet, der etwa
kommen möchte, ohne geladen zu sein.
.Die wenigen, die dort seit Urzeittagen
schon zusammen leben, kommen niemals
sichtbar in die Welt des äußeren Getriebes.
.Dazu verordnen sie nur jene ihrer gei‐
stigen Söhne und Brüder, die geistiges Gesetz
zu „Wirkenden” bestimmte.
.Sie selbst sind lediglich die treuen Hüter
eines geistigen Schatzes, den der Erdenmensch
20 Das Buch vom Lebendigen Gott
einst vor dem Falle in die Welt der physischen
Materie besaß.
.Sie schaffen jene Macht, aus der die
Wirkenden zum Wohl der Erdenmenschheit
handeln.
.Ist es nicht äußerste Torheit, zu glau‐
ben, diese hohen Lenker seien „Buddhisten
oder „Brahmanen”, ‒ „Lamas”, „Pun
dits”, oder gar „Fakire” !?! ‒
.Man glaube aber auch nicht, man habe es
hier etwa mit „Gelehrten” einer okkulten,
sogenannten „Wissenschaft” zu tun!
.Was solcherart vermutet wird, ist alles
arger Irrtum!
.Die Leuchtenden des Urlichts sind
vor allem „Schaffende”.
.Die „Ältesten” oder die „Väter” haben
den „Durst nach Wissen” nie gekannt und
konnten ihn nicht kennenlernen...
21 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Ihre „Söhne” im Geiste und ihre „Brüder”
zugleich, aber haben alles „Wissenwollen”
längst verlernt.
.Sie wollen alle auch gewiß nicht etwa die
Welt zu den Lehren morgenländischer Mystik
und Philosophie bekehren.
.Ihnen allen ist es gleich, ob du an die
Bibel „glaubst”, an den Koran, die Veden,
oder an Buddhas Lehren.
.Wohl aber finden sie in allen diesen Glau‐
benskreisen immer wieder Menschen, denen
sie Helfer und geistige Führer zu sein ver‐
mögen, auch wenn die Beschützten und Be‐
ratenen oft keinerlei Bewußtwerden der hier
nötigen Vorgänge in sich erleben...
.Die Leuchtenden des Urlichts wollen
dir nicht Glaubenslehren geben, sondern
dir dieBrückenbauen, die dich, den
tierverhafteten Menschen dieser Erde, ‒ mit
dem substantiellen Geistesreiche verbinden.
22 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Sie stehen aber ferne jenen Lehren, die
den Menschen in Ekstase peitschen wollen,
damit er dann, ‒ der Sinne nicht mehr
mächtig, ‒ Macht zu haben wähne, das Gött
liche zu sich herabzuziehen. ‒
.Sie wissen wahrlich auch, daß man im
Denken niemals das erkennen kann, was
allen Denkens Vorbedingung ist und über
allem Denken lebt. ‒
.Sie lächeln, hören sie von jenen, die sich
selber für verkappte Götter halten.
.Sie werden aber jedem unsichtbar zur
Seite stehen, der seinen Gott in sich emp
fangen will. ‒
.Sie sind die wahren Hohenpriester, die den
Kelch des Segens jedem Pilger reichen, der
aus der tiefsten Inbrunst seines Herzens Gott
in sich verlangt. ‒ ‒ ‒
.Siehst du nicht ein, daß es sich hier um
anderes handelt, als jene sonderbaren, vor‐
23 Das Buch vom Lebendigen Gott
geblichen Wissenden „okkulter Wissenschaft”,
von denen dort geredet wird, wo man aus
aller Völker mystisch dunkler Lehre ein Ra‐
gout sich zubereitet hat, und diese Speise
Gottesweisheit”, ‒ „Theo-sophia” be‐
nennt?! ‒ ‒
.Du wirst mit solcher „Gottesweisheit”
armer Irrender und Selbstbetörter, mit allem
Üben”, Meditieren, Fasten, ‒ bei aller
Reinheit deiner Taten und Gedanken, ‒
mit einem Wissen über Dinge die man nicht
zu wissen braucht, ‒ noch nicht um eines
Haares Breite jenem Ziele näherkom
men, das du durch deines Herzens tiefstes
Fühlen als das Hochziel aller deiner Wün
sche ahnen kannst! ‒ ‒
.Du wirst vielleicht ein Narr, vielleicht für
dich und andere einHeiliger”, ‒ doch
niemals kommst du so zu deinem Gott!
.Wenn du nur finden willst, was jederzeit
du ohne Geisteshilfe in dir selber finden
24 Das Buch vom Lebendigen Gott
kannst, dann brauchst du wahrlich deine
Blicke nicht zum „hohen Osten” hinzu‐
wenden!
.Die von dort aus dich leiten, ‒ auch wenn
sie mit dir im gleichen Lande leben mögen,
oder gar im selben Hause, ‒ die haben an
deres zu geben! ‒
.Sie können in dir etwas schaffen, das du
nicht selber in dir schaffen kannst...
.Etwas, das in dir Wurzel faßt, und dem
du Nahrung wirst...
.Etwas, das du noch nicht hast und nie
mals aus dir selber haben könntest! ‒ ‒
.Auch die Leuchtenden des Urlichtes
haben es gewiß nicht aus sich selber. ‒
.Sie geben dir nur wieder, was einst dein
eigen war, bevor du es durch deinen Drang
in diese Welt der physischen Materie ver
lieren mußtest. ‒ ‒
25 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Die „Ältesten” der Brüder haben es
niemals verloren, da sie dem tiefen Fall in
dieses Menschentier der Erde nie verfallen
sind...
.Sie kennen nicht den Tod, und leben,
so wie vor Jahrtausenden, auf dieser Erde hier
in unzerstörbarer Gestaltung aus den Kräf‐
ten reinster Geistsubstanz.
.Sie waren nie mit einem Körper, dem der
Tiere gleich, vereint wie du und ich.
.Sie aber schufen sich in Menschen die vor‐
einst gefallen waren und zu ihrer Zeit dem
Tiere dieser Erde sich vereinen mußten, auf
geistigen Planen ihre „Brüder”, damit
diese, dann in die Erdenwelt geboren, wirken
konnten, was allhier nur dann zu wirken ist,
wenn man im Erdentiereskörper lebt...
.So bereiten sie auch heute zukünftige
„Brüder” für eine kommende Zeit.
26 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Der Ort ihres Wirkens auf dieser Erde
aber ist seit der Urzeit, als die ersten Tier
menschen Träger des Geistmenschen wur‐
den, ‒ dort, wo das höchste Gebirge der Erde
sich erhebt, ‒ unzugänglich jedem, den sie
nicht geistig selbst in ihre Mitte führen.
.Hier ist in Wahrheit „die Hütte Gottes
bei den Menschen” dieser Erde!
.Hier reicht das Reich des Geistes, durch
die Kräfte reinster Geistsubstanz, herein in
dieser Erde physisches Geschehen!
.Von hier aus gehen Strahlen reinster
Geistsubstanz zu allen, die auf dieser Erde
wohnen! ‒
.Ich sehe aber nur allzuviele Menschen
dieser Erde noch vergeblich nach dem
Geiste suchen, da sie auf falschen Wegen
schreiten.
.Ich kann diese Vielen nur zur Umkehr
mahnen, denn das wirkende Licht aus dem
27 Das Buch vom Lebendigen Gott
innersten Osten” dürfte sie schwerlich er‐
füllen können, wenn ihre Augen weiter ge
blendet bleiben von den mancherlei Lich‐
tern aus allen Zeiten, ‒ den Leuchtern und
Nachtfackeln, mit denen der in Tierheit ge‐
fallene Mensch sich selbst seinen Weg zu er‐
hellen suchte. ‒
.Wahrlich, nur wer ungeirrt durch das
Lichtergefunkel der Erde nach „Osten” blickt,
der findet auf hohen Bergen lebendiges Licht!
.Wer es gefunden hat, dem wird es leuch
ten auf seinem Wege, bis er sein Ziel er‐
reicht, ‒ ‒ bis er sein Ziel erreicht! ‒
28 Das Buch vom Lebendigen Gott
DIE „WEISSE LOGE”
.Mit dem Namen „Weiße Loge” hat man
den Kreis der geistigen Helfer im allgemei‐
nen Sprachgebrauch zu bezeichnen versucht,
und somit sei diese Bezeichnung auch hier
beibehalten, trotzdem die so Benannten sie
nur gelten lassen, aber keineswegs sich
selber also nennen.
.Ihre völlige Abschließung von der
äußeren Alltagswelt mag zu rechtfertigen
scheinen, daß man den Begriff der „Loge”,
aus der Freimaurerei her bekannt, auf ihre
rein geistige Gemeinschaft übertrug.
.Es handelt sich hier um die eigenar
tigste Vereinung auf diesem Planeten, und
es findet sich unter Menschen keine wie
immer geartete Gemeinschaftsform, die Ver‐
31 Das Buch vom Lebendigen Gott
gleichsmöglichkeiten, und sei es auch nur im
übertragenen Sinne, zu bieten hätte.
.Die Glieder dieser Ver-einung kommen
sich nur in den allerseltensten und wich
tigsten Fällen äußerlich, körperlich, nahe
und sie schreiben sich auch fast niemals Briefe.
.Dennoch stehen sie in unausgesetzter,
geistiger Verbindung, in stetem Aus
tausch der Gedanken, ja in absoluter
seelischer Gemeinsamkeit....
.Diese Vereinung besitzt keine äußeren
Gesetze.
.Ein jedes ihrer Glieder ist dem anderen
gleichgestellt, und doch kennt jedes Glied
seine ihm vorbehaltene Stelle, bedingt durch
die Verschiedenheit der geistigen Sonderart
des Einzelnen.
.Alle aber unterordnen sich freiwillig ei‐
nem gemeinsamen geistigen „Oberhaupte”.
32 Das Buch vom Lebendigen Gott
Dieses „Oberhaupt” wird nichtge
wählt” und nichternannt”, und doch
wird niemals eines der Glieder der Verei‐
nung im Zweifel sein, wer dieses „Ober‐
haupt” sei. ‒
.Die „Aufnahme” in diese Gemeinschaft
kann weder rechtmäßig erworben, noch er‐
schlichen oder erzwungen werden.
.Verborgene geistige Gesetze und durch sie
bewirkte besondere Anlage der menschlichen
Natur geben allein den Ausschlag, ob ein
Mensch zur „Aufnahme” bestimmt ist, und
keine Macht der Welt kann in solchem Falle
seine „Aufnahme” verhindern.
.Die Aufgenommenen aber verpflichtet
kein Gelübde, kein Versprechen...
.Sie selbst sind sich Gesetz und Norm!
.An keinen äußeren Zeichen, keiner
gemeinsamen Besonderheit der Lebens
33 Das Buch vom Lebendigen Gott
weise sind die Glieder dieser geistigen Ge‐
meinschaft zu erkennen.
.Sie selbst aber, mögen sie auch von An‐
gesicht sich völlig fremd sein, erkennen ein
ander, ‒ und zwar ohne „Zeichen, Wort
und Griff”, ‒ sobald es nötig wird, einander
auch im äußeren Leben zu begegnen.
.Ihrer ganzen Art nach muß diese Ver‐
einung als solche der Außenwelt verborgen
bleiben, und doch stehen viele Einzelne und
selbst ganze Völker zuweilen unter ihrem gei‐
stigen Einfluß...
.Kein Weg des Aufstiegs zu höheren, über‐
materiellen Zielen wurde je betreten, ohne
daß eines der Glieder der Vereinung, oder
diese als Ganzes, die unwahrnehmbare Füh‐
rung übernommen hätte. ‒ ‒
.In den allermeisten Fällen wissen und
ahnen die geistig Beratenen nichts von die‐
34 Das Buch vom Lebendigen Gott
sem unsichtbaren Ein-fluß, dem sie ihr Be‐
stes danken.
.Wo aber Spuren geistigen Erwacht
seins sich finden, dort wird der Einfluß gei‐
stiger Hilfe wohl gefühlt, ‒ doch wird er
fast immer, sei es aus Unkenntnis oder be‐
wegt durch abergläubische Vorstellungen, auf
überweltliche Mächte zurückgeführt...
.Die poetische Vorstellungswelt aller Zei‐
ten und Völker dankt solchem irrigen Deuten
immerhin eine Fülle ihrer Gestalten. ‒
.Der Aberglaube war noch immer ein
Freund der Dichter, denn die nackte Wahr‐
heit ist zu streng und einfach, als daß sie sich
bereit finden könnte, sich mit den üppigen
Draperien der Phantasie des Poeten umklei‐
den zu lassen.
.Nicht minder wurde irriges Deuten ge‐
fühlter geistiger Hilfe, die aus dem stillen
35 Das Buch vom Lebendigen Gott
Kreise der „älteren Brüder” auf Erden
kam, Anlaß zur Bereicherung religiöser
Sagenwelt. ‒
.Von Zeit zu Zeit aber wurde Einzelnen
das Dasein und Wirken der unsichtbaren
und doch an reale Erdenmenschen ge
bundenen Gemeinschaft bewußt, ‒ doch
Andere verschütteten die aufgezeigten Spu‐
ren wieder mit Zweifeln aller Art, so daß
zuletzt nur das Raunen der Sage da und dort
bezeugte, daß man vor Zeiten wohl einmal
mehr von diesen Dingen wußte, ‒ daß
manche Menschen hier Bedeutsames erfah‐
ren haben mußten...
.In unseren Tagen erhielten dann allzu
schwärmerisch veranlagte Seelen Kunde
von dem Dasein der Gemeinschaft, aber
deren einfaches geistiges Sein und Wir
ken genügte der farbenreichen Einbil
dungskraft dieser Enthusiasmierten so
wenig, daß sie es für nötig hielten, ihre Be‐
richte mit seltsamster Zutat zu schmücken, und
36 Das Buch vom Lebendigen Gott
die „älteren” (‒ weil geistig älteren ‒)
Brüder der Menschheit zu Halbgöttern,
oder mindestens großen Zauberern, her‐
auszuputzen, die alles, was moderne Wissen‐
schaft erst zu ergründen sucht, „längst wis
sen” sollten, und gar freigebig mit allen
Wunderkräften ausgestattet wurden, von
denen je exotische Märchendichter träumten.
.Man hat offenbar hier in guter Absicht
gefehlt und wollte den Zweck die Mittel hei‐
ligen lassen, indem man die erahnten Unzu‐
gänglichen hoch über alles Menschentum
hinaufzusteigern suchte, wobei man sich
bestätigt sah, durch recht geschmacklose Fa‐
kirwunder, die man denen, die sie verübten,
gläubig als Beweis ihrer Zugehörigkeit zur
Weißen Loge” anrechnete...
.Die aber mit diesem Namen gemeint
sein sollten: ‒ die wahren Leuchtenden
des Urlichts, ‒ die Priester des Tem
pels der Ewigkeit auf dieser Erde, ‒
37 Das Buch vom Lebendigen Gott
lehnen freilich allen phantastischen Aufputz
mit unerbittlicher Entschiedenheit ab.
.Sie wissen, daß sie Menschen gleich an
deren Menschen sind, nur durch ein hö
heres geistigesAlter” befähigt, ihre Stel‐
lung im Stufenbau der geistigen Hierarchie
auszufüllen und ihren Mitmenschen Geistes
kräfte zuzuleiten, deren Lenker sie sind,
nicht deren Erzeuger!
.Die Wirklichkeit zeigt aber trotzdem
ein weitaus würdigeres, weitaus erhabene
res Bild, als es die farbenlüsternste Phanta
tasie sich jemals ausmalen könnte....
.Das stille Wirken der Glieder der Ver‐
einung umfaßt alle Gebiete geistiger Ent
wicklung in der Menschheit.
.Durch ihre Hände laufen Fäden, die oft‐
mals bei den Äußerungen höchster mensch‐
licher Schöpferkraft, höchster menschlicher
Machtentfaltung enden...
38 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Sie versetzen wirklich Berge ohne ein
Glied eines Fingers zu rühren, denn ihr Wille,
durch reinste Geisteserkenntnis gelei
tet und völlig von allem persönlichen
Wünschen gereinigt, steht hinter so man‐
chem Willen, der andere Gehirne und Hände
benutzt und bewegt! ‒
.Für Fakirkünste aber ist im Wirken
der „älteren Brüder” der Menschheit wahr
lich kein Raum!
.Sie arbeiten lediglich auf rein geistige
Weise an der Verwirklichung des unermeß‐
lichen Entwicklungsplanes, den ein ewiges
kosmisches Gesetz der Erdenmenschheit vor‐
gezeichnet hat, und ihre Arbeit kennt kein
persönliches Sonderinteresse, aber auch
keine Bevorzugung Einzelner, auch
wenn sie aus den idealsten Motiven heraus
erfolgen könnte. ‒
.Wer grobe „Wunder” sucht, der wird
sie hier nicht finden!
39 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Die tatsächlichen Geschehnisse im
Wirken der „älteren Brüder” mögen zuwei‐
len dennoch wahrhaft „wundersam” sein,
aber je mehr sie solche Bezeichnung etwa ver‐
dienten, desto sicherer bleiben sie äußeren
Augen verborgen. ‒
.In den Einflußkreis dieses geistigen Wir‐
kens aber tritt jeder Erdenmitmensch, dem
es ernsthaft am Herzen liegt, seine in diesem
Erdendasein höchstmögliche geistige
Entfaltung zu erreichen.
.Je reiner sein Wille ist, ‒ je freier
bereits von selbstsüchtigen Wünschen, ‒
desto klarer wird Geistiges in ihn ein
fließen können, und desto stärker wird er
diesen Ein-fluß ehestens in sich empfinden.
.Unzählige empfinden ihn, ohne zu
ahnen, woher er kommt...
40 Das Buch vom Lebendigen Gott
ÜBERSINNLICHE ERFAHRUNG
.Ein jeder Mensch kann zu gelegener Zeit,
wenn gewisse übersinnliche Vorausset
zungen gegeben sind und keine zu starken
Widerstände in der physischen Welt beste‐
hen, übersinnliche Erfahrungen machen.
.Am besten dazu veranlagt sind die aller
einfachsten Naturen und ‒ die Künstler,
sofern es sich bei diesen um ursprüngliche
Begabungen, ‒ echte Schöpferische, ‒
wirklich „Begabte des Herzens” handelt.
.Das innere „Empfangen” einer schöp
ferischen Idee, ‒ einer echt künstleri
schen Vor-stellungist an sich schon
eine Art „übersinnlicher Erfahrung”. ‒
.Dennoch aber besteht ein himmelwei
ter Unterschied zwischen jeder Art künst
43 Das Buch vom Lebendigen Gott
lerischerInspiration”, oder gelegent‐
licher höherer übersinnlicher Erfahrung,
wie sie jeder Mensch erleben, und wie sie
eine besonders geeignete Natur in stärkster
Erlebensmöglichkeit kennen kann, und der
Art des übersinnlichen Erfahrens die von
den Wenigen geübt wird, denen das Erb
gut des Geistesmenschen wahrlich mehr
ist, als ein Gegenstand der Befriedigung des
Wissenstriebes, ‒ die es sich vielmehr
nur darum anvertraut wissen, damit sie ihren
„jüngeren” Brüdern von hohen Bergen her
die Wegsignale geben können.
.Ich rede hier nicht etwa von dem, was
die Welt unter „Mystikern” versteht!
.Mystikund die „Königliche Kunst”
der wahren, im Reiche wesenhaften Geistes
allein als solche gewürdigten „Eingeweih
ten”, sind sehr verschiedene Dinge!
.Dem Mystiker ergeht es ähnlich wie
dem Künstler...
44 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Ihm, wie jenem, wird „Inspiration” aus
einer ihm unbekannten Sphäre, in die er nie
mals selbstbewußt und mit wachen Sin
nen einzutreten vermag.
.„Es” packt ihn, überwältigt ihn, und er
wird Sprecher dieser unbekannten Kraft,
oder er erlebt nur ihre Einwirkung im
wortelosen Schauen”.
.Dem im Reiche substantiellen Geistes
Geweihten”, dem wahren „Eingeweih
ten der königlichen Kunst”, dem Sohne
und Bruder der „Leuchtenden des Ur
lichts”, ‒ ‒ ergeht es sehr wesentlich
anders!
.Er lebt, bewußt seiner selbst, stets
und ständig in den drei Welten, die sich
in der Welt der Wirklichkeit vereinigt fin‐
den, als Welt der physischen Materie,
Welt der übermateriellen, aber substan
tiellen Seelenkräfte, und Welt des sub
stantiellen, reinen Geistes.
45 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Er ist nie und nimmer in Ekstase,
noch in irgendwelchen Zuständen der
sogenanntenTrance”, und er ist ferne
allen mysteriösen Praktiken, denn nie‐
mals könnte er sonst dem Kreise seiner gei‐
stigen Brüder und hohen Väter zugehören.
.Während er seine Erfahrungen in über
sinnlichen Regionen sammelt, bleibt er in
allen drei Welten seines Seins bewußt,
und so ist denn auch sein Bewußtsein in die‐
ser, allen Menschen im klaren Wachen gegen‐
wärtigen, äußeren Sinnenwelt keinen Au
genblick dabei auch nur im mindesten ver
dunkelt.
.Sein Erkennen „äußerer” Dinge ist ‒ im
Gegenteil ‒ erweitert und zu jener Klar
heit erhoben, die seinen Blick ins Über‐
sinnliche erfüllt...
.Während er auf übersinnlichem Plane
mit seinen geistigen Brüdern „spricht”, ‒
46 Das Buch vom Lebendigen Gott
und sie mit ihm „Besprechung” pflegen, ‒
ist er imstande, den geringsten Vorgang in
der ihn umgebenden materiellen Welt zu‐
gleich nicht minder klar zu sehen und zu
empfinden, wie das, was allein mit Geistes
Sinnen wahrgenommen werden kann.
.Es tritt keine „Verengung”, sondern viel‐
mehr eine fast unendliche Erweiterung des
Bewußtseins ein...
.Vieles von dem, was in der Welt des
wesenhaften Geistes, die wieder unzähl
bare „Welten” in sich umschließt, „gespro
chen” wird, kann niemals mit Worten einer
menschlichen Sprache bezeichnet werden, ‒
aber dennoch ist es klare „Sprache”, in Rhyth‐
mus und Form, voll Sinn und Wahrheit, so
daß es wohl möglich wäre, geeignete Worte
menschlicher Sprachen dafür zu finden, nicht
aber: ‒ zugleich mit diesen Worten die gei‐
stige Ein-sicht zu vermitteln, die alles im
47 Das Buch vom Lebendigen Gott
substantiellen Geiste sogleich von allen Sei
ten her erkennen läßt. ‒
.Das, was demnach in Worte einer mensch‐
lichen Sprache „übersetzt” werden darf, ist
bestimmt durch die individuelle Sonder
art des wirkenden Bruders, sowie durch die
Zeit, in der er wirkt, den Kulturkreis, der
ihn auf Erden umgibt.
.Alles aber, was er mitteilen wird, ent‐
spricht unter allen Umständen stets der lau‐
tersten Wahrheit, ‒ ist ungetrübte Eröff‐
nung absoluter Wirklichkeit, wie sie allen
„Eingeweihten der Königlichen Kunst” je
derzeit gegenwärtig vor Augen steht, be
freit von allen den unzähligen Täuschungs
möglichkeiten und Fehlerquellen des
Forschens in der physisch-materiellen
Welt. ‒
.Für „Spekulationen” und philosophi‐
sche Spitzfindigkeiten des menschlichen, erd
gebundenen Denkens ist in den Welten
der substantiellen Welt des Geistes kein Platz!
48 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Es wird ja nicht, ‒ wie im verstandes
bedingten, irdischen Erkennens-Ver
such, ‒ eine „Wahrheit” aus der anderen
erschlossen”!
.Alle Wahrheiten stehen im Reiche sub‐
stantiellen, reinen Geistes als Wirklichkei
ten vor dem Schauenden! ‒ ‒ ‒
.Scheinbare „Widersprüche”, wie sie die
Unfähigkeit zur Nachprüfung so beflissen in
den Bekundungen der wahren „Eingeweih‐
ten” aller Zeiten stets zu finden suchte, er‐
klären sich schon allein durch die Art der
übersinnlichen Anschauungsweise, die da alle
Dinge stets von allen Seiten zugleich er‐
kennen läßt, wobei der Verkündende jedoch
bald die eine, bald die andere „Seite” allein
zeigen muß, will er seinen, nicht auf gleiche
Weise schauenden Mitmenschen einigermas‐
sen verstehbar werden, ‒ ‒ handelt es sich
doch nur zu oft um Dinge, bei denen jeder
Vergleich „auf beiden Seiten hinkt”, da
49 Das Buch vom Lebendigen Gott
nichts Irdisches die Ähnlichkeitsentspre
chung mit dem darzustellenden Substan
tiell-Geistigen aufweist. ‒
.Die lokale Färbung der Redeweise, in der
ein Bruder der „Leuchtenden des Ur
lichts” seine Bekundungen gibt, ist dagegen
stets von seinem persönlichen Ermessen
abhängig, wird durch Pietät gegenüber sei‐
nen früheren Lehrern, durch eigene Neigung,
oder durch Gründe der formalen Gestaltung
bestimmt.
.Wenn auch das Herz Asiens noch heute,
wie vor Jahrtausenden, die irdische Stätte
des Tempels substantieller Geisteskräfte in
sich birgt, so ist es doch keinem der Brüder,
die diesen geistigen Mittelpunkt auf unserem
Planeten als ihre wahre irdische Heimat
betrachten, etwa geboten, sich in seiner Ver‐
kündigung der religiösen und philosophi‐
schen Begriffe des Orients zu bedienen.
.Benutzt ein Glied dieses Kreises aber, als
Mensch des Abendlandes, dennoch die
50 Das Buch vom Lebendigen Gott
Redeweise der Völker des Sonnenauf
gangs, so geschieht das aus freier Wahl,
‒ aus Vorliebe für die Poesie des Orients,
‒ aus Liebe zu gewissen Redebildern, die
Geistiges besser vermitteln als abendländi‐
scher Sprachgebrauch, ‒ und schließlich auch:
um unvergeßbarem Erleben sein origi
nales Kolorit zu belassen...
.Auch der höchstentfaltete der wirkenden
Brüder ist ein Mensch und seines Menschen‐
tums von Herzen froh, ‒ nicht etwa frei
von menschlicher Neigung, ‒ kein dem
Irdischen abgestorbener Asket, ‒ ‒
auch wenn so manche Fanatiker der Ver
neinung alles Erdenhaften dies keineswegs
verstehen können, da sie des Bannes nicht
mehr ledig werden, der sie an ihre, aus der
Unter-Welt erhaltenen Glaubens-Lehren
bindet...
.Welcher liebend-fühlende Mensch aber
würde nicht Neigung zeigen, von den Din
gen seiner Liebe in jenen Formen gerne
51 Das Buch vom Lebendigen Gott
zu reden, in denen ihm vor Zeiten gütige Leh‐
rer einst zum erstenmale davon sprachen!?
.Leicht könnten jedoch die gleichen Dinge
auch in völlig anderer lokaler Redeweise
vorgebracht werden, ohne irgendwie an Wahr
heit zu verlieren.
.Gefährlich ist nurÜbersetzung
durch Unberufene. ‒
.Es ist viel schwerer als sich mancher träu‐
men lassen mag, etwa einen, in christlicher
Gewandung einherschreitenden Satz eines
wirklichen „Eingeweihten” unter einen in
dischen Turban zu bringen, oder in der
Weise Chinas Gedachtes in europäische
Denkform umzugießen! ‒ ‒
.Vielfach aber müssen Begriffe aus den An‐
schauungswelten der verschiedensten Völ
ker sich vereinen, soll eine geistige Wahr‐
heit, die abendländischem Denken ferne
52 Das Buch vom Lebendigen Gott
liegt, dennoch dem Abendländer erfaßbar
werden. ‒
.Möge sich kein Suchender je durch solche
freie Verwendung der Darstellungsmit
tel etwa verleiten lassen, zu glauben, es sei
der Verkündung Absicht, jene religiösen
oder philosophischen Lehren zu propa‐
gieren, aus deren Begriffsschatz aufgenom‐
men wurde, was sich brauchbar zeigte, zur
Förderung der Erkenntnis urewiger
Wirklichkeit! ‒ ‒
.Es ist bekannt, daß menschliche Gemein‐
schaften, die ihren Mitgliedern alltagsferne
Ziele zeigen, den Gebrauch haben, innerhalb
ihres Kreises, den Alltagsnamen der Zuge‐
hörigen aufzugeben und ihnen „neue”, an
dere Namen zu verleihen.
.Woher dieser Gebrauch ursprünglich
stammt, und daß er hinaufreicht bis in Ur
zeittage, dürfte aus dem Nachfolgenden deut‐
lich werden...
53 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Auch sei hier nicht ohne Grund erinnert
an jene Worte der Genesis:
.„Und es soll dein Name nicht fürder
mehr Abram sein, sondern Abraham sollst
du heißen...”
.Desgleichen:
.„Du sollst nicht mehr Jakob heißen, son‐
dern Jisroel soll dein Name sein...
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
.Der Name” eines individuellen geistigen
Wesens ist etwas durchaus Anderes als die
von äußeren Umständen abgeleitete Bezeich‐
nung, die Volksgebrauch und Landessprache
dem Erdenmenschen zuteilt. ‒
.Auch der Erdenmensch ist eine geistige
Individualität, aber er kennt, mit sehr we‐
nigen Ausnahmen, die zu jeder Zeit anzutref‐
fen waren, „seinen Namen” noch nicht. ‒
54 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Erst wenn er seiner substantiellen
Geistigkeit bewußt geworden ist, weiß
er auch „seinen Namen”.
.So ist der „Name” eines wirklichen, im
Geiste „Eingeweihten”, der früher oft sehr
geheim gehalten wurde, da man fürchtete,
ihn zu „entweihen”, wenn er in aller Munde
käme, denn auch wahrlich keine willkür
liche Benennung, wie der „bürgerliche”,
sogenannte Name, der einem Wohnsitz der
Ahnen, einem Beruf oder einer Eigenschaft
ferner Vorfahren, und zuletzt noch der Will‐
kür der Eltern seine Formung verdankt! ‒
.Er wird dem „aufgenommenen” Sohne
und Bruder zuteil durch die „Ältesten” der
Brüder, und bezeichnet in der von den „Brü
dern auf Erden” gebrauchten „Buchsta
ben-Sprache” jene Kräfte, die im geistigen
Sein des Bruders zur Auswirkung kommen...
.Seine „tragende” Kraft aber ruht in
gewissen „Buchstaben”, so daß sich der
55 Das Buch vom Lebendigen Gott
Wirkende auch mit anderen Worten „nen
nen” könnte, sobald nur diese „Buchsta
ben”, die seine „Kosmische Zahl”, ‒ sei‐
nen urgeistig-ewig vorhandenen, sub
stantiell-geistigenNamen” bilden, darin
enthalten wären...
.Es ist also immer noch eine, wenn auch
an sich schon geheiligte Hülle um den „Na
mender ewigen Geistgeltung gebreitet,
den keineraussprechen” kann, ‒ auch
wenn er die tragenden „Buchstaben” kennt,
‒ außer dem Einen, der selber dieser
„Name” ist... ‒
.In seinem „Namen” ist der Bruder ein
Wortim Urwort: ‒ als des Urwortes
Selbstaussprache in einer individuel
len, ihrer selbst bewußten, substantiel
len, geistigen Form...
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
56 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Von „wissenschaftlichen Forschungs
methoden” um Geistiges zu erforschen,
weiß man in der Vereinung der „Brüder auf
Erden” begreiflicherweise so wenig, wie bei
ihren geistigen „Vätern”, die nie aus dem
Urlicht „gefallen” sind.
.Die Weisheit des wirklichen Geistgeweih‐
ten besteht nicht in einer Ansammlung und
steten Vermehrung dessen, was er auf irdische
Verstandesweise „weiß”, sondern im Besitz
gewisser heiliger Kräfte, durch die er das
Wissensobjekt jederzeit in Wirklichkeit,
‒ „an sich”, ‒ erkennen kann.
.Sein Ansammlungswissen, in weltlicher
Weise gewonnen, ist durchaus unwesentlich
für ihn und nur in den seltensten Fällen
mit geistiger Weisheit vereinbar.
.Je mehr er dergleichen besaß, desto
schwerer wurde ihm voreinst, als er noch
„Schüler” war, das Überwinden der kau
salen Schwierigkeiten, das jeder berech‐
tigten „Einweihung” vorangehen muß...
57 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Man darf nicht nach „Gründen” fragen,
wenn man diese „Schulung” bestehen will,
die dem Berechtigten zuletzt die Pforte öff‐
net, die keine irdische Gelehrsamkeit ihm
jemals öffnen könnte. ‒ ‒
.Der wirkliche „Eingeweihte” verkündet
auch niemals ein Wissens- oder Glaubens‐
System”.
.Ihm liegt die Wirklichkeit der Dinge
in der geistigen Welt ausgebreitet vor Au
gen, und lehrend, redet er stets nur von die‐
ser Wirklichkeit, die kein System des
Denkens oder Glaubens je in sich ein‐
schließen könnte. ‒
.Solche „Systeme” sind, soweit sie auf
Dinge des geistigen Reiches übergreifen,
immer nur sekundäre Gebilde anderer
Gehirne, die sich der Bekundungen eines in
Anschauung und durch Selbstverwandlung
Wissenden bemächtigt haben.
58 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Angebliche „Erforscher höherer Wel
ten”, die mit „wissenschaftlicher” Auf‐
machung ihrer „Forschungsergebnisse
prunken, darf man beileibe nicht etwa als
geistig „Eingeweihte” werten!
.Alle derartigen „Forscher” im „Okkul
ten” sind nichts anderes als betrogene Skla‐
ven ihrer eigenen plastischen Phantasie,
‒ einer äußerst verhängnisvollen und ge‐
fährlichen Kraft im Menschen, die, wenn sie
zur Tätigkeit gewaltsam angeregt wird, ihr
armes Opfer alles gestaltet sehen läßt,
was es ihr selbst vorher in Gedanken, Wün‐
schen und Befürchtungen, ‒ oft unbewußt,
als Modell vorhielt. ‒
.Auf diese Art sind alle die monströsen
Wanderungen auf höheren Ebenen
und Darstellungen „höherer Welten” ent‐
standen, die so manchem „Geistesforscher
und „Geheimlehrer” unter seinen Anhän‐
gern den Ruf eines geheimnisvollen „Se
hers” verschafft haben, wobei noch im Ein‐
59 Das Buch vom Lebendigen Gott
zelnen zu untersuchen ist, was als bewußte
Zutat und Ergänzung sich herausstellt,
und meistens gar leicht erkennen läßt. ‒
.Da diese Gebilde der „plastischen Phan‐
tasie” durch seelische Ansteckung leicht
übertragbar sind, so glauben die Anhänger
und Schüler solcher „Propheten” und Sek‐
tengründer, sie hätten sich geistig selbst von
der Wahrheit der Offenbarungen ihres
„großen Lehrers” überzeugt, so bald es ihm
in der mysteriösen „Geheimschulung” ge‐
lang, seine eigenen Schöpfungen ins Be‐
wußtsein der Schüler zu übertragen, ‒
nicht viel anders, als wie jeder geschickte
Hypnotiseur sein Experimentierobjekt al
les sehen und erleben lassen kann, was
etwa erwünscht erscheint. ‒ ‒
.Eine spätere Rettung solcher Getäusch‐
ten ist nahezu unmöglich.
.Unzählige sind auf diese Weise zu
gutgläubigen Selbstbetrügern, Unzäh
60 Das Buch vom Lebendigen Gott
lige zu hoffnungslos Betrogenen ge
worden!
.Wenn ich von allen diesen Dingen hier,
wo von den Möglichkeiten übersinn
licher Erfahrung die Rede ist, klar und
deutlich spreche, so geschieht es deshalb,
um jedem ehrlich Suchenden die Kriterien
zu sicherem Urteil zu bieten.
.Ich rede von Dingen, die keines Schleiers
bedürfen, und muß zugleich reden von
solchen Dingen, die entschleiert werden
müssen, im Interesse der die Wahrheit
als Wirklichkeit suchenden Seelen.
.Mögen meine Worte nicht vergeblich
gesprochen sein!
.Möge man doch begreifen lernen, daß
niemals einer der Menschen, die vollbe
wußt im substantiellen, reinen Geiste
leben, die Weisheit des Lichtes, die er
61 Das Buch vom Lebendigen Gott
seinen Mitmenschen darstellt, durchwis
senschaftlicheBegründungsversuche
entweihen kann. ‒
.Was der im Geiste „Eingeweihte” lehrt,
ist zur Prüfung durch Tat und Hingebung
bestimmt!
.Was er als Botschaft seinen „jüngeren”
Brüdern, den Seelen der mit und nach ihm
auf Erden lebenden Generationen, ‒ mögen
es Männer oder Frauen sein, ‒ zu geben
hat, soll nicht gedanklich zerspalten,
sondern seelisch nacherlebt werden, da‐
mit die zahllosen Suchenden ihren Weg zum
Geiste finden, ‒ ihren Weg zur Wirklich
keit!
62 Das Buch vom Lebendigen Gott
DER WEG
.Alle großen Dinge verlangen Mut und
Glauben! ‒
.Ehedenn du „am Kreuze” hingest, kannst
du nicht „auferstehen”! ‒ ‒
.Ehedenn du glauben wirst, kann dich
die „leuchtende Wolke” nicht durch das
„trockene” Meer geleiten!
.Du hast gar vieles in dir zu überwin
den, und mehr noch wirst du überwinden
lernen müssen, willst du auf deinem Wege
vorwärts schreiten...
.Das Meer wird drohen, dich zu verschlin‐
gen, und die Wüste wird dir keine Nahrung
geben, ‒ dennoch darfst du nicht einen
einzigen Augenblick in Zagen und Zwei
fel stehen bleiben, sobald du diesen Weg
65 Das Buch vom Lebendigen Gott
zu dir selbst und deinem Gott in dir ein‐
mal betreten haben wirst. ‒
.Wie schwer das ist, wirst du erst sehen,
wenn du auf diesem Wege bist!
.Aber fürchte dich nicht!
.Du bist auf diesem Wege nicht allein...
.Alle jene geleiten dich, die vor dir die‐
sen Weg beschritten haben!
.Auch sie mußten durch alle Gefahren
voreinst hindurch!
.Nicht einem von ihnen wurde der Weg
etwa leichter als dir!
.Nun aber sind sie eingegangen zum „ge‐
lobten Lande”...
.Nun haben sie der Mühen Ziel erreicht,
und von „heiligen Bergen” her senden sie dir
Hilfe und Kraft. ‒ ‒ ‒
.Von jenen, die im höchsten Lichte ihres
Gottes sonnenhaft erstrahlen, die götter
66 Das Buch vom Lebendigen Gott
gleich, als eine Einheit, eine Sonne aller
Sonnen, allen Sonnen, allen Welten, leuch‐
ten ‒ ‒ bis herab zu denen, die auf dieser
Erde geistgestaltet leben, und endlich de‐
nen, die hier noch das Kleid des Erden
tieres tragen, durchfließt ein Strom des
substantiellen Geisteslichtes alle Weiten
und einigt die von ihm Erfüllten zu erhaben‐
ster Gemeinsamkeit. ‒ ‒
.Auf der dir nächsten, tiefsten Sprosse
dieser „Himmelsleiter” aber stehen jene Hel
fenden, die dir die Hand zur Hilfe bieten
können, wenn du ihre Hilfe willst...
.Sie lassen keinen je allein, der durch die
Nacht des Grauens sich den Weg zu bahnen
strebt, nach jenem friedvollen, stillen, hohen
Tempel, darin sein Gott sich in ihm selbst
aus Licht zu Licht ‒ „gebären
kann. ‒
.Sie senden aber ihre Hilfe nicht etwa
von außen her, denn tief in deinem In
nersten sind sie mit dir verbunden, sobald
67 Das Buch vom Lebendigen Gott
du mutvoll deinen Weg beschreitest, ‒ den
gleichen Weg, den jeder, der zu seinem Gott
fand, einst durchwandern mußte, und den auch
sie, die dir nun helfen wollen, voreinst gehen
mußten, obwohl ihr Geistiges schon durch
Jahrtausende hindurch bereitet worden war
zu klarster geistiger Erkenntnisfähigkeit. ‒
.Wer nicht aus diesen einer ist, kann
dir nicht helfen, auch wenn er Wunder über
Wunder wirken könnte...
.Es werden viele falsche Lehrer deine
Straße kreuzen, ‒ „Lehrer”, die selbst sehr
der Belehrung bedürften, ‒ und viele
stolze Sprecher werden dir mit ihrem „Wis
sen” prahlen.
.Du wirst gar manchem selbstgerechten
Heiligen” begegnen, der sich in Eitelkeit
verzehrt, und es für große Tat hält, andere
zu seiner „Heiligkeit” und angemaßten
„Würde” zu verführen.
68 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Es werden dich die wunderlichsten „Hie
rophanten” schrecken, die jeden, der sich
ihnen naht, zu blenden suchen durch die krau‐
sen, glitzernden und unheimlichen Zeichen,
die sie selbst in wirrem Wahn, mit falschem
Gold, auf ihre „Zaubermäntel” hefteten...
.Wenn du der Vorsicht einmal nur ent‐
raten wirst, kannst du auch allzuleicht in
mancherlei verborgene Garne laufen, und
selten nur kommt einer, der sich fangen ließ,
dann wieder heil aus solchen Vogelsteller‐
schlingen...
.Nur stete Achtsamkeit kann dich vor
der Gefahr bewahren!
.Sei auf der Hut vor allen denen, die ihre
vorgebliche „Gottesweisheit” wie das Wis
sen um die Dinge dieser Erde lehrbar und
erlangbar glauben!
.Sei auf der Hut vor allen, die mit „Wun
derkräften” deinen Sinn betören wollen!
69 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Es gibt noch vieles, auch in dieser schein‐
bar „aufgeklärten” Zeit, was dir sehr „wun
dersam” erscheinen kann, und wahrlich sind
im Menschen wahre Wunderkräfte tief ver‐
borgen, doch niemals kann der Geist der
Ewigkeit sich selber so zur Frage wer
den, daß er sich durchWunderzu
beweisensuchen würde...
.Zeigen wirklich sich an einem Menschen
wundersame Kräfte, so ist dies nur Beweis
dafür, daß diese Kräfte existieren, ‒ nie
mals aber ein „Beweis”, daß dieser Mensch
im Geistigen „bewußt zu atmen” weiß, und
von der Wahrheit, die in Wirklichkeit
gegründet ist, gewisses Zeugnis bringen
kann! ‒ ‒
.Solche Bezeugung läßt sich nur erprüfen
durch das „Wunderder Erkenntnis, das
sie in der Seele wirkt, und nichts darf dir
als Wahrheit gelten, was nicht in deinem
Allerinnersten Bestätigung erfährt, so‐
bald du die Voraussetzung erfüllt hast,
70 Das Buch vom Lebendigen Gott
die dich zur Erlangung der Bestätigung be
rechtigt. ‒ ‒
.te dich auch vor jener Torheit, die da
glaubt, durch die Besonderheit der Lei
besnahrung oder irgend eine Fakirpraxis
sei es möglich, sich in „höhere Geistigkeit”
hinaufzuessen und hineinzuatmen!
.Die Leuchtenden des Lichtes, das die
Welten durchleuchtet, werden wahrlich
niemals dir zu solchen Mitteln raten!
.Sie werden auch niemals von dir fordern,
daß du dich sonderst von deinen Neben
menschen um dich geheimen, sinnbetö
renden Zeremonien oder mysteriösen
Gebräuchen ‒ hinzugeben!
.Sie werden dir niemals „geheime Grade”,
seltsame Titel oder „Würden” verleihen,
durch die nur Eitelkeit genährt und ein
lächerlicher Dünkel in dir erzeugt werden
könnte....
71 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Nur was in dir Wirklichkeit wurde, da
du es selbst dir er-wirktest, hat vor ihren
Augen Geltung und bestimmt ihnen deine
Stufe”! ‒
.Du wirst sie auch nicht mit Schauspieler‐
gesten auf Rednertribünen finden, und
nicht auf den Märkten vor vielem Volke. ‒
.Sie werden dir vielmehr ihre Hilfe nur
in Worten geben, die du in der Stille bei
dir erwägen kannst, ‒ unbeirrt durch ver‐
fängliche Rednerkünste...
.Sie werden dir helfen in innerem Wirken,
und werden sich niemals zu zeigen suchen!
.Es ist nicht nötig, daß du sie erkennst,
wenn du ihnen etwa begegnest!
.Es ist nicht nötig, daß du sie im Erden
kleide findest!
.Sie finden dich und wissen dir zu helfen,
auch wenn du nie die Helfer ahnen magst!
72 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Sie wirken wahrlich mit anderen Mitteln
als jene eitle Toren, die ihre Anhängerschar
mit geheimnisvoller Geste und hohlen, tönen‐
den Rednermätzchen zu ködern trachten. ‒
.Sie werden auch niemals einen Tribut
für ihre Belehrung und Führung fordern oder
erwarten, und würden eher mit dir den
letzten Heller teilen, als daß sie für
ihre Hilfe von dir einen halben Heller
nehmen würden.
.Was sie an Geistigem zu geben haben,
ist des Geistes Gut, und keiner derer, die
es geben können, würde jemals Erden
werte dafür tauschen wollen...
.Nur „Arbeit”, die des Leibes irdische
Erhaltung vorbedingt, hat Anrecht, erden‐
haften Gegenwert zu fordern.
.Wer Augen hat, zu sehen, und Ohren, zu
hören, der schütze sich selbst vor Gauklern
und Usurpatoren!
73 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Leicht wird er sie erkennen!
.Die Leuchtenden des Urlichts aber
sind schwerer zu finden.
.Du wirst sie kaum entdecken unter an‐
deren Menschen in dieser Erde Kleid, und
nichts Absonderliches wird sie dir ver‐
raten, denn sie lieben die Stille und schätzen
die Verborgenheit...
.Sind sie gezwungen, in der lauten Welt
zu leben, so werden sie gewiß von allen an‐
deren Redlichen, die da ihr Erdenwerk be‐
treiben, nicht zu unterscheiden sein!
.Wohl dem, der ihnen vertraut! ‒ ‒
.Doch nun, o Suchender, wollen wir zu
sammen in die Stille gehen, und ich will dir
den Anfang des „Weges” zeigen!
.Sammle dich in dir selbst und höre mir
zu, nachdem du nun gewiß bereitet bist, das
74 Das Buch vom Lebendigen Gott
was ich weiterhin dir jetzt zu sagen haben
werde wachen Sinnes zu verstehen!
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
.Zuerst, o Suchender, wirst du vieles ver
gessen müssen! ‒ ‒
.Man gab dir eine falsche Vorstellung
von „Gott”, und so erstickte man in dir mit
eitler Lehre jenen Keim, aus dem in deiner
tiefsten Seele heiligen Gewässern sich die
Lotosblüte” einst entfalten sollte, in der
das Licht, das ewig dich erleuchten soll,
geboren” werden kann...
.Der Geist, der über den Wassern
schwebte” erfüllt die unendlichen Räume,
aber du kannst ihm nicht anders nahen, als
nur ‒ in dir! ‒ ‒ ‒
.Nur wenn er in dir, ‒ als dein Gott,
‒ aus Licht zu Lichte sich gestaltet, wirst
du von seinem stillen Walten Kunde geben
können. ‒
75 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Die seine Unendlichkeit ergründen
wollen, irren sehr...
.Sie glauben, Dem, den alle Weltenräume
nicht umfassen können, in Vermessenheit
zu nahen, und ahnen nicht, daß sie ein Zerr
bild schufen, das sie nun beherrscht. ‒
.Wir aber wollen nun in dich aufs Neue
den Keim jener ewigen „Lotosblume” ver‐
senken...
.Vielleicht ‒ wird sie aus deinen Kräften
nunmehr Nahrung finden! ‒
.Wenn ihre Blüte dann entfaltet ist, wird
sich der Geist, der aus sich selber sich er
zeugend, aus sich selber lebt, in dich her‐
niedersenken und als dein Gott in dir „ge‐
boren” werden, ‒ ‒ als dein in dir leben
diger Gott! ‒ ‒ ‒
.Nicht eher weißt du vonGott”!
76 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Glaube jenen nicht, die dir von dem
Gott ihrer Träume berichten: ‒ von einem
Gott, der sich in schwüler Ekstase finden
läßt! ‒
.Was so gefunden werden kann, ist nur
eineFata-morgana” der inneren Welt!
.Du kennst noch den Reichtum nicht,
den deiner Seele Weiten in sich fassen! ‒ ‒
.Hier gibt es „Kräfte” und „Mächte”,
denen du Anbetung darbringen würdest,
gleich dem Propheten vor dem brennenden
Busch, wenn ich sie dir sichtbarlich zeigen
könnte. ‒ ‒ ‒
.Deine Seele ist ein unermeßlicher
Ozean, und noch keiner hat seine Tiefen,
keiner die Wunder des Meeres der Seelen
kräfte ergründet! ‒ ‒
.Du denkst an deine Seele wie an eine
lichte Hülle, und glaubst allein dich selbst
in ihr zu finden...
77 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Doch deine Seele ist wie ein Meer aus
Myriaden mit latenter Macht erfüllten
Meerestropfen, ‒ oder wie eine leben
dige Wolke, gebildet aus Myriaden kraft
erfüllter Wesen, ‒ und du sollst aller die‐
ser Wesen Herr und Meister werden. ‒ ‒
.Sobald sie in dir nicht ihren sicheren
Herrscher erkennen, wirst du, betäubt von
ihrer, dich beängstigenden Kraft, zu ihrem
Sklaven werden. ‒
.Sie müssen dir dienen, wenn du sie be
meistert hast, ‒ aber sie werden dich durch
die seltsamsten Gaukelspiele stets am Nar
renseil führen, wenn du dich in falscher
Demut vor ihnen beugst.
.Sie brauchen einen starken Willen, um
sich unter ihm zu einen...
.Bevor du sie nicht in einem Willen ge
einigt hast, wirst du in deiner Seele nie die
Ruhe finden, die allein das Erblühen der
heiligen „Lotosblume” bewirken kann. ‒ ‒
78 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Nicht eher auch wirst du in dir, durch
deiner Seele Kräfte, Kunde erlangen von je‐
nem stillen Geister-Reiche, das nur durch
deiner Seele willenseins geeinte Kräfte dir
erkennbar, fühlbar, ‒ ja zuweilen selbst
erschaubar und erhörbar werden kann, ‒
weil es in dir, wie allerorten, durch die
gleichen Kräfte lebt...
.Nicht eher auch wirst du von dem, der
dich aus dem Geiste leitet, ein sicheres
Zeichen erhalten ‒ nicht eher die hohen
geistigen Lenker, des Urlichts Leuchtende,
in dir erfühlen..
.Darum strebe, o Suchender, vor allen
Dingen danach, in dir einen festen, klaren
Willen zu dir selbst zu gründen!
.Du mußt dich selbst bejahen, wenn du
im Geiste Bejahung durch den Geist er‐
fahren willst!
.Du findest dich, und in dir deinen Gott,
allein in deinem „Ich”! ‒ ‒ ‒
79 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Trachte mit heiterer Freude und in
stiller Gelassenheit danach, dich in dir
selbst voll Ruhe zu behaupten, und wende
dein Auge ab von allen inneren Bildern, die
dein aufgereizter, noch nicht selbstgeeinter
Sinn dir zeigen möchte!
.Du mußt in Freude und voll Vertrauen
erst völlig zu dir selber kommen!
.Bevor du in dir selber dich gerundet und
von allen Seiten abgeschlossen hast, ‒ wie
ein Meer das sich selbst begrenzt, ‒ wie eine
Wolke, die sich selbst zu ballen weiß, ‒
wirst du vergeblich deine Seele zu besitzen
suchen, denn deiner Seele Kräfte geben sich
nur dem zu eigen, der ihrer Ehrfurcht wahr‐
haft würdig ist...
.Glaube aber nicht, daß du dieses Ziel je‐
mals erreichen könntest, wenn du stets tatlos
in äußerer Ruhe verharrst!
.Du mußt als Mensch der Außenwelt, in
die du nun einmal geboren bist, zu wirken
80 Das Buch vom Lebendigen Gott
trachten Tag für Tag, wie alle äußere Natur
stets wirkt und immer neue Formen bildet,
wenn du den Willen also in dir stählen
lernen willst, daß deiner Seele Kräfte ihm
gehorchen können! ‒ ‒
.Kein Ding der Außenwelt ist so gering,
daß es dir nicht zum Lehrer werden könnte!
.Aus jeglichem Erleben kannst du Lehre
ziehen, und keine Tätigkeit ist so verächtlich,
daß du nicht aus ihr zu lernen hättest! ‒
.Vor allem aber mußt du deine flüchtigen
Gedanken bannen lernen, und sie vermögen,
sich auf einen Punkt jeweils zu sammeln.
‒ ‒
.Nicht die Einöde der Wüste, und nicht
das Leben unter den wilden Tieren der
Dschungel sind deinem Vorhaben etwa gün‐
stiger, als das Getriebe einer volkreichen
Stadt, in der du tätig deinem Gewerbe
obliegst! ‒ ‒ ‒
81 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wenn du auch im lautesten Lärm noch
bei dir selber bleiben lerntest, wenn du in
absoluter Sicherheit deinen Gedanken und
deinem Willen in dir gebieten kannst, wenn
deine Wünsche nur kommen und gehen, wie
du selbst sie kommen und gehen heißt, ‒
dann erst beginne den ersten Versuch, dei
ner Seele Kräfte in dir zu einen! ‒ ‒
.Du wirst auch dann noch mancherlei
Widerstreben in dir finden...
.Lange noch wirst du deinen nun gefestig‐
ten Willen dennoch vergeblich gebrauchen,
um alle die widerstrebenden Kräfte deiner
Seele unter ihn zu beugen. ‒
.Jede einzelne Seelenkraft wird deinen
Willen nur für sich selbst besitzen wollen,
und keine wird sich willig deinem Willen
als Besitztum geben...
.Du wirst dies verstehen, wenn du dir klar
zu machen weißt, daß jede deiner Seelen
82 Das Buch vom Lebendigen Gott
kräfte, ‒ obwohl du sie alle als in dir ver‐
wobene „Eigen-schaften” betrachtest, ‒
ein selbständiges Seelenwesen ist, begabt
mit eigenem Willen und dem Drang, nur
sich selbst zur Darstellung zu bringen, und
sei es auch auf Kosten aller anderen Seelen‐
kräfte. ‒ ‒ ‒
.Du darfst nur niemals mutlos werden bei
deinem oftmals noch vergeblichen Ringen
um die Oberherrschaft deines eigenen Wil‐
lens über die vielen Willen, die in deiner
Seele nur sich selber wollen! ‒
.Niemals darfst du dir selbst mißtrauen! ‒
.Niemals darfst du die Freude deines
Herzens und deine stille Gelassenheit
verlieren! ‒ ‒
.All dein Ringen ist nur eine stete Probe
deiner Geduld und deiner bereits erworbe‐
nen Kraft im eigenen Willen...
83 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wisse aber, daß du in solcher Art am Ende
sicher einst zum Sieger werden wirst!
.Ein Tag wird erscheinen, an dem du wahr‐
lich die hohe Freude des Siegers glück‐
erfüllt in dir erleben wirst!
.Dann ist der Keim der „Lotosblume” auf
gegangen, und in den heiligen Tempeltei‐
chen, die kein irdisches Auge je erblickt,
wird das Geistesauge deines unsichtbaren
Führers, ‒ die Alten nannten ihn: deinen
dich schützenden „Engel”, ‒ eine Knospe
über der unbewegten, geheimnisreichen Was‐
serfläche erschauen...
.Er wird seine Gefährten rufen in heiliger
Freude, und eine Schar erwählter Wächter
wird von diesem Tage an die heiligen Wasser
behüten.
.Ein Wunder ist geschehen!
.Ein Wunder, das ein Erdenmensch voll‐
brachte, ‒ denn leichter ist es, einen wüten‐
84 Das Buch vom Lebendigen Gott
den Elephanten an einem dünnen Hanfseil
durch das Gedränge des Marktes zu führen,
als die vielen Willen der Seelen-Kräfte,
die eines Menschen „Seelebilden, unter
den einen Willen dieses Menschen zu ei‐
nen! ‒ ‒ ‒
.Nun aber muß das gedämpfte Licht des
Tages mit seinen weichen Strahlen die Knospe
umfluten, damit sie sich einst zu voller, pran‐
gender Pracht der Blüte entfalten kann.
.Hohe, hundertjährige Bäume umgeben den
geheimnisreichen Tempelteich und schützen
die zarte Knospe vor den brennenden Pfeilen
der Sonne, die vorerst noch das kaum erstan‐
dene Gebilde alsbald versengen und vernich‐
ten müßten...
.Hohe Tempelmauern halten den Glutwind
aus der Wüste ab...
.Nun, o Suchender, beginnt für dich eine
neue Tätigkeit!
85 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Doch dieses Tun will nun wirklich auch
äußere Ruhe und stillste Versenkung.
.Du wirst aber das, was du nun tun sollst,
nach der Arbeit deines Tagewerks verrichten
können, vielleicht ihm auch vorher die stil
len Morgenstunden widmen...
.Jetzt ist für dich die Zeit gekommen, da
du leise und zart nach innen fragen und
alsdann nach innen hören lernen sollst.
.Du kannst nicht still genug dabei
sein!
.Was sich in dir verbirgt und bald ent
hüllen soll, wird nicht bei dem lauten Re
den der Gedanken gefunden. ‒ ‒
.Es ist in deines Herzens Mitte, doch du
vernimmst noch nicht sein Wort, denn seine
Stimme ist sanft wie ferner Vogelruf...
.Scheuche sein Wort nicht von dir!
86 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Achte auf den leisesten Laut!
.Du kannst sein Wort gar leicht in dir
überhören, wenn du nicht Stille in dir zu
erhalten weißt! ‒
.Es antwortet dir im Anfang auf deine
stillen Fragen so leise, daß selbst der zarteste
Windhauch seine Stimme in dir verweht. ‒ ‒
.Eines Tages aber wirst du dann doch seine
Stimme hören und von jeder anderen in‐
neren Stimme unterscheiden lernen.
.Nicht so, als ob von außen gesprochen
würde, wirst du die Stimme vernehmen!
.Auch nicht mit Worten deiner Lan
dessprache wird sie zu dir sprechen, und
nicht in irgend einer anderen Men
schensprache dieser Erde! ‒ ‒
.Und doch wird das, was die Stimme dir
zu sagen hat, dir weit verständlicher sein
als alles, was du je, von Kindheit an, durch
87 Das Buch vom Lebendigen Gott
Menschenmund, in Menschensprache,
hörtest! ‒ ‒ ‒
.Nun wirst du dieser Stimme folgen
müssen...
.All dein Weiterschreiten auf dem Pfade
wird allein durch deine Treue vorbereitet.
.Allmählich wirst du erkennen lernen,
daß jetzt dein Wille dir nicht mehr nur nach
der Weisung deiner erdenhaften Ein
sicht dient, sondern daß du ihn, ganz un‐
vermerkt, bereits nach hoher Geistes
Unterweisung, ‒ nach dem Willen jener
„Stimme”, ‒ umzulenken weißt...
.Tiefer und tiefer wirst du in das Ge‐
heimnis deiner Seele tauchen.
.Je mehr du erkennen wirst, desto mehr
wirst du noch im Verborgenen ahnen. ‒ ‒
.Dankbar und sorgsam verwahre auch
das kleinste Erlebnis, das du im Seelischen
88 Das Buch vom Lebendigen Gott
erfährst, denn: ‒ deine Dankbarkeit für
Weniges wird dir am ehesten des Erlebens
Fülle bringen! ‒ ‒ ‒
.Du wirst zuletzt ein Reich der inneren
Wunder schauen, davon dir heute keine
Schilderung auch nur ein Ahnen bringen
könnte!
.Es werden Dinge in dein Leben treten, die
heute dir „Unmöglichkeiten” heißen, ‒
und heute wahrlich noch mit Recht! ‒ ‒
.Als größtes aller Wunder aber wird es
dir erscheinen, daß alles dieses dann in
deine Macht gegeben ist, ‒ daß du nicht
in Ungewißheit warten mußt auf Erfüllung
deines Sehnens, da es sich stets alsdann mit
aller Sicherheit durch seine eigene
Kraft erfüllt...
.Bist du bis hierher treu als Befolger
der inneren Räte befunden, dann wird die
„Lotosblüte” im geistigen Tempelteich sich
89 Das Buch vom Lebendigen Gott
allmählich mehr und mehr erschlossen
haben.
.Du wirst dann gar bald schon, oder doch
in nicht mehr ferner Zeit, jenen Tag erleben,
an dem die völlig eröffnete Blüte auf den
Wassern leuchten wird, durchglüht von
einem Lichte, das gewiß nicht von der Sonne
dieser Erde kommt...
.Siehe, der Tag ist erschienen, o Suchen‐
der, an dem dein Gott sich als dein Gott
nun in dir selber offenbart, ‒ in deinem
Ich”! ‒ ‒ ‒ ‒
.Er wird in dir, und du wirst in ihm
„geboren”...
.Geheimnis bleibt, auch für den Schau
enden im Geiste, was sich geistig solcherart
vollzieht. ‒ ‒
.Noch aber wirst du gewiß des inneren
Führers nicht entraten können, aber auf
90 Das Buch vom Lebendigen Gott
neue Weise wirst du nun mit ihm vereinigt
sein...
.Schon wenn die Knospe der „Lotos‐
blüte” erschienen ist, kann es sich fügen,
daß du den geistigen Lenker vor dir im
magischen Bilde erschauen magst, falls du
die Eignung in dir trägst zu solchem
Schauen.
.Er ist es nicht selbst!
.Es sind gewisse „magischeKräfte
deiner Seele, die er durch seinen Willen
zu seinem Bilde formt.
.Sei dankbar, wenn dein „Berater” solcher‐
art sichtbar sich dir zeigen kann, ‒ wenn er
aus seinem Bilde dich belehrt, so daß du ihn
zu hören glaubst!
.Doch sorge dich nicht, wenn du auch
niemals in diesem Erdenleben sein Bild als
äußere Erscheinung erblickst!
91 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Nur in seltenen Fällen ist es möglich
für ihn, sich dir im Bilde darzustellen, und
er wird nur dann solche Möglichkeit be
nutzen, wenn es zu deinem Heil gereicht
und dich nicht in Versuchung bringen
kann, deiner SeelemagischeKräfte
sodann um anderer „Bilder” willen zu
mißbrauchen...
.Besser, du siehst das Bild des Führers
niemals vor dir, als daß sein Gebrauch
deiner Seelenkräfte Ursache würde, sie will
fährig zu machen, auch für täuschende
Gewalten! ‒ ‒
.Du wirst seine Leitung um so sicherer in
deinem Innersten erfühlen, und was du
nicht im Äußeren erschauen kannst, wird
sich zutiefst in dir ‒ be-greifbar dir zu
eigen geben...
.Nun aber, ‒ nachdem dein Gott in
dirgeboren” wurde, und du in ihm, ‒
92 Das Buch vom Lebendigen Gott
wird sich dein geistiger Berater, in Verei‐
nigung mit deines Gottes Stimme und mit
dir, nur in dem höchsten Leben seines
Geistes offenbaren.
.Du wirst ihn völlig identisch mit dir
glauben, solange er bei dir ist...
.Er wird dich nicht mehr lehrend
führen, sondern sich selbst dir eröffnen,
und du wirst selbst aus seinem Schatze inne‐
ren Lebens nehmen, was dir noch fehlt. ‒ ‒
.Über dem allen aber wird die Sonne
göttlicher Freude leuchten, und alles
Ringen um Licht und Erleuchtung, wie es
einst dich verzehrte, bevor du auf dem Wege
warst, wird dir nunmehr wie einstig erlittene
„Qual der Hölle” erscheinen. ‒
.Du siehst vor dir eine Ewigkeit, deren
tiefste Tiefen immer Tieferes erahnen
lassen, und weißt, daß du, mit deinem
Gott vereinigt, durch die tiefsten ihrer
Wunder ewig weiterschreiten wirst.
93 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wenn du dich hier in dieser Außen
welt gewahrst, in Leid und Erdenfreude,
wirst du nach wie vor nur einen Erden
menschen finden, ‒ und dennoch wird dein
Geist in deinem Gott hoch über alles Erden‐
menschliche hinauf erhoben sein, denn
deine Seele ist ein „Reich” der Ewigkeit
geworden: ‒ ein Himmel in den Him
meln! ‒ ‒ ‒
.Dies, o Suchender, ist des „Weges” Lauf,
‒ des Weges, den du beschreiten und durch‐
wandern mußt, willst du zu deinem Gott
gelangen!
.Der „Weg” ist in dir selbst, ‒ in deinem
eigenen „Ich”!
.Dies ist der Weg, der dich allein zu deinem
höchsten Ziele führt: ‒ zum „Erwachen
in der Geisteswelt!
.Bist du hier nicht bereits in ihr „er
wacht”, so wirst du „drüben”, nach dem
94 Das Buch vom Lebendigen Gott
Ende dieses Erdenlebens, lange „weiter
schlafen” bis man dich erwecken kann, ‒
aus Träumen, die du selber dir geschaffen
hast und die dich durch Aeonen dann in
ihrem Banne halten können. ‒ ‒ ‒
.Nun höre, was dir noch zu raten ist!
.Vom Tage an, der dich entschlossen findet,
diesen „Weg” zu wandern, wirst du dir einen
starken Stab zur Reise schneiden müssen.
.Du findest dann „das rechte Holz”, wenn
du die Kraft des Wortes, wie sie sich in
jeder Menschensprache offenbart, erfühlend
zu entdecken weißt! ‒
.Wähle dir Worte, die zu deinem Her
zen sprechen, ‒ Worte von denen du „er
faßt”, „erhoben” und „durchdrungen
wirst!
.Schaffe dir eine kleine Zeit in jedem
Tage, und, wenn es sein kann, schaffe sie dir
95 Das Buch vom Lebendigen Gott
zur immer gleichen Stunde, ‒ eine Zeit,
in der du dich dem Geiste dieser Worte in
Betrachtung zu vereinen suchen kannst,
ohne durch äußere Pflichten dabei gestört
zu werden.
.Behalte ein Wort, das dich „erfaßte
dann für lange Zeit zu deiner „stillen Stunde”
als eine Übungsaufgabe für dein Denken,
gleichwie ein Flötenspieler stets die gleiche
Weise immer wieder „übt”, bis er der Töne
höchste Reinheit dafür fand. ‒ ‒
.Du wirst in diesem Buche viele Worte
finden, die dir zu solcher „Übung” deines
Denkens taugen können.
.Andere gab ich an anderen Orten.
.Doch mußt du nicht etwa an meine Worte
dich verhaften!
.Der Menschheit „heilige Bücher” sind
der Worte voll, die dich „ergreifen” und
zu sich „erheben” können. ‒
96 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Dichter und Weise haben solche Worte
wahrlich in Fülle gegeben!
.Gefahr ist nur: daß du in solchen Worten
zugleich die falsche Lehre findest, die Un‐
verstand, oder allgemeines Überkommen, ge
wohnheitsmäßig ihnen unterlegt. ‒ ‒
.Darum rate ich dir, im Anfang doch
lieber Worte aus meinen Schriften dir
zu wählen, wenn du dich meiner Belehrung
nun vertrauen willst.
.Beginne damit, daß du, wie ich dir
schon sagte, zuerst imDenken” den Grund
solcher Worte zu ergründen suchst!
.Dann aber versuche an ihnen eine Weise
des Denkens zu finden, die „wortlos” ist!
.Ruhe nicht, bis du, in „wortelosem” Er‐
fassen, dir den tiefsten Sinn der gewählten
Worte ganz zu eigen weißt!
.Präge sie deinem Auge ein, gelöst von
anderen Worten, geschrieben in klarer
Schrift deiner eigenen Hand!
97 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Fühle die Worte deiner Wahl als ob es
deine eigenen Worte wären!
.Versuche in dir den Geisteszustand des‐
sen zu erzeugen, der diese Worte erstmals
niederschrieb!
.Suche dein inneres Ohr zu erwecken,
indem du der Worte Klang im Innersten
zu „hören” versuchst!
.Wenn du in allen diesen Formen des Er‐
fassens sichere Erfolge zu verzeichnen
hast, dann gehe weiter, ‒ aber ‒ erst
dann! ‒ auch wenn es gar lange währen
sollte, bis du soweit bist. ‒
.Ich warne dich davor, „schnellfer
tigweiterzuschreiten!
.Wohl mag es dir so scheinen, als wenn
du „in wenigen Stunden” dies alles errei‐
chen könntest...
98 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Vielleicht auch wirst du schon heute, da
du meine Weisung empfängst, bereits des
Glaubens sein, solcher Übung des Erfassens
keineswegs mehr zu bedürfen...
.Viele, die einst den Pfad betreten woll‐
ten, blieben am Anfang schon liegen, weil
sie also dachten! ‒ ‒
.Es wird hier mehr verlangt, als du
im ersten Augenblick wohl vermuten möch‐
test!
.Man muß nur oft vieles in ähnlichen
Worten sagen, was an sich sehr verschie
den ist. ‒
.Nicht was die Dichter „Sprachempfin
dung” nennen, wird hier von dir verlangt,
wenn auch ein Mensch, gewohnt der Sprache
Klang und Rhythmus zu empfinden und der
Worte Wert zu fühlen, schon auf halbem
Wege ist, die hier gestellte Aufgabe zu ver
stehen...
99 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Hast du aber alles, was hier verlangt
wird, wirklich erreicht, dann wird eine
neue, große Erweiterung deines Emp
findens, ein weitaus wacheres Erleben
deines Daseins dir die Sicherheit geben,
daß du geschützt vor jeder Selbsttäu
schung bist.
.Dann schreite weiter, ‒ du, der das
höchste aller menschlichen Ziele erstrebt!
.Nun mußt du jene Worte in dir selbst,
mit deinem ganzen Sein, zu fühlen
suchen!
.Nun müssen jene Worte in dir selbst le
bendig werden! ‒
.Nicht nur deine Seele soll vom „Geist”
der Worte nun durchdrungen sein, son‐
dern dein Erdenleib muß jetzt in jeder
Faser jene Worte fühlen lernen! ‒ ‒
.Die Worte müssen mit dir, ‒ mit deiner
Seele und deinem Leibe, ‒ zu einem Sein
verschmolzen werden! ‒
100 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Dein Erdenkörper muß zum Körper
der gewählten Worte werden, als ob
nichts anderes in ihm lebendig wäre. ‒ ‒
.Die Kräfte deiner Seele, bereits in dei
nem Willen straff geeint, müssen nun sich
auch den Worten, die du wähltest, einen,
und du mußt als Bewußtsein dieser Worte
dich empfinden! ‒ ‒ ‒
.Dann aber hast du Großes errungen auf
deinem Wege!
.Du wirst zum erstenmale nun erfahren,
was das „Leben” ist, das dich, wie alles
Lebende bewegt! ‒ ‒
.Es wird dir sein, als seiest du auf einer
neuen Erde, ‒ in einer neuen, nie ge
ahnten Welt...
.Du wirst erkennend innewerden, daß alles,
was die Menschen auf der Erde „Wach
sein” nennen, nichts anderes ist, als tiefer,
dumpfer Schlaf und wirrer Traum.
101 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Hier schon kann ein klares Erschauen
der geistigen Welt beginnen, wenn die von
Anbeginn in dich gelegten Kräfte solches
erlauben, und wenn du ein Mensch des
Schauens, nicht einer des begrifflichen
Erfassens bist. ‒
.Bist du jedoch, nach deiner Eigen-Art,
nur dann „im Bilde” wenn du das, was du
erkennen willst, „be-greifen” kannst, dann
wirst du kaum zum „Schauen”, wohl aber
zum be-greifbaren Erleben kommen...
.Zu einem neuen Menschen wirst du ge
wandelt sein, und ein Bewußtsein deiner
selbst wirst du errungen haben, das deinem
gegenwärtigen Bewußtsein kaum ver
gleichbar ist!
.Wie die strahlende Sonne des hellen
Mittags in ihrem Lichte einer kleinen Öl‐
Lampe Licht verschwinden läßt, so wird in
einem neuen Bewußtsein aufgehen und ver‐
102 Das Buch vom Lebendigen Gott
schwinden, was du noch heute dein „Be
wußtsein” nennst...
.Du wirst dann wissen, warum der Weise
vom „Leben”, als vom „Lichte” der Men‐
schen redet, und wirst der vielgedeuteten
Worte herrlichen Sinn verstehen:
.Im Anfang ist das Wort, und das Wort
ist bei Gott, und Gott ist das Wort...”
.„In ihm hat alles Leben, und sein Le
ben ist der Menschen Licht.”
.„Und das Licht leuchtet in der Finster‐
nis, und die Finsternis kann es nicht aus
löschen.” ‒ ‒ ‒
.Der diese Worte niederschrieb, der
wußte wohl was er sagte, und auch du wirst
es wissen, wenn du an diesem Punkte deines
Weges angelangt sein wirst...
.Doch, ‒ „das Himmelreich leidet Ge‐
walt, und nur die Gewalt brauchen, reißen
es an sich!” ‒
103 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Ohne Bezwingung deiner Ungeduld,
ohne ausdauernde Übung deiner Kräfte,
wirst du niemals Erfolg erwarten dürfen.
.Glaube aber nicht, daß ein wildes Er
zwingenwollen, oder daß krampfhafte
Anstrengung dich deinem Ziele näherbrin‐
gen könnte!
.Nicht so ist dieses Wort gemeint!
.Stets muß dich eine Stimmung voll hei
terer Gelassenheit und stiller Freude
umfangen, und alle deine Sorge muß darauf
gerichtet sein, mit unsagbarer Behutsamkeit
jenes zarte, innere Vernehmen zu errei‐
chen, von dem ich vordem sprach.
.Es kostet mehr „Gewalt”, dich so „im
Zaum” zu halten, als manche heroische
und weithin sichtbare Tat dich kosten
würde...
.Wenn du aber alles wohl erwogen hast,
was ich dir sagte, und fortan tun willst, was
104 Das Buch vom Lebendigen Gott
gefordert wird, dann kann ich dir die Sicher
heit geben, daß auch du dereinst zu jenen
gehören wirst, die das Geheimnis des
Himmelreichs” in sich erfahren dürfen.
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
.So beginne denn deinen steilen Weg!
.Möge unermüdliche Ausdauer dich
bis ans Ende geleiten!
.Hohe Hilfe wird dir allezeit nahe
sein...
.Blicke nicht zurück auf das Leben voll
Leid und Freuden, Schuld und Verdiensten,
das hinter dir liegen mag!
.Wisse auch, daß es gleichen Wertes für
deine Aufgabe ist, ob alle Erdengelehr
samkeit dein eigen wurde, oder ob du
unter den Unwissenden der Geringste
bist! ‒ ‒
105 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Suche nicht dich abzusondern von den
Menschen, und glaube nicht, daß seltsame
Lebensart, der Art des Lebens deiner Zeit
und deines Landes fremd, dich etwa fördern
könne.
.Noch weniger kann dir die Art deiner
Nahrung nützen oder schaden auf deinem
Wege, wenn sie nur deinen Körper ge
sund und bei Kräften hält.
.Willst du das Fleisch der geschlach
teten Tiere meiden, dann meide es, und
willst du dem Weine entsagen, dann entsage
ihm, aber bilde dir nicht etwa ein, du seiest
nun dadurch ein „reinerer”, oder gar „höher‐
stehender” Mensch geworden! ‒ ‒
.Das Gleiche gilt von der sinnlichen
Liebe zwischen Mann und Weib. ‒
.Erniedrige dich nicht zum bloßen
Tiere, und halte deine gebändigten
Triebe stets in starker Hand, damit sie
106 Das Buch vom Lebendigen Gott
niemals gegen deinen Willen dich unterwer
fen können, aber beflecke nicht durch
Lästerung ein Mysterium, das du erst
rein” verstehen kannst, wenn du bereits
zu den Erwachten im Geiste gehörst! ‒
‒ ‒
.Nicht ohne tiefste Gründe ergründet zu
haben, sprachen die Priester ältester Kulte
die Symbole der Zeugung heilig, ‒ und
wahrlich: sie verehrten anderes darin, als
nur ein Bild der ewig zeugenden Natur...
.Enthaltung aber ist dir nur dort ge‐
boten, wo deiner Triebe unbezähmte Gier
zur Ursache des Unheils für dich selber
oder andere werden könnte. ‒ ‒
.Enthaltung ist nötig von allen Lastern,
da sie dein hohes Streben zum Geiste alsbald
behindern und zuletzt ersticken müßten.
.Vermeide alles, was dich oder andere
schädigen könnte!
107 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Vermeide auch jeden lieblosen Ge
danken!
.Liebe dich selbst! ‒ Denn, wenn du
dich selbst nicht lieben kannst, wirst du
deinem „Nächsten” wahrlich wenig Gutes
antun, wenn du ihn „liebst” ‒ wie dich
selbst. ‒ ‒
.Gehe selbst deinen eigenen Weg, aber
lasse auch jeden Anderen seinen eigenen
Weg durchwandern, ‒ auch wenn seine
Ziele ferne hinter dir liegen! ‒
.Du weißt nicht, wann eines Anderen
Stunde kommt, und du hast kein Recht,
ihn vor seiner Stunde im Schlafe zu stören...
.Erwecken” würdest du ihn doch nicht
können, denn keiner entrinnt dem
Schlafe, bevor seine Stunde kam. ‒
.Ist aber seine Stunde nahe, dann wird er
selbst dich um Belehrung bitten. ‒ ‒ ‒
.Dann erst darfst du sie ihm geben!
108 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Dann erst werden dir auch die Leuch
tenden des Urlichts mit ihrer Kraft zur
Seite stehen und deine Hilfe wirksam
unterstützen. ‒ ‒
.Du bist nicht berufen, aus dem Geiste
her zum Geiste zu führen, und die dazu
berufen sind, werden niemals andere
nötigen, sich ihrer Führung zu vertrauen!
‒ ‒ ‒
.Gehe du in heiterer Stille deinen
Weg zu dir selbst!
.Dein Weg zu dir selbst wird dich in
deinem Seelenreiche zu deinem geistigen
Berater führen, und er wird dich in dir
zu deinem höchsten Ziele leiten...
.Dein Weg zu dir selbst istdein
Weg zu Gott!
.Niemals kannst du zu Gott gelangen,
wenn du ihn nicht findest, wie er istin
dir selbst! ‒ ‒ ‒
109 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Nun aber will ich dir noch einige Worte
geben, die dich des geistigen Reiches Wirken
auf der Erde, und noch manches Verborgene
erkennen lassen werden, wenn du, guten
Willens, Geistiges erkennen willst.
.Ich will einige Kränze an die Wände
deines Hauses hängen.
.Kränze aus jenen Blumen, die ich auf mei‐
nen höchsten Wegen fand und an meines letz‐
ten Weges Ziel, in meinem blühenden Garten.
.Zerpflücke mir die Kränze nicht,
und lasse jede Blume dort, wohin ich sie
verflochten habe! ‒
.Du kannst sonst die eine, große Wirk
lichkeit nicht rein erfassen, die alle Worte
dieses Buches dir zu künden kommen...
.Du kannst sonst nicht das Geheimnis
deuten, das hier in stillen Worten sich ent‐
hüllt: ‒ das Geheimnis des göttlichen
Lebens im Erdenmenschen, ‒ das hohe
Mysterium vom lebendigen Gott! ‒ ‒ ‒
110 Das Buch vom Lebendigen Gott
EN SÔPH
.En sôph”, „das Seiende aus sich
ist „Geist”, der Alles in sich faßt.
.Die Kräfte des Universums aber sind
Ursachen” vieler „Wirkungen”, und das
verführte euch, nach einer ersten Ursache
zu suchen.
.Doch nie hat es eineerste Ursache”,
nach eurem Sinne, gegeben! ‒
.Ewig gestaltet sich „Gott” aus dem
Chaos der Elemente des Seins! ‒ ‒ ‒
.Nichts ist hier „Ursache” und nichts ist
Wirkung”!
.Nur der freie, bewußte Wille des Geistes
gestaltet sich selbst für sich selber zu
Gott”! ‒ ‒ ‒
113 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Chaotisch wirken die Elemente des
Seins, dort, wo sie, aus Ursein hinaus
geschleudert, sich bezeugen, als die tief‐
sten, schöpfungsträchtigsten Gewalten der
Urnatur.
.Dort sind sie drang- und triebhaft tätig,
ohne Eigenbewußtes in ihrer Wirkung. ‒
.Dort stehen sie noch auseinander, und
jedes einzelne behauptet nur sich selbst.
‒ ‒
.Aus solcher Selbstbehauptung des Ge‐
schiedenen jedoch ergibt sich Pol und Ge
genpol, und damit ‒ Anziehung, die im
Verlaufe unermeßbar langer Erdenzeit so‐
dann die Sammlung vorbereitet...
.Im Seelischen des Erdenmenschen
wird dann die Vereinung aller Urseins-Ele‐
mente wieder Wirklichkeit, wenn Men
schenwille sie erstrebt. ‒ ‒ ‒
114 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Was in deinem Herzen tobt und drängt
nach Gestaltung, ‒ was dich ständig be‐
wegt und in Unrast erhält: ‒ dieses jagende
Streben, irgend etwas erreichen zu müssen,
‒ ‒ darin erkenne die Auswirkung jener
Urseinskräfte, die sich in dir erneut und
nun individuell bestimmt, vereinen wollen!
.Noch aber drängen sich in diesen Ele‐
menten, die sich in der hohen Form, die
dein Bewußtsein braucht, als deine See
lenkräfte offenbaren, gar viele Willen an
dich heran...
.Noch findest du dich nicht im gebieten
den Willen, der, alle die andern in sich zu
vereinen weiß...
.Alles was in dir nach Außen hin „Ich
sagt, und was du im Innern als „Ich” emp‐
findest, ist meist noch der vielen Willen
einer, die sich im Geistesfunkenlichte
deines Selbst-Bewußten einen sollen...
115 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Erst im bewußten Sein kann göttli
ches Bewußt-Sein sich in Urseinselementen
neu bezeugen!
.Von grauenvoll ‒ im Unsichtbaren,
wie im Sichtbaren ‒ erregter Urnatur
bis hin zur Einung im Bewußtsein eines
Erdenmenschen (und es gibt gar viele
Erden”!) führt der Weg der Urseinsele‐
mente zurück, hinauf, zu gottbewußtem,
„neuem” Sein. ‒ ‒
.Was du jedoch von außen her betrach‐
test und „Naturkraft” nennst, ist nichts
als Wirkung, nichts als Wiederspiege
lung und Zeugnis gegenseitiger Beein
flussung der Urseinselemente, ‒ aber kei
neswegs mit diesen selbst identisch! ‒ ‒ ‒
.Was du die „Wirklichkeit” des sicht‐
baren und unsichtbaren Universums nennst,
ist nur insofern „wirklich”, als es lediglich
die Wirkung urgegebenen Seins, in Ur
116 Das Buch vom Lebendigen Gott
seinselementen auf verschiedener For
mungsstufe, als Erscheinung darstellt.
.Das Universum „ist”, soweit die Ur
seinselementesind”, ‒ nicht aber „aus
sich selbst”!
.Ihr redet noch von einem „Gott”, ‒
dem „Schöpferaller Dinge, der eine un‐
endliche Welt sich zu Ehren „erschuf”, sich
zu Ehren „erhält”.
.Doch solche Gottesvorstellung und Welt‐
daseinserklärung war nur entschuldbar in
der Vorzeit, die noch nichts von alledem
kannte, wodurch sich heute Urseinselemente
in der Auswirkung bezeugen, und wahr‐
lich eurem Denken schon zum Anlaß wer‐
den sollten, die alten Vorstellungen auszu‐
löschen. ‒
.Sie jetzt noch beibehalten wollen, ist
zu gleichen Teilen Torheit, wie Läste
rung! ‒ ‒ ‒
117 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Gottist nur allein der Schöpfer sei
ner selbst in allem was da „ist”, und alles
wahrhaft „Seiende” ist Sein von seinem
Sein! ‒ ‒ ‒
.Gott” ist allein der Zeuger seiner selbst
und nicht, in eurem Sinn, der Menschen
und der Dinge Schaffer! ‒ ‒ ‒
.Aller Sonnen und Welten gestaltende
Kräfte sind Formen des Geistes, ‒ Ur
seinselemente, ‒ die sich in Zeit und
Raum erleben und so in Zeit und Raum
zeiträumliche Formen kristallisieren, ‒
zeitweilig nur Erscheinung, und je‐
weils bedingt durch den Raum...
.Urseinselemente aber werden immer
dar aus dem Ursein ausgeschleudert
und kehren immerdar zu ihm zurück.
.So war es von Ewigkeit her, und so
wird es in Ewigkeit bleiben!
118 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Stetig die Wirkung wechselnd, bezeu
gen sich Urseinselemente: ‒ bald Erschei
nung, bald der Erscheinung Zerstörung
bewirkend.
.Sie selbst aber „sind” von Ewigkeit zu
Ewigkeit, wie immer sie auch ihre Wir
kungsweise wechseln, und sie werden
von keinem „gewirkt”...
.Es hat nie einen „Anfang” gegeben,
und nie kann ein Ende dieses urewigen Le
bens sein!
.Das ganze, weite, formengeschwängerte
Universum, mit aller seiner Sichtbarkeit und
seinem dir Unsichtbaren, ‒ ist nur der
Wogenspiegel eines ewigen, geistigen
Meeres”, aus dem sich in eigener Kraft
die Wolke der Gottheit erhebt! ‒ ‒
.„Gott” bedingt das Universum, und
das Universum bedingtGott”!
119 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Das „Perpetuum mobile”, das Weise
und Narren zu erfinden hofften, ist be
reits vorhanden und kann nicht ein zwei
tesmal „erfunden” werden...
.Alle, die nach seiner „Er-findung” streb‐
ten, ahnten nur, ‒ wenn auch pygmäenhaft
verkleinert, ‒ das Sein des unermeßli
chenGanzen”, ‒ ‒ das Sein dessen, das
da „istaus sich selbst, ohneAnfang
und ohneEnde”, das ewige „Leben”,
im Kreislauf des Seins! ‒ ‒ ‒
120 Das Buch vom Lebendigen Gott
VOM SUCHEN NACH GOTT
.Du suchst noch einen Gott in unbe
grenzten Fernen. ‒ ‒
.Siehe aber, ich sage dir:
.Bevor dein Gott in dirgeboren
ist, wie du in ihm, wirst du ihn nir
gends finden!
.Ehedenn dein Gott dir „geboren” ward,
wirst du vergeblich alle unendlichen Räume
durch deinen tiefsten Schrei nach Gott erbe‐
ben lassen...
.Man sagte dir, der Erdenmensch sei ein
verhüllter „Gott”, und müsse nur zu der Er‐
kenntnis seiner selbst gelangen, um sich für
alle Ewigkeit als „Gott” zu finden.
123 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Die also zu dir sprachen, waren wahrlich,
weiter als sie wußten, fern von Gott!
.Nicht du bist Gott, jedoch in dir allein
auf dieser Erde, kann sich dein Gott gestal
ten, und dann bist du mit deinem Gotte so
verbunden, wie Wort und Sinn im Lied
vereinigt sind! ‒ ‒
.Nichts wird alsdann dich je von deinem
Gotte trennen können!
.In aller Ewigkeit wird er in dirleben
dig” sein! ‒ ‒ ‒
.Darum suche Gott nicht mehr in un
endlichen Weiten, und nicht in einer
unnahbaren Welt, hoch über allen Ster
nen! ‒
.Solange du Gott noch suchst, ist dir dein
Gott noch nichtgestaltet”!
.Sobald er dir einmal „geboren” wurde,
kannst du ihn nicht mehr suchen. ‒
124 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Nichts ist weniger vonnöten, als das
Suchen nach Gott”!
.Aber suche in dir den Weg zu finden,
auf dem dir Gott entgegenkommen kann!
.Suche dann alles in dir zu bereiten, da‐
mit dein Gott sich dir vereinen kann!
.Siehe, der Wille des ewigen, allumfassen‐
den Geistes „will” dich und „lebt” in dir,
auf daß er einst in dir sich selbst als dein
Gott „gebären” könne! ‒
.Advent”, ‒ die Zeit der Vorberei
tung, ‒ sei hinfort in deiner Seele, denn
siehe: du bist „Bethlehem”, und in dir soll
dein König erscheinen, der dich erlösen
kann, ‒ ‒ der allein dich er-lösen kann!
‒ ‒ ‒
125 Das Buch vom Lebendigen Gott
VON TAT UND WIRKEN
.Tätig sollst du sein und wirken auf
deinem Wege, wo immer zu Tat und Wir‐
ken Kraft und Begabung sich in dir finden.
.Wenn du dereinst mit deinem Gott in
dir vereinigt bist, wird all dein Leben
nur ein Tun und Wirken, ‒ ja du selber
wirst nur Tun und Wirken sein! ‒ ‒
.Gottist ein lebendiges Feuer!
.In ihm wird alles zerstört, was tatlos
fault und erstarrt. ‒ ‒
.Der Wille des Geistes kann sich in dir
nicht als dein Gott „gebären”, wenn du
nicht tätig bist, als wäre dein Gott schon
vereint mit dir...
129 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Dein Gott wird ein Gott der Kraft
und der Wagnisse sein, und nicht ein
Dämon der kraftlosen Wünsche, der zeh‐
renden Ängste! ‒ ‒ ‒
.Tätiges Wirken möge deine Liebe
finden zu jeder Zeit, wie auch der Geist in
Ewigkeit sich selber wirkt in steter Tat!
.Wie willst du hoffen, deinem Gott dich
zu vereinen, solange deine Liebe sich von
ihm entfernt?! ‒ ‒
.Du kannst nur zu dir selbst gelangen
in deinem Gott, wenn du bereit bist, wir
kend deinem Gott dich zu vereinen, denn
der lebendige Gott ist nicht ein Gott
der Träumer und Phantasten!
.Nur in erwachten Seelen kann er sich
„gebären”...
.Sein Licht ist viel zu hell, als daß es
Dämmerseelen je vertragen hätten. ‒ ‒
130 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Einige deiner Seele Kräfte zu ho
hem Tun!
.Vollende, was immer du auf Erden hier
vollenden kannst, und wirke, soweit du es
vermagst!
.So wirst du deinem Gott in dir, ‒ dei‐
nem lebendigen Gott, ‒ von Furcht be‐
freit, dereinst begegnen können.
.Du wärest nicht im Leben, wäre „Leben”
nicht als „Tat” des Geistes in dir wirkend...
.Ewig” ist dein Leben nur, weil alle
Tat” des ewigen Geistes ewig, wie er sel
ber ist. ‒
.Zeitlich aber bist du als die zeitliche
Erscheinung dieser Erdenwelt, und also
ist es Erdenpflicht für dich, allhier im
Zeitlichen das Zeitliche zu wirken, so wie
131 Das Buch vom Lebendigen Gott
du selbst im Ewigen gewirkt wirst ewiglich
durch Ewiges! ‒ ‒ ‒
.Nur im steten Wirken kannst du dich
als bewährt erweisen, und in der Tat mußt
du dich selbst bereitet haben, wie es hohe
Führung von dir fordert, soll dein Gott
sich in dir selbst „gebären” können.
132 Das Buch vom Lebendigen Gott
VON HEILIGKEIT UND SÜNDE
.Die von den letzten Dingen wirklich
wußten, haben noch allezeit den „Hei
ligen” in seiner Eitelkeit und falschen
Demut lächelnd verachtet, aber sie wissen
auch zu sondern zwischen eitlen Tugend‐
bolden und den wahren Großbeseelten,
die man zuweilen „heilig” sprach...
.Stolze Menschen wollen sie finden, die
erhobenen Hauptes zu leben wissen, ‒
nicht dürftige Bettler vor den Toren
göttlicher Herrlichkeit, ‒ nicht jäm
merliche Büßerseelen!
.Menschen wollen sie finden, die das
Leben zum Kunstwerk zu gestalten wissen,
nicht solche, die sich dem Leben
beugen, wie das Lasttier seiner Last!
‒ ‒
135 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wen Schuld und Sünde aus seiner
Bahn zu werfen fähig sind, der ist nicht
wert, den Preis des Siegers zu erringen! ‒
.Wer den großen Sieg erkämpfen will,
der darf sich nicht mit Sorge plagen, weil
der Staub des Alltags dabei sein Gewand
beschmutzt...
.Wer stets bestrebt ist, Flecken aus
seinem Mantel zu putzen, der wird sein
höchstes Ziel gar bald aus dem Auge
verloren haben...
.Ich rate gewißlich keinem, sich im
Schmutz zu wälzen, ‒ aber ein jeder, der
zum Ziele will, muß achtlos werden gegen
den Staub des Alltags und die kleinen
Flecken, womit er sein Gewand auf seiner
Wanderung bedeckt.
.Dein Fuß wird ständig an der gleichen
Stelle kleben, und niemals wirst du deinem
Schritt vertrauen, läßt du dich durch die
136 Das Buch vom Lebendigen Gott
Fehler, die du niemals ganz vermeiden
kannst, auf deinem Wege stören. ‒
.Der „Heilige” aber ist einem Menschen
gleich, der sich selbst die Sehnen durch‐
schnitt, und nun als ein Lahmer am Wege
liegt, jedoch mit offenen Augen träumt: ‒
zu fliegen. ‒
.Ach, daß du mir lieber noch in Schuld
und Sünde bis an die Schultern waten möch‐
test, als daß ich je dich in Gefahr erblicken
müßte, zu einem solchen „Heiligen” zu
werden! ‒ ‒
.All deine beste Kraft geht dir ver
loren, willst du dem „Heiligen” gleichtun,
und vor allem dich „von Fehlern frei
zu halten suchen...
.Du kannst deine Kräfte nicht gebrau‐
chen, wenn es deine stete Sorge ist, jeden
Fehler zu vermeiden, denn wo immer du
137 Das Buch vom Lebendigen Gott
wahrhaft tätig bist, wirst du zugleich auch
in Fehler und Sünde fallen, ohne es zu
wollen. ‒ ‒
.Wie aber der Marmorstaub in des Bild
hauers Werkstatt gewiß nicht seines Bild
werks Wert verringert, so wird auch dein
Ich”, das du aus „rohem Stein” hervor
zu formen suchst, auf keinen Fall an Wert
verlieren durch den „Staub” und „Schutt”,
der ringsum liegen bleibt, bis endlich deine
klare Form herausgemeißelt ist.
.Vergiß der Werkstatt „Staub” und
Schutt” und denke stets nur an das
Werk”, das du aus deinem Dasein formen
sollst, zu hoher Schönheit und zu ewigem
Bestand! ‒ ‒
.Und bist du tief gefallen, wo du nicht
fallen wolltest, so erhebe dich eilends
und vergiß, daß du jemals zu Fall gekommen
warst!
138 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Aber selbst dann auch, wenn dein
Wille dich zu Falle brachte, sollst du keine
andere Sorge kennen, als dich augenblick
lich wieder zu erheben!
.Unnütz ist deine „Reue” nach dem Fall,
‒ aber dein kraftvolles Erheben kann dir
zu dauernder Sicherheit verhelfen, die
den neuen Fall vermeiden lehrt...
.Wahrlich, besser schreitet der voran, der
die Kraft zur Erhebung nach dem Falle
in sich weiß, als jener, der, in steter Ängst
lichkeit, jedes Straucheln achtsam ver
meiden möchte! ‒ ‒
.Dir kann auf deinem Wege nichts zum
Schaden gereichen, außer der Furcht vor
den hemmenden Kräften der Schuld, ‒ und
diese hemmenden Kräfte wieder, werden
allein aus deiner Furcht geboren. ‒ ‒
.In Liebe schreite dahin, und frei von
Furcht, ‒ doch möge deine Liebe nie die
139 Das Buch vom Lebendigen Gott
Kräfte untergraben, die du zum Wider
stande brauchst!
.Sei immerdar gütig gegen alles was lebt,
aber ‒ „Gütegegen den Tiger ist ein
wohlgezielter Schuß, denn auch, was du
vernichten mußt, sollst du nicht leiden
machen! ‒ ‒ ‒
.Frei muß auch deine Güte und Liebe
sein, oder sie wird dir zum Laster werden!
‒ ‒
.Frei ist nur, wer sich selbst befreit!
.Kein äußerer „Gott”, wie du ihn über
Sternen dir erträumst, kann jemals dich be‐
freien! ‒ ‒
.Doch: ‒ hilfst du dir selbst, so hilft
dir auch dein Gott, ‒ ‒ dein Gott, der
in dir selber sich dereinst „gebären” will! ‒
‒ ‒
140 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Du hast dir selber deine Gespenster
geschaffen, und nur du selbst wirst sie ver
nichten können!
.Vieles gilt dir noch als „Schuld” und
Sünde”, was solche Lästerung wahrlich
nicht verdient, ‒ und manches nimmst du
leicht, und siehst darin gar deineTu
gend”, obwohl es dir Versuchung zum
Verderben ist...
.Du sollst „Versuchung” niemals suchen,
aber du sollst auch nicht, dem „Heiligen
gleich, dein Auge also bannen, daß es aller‐
orten nurVersuchung” sieht. ‒ ‒
.Erhobenen Hauptes gehe deinen Weg,
und wisse: ‒ daß du am besten stets be‐
hütet bist, wenn du dir selbst vertrauen
kannst! ‒ ‒ ‒
.KeinFall” und „Fehler” kann dich
dann in deinem Schreiten hindern, bis du
141 Das Buch vom Lebendigen Gott
dereinst, mit hoher Kraft gestärkt, dein
Ziel, das in dir selber ist, erreichen wirst!
.Aber ich warne dich, und rate dir: ‒
.Eher noch suche Schuld und Sünde, ‒
doch hüte dich vor dem Willen zur
Heiligkeit”!
142 Das Buch vom Lebendigen Gott
DIE „OKKULTE WELT”
.Bisher wurde in den Worten dieses Bu‐
ches fast nur von jenem „Unsichtbaren” ge‐
sprochen, das deine Seele ist und in deinen
Seelenkräften sich entfaltet, sowie von jener
hohen Geisteswelt, der du entstammst,
und die du wiederfinden mußt, willst du
zu Gott gelangen und den Frieden finden,
den dir die Außenwelt nicht geben kann. ‒
.Es ist aber noch von einem anderen
„Unsichtbaren” zu reden: ‒ von einem Un‐
sichtbaren, das dich von außen her umgibt,
wie alle Dinge und Gestalten materieller
Sichtbarkeit...
.Dieses „Unsichtbare” ist ein gar wenig
gekannter Teil dieser physisch-materiel
len Welt, und ist zugleich der unvergleich‐
bar größere Teil...
145 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Über dieses „Unsichtbare” muß zuerst
auch der geistige Führer schreiten, wie
über eine Brücke, wenn er dich, den annoch
Unbereiteten erreichen will, denn noch
bist du nicht fähig, ihn aus der Einheit
deiner Seelenkräfte zu vernehmen, so, wie
du später ihn erkennen sollst, ‒ in Gott.
‒ ‒
.Er kann vorerst allein von diesem „un
sichtbaren Außen” her dein Inneres er‐
reichen!
.Es gab jederzeit Menschen, die dieses
unsichtbare Außen” mit aller Sicherheit
erkannten.
.Für die Erreichung ihres höchsten
Zieles war und ist solches Erkennen ohne
jeden Wert.
.Sie „sehen” mehr wie Andere, ‒ so wie
du, wenn du durch ein Fernrohr blickst,
146 Das Buch vom Lebendigen Gott
die „Ringe” und die „Monde” ferner Sterne
sehen kannst, derweil ein Mensch, der nur
mit bloßem Auge sieht, nichts anderes ge‐
wahrt als einen hellen Punkt...
.Ihr „Sehen” ist an einen physischen Or‐
ganismus gebunden, der im Menschen der
Gegenwart nur selten so „entwicklungsfähig”
ist, daß ihn der Mensch gebrauchen kann.
.In Menschen alter Zeiten war dieser Or‐
ganismus oft weit stärker ausgebildet, und
auch in späteren Menschen wird er wieder
sich entfalten, nachdem sie selbst Gewähr zu
schaffen wußten, daß er ihnen nicht mehr
zum Verhängnis wird...
.Die Entwicklung solcher, dem Alltags‐
leben nicht notwendigen, physischen Or‐
gane vollzieht sich, nach Art der Wellenbe
wegung, bald mit größerer, bald mit gerin‐
gerer Intensität, innerhalb der gesamten Art.
.So erlischt auch die Fähigkeit, das Un‐
sichtbare dieser physisch-materiellen Welt
147 Das Buch vom Lebendigen Gott
mit Sicherheit zu erkennen, oft bis zum letz‐
ten Rest, um dann, zu anderen Zeiten, wieder
allenthalben in Erscheinung zu treten.
.Es handelt sich um rudimentäre Or
gane des Menschentieres der Urzeit, die
nur denen zum Segen gereichen, die see
lisch vorbereitet sind, von der damit ge‐
gebenen Fähigkeit den rechten Gebrauch
zu machen.
.Die Menschen, in denen der Organis‐
mus für die Wahrnehmung des äußeren
Unsichtbaren völlig entwickelt ist, sind
daher immer auch begabt mit gleichsam „er
fahreneren” Seelenkräften, die schon in
vielen Menschen der Vorzeit wirksam waren.
.Wo immer mit diesem „Sehenkönnen
im physischen Unsichtbaren zugleich der
Drang nach höherer Erkenntnis sich ver‐
bunden zeigt, dort wird der also Begabte
auch in diesem unsichtbaren Teil der irdi‐
148 Das Buch vom Lebendigen Gott
schen Welt nicht zur Beute des Irrtums
werden, sondern gütige Berater und be
sorgte Helfer aus dem Reiche wesenhaften
Geistes finden, die ihm das Verstehen des‐
sen, was er wahrnimmt, erleichtern.
.Ist er erst völlig „wach” geworden, dann
kann es selbst möglich sein, daß er durch
höhere „Erwachte” Macht über Kräfte
dieser unsichtbaren Welt erhält, um mit
zuwirken am Entwicklungsplan der Erden‐
menschheit, wie er seit Jahrtausenden von
des Urlichtes Leuchtenden gefördert wird.
.Meist werden nur wenige unter den
„Kundigen des Unsichtbaren” gefunden, die
solcherart „brauchbar” sind.
.Es wäre aber zu wünschen, daß alle Men‐
schen, die den Organismus zum Erfahren
des physisch Unsichtbaren irgendwie, ‒ sei
es schwach oder stärker, ‒ in sich fühlen,
ihn sorglichst beobachten und vor allem Miß‐
brauch bewahren wollten...
149 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Vielleicht könnte mancher Keim unter
sicherer Pflege zum Gedeihen gebracht, und
segensreich wirksam werden. ‒
.Es sind viele „Arbeiter im Weinberg
nötig, und die Menschheit dieser Tage würde
vieles gewinnen, wenn ihr wieder kundige
Helfer und Lehrer erstehen könnten, die
auch im Unsichtbaren dieser physischen
Welt auf sicheren Wegen zu wandeln
wüßten...
.Nicht das „Experiment” mit Medien
und Somnambulen bringt hier Aufschluß,
sondern nur die Eigenerfahrung der or
ganisch Befähigten! ‒
.Alle Ehre wissenschaftlichem Forschungs‐
eifer, ‒ allein durch die sogenannten „meta‐
psychischen” Experimente, die, wie schon
ihre Kennzeichnung sagt, von falscher Vor
aus-setzung, ‒ irrigem Vor-Urteil aus‐
gehen, ‒ zieht man nur die Schmarotzer
kräfte des physischen Unsichtbaren heran.
150 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Diese „Schmarotzerkräfte” des unsicht‐
baren Teiles der physischen Welt, sind We‐
sen, die, dem Anschein nach, den Kräften,
aus denen sich die Seele auferbaut, sehr
ähnlich sind, jedoch beileibe nicht etwa mit
„Seelenkräften” verwechselt werden dürfen.
.Es wäre die gleiche Verwechslung, wie
wenn man die Grimassen der Affen an
den Gitterstäben ihres Käfigs, mit der geist‐
voll durchgebildeten Darstellungskunst
großer Menschendarsteller auf der
Schaubühne verwechseln wollte...
.Die Wesen des unsichtbaren Teiles der
physischen Welt, mit denen man es zu tun
hat bei „metapsychisch” genannten Experi‐
menten, wie nicht anders dort, wo man in
weihevoller Stimmung glaubt, mit abgeschie‐
denen Menschenseelen zu verkehren, sind
gewiß nicht ohne eine Art „Bewußtsein”,
und sie „wissen” oft mehr als ihre Be
frager, ‒ aber nur dunkel und traumhaft sind
sie ihrer selbst bewußt, so daß sie kaum, nach
151 Das Buch vom Lebendigen Gott
menschlicher Art, moralisch zu verurteilen
sind, wenn sie sich jeweils für das ausgeben,
was man in ihnen zu sehen vermeint, was
man in ihnen zu finden glaubt. ‒ ‒
.Sie wollen vor allem Bestätigung ihres
Daseins finden, und um diese zu erlangen,
sind sie zu allem bereit, was ihre Macht
nicht übersteigt, gehen aber auch weiter und
suchen Macht noch vorzutäuschen, wo ihre
Macht zu Ende ist...
.Es bindet sie keinePflicht” und kein
Gewissen”!
.Dein Untergang bereitet ihnen gleiche
Lust, wie dein Erstarken, wenn sie ihr
Dasein nur, durch ihre Einwirkung auf
dich, an dir bestätigt finden. ‒
.Wehe dem Menschen, den diese We
sen bereitsbesitzen”!
.Sie saugen ihm das Mark des Lebens aus
wie Vampire, denn sie müssen sich von
seinen Kräften „nähren”, wenn sie ihm zu
Diensten stehen sollen. ‒
152 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wenn er nicht selbst sie von sich schüt
teln kann, wird er der Sklave ihrer dunk‐
len Triebe werden, bis seine Seele selbst da‐
bei „erstirbt”, da ihre Kräfte nach und nach
von ihm sich lösen, ‒ wonach dann, wenn
der Erdenkörper sich zum letzten Schlafe
niederlegt, sein einstiges Bewußtsein in Ver
nichtung endet, ‒ ‒ dem einzigen wah
ren, weil ewigen „Tode”, der dem Erden‐
menschen wirklich drohen kann. ‒ ‒ ‒
.Die wenigsten Menschen wissen mit
Gewißheit um die truggeschwängerte Na‐
tur dieser Wesen, die man schwer benen
nen kann, da in der Sichtbarkeit sich kein
Vergleichsbild findet.
.Es sind die unsichtbaren Wesen, durch
deren Kraft der Fakir seine „Wunder
wirkt, ‒ und da man sie nicht kennt,
staunt man den Fakir an, wenn je ein
echter, dieser Unterweltverhafteten, sich
zeigt...
153 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Diese Wesen „können” vieles, was dem
Menschen auf der Erde niemals möglich
sein wird, solange er allein aus eigenen
Kräften wirkt.
.Siesehendeine Gedanken, besser,
als du selbst sie kennst, ‒ und deine
verborgensten Vorstellungsbilder kön‐
nen sie vor deinem Auge sichtbar werden
lassen...
.Sie können, vorübergehend, Formen
und Stoffe bilden, so greifbar wie jedes
andere Erdending, wie jeder dir be
kannte Stoff, ‒ denn diese Wesen sind die
unsichtbaren Wirkweber der physischen Ge‐
staltung, die aller sichtbaren Erscheinung
unsichtbare Fäden knüpfen...
.Sie können sich in Menschenformen
hüllen, von Menschen, die schon längst nicht
mehr auf Erden leben, ‒ denn jede Form,
die hier auf Erden einmal „wurde” ist in
der Sphäre dieser Wesen so erhalten, wie ‒
154 Das Buch vom Lebendigen Gott
beispielsweise, wenn der Vergleich auch hinkt
‒ etwa die galvanische Matrize, aus der man
jederzeit einen neuen Abguß nehmen kann.
.In Wirklichkeit ist die „Matrize” hier
ein unsichtbares, hauchzartes Gebilde:
‒ ein Lamellensystem, das die mathematisch
genaue Wiedergabe sämtlicher inneren und
äußeren Formen darstellt, die einst einen
Menschenkörper bildeten.
.Dieses, für gewöhnlich auf engsten Raum
in sich selbst zusammengezogene Gebilde
wird unter entsprechenden Bedingungen
gleichsam „aufgefüllt” mit den physischen
Kräften, die normalerweise den Erdenkör‐
per des „Mediums” erhalten.
.Das „Medium” muß während der Zeit
einer solchen Manifestation in jenem bewußt‐
losen Zustand verbleiben, den man unter
dem Namen „Trance” kennt.
.Der entstandene Scheinkörper ist wäh‐
rend seiner, auch im allergünstigsten Falle
überaus kurzen Darstellungszeit, das Wir‐
155 Das Buch vom Lebendigen Gott
kungsfeld der Tierseele des bewußtlosen
Mediums”, wobei diese Tierseele zugleich
unter einer Art Hypnose gehalten wird
durch jene unsichtbaren Wesen der physi‐
schen Welt, die sich in dem erzeugten
Scheinkörper manifestieren.
.Wenn ein solches Phantom sogar zu spre
chen vermag und ganz in der Weise seines
verstorbenen Urbildes spricht, so ist das um
nichts verwunderlicher als das Sprechenkön‐
nen eines auf normale Art inkarnierten Men‐
schen, denn auch in dem Scheinkörper sind
für die Dauer seines Bestehens alle Organe
in solcher Form wieder physisch dargestellt,
wie sie voreinst in seinem Urbilde in Er‐
scheinung waren, ‒ genau, selbst in Bezug auf
etwaige Deformierungen oder sonstige Mängel.
.Es wird, so hoffe ich, wohl kaum nötig
sein, hier noch zu sagen, daß diese zurück
bleibende Form im unsichtbaren Phy
sischen, mit dem sie ehemals bestimmen‐
den Menschen nicht mehr zu tun hat, als
156 Das Buch vom Lebendigen Gott
die abgeworfene Schlangenhaut mit dem
Reptil, das ihrer sich entledigte. ‒
.Nicht umsonst bin ich hier auf Vor‐
gänge eingegangen, deren bloße Darle
gung mir schon widerwärtig ist. ‒ ‒
.Ich will dich in der Lage sehen, Vor‐
gänge, die dich verwirren könnten, selbst
überprüfen zu können!
.Du sollst, wenn sich Erstaunliches vor dir
ereignen mag, dich nicht aus Unkenntnis
düpieren lassen!
.Nicht, was dir in den hier bezeichneten
Bezirken an Betrug begegnen kann, ist als
„Gefahr” zu werten...
.Das Echte dieser Art allein birgt wirk
liche Gefahr! ‒ ‒
.Ich warne dich hier aus gesicherten Grün‐
den! ‒
157 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Auch in dir können jene Wesen, wenn
du je ihre Auswirkung kennenlernen solltest,
eine Beute wittern...
.Sie finden, ‒ allzuoft nur, ‒ solche
Beute an denen, die, statt ihren Höhenweg
zur Einigung der Seelenkräfte und zu
ihrem Gotte zu beschreiten, nach „okkul
tenKräften streben, ohne jenen Grad der
Einsicht schon erlangt zu haben, der nötig
ist, damit ein wahrer Geistgeeinter unter
ihren Menschenbrüdern sie in langen
Jahren strengster Vorbereitung lehren
könne, die hier gemeinten Wesen und ihre
unheimlichen Kräfte zu bemeistern.
.Selbst dann noch schwebt jeder, der sie
ohne Not erregt und nützt, in ständiger
Gefahr, ‒ und keiner derer, die einst zur
Erprobung ihrer Kräfte dieses Reich des un‐
sichtbaren Physischen bezwingen lernen
mußten, wird jemals länger in ihm ver‐
weilen, als es der bittere Zwang einer
Aufgabe” von ihm erheischt. ‒ ‒ ‒
158 Das Buch vom Lebendigen Gott
DER VERBORGENE TEMPEL
.Alle, die den hier in diesem Buche von
mir aufgezeigten Höhenweg betreten haben
und betreten werden, stehen in ihrem Inner‐
sten alsobald in naher Verbindung, auch
wenn in der Außenwelt sie Tausende von
Meilen trennen sollten...
.Solche „Verbindung” kommt auf zwiefa‐
che Weise zuwege: ‒ Zuerst durch gegen‐
seitige Anziehung der Strahlungen, die durch
in sich bestimmte, menschliche Willens‐
zentren als Strahlen-„Wirbel” in gewissen,
höheren Regionen des unsichtbaren Phy
sischen, ungewollt und unbewußt, erzeugt
werden, und dort alles Gleichartige in
Konnex bringen.
.Dann aber durch direkte Influenz
wirkung der Seelenkräfte, die nur der
161 Das Buch vom Lebendigen Gott
Gleichrichtung der in ihnen gegebenen
Willens-Strebungen bedürfen um sogleich,
und praktisch unabhängig von Raum und
Zeit, miteinander verbunden zu sein.
.Doch, es ist menschliche Art, sich auch im
Reiche der äußeren Erden-Sinne erkenn‐
bar und nahe sein zu wollen, sobald man
durch Einstellung auf das gleiche Ziel sich
einander zugehörig fühlt...
.Vielen stärkt es auch Mut und Glauben,
wenn sie auf dem „Wege” von Zeit zu Zeit
mit Weg-Genossen reden können...
.Und es gibt auch noch Gründe höherer
Art, die oft Gemeinsamkeit in sichtbarer
Nähe recht wünschbar machen. ‒
.Der Weg zum geistigen Leben will oftmals
leichter sich erschließen, wenn zwei, die ihn
betreten haben, auch im Äußeren verbun‐
den sind, und so ihn miteinander wandern
können.
162 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Darum wird jeder, der zur Belehrung in
diesen Dingen das Recht und die Kraft er‐
hielt, das Wort des hohen Meisters von Na‐
zareth wiederholen müssen: ‒
.„Wo zwei oder drei in meinem 'Namen'
versammelt sind, dort bin ich mitten unter
ihnen!”‐
.Doch niemals seien es mehr als „zwei
oder drei”, die sich, zum gemeinsamen
Austausch ihrer seelischen Erfahrun
gen durch das Wort der äußeren Sprache,
jeweils zusammenfinden!
.Aus guten Gründen wird diese kleine
Zahl gefordert!
.Jede größere Gruppe seelisch Verbun‐
dener kann nur dann zu segensreicher Wir‐
kung kommen, wenn sie, ‒ was Redeaus
tausch über seelische Erfahrung anbe‐
trifft, ‒ in sich gegliedert bleibt als eine
163 Das Buch vom Lebendigen Gott
vielfacheZwei- und Dreisamkeit”, und
jede solche „Zelle”, gebildet aus Zweien
oder Dreien, darf stets nur aus dem distink
testen Gefühl persönlicher Zusammen
gehörigkeit sich bilden, so daß ‒ auch ohne
besonderen „Schwur” ‒ ihre Unzerstör
barkeit von Anfang an gesichert ist. ‒ ‒ ‒
.Die Suchenden sollen sich jedoch niemals
zu einer „Gemeinde” zusammenschließen,
denn keine Gemeinde ist möglich ohne Glau
bens-Zwang, und nichts verträgt die see‐
lische Entfaltung weniger, als irgend einen
äußeren Zwang. ‒ ‒
.Eine jedeGemeindebildet nur
den Leichenzug ihres toten Glaubens!
.Solange der Glaube lebendig und wirkend
schafft, erduldet er für bemessene Zeit auch
noch die nagende Krankheit einer „gläubi
gen Gemeinde”, ‒ aber dann wird er, welk
wie eine Blume über die der Meltau kam,
in sich zusammensinken, und die ihn als
164 Das Buch vom Lebendigen Gott
„Gemeinde” am Leben zu erhalten meinten,
werden selbst sein Grab ergraben haben. ‒
‒ ‒
.Es wird aber vielen von hohem Nutzen
sein, wenn sie, sei es einzeln oder im Anschluß
an gleichgerichtete Gruppen, jeweils zu
Zellenvon Zweien oder Dreien ver
eint, von jenen Dingen miteinander reden
können, die sie auf ihrem Wege zum Lichte
erleben oder erschauen.
.Wenn es sich fügen läßt, dann sollen diese
zwei- oder dreisam Vereinten möglichst im
mer zur gleichen Stunde zusammenkom‐
men um ihre innere Erkenntnis miteinander
zu teilen!
.Es liegen auch in tiefsten Geistestiefen
gewiß keine Gründe, die ein „Verbot” be‐
gründen könnten, daß viele solcher Zwei
oder Dreiglieder-Zellen untereinander in
äußerer Verbundenheit stehen, solange
nur solche Verbundenheit nicht zur „Ge
meindebildung” mit ihrem Glaubens
165 Das Buch vom Lebendigen Gott
zwang und ihren Glaubensartikeln ent‐
artet. ‒ ‒
.Dann erst würde äußere Vereinigung
die innere zerschneiden!
.Ob du aber nun ein-sam deinen Weg
durchwandern willst, oder mit einem, und
auch zwei Weggefährten, ‒ stets sollst du
wissen, daß ein verborgener Tempel dich
mit allen vereint, die ihren Weg wie du be‐
reits beschritten haben. ‒ ‒ ‒
.Die Leuchtenden des Urlichts sind
dieses Tempels wahrhaftige „Priester”, und
jeder Suchende, der seinen „Weg” in sich
verfolgt, steht unter ihrer sicheren Führung,
auch wenn sein Inneres noch vorerst ohne
eigene Leuchte ist, und er die ihn leitende
Hand noch nicht erkennt...
.Es wird hier kein Glaube von dir ge‐
fordert an eine Hilfe, die du nicht erpro
ben könntest.
166 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wir fordern nur: ‒ den Glauben an
dich selbst, weil er auf deinem Wege dir
unerläßlich ist...
.Wenn du diesen Glauben dir errungen
hast, und stetig auf dem Wege neu erringst,
dann wirst du gar bald meiner Worte Wahr
heit in dir selbst erfühlen!
.Die Entdecker neuer Erdteile glaubten
in ihren Herzen, die gesuchten Lande hinter
weitgebreiteten Meeren zu finden, und sie
fanden das, woran sie glaubten. ‒
.So auch sollst du von dir selber glau
ben, daß du die Kräfte in dir trägst, die
dich einst befähigen werden, die heiligen Wun‐
der des verborgenen Tempels auf dieser
Erde staunend in dir selber zu erleben...
.Es ist dir vonnöten, an deine eigenen
Kräfte zu glauben, weil dein Glaube eben‐
diese Kräfte in dir selbst ent-binden, aber
auch in Fesseln schlagen kann...
167 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wozu du dich nicht vorher fähig glaubst,
das wirst du nachmals schwerlich können! ‒
.So auch wirst du aller Hilfe aus dem un
sichtbaren Tempel unerreichbar bleiben
bis zu jenem Tage, der den felsenfesten Glau
ben in dir findet, daß du die Kräfte in dir
trägst, diese Hilfe zu erlangen. ‒ ‒ ‒
168 Das Buch vom Lebendigen Gott
KARMA
.In beiden Reichen dieser physischen Welt:
‒ dem sichtbaren, wie dem unsichtbaren, ‒
trägt jede Tat auch ihre sichtbaren wie ihre
unsichtbaren Folgen. ‒ ‒
.Jeder Willens-Impuls, jeder Gedanke
und jedes Wort ist hier als „Tat” zu werten....
.Du bleibst verhaftet an die Folgen
deiner Tat, bis du deiner Seele Kräfte ge
eint, und dich mit ihnen Gott vereinigt ha‐
ben wirst. ‒ ‒
.Dann erst wirst du deiner Taten Folge
vernichten können, soweit du sie vernich‐
ten willst.
.Vor undenklichen Zeiten warst du einst
mit deinem Gott vereinigt, als ein rein gei
171 Das Buch vom Lebendigen Gott
stiger „Mensch” in geistiger Gestaltung,
einverwoben dem All-Leben wesenhaften,
substantiellen „Geistes”.
.Auch alle die weiten Reiche des unsicht
baren Teiles der physischen Welt, ‒ ein
unermeßliches Gebiet des Universums, ‒
waren dazumal deinem wirkenden Willen
erschlossen, und du warst ihr Beherrscher...
.Ein Feld des Wirkens war dir offen, das
vom reinsten Geistigen hinaus in immer
dichtere Gestaltung reichte.
.So bist du bis an die Grenze gelangt, wo
unsichtbares Physisches sich zu erdensinn
lich sichtbarem Materiellen verdichtet.
.Du hast die schreckenerregenden
Mächte des ewigen Chaos am Wirken ge‐
sehen, ‒ die Rückprallkräfte des abso
luten, starren und lavadichtenNichts”,
‒ und bist ihrem Groll gegen allesSei
ende” erlegen...
172 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Niemals hättest du ihnen aber erliegen
müssen, wärest du nicht vorher, im Taumel
deiner Macht, von deinem Gotteab
gefallen. ‒ ‒
.So warst du hilflos geworden und hattest
deine höchste Macht verloren.
.Nun mußtest du zur Beute der niederen
Kräfte werden, die, ‒ stets in den Bereich der
Rückprallwirkungen des absoluten „Nichts
gebannt, ‒ in steter „Feindschaft” alles zu
ver-nichten, alles demNichtsgemäß
zu wandeln suchen, was aus den Sphären ewig
reinen Seins zu ihnen eindringt: ‒ in ihre
dunkle Wirkungs-Zone „fällt”. ‒ ‒ ‒
.Auch die Kräfte, die du ehedem be
meistern konntest, und mit denen du gar
leicht die dir nun „feindlichen” Gewalten so
bezwungen hättest, daß sie sich zu ehrer
bietigen Dienern deines Willens umgewan‐
delt hätten, waren dir zu groß, zu vielver
mögend geworden...
173 Das Buch vom Lebendigen Gott
.So überkam dich Furcht vor deinen ei
genen, einst beherrschten Kräften, und
aus der Furcht vor ihnen kam dir das Ver‐
langen nach einem neuen, anderen Leben,
in den Reichen materieller Greifbarkeit,
den Reichen dieses, physischen Sinnen faß‐
baren Universums, das jene ängstigenden
Mächte dem, der nicht die hier gezogene
Schranke bricht, verhüllt. ‒ ‒ ‒
.Dein Wille war aus dem hohen Leuch
ten gefallen, und wollte nun mit dir in die
Welt der physischen Materie...
.Du warst in der „Welt der Ursachen
heimisch, ‒ doch deine Furcht trieb dich in
die „Welt der Wirkungen” hinaus. ‒ ‒ ‒
.Das ist die Wahrheit in den Sagen von
einem „Paradiese”, und vom „Sturze” des
Menschen durch einen „Sündenfall”! ‒
‒ ‒
.Vor diesem Sturze hast du dir bereits dein
Karma”, wie der Orient den Ursachen
174 Das Buch vom Lebendigen Gott
stammbaum eines jeden Erdenmenschen‐
schicksals nennt, ‒ geschaffen, durch den
GraddeinerAbkehrvon deinem
Gott, ‒ durch den „Grad” deines tollen
Taumels, der dich in dir selbst einen „Gott
sehen lehren wollte. ‒ ‒
.Eritis sicut Deus..... ”
.Die Zeit, da du in diese Erdenwelt ge‐
boren werden solltest, sowie die Abstam
mungslinie in der es geschah, und deines
Erdenlebens Schicksalswege, hast du dir
selbst bestimmt, als du aus einem Herr
scher durch deines Gottes Kraft in der
Geisteswelt, zum Sklaven niederer Ge
walten wurdest, in einer Welt, die jeder Tat
auch ihre „Folge” gibt und geben muß, da
sie selbst nur Wirkens-Wiederspiegelung
ist, und ohne Macht, die Kette des Gesche‐
hens in ihrem Bereiche willentlich zu be‐
enden.
.Auch daß du auf diesem Planeten hier
geboren wurdest, ist Folge der Artung deiner
175 Das Buch vom Lebendigen Gott
ersten Tat in dem Bereich der Zwanges
folge, ‒ denn wahrlich: ‒ es gibt un
zählige, von „Menschen” und auch äußer
lich dem Erdenmenschtiere ähnlichen We‐
sen, bewohnte Planeten im unermeßlichen
Raum, und du hättest auch auf einem an
deren dieser Weltkörper deinen Tierleib fin‐
den können.
.Alle die Menschenwesen auf den bewohn‐
ten Planeten anderer Sonnensysteme sind in
gleicher Weise einst aus dem Leuchten „ge‐
fallen”, wie du!
.Es gibt weitaus glücklichere und tief
unglücklichere unter deinen fernen, ma‐
teriell verkörperten Gefährten...
.Du darfst sie dir freilich nicht in mon
strösen Gestalten vorstellen, denn die Form
des Erdenmenschtierleibes ist nicht aus
einer Willkürwirkung nur auf unserem
kleinen Sonnentrabanten entstanden, sondern
durch gesetzliche Gegebenheiten bestimmt,
176 Das Buch vom Lebendigen Gott
die für das ganze, unermeßliche, physisch‐
materielle Universum gelten, und letzten En‐
des ‒ geistigen Ursprungs sind...
.Der „Falldes Menschengeistes aus rei‐
ner, substantieller Geisteswelt in die Einwir‐
kungszone des absoluten „Nichts”, geschah
nicht etwa nur in einer fernen Urzeit, son‐
dern ereignet sich immerdar seit Ewigkei‐
ten und in alle Ewigkeit, wie denn auch der
physisch materielle Kosmos in all seinem ste‐
ten Werden und Vergehen dennoch als Gan
zes urewig, zugleich mit dem Reiche ewi
gen Geistes als dessen ‒ „äußerste Gegen
wirkung” besteht und bestehen wird...
.Immerdar aber gibt es auch einige wenige
Geistmenschwesen, die dem „Falle” nicht
erliegen und ihren Gott in sich nicht „ver‐
lieren”.
.Ich sprach schon von ihnen, als von den
Ältesten”, oder den hohen „Vätern” der
Leuchtenden des Urlichts, und du sollst nun
177 Das Buch vom Lebendigen Gott
hier wissen, was dir zwar auch schon dein
eigenes Ahnen sagen könnte: ‒ daß sich das
geistige Mühen dieser Nichtgefallenen, wie
ihrer durch sie erzogenen „Söhne” und „Brü‐
der” um die Er-lösung der in Tierheit
verstrickten, dem Lichtkreis der Geistes‐
welt Ent-fallenen durchaus nicht etwa auf
unsere Erdenmenschheit allein erstreckt...
.Auf allen bewohnten Planeten des uner‐
meßlichen Universums sind diese im bewuß‐
ten Leben des substantiellen Geistes verblie‐
benen Helfer zu finden, und für jede dieser
Welten erziehen sie sich aus den jeweils Ge‐
fallenen ihre geistigen „Söhne” und „Brü‐
der”, durch die sie auch hier auf dieser Erde
dich nun zu erreichen suchen und aus deinen
Nöten ziehen wollen.
.Dein Ziel ist keineswegs, einer ihrer
„Söhne” und „Brüder” zu werden, denn da‐
zu wäre es jetzt zu spät, da solche Eignung
sich schon alsbald nach geschehenem
Fall, nur durch freien Willens-Impuls
178 Das Buch vom Lebendigen Gott
der Einzelnen ergibt, und alsdann „Erzie‐
hung” durch Jahrtausende erfordert, bei
ebensolanger Zurückhaltung vor der Ein
körperung in einen physisch-materiellen
Menschtierkörper...
.Man will nichts anderes von dir, als daß du
heute, an deinem Erdentage, zur Erkenntnis
kommen mögest, woher du ausgegangen
bist und wohin du zurückkehren kannst.
‒ ‒
.Man will dir den „Weg” zu dieser Rück‐
kehr zeigen.
.Man will dich zurück zu deinem Gotte
führen, mit dem du dich erneut vereinen
sollst. ‒ ‒
.So tief du auch gefallen bist, so sind doch
jene Kräfte, aus denen sich, ‒ von ihrer
chaotischen Wirkungsform bis zu ihrer
höchsten Darstellungsart, ‒ unablässig
die Gottheit selbst gestaltet, in einer
sehr hohen Wirkungsform in dir am Werke..
179 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Immer noch blieb auch ein „Funke” gei
stigen Bewußtseins, wenn auch deinem Ge‐
hirnbewußtsein noch nicht verschmolzen, in
dir verborgen zurück, als hoher Lenker die‐
ser Kräfte, ‒ und: ‒ als deinGewissen”...
.Du kannst diesenFunkennie ver
lieren, wie tief du auch noch in deinem
Erdenleben sinken könntest!
.Selbst wenn du seelisch ihm „erstor
ben” bist, muß er verhüllt dennoch in dir
verharren, bis zu deinem letzten Atemzug...
.Er ist es auch, und nur er allein, der dein
Karma” kennt...
.Du kannst dieses „Karma” verbessern
oder verschlechtern, ‒ nur ‒ auslö
schen kannst du es nicht eher, als bis du
die vielen Willen in dir geeinigt hast, die
jetzt noch in dir chaotisch nebeneinander
wirken. ‒ ‒
180 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wenn sie sich alle in dem Funkenlichte
geistigen Bewußtseins, das dein wahrer, sub‐
stantieller, ewiger „Menschengeist” in dir
ist, ‒ vereinen, dann wird dein Gott aus
Geist in dir „geboren”, und dann bist end‐
lich du befreit von deinem „Karma”, ‒
von deiner Urtat Folgenkette, ‒ als ein
neu zurückgekehrter Mensch der Ewig
keit. ‒ ‒ ‒
.Wohl dir, wenn dies hier auf Erden
schon dir gelingt!
.Gelingt es dir nicht, dann wirst du, auch
nach dem Ablegen dieses Erdenkörpers,
nicht eher zu dir selbst in deine „Ruhe
kommen, als bis du deine Ruhe in deinem
Gott gefunden hast, geeinter Seelenkräfte
bewußt und ihr all-einiger Wille gewor‐
den...
.Dort” aber kann es gar lange währen,
bevor du soweit bist, denn alsdann kannst du
dein „Karma” nicht mehr verändern, nicht
181 Das Buch vom Lebendigen Gott
verbessern, ‒ und eher wirst du keines
falls dann ewiges Licht in dir erleben, als
bis auch die letzte Folge deiner Ur-Tat
sich erschöpfen konnte. ‒ ‒ ‒
.Indische Weisheit warnt den Menschen,
keinneues Karmazu schaffen, ‒ und
wahrlich ist solche Warnung wahrer Er
kenntnis Frucht!
.Du sollst nur wissen, daß die Mahnung
dich allein vor üblem Karma warnen will! ‒
.Nicht eher kannst du im Reiche des sub‐
stantiellen Geistes deine Er-lösung finden,
als bis der letzte erdverhaftete Impuls der
einstmals von dir ausging, sich erschöpfte.
‒ ‒
.So suche denn mit allen deinen Kräften
dich noch während deines Erdenlebens
deinem Gotte zu vereinen, um aus sei
ner Kraft die Kette deines „Karma” zu
durchschneiden, damit sie nicht einst
durch Aeonen dich gebunden hält...
182 Das Buch vom Lebendigen Gott
KRIEG UND FRIEDEN
.Wer die gestaltenden Kräfte in dieser
Erscheinungswelt der physischen Materie ein‐
mal in ihrer furchtbaren Macht und in
der unfaßbaren Einfachheit ihres uner‐
bittlichen Willensstrebens erkannte, ‒ den
flieht allsobald die Oberflächentäu
schung, als ob das sinnlich faßbare All nur
die Harmonie des Geistes” sichtbarlich
verkörpere. ‒ ‒
.Betrachte die Schlupfwespe, die ihre
Eier in den Leib der lebenden Raupe
legen muß, damit die jungen Wespen durch
den qualvollen Tod der Raupe zum Leben
kommen, ‒ und du wirst für alle Zeit geheilt
sein von solchem Täuschungsglauben! ‒
.Die Sinnenwelt ist Wirkung geistiger
Urkraft in der geistigen Welt.
185 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Um aber als geistige Welt in geistige
Erscheinung zu treten muß die eine ewige
Urkraft sich in unendlichfältigen Aspekten
ihrer selbst in sich reflektieren, und, in
jedem solchen Aspekt als Urseins-Element
erstanden, sich jeweils in ihm solcherart be
haupten, daß jedes eine Element nur sich
selber auszuwirken sucht, so daß ihm alle
anderen Urseinselemente gleichsam leere
Formen sind, weil es sich selbst als Urkraft
nur in sich selber kennt.
.Jeder Aspekt der geistigen Urkraft: ‒ je‐
des „Urseinselement”, ‒ wird somit Ur
sache, daß auch die Erscheinungsform seiner
Auswirkung in der physischen Region
den Trieb erhält, nur für sich selber zu
leben und alle andere Erscheinungsform zur
Erhaltung eigenen Daseins zu verbrauchen.
.In jedem Urseinselement ist Urkraft un
zerteilt, möge es Ursache niederster oder
höchster Erscheinungsform in seiner Aus
wirkung sein.
186 Das Buch vom Lebendigen Gott
.So kommt es, daß auch jede physische
Kraft, jede physische Erscheinungsform
sich zu behaupten sucht, als sei nur ihre
eigene und keine andere Existenz gewollt.
.Die winzige Zelle behauptet nur sich
selbst, auch wenn sie zeitweilig gezwun
gen ist, mit Milliarden ihrer Art gemeinsam
einem höheren Formwillen dienstbar zu
sein, dem ihr Dasein wieder nur insofern
von Wert ist, als er sie braucht und ver
braucht zur Behauptung seiner selbst.
‒ ‒
.Das physisch-sinnlich sichtbare Univer‐
sum ist der äußerste Gegenpol geistigen
Seins.
.Das „Lebendes Geistes bedingt un‐
endlichfältige geistige Gestaltung in ihm
selbst, in Urseinselementen, und deren
Auswirkung wieder bedingt zuletzt die
gleichsam „erstarrte” physische Erschei‐
187 Das Buch vom Lebendigen Gott
nungsform: ‒ unendlich „ausgedehnte
Geisteskraft in einem Zustand des Gebannt
seins, der relativen Ohnmacht, des Ge
bundenseins in starr bestimmten Form
willen...
.Aus dieser ihnen ungemäßesten Form
der Ausdehnung und starren Gebannt
heit in äußerste Spannung aber erheben
sich diese Geistkräfte wieder infolge mäch‐
tigster Anziehung aus der Region höchster
Geist-Seinsform zu neuen, weniger dichten
und starren Formen, bis sie, in unzählbaren
Wandlungen, immer freier werden von Aus‐
dehnungsspannung und schließlich sich em‐
porgerissen fühlen in ihren Ursprungs
zustand im innersten Geistesleben...
.Was wir aber physisch-sinnlich wahr
zunehmen vermögen, sind nicht die Zu‐
standsformen der Urseinselemente, sondern
nur die durch sie erzeugten Kraftwir
kungsresultate...
188 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Innerlich wahrnehmbar jedoch werden
uns die Urseinselemente in einer sehr
hohen Zustandsform, als ‒ unsere „Seelen
kräfte”...
.Dies ist der ewige, ‒ ewig sich er
neuende ‒ Kreislauf des „Lebens” im sub‐
stantiellen, aus sich selbst „seienden” Geiste!
.Sich selbst zur „Nahrung” werdend, senkt
er sich in sich hernieder, um sich wieder zu
erheben und aufzunehmen in seine höchste,
jeder starren Formspannung freie Wesen‐
heit. ‒ ‒
.Nur durch dieses „ewige Lebenkann
sich „Gott” im Geiste gestalten, ‒ im gei
stigenMenschen”. ‒ ‒ ‒
.Wäre der Grashalm am Wege nicht,
und nicht der Wurm, der an des Grases
Wurzel frißt, so wärest auch du nicht, und
es wäre der Geist nicht und nicht Gott im
Geiste!!
189 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wäre die Mikrobe nicht, die vielleicht
morgen beginnen mag, deinen Körper zu
zerstören, ‒ dann wäre auch dein Körper
nicht, und nicht deine Seele, und nicht der
Geistesfunke, der sich in dir erlebt!!
.Dann aber wäre auch nicht der Wille des
Geistes, der einst in deinem Geiste als dein
Gott gestaltet war und nun aufs neue sich
zu deinem Gott in dir „gebären” will!!
.Doch so sehr auch die Kräfte im physi‐
schen Universum gegeneinanderwüten in
ihrem Selbstbehauptungsdrang, so kennt Na‐
tur doch keinen „Haß”. ‒
.Es ist töricht, den menschlichen Haß dem
Instinkte der Tiere zu vergleichen, die andere
Tiere zu vernichten streben, weil sie, ‒ wie
jede Form in deren Darstellung sich Ur‐
seinselemente erleben, ‒ allein nur sich
selbst behaupten wollen.
190 Das Buch vom Lebendigen Gott
.„Haß” dagegen ist eine Äußerung mensch
licher hilfloser Ohnmacht!
.Nur in Übertragung menschlicher
Empfindungsweise lassen sich Äußerungs‐
formen des Angriffstriebes gereizter Tiere
mit dem Namen „Haß” belegen, und un‐
schwer läßt sich erkennen, daß jeder im Irr‐
tum ist, der die gleiche Empfindung, die man
beim Menschen Haß nennt, etwa bei Tieren
zu finden glaubt.
.Selbst in die unsichtbaren Bereiche
der physischen Welt hat der Mensch den
Haß gebracht, denn auch seine ärgsten an‐
deren Feinde im physischen Unsichtbaren
vermögen nicht das Gefühl des Hasses zu
empfinden, und ihr dem Menschen feind‐
liches Bestreben geht aus sehr wesentlich
anderen Motiven hervor...
.Die furchtbarsten Unholde im physi‐
schen Unsichtbaren waren ehedem Erden
191 Das Buch vom Lebendigen Gott
menschen, die sich durch ihr Erdenleben
selbstgerichtet” haben.
.So hoch sie ehedem sich geistig erhoben
hatten, so tief sind sie unter den Erbärm‐
lichsten der Erdenmenschen nun gesunken.
.Aeonen können vergehen bevor sie end‐
lich in Vernichtung enden dürfen, ‒ doch
vorher suchen sie zu sich herabzuziehen,
was immer ihrem Haß erreichbar wird...
.Auch diese unsichtbaren Selbstgerich
teten werden nur durch das Empfinden
ihrer Ohnmacht zu ihrem grauenvollen Haß
erregt: ‒
.Macht aber ist die erhabenste Besiege
rin des Hasses...
.Der Mächtige und seiner Macht Bewuß
te, liebt seine Macht, und sie macht ihn all‐
mählich auch zu einem Liebenden.
.Liebe aber duldet keinen Haß!
192 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Je mehr die Menschheit in ihren Einzel‐
gruppen die man „Völker” und „Nationen”
nennt, zum Bewußtsein ihrer Geistesmacht
erwachen wird, desto mehr wird auch der
Haß verschwinden, denn der seiner Macht
Bewußte, beneidet keinen anderen Mäch‐
tigen um seine Macht, ‒ Neid aber ist nur
allzuoft des Hasses höllischer Erwecker...
.Alle Kriege haben den Haß zum Vater,
und der taugt nicht zum Krieger, der nicht
zu hassen weiß. ‒ ‒
.Ihr ruft noch: „Krieg dem Kriege!” ‒
‒ doch ich rate euch, lieber zu rufen:
.Verachtet sei hinfort der Haß!”
.Nur wenn der Haß verächtlich wird,
kommt auch die Zeit, die euch den Krieg
verachten lehrt! ‒ ‒ ‒
.Erst wenn euch Jeglicher verächtlich
ist, der noch durch Menschen-Massen
193 Das Buch vom Lebendigen Gott
mord entscheiden lassen will, was Grund
und Gegengrund vor dem Verstand der
Rechtlichen entscheiden sollte, ‒ erst dann
wird sich der Mensch der Erde seiner „Men
schenwürde” rühmen dürfen!
.Wohl werden in den Meinungen der Men‐
schen immer Gegensätze sich ergeben, denn
auch hier steht Wille gegen Wille, und je
der Wille will allein sich selbst behaupten.
.Aber im Menschengeiste ist der Wille
fähig, sich auch im anderen Willen wieder
zuerkennen, und somit kann der Mensch
bewußt den Ausgleich suchen, der den
Frieden wahrt durch Zucht des Willens,
der dann nicht mehr sich allein nur, son‐
dern auch den anderen Willen will. ‒ ‒ ‒
.Bevor jedoch nicht jeder Einzelne den
Haß in sich vertilgte, wird dieser Weg der
Willenszucht der Menschheit immer nur auf
kurze Strecken gangbar bleiben. ‒
194 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Die Folge werden immer wieder Kriege
sein, bis auch die letzte Spur des Hasses
keine Stätte mehr in einem Menschen
herzen findet. ‒ ‒
.Alle anderen Triebe zum Kriege lassen
sich bei gutem Willen überwinden, die
Wogen des Hasses aber werden auch den
besten Willen in ihre Strudel und Abgründe
reißen...
.Gegensätze und Wettkämpfe zwi
schen Grund und Gegengrund ent‐
wickeln mancherlei Kräfte und fördern flies‐
sendes Leben, ‒ doch müssen sie wahrlich
nicht zum Kriege führen, so wenig wie je‐
mals der Sieger im Spiel seinen überwun‐
denen Gegner erschlagen muß. ‒ ‒
.Ein jeder Erdenmensch aber, der den Haß
in sich zu vernichten sucht, führt damit den
einzigen „gerechten” Krieg, ‒ den Krieg
der Menschenmordkriege einst unmög
lich machen wird! ‒ ‒ ‒
195 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Doch auch der Mordkriege endliche
Überwindung durch den Menschengeist kann
nicht bewirken, daß sich die Gegenkräfte,
die in aller physischen Natur am Werke
sind, zu gleicher Strebensrichtung einen
könnten, denn solche Einung wäre die Ver
nichtung dieses ganzen äußeren Uni
versums...
.Das Reich des „ewigen Friedens”, das
so viele edle Menschen in der Zeiten Folge
heiß ersehnten, wird uns Menschengeistern
erst beschieden sein, wenn wir, ‒ nach die‐
sem Erdenleben, ‒ uns erneut in jenem
Lichte finden, das alles ewig in sich eint,
was einst mit ihm vereinigt war. ‒ ‒ ‒
196 Das Buch vom Lebendigen Gott
DIE EINHEIT DER RELIGIONEN
.In allen religiösen Lehren der Welt fin‐
det sich im Kern: ‒ die letzte Wahrheit,
‒ wenn dieser Kern auch oft gar wunder‐
liche Hüllen trägt...
.Müßig, eitel und belanglos ist es, dar‐
über zu streiten, wo etwa die Wahrheit noch
am reinsten sich erkennen lasse.
.Wer alle Hüllen sorglich zu entfernen
weiß, der wird in allen echten „Religionen”
zuletzt die große Lehre finden vom ewigen
Geistesmenschen, der einst mit seinem
Gott vereinigt war und von ihm ab-ge
fallen ist, weil er in seinemIchvon
seinem Gott sich löste. ‒
.Ein „Weg” wird ihm verkündet, der ihn
wieder aufwärts führt, um schließlich
199 Das Buch vom Lebendigen Gott
seinen Gott aufs neue wieder zu erlan
gen, in sich selbst, im eigenen „Ich”. ‒ ‒
.Da diese Lehre aber viel zu geistig und
viel zu einfach ist, als daß sie dem in kom‐
plizierten Sinnenkult versunkenen Menschen
leichthin faßbar wäre, so band er selbst die
wunderlichsten Ranken um diese letzte, tief‐
ste Wahrheit und Erlösungslehre, bis er vor
lauter Rankenwerk, voll von Früchten ange‐
maßter Wichtigkeit, zuletzt die Wahrheits
lehre selbst nicht mehr zu finden wußte.
‒ ‒
.Er ahnt zwar noch, daß hinter diesem
Rankenwerk und seinen aufgeblähten Früch‐
ten voreinst einmal die Wahrheit sichtbar
war, und darum hängt er noch mit zähem
Eigensinn, den er „seinen Glauben
nennt, an all den Rankenformen, mit de‐
nen er die Wahrheit vormaleinst verhüllte,
‒ von denen er sie völlig überwuchern
ließ...
200 Das Buch vom Lebendigen Gott
.In vielen hohen Lehren alter Religio‐
nen wird man auch immer wieder auf gar
mancherlei Weise verhüllte Kunde finden,
von einigen Geistesmenschen, die nicht
dem Fall ins Finstere erlegen sind, und ir‐
gendwie auf dieser Erde wirken, als hohe
Helfer ihrer Brüder in der Finsternis, um
sie aus ihrer Erdentierheitsfessel wieder zu
er-lösen...
.Die alten religiösen Sagen wissen zu be‐
richten, wie diese Geisteshelfer ihrer Men‐
schenbrüder dann und wann auch sichtbar
in Erscheinung traten, oder wie sie unter
den „Gerechten” ihre Abgesandten wählten,
die ihrerseits in ihrem Erdenumkreis dann
das „Licht” verbreiten sollten unter denen,
die in Finsternis sich ängsteten...
.Es fällt gar oft das Wort von einem
Heiligtum auf hohen Bergen, ‒ vom
Berge des Heils, und von den „heiligen
Bergen, von denen her Hilfe komme...
201 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wohl sind nun zwar solche und noch gar
manche andere hochbedeutsamen Worte in
den heiligen Büchern aller alten Religionen
zu finden, allein man weiß nicht mehr
was sie uns sagen wollen, faßt sie als alle
gorische Redebilder, oder bestenfalls als
symbolisch gemeint, und deutet so das Deut
liche zu selbsterzeugtem Irrtum aus. ‒ ‒
.Aber die Weisheit aller alten Religionen
entstammte ursprünglich nur der Beleh‐
rung des Menschen durch seine geist
verbliebenen hohen Brüder im ewigen
Lichte”...
.Ihre, aus Erdenmenschen erwählten
„Söhne” und „Brüder” im Geiste haben
die eine Wahrheit voreinst in den ver
schiedensten Formen zu fassen gesucht,
um jeder Sonderart des Erdenmenschen in
der ihr gemäßen Weise das „Licht” zu
bringen...
.Ihre helfende Kraft hat alle diese Ver‐
kündungen getragen...
202 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Hier ist die eine „Urquelle” aufgedeckt,
aus der alle alten, echten Religionen der
Erdenmenschheit stammen! ‒ ‒ ‒
.Wo aber sind dieser Religionen heutige
Lehrer, die noch wissen, was sie mit den
Worten alter Texte sagen??! ‒ ‒
.Aber auch heute noch leben wie ehedem
die hohen Geisteshelfer: ‒ unsere nicht‐
gefallenen Brüder, ‒ auf der Erde, geist
gestaltet in urewiger Geistsubstanz,
und auch heute weihen sie wie vor alten
Zeiten in die Dinge geistigen Geschehens
und in die letzte urgegebene Wahrheit ein,
wen sie nach seinem Falle aus dem Lichte
alsbald willens fanden, ihnen „Sohn” und
„Bruder” dereinst zu werden in der Sicht‐
barkeit...
.Der Erdenmensch ist viel zu tief gefal‐
len, als daß er ohne Zwischenstufe den
höchsten, nie gefallenen Geisteshelfern
noch erreichbar wäre. ‒ ‒
203 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Darum vor-bereiten sie die Menschen‐
geister, die ihnen nach der irdischen Geburt,
im Erdenleib verkörpert, solche „Zwischen‐
stufe” bilden können...
.In ihnen und durch sie wirken jene
höchsten Helfer, damit die Menschheit die‐
ser Erde niemals ohne ihre Hilfe bleibe. ‒
‒ ‒
.Es hat keine Zeit gegeben, in der solche
helfende, wirkende Brüder im irdischen
Leibe nicht vorhanden gewesen wären.
.In allen Völkern waren sie zu finden.
.Wer Ohren hat, zu hören, der wird so
manches Wort aus allen Zeiten vernehmen,
das „Fleisch und Blut” nicht hätte offen‐
baren können...
.Wer zur Wahrheit gelangen will, höre
auf solche Worte!
204 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Sie werden ihm manches Geheimnis deu‐
ten, ‒ und manche Hülle entfernen, die sei‐
nem Erkennen noch letzte Weisheit verbarg.
‒ ‒
.Es kostet auch wenig Scharfsinn nur, die
falschen Propheten, die auf den Märkten
schreien und doch so kläglich Weniges zu
sagen haben, von den stillen Wirkenden,
den Brüdern der Leuchtenden des Urlichts,
zu unterscheiden.
.Wo eine neue Sekte, die sich auch stolz
eine neue „Religion” nennen mag, auf ir‐
gendwelchen alten Tempeltrümmern aufge‐
richtet wird, dort dürft ihr wahrlich nie
mals wähnen, die Leuchtenden des Ur
lichts könnten hinter solchem Tun verbor‐
gen sein! ‒
.Weit eher könnt ihr die Fürsten des Ab‐
grunds im Unsichtbaren dieser physischen
Welt: ‒ die Hörigen und Vasallen des „Für‐
205 Das Buch vom Lebendigen Gott
sten der Finsternis”, bei solchen Gründun‐
gen am Werke glauben, auch wenn eitel
Liebe” gepredigt wird und viele salbungs‐
volle, „große” Worte weithin schallen...
.Was aber die Wirkenden des Lichtes
euch zu geben haben, kommt heute, da ihr
euch vor „Religionen” und vor alledem, was
ihr so nennt, kaum mehr erretten könnt,
gewiß nicht als „neue Religion” zu euch!
.Es ist jedoch die gleiche Wahrheit, die
in dem tiefsten Kern der alten, echten Re‐
ligionen schlummert. ‒ ‒ ‒
.Man schält euch nur die Hüllen ab von
diesem Kern, und zeigt euch, was ihr längst
als „Religion” nicht mehr zu deuten wißt,
in neuen, deutbar klaren, eurer und der
Folgezeit gemäßen Bildern, so daß ihr
wieder euch in Ehrfurcht neigen könnt, vor
dem, was alle echten Religionen in sich
bergen. ‒ ‒
206 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Die „nackteWahrheit kann euch auch
kein Leuchtender des Urlichts zeigen!
.Die müßt ihr selbst enthüllen in der
Stille, ‒ in euch selbst. ‒ ‒ ‒
.Nur in euch selbst kann höchstes Wun‐
der sich in Wirklichkeit bezeugen!
.Nur im eigenen „Ich” könnt ihr einst
wiederfinden, was ihr vor eurer Erdenzeit
verloren habt! ‒ ‒ ‒
.Ihr seid nicht nur die mit höherer In‐
telligenz begabten Tiere dieser Erde, als die
ihr euch betrachtet nach eurer äußeren Na‐
tur und eurer Geschichte. ‒ ‒
.In euch ist Tieferes und Höheres ver‐
borgen. ‒
.Ihr seid gewohnt, euch selbst zu meinen
in dem Wörtchen „Ich”.
207 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Noch aber wißt ihr nicht, wasIchist
in euch selbst, ‒ ‒ denn „Ich” ist unend
lich und in unzählbaren Stufen wachen
Seins erlebbar...
.Jede solche „Stufe” wird in aller Ewig
keit stets eine neue, höhere Erlebnisstufe
über sich gewahren...
.Jede solche „Stufe” sieht unzählbar viele
Stufen unter sich, hinab, in tiefste Tiefen
eingebaut...
.Ihr aber lebt noch wie die Tiere, die
dasIchnicht in sich tragen, ‒ wenn
auch euer Leben wohl mit „Wissenschaft
und „Kunst” verbrämt, und euer Dasein
mit Genuß schon reichlich übersättigt ist.
.Wenn ihr euch selbst einmal erkennen
werdet, dann könnt ihr nur mit Grauen und
mit Schaudern noch der Tage euch erin‐
nern, die ihr heute arglos und gar leichten
Sinnes lebt, als ob in ihnen alles Sein für
euch allein beschlossen wäre...
208 Das Buch vom Lebendigen Gott
DER WILLE ZUM LICHT
.Ich weiß, daß Viele diese Worte lesen
werden, denen eine Welt darin sich offenbart,
die ihnen allzufremd erscheint, und die ihr
eigenes, mit Scharfsinn aus-gedachtes, oder
eigensinnig wahr-„geglaubtes” Weltbild
stört, so daß sie feindlich von sich weisen,
was ‒ „nicht ganz von ohngefähr” ‒ sie hier
erreicht.
.Daß sie ihr feindlich gegenübertreten
mögen, wird jedoch die Wirklichkeit wohl
schwerlich hindern, so zu bleiben, wie
sie einmal ist und immer war und sein
muß. ‒ ‒
.Man möge sich nicht täuschen!
.Hier redet kein Phantast, der seine Eksta‐
senträume schildert!
211 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Hier redet kein Poet, der seine Gesichte
beschreiben will!
.Was hier gegeben wird, ist sichere Füh
rung, und jedes Wort ist in tiefster Wirk
lichkeit gegründet!
.Wer diese Wirklichkeit bislang noch nicht
erkennen konnte, kann sie erkennen ler
nen, und der „Weg” zu solcher, alles an
dere „Erkennen” weithin überragenden
und in sich einbeziehenden Erkenntnis
ist ihm hier gezeigt. ‒
.Jeder aber wird guttun, von allem An‐
fang an damit zu rechnen, daß die in diesem
Buche von so mancher Seite her durchlich‐
teten Urdinge geistigen Geschehens, Wirk
lichkeiten sind, ‒ vielwirklicher” als
alles, was der Sprachgebrauch des Alltags
„wirklich” nennt, ‒ und daß sie ihre Wir‐
kung ständig üben, auch wenn der Erden‐
mensch noch nichts von ihnen weiß, ‒
auch wenn er nicht ihr Wirken anerkennen
möchte...
212 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Gewiß wird das für manchen, der hier
nun von diesen Dingen hört, auch Konse
quenzen nach sich ziehen, allein, er nutzt
ja nur sich selber, wenn er die „Wirklich‐
keit” an sich erkennen lernt und daraufhin
gewiß nicht mehr im Zweifel bleibt, daß das,
was er bisher sein „Weltbild” nannte, eben
nur ein Trugbild war, auch wenn es ihm
sehr „wahr” erschien, da er dem Außen
Schein vertraute, ‒ auch wenn er seines
Denkens Spiegelungen schon vom Inner
sten heraus erleuchtet glaubte. ‒ ‒ ‒
.Stillstand ist Rückschritt” sagt ein
Sprichwort, ‒ aber in Wahrheit ist Stillstand
viel schlimmer als Rückschritt, denn auch
Rückwärtsschreiten kann zu neuen Wer
ten führen, die niemals der erlangt, der zu
gemächlich oder auch zu eigensinnig ist, sei‐
nen „Standpunkt” aufzugeben um des Su‐
chens willen, ‒ ‒
213 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wer aber den Rückschritt fürchtet, hat
zugleich auch allen Grund, dem Fortschritt
nur mit einigem Argwohn zu vertrauen...
.Es gibt keinen unbegrenzten Fort
schritt hier auf Erden!
.Alle menschliche Entfaltung ist dem
Gesetze der Wellenbewegung unterwor‐
fen! ‒
.Die Menschen dieser heutigen Tage haben
vieles Wissen und Können verloren, das
einst ihre fernen Vorahnen „unverlierbar
glaubten, ‒ und dort, wo jene Ahnen nur
sehr weniges wußten, nur sehr weniges
konnten, hat man heute hohes Wissen und
Können erreicht.
.Nur duldet die Natur kein Stille
stehen!
.„O, daß du warm wärest, oder kalt
Da du aber lau bist, will ich dich ausspeien
aus meinem Munde!”
214 Das Buch vom Lebendigen Gott
.So hat das ewige „Gesetz” noch zu allen
Zeiten gesprochen, und auch heute hat es seine
Worte nicht geändert...
.Wer geistig im Dunkel bleibt, der hat
noch nicht den Willen zum Licht!
.Er „möchte” wohl im Lichte sein, von
dem er Andere reden hört, ‒ allein er will
noch nicht!
.Sobald er wahrhaft will, ist auch der
„Weg” bereits beschritten, der zum Lich‐
te führt! ‒
.Ist dir des Geistes Licht ein „Wert” für
den du alle deine Kraft zum Einsatz brin‐
gen willst, dann wirst du sicher auch dem
Lichte dereinst nahen können!
.Solange freilich noch dein geistiges Auge
unter einer dichten Decke liegt, wirst du un‐
möglich „sehen” können!
215 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Dein Wille nur, ‒ nicht dein
Wunsch”, ‒ kann diese dicke Decke ent
fernen! ‒ ‒
.Wenn du den Willen zum Lichte in dir
trägst, wirst du gewiß zum Lichte gelangen,
‒ ob du ihm nun als Mensch der kühlen
Vorsicht, oder als ein heiß Erglühender dich
nahen magst. ‒ ‒
.Nur halbes Wollen führt dich nicht
zum Ziel!
.Es ist in allen Weltenräumen und über
allen Sternen kein äußerer Gott für dich
erreichbar, der deine lahmen Bitten hören
würde...
.Du mußt dir selber helfen wollen,
willst du, daß dein Gott, der nur in dir
selber dir erreichbar ist, dir hohe Hilfe
sende, nach der urbestimmten Ordnung die
in ihm geordnet ist! ‒
216 Das Buch vom Lebendigen Gott
.In deinem „Ich” ist alles Sein beschlos‐
sen, und allen Schein erschaffst du dir nur
selbst und unbewußt aus Kräften deines
Ich”. ‒ ‒ ‒
.Du hast dich selbst vor deiner Erdenzeit
von deinem Gott getrennt, als du ihn nicht
mehr in deinem „Ich” erkanntest, weil du
dich selber suchtest, wo ‒ dein Gott allein
zu finden war...
.So wurde „Gott” dir ein „Anderer
und du ihm „fremd”. ‒ ‒ ‒
.Nun spaltest du dein „Ich” für deine
Vorstellung, und es scheint dir ein „höhe
res” wie ein „niederes” „Ich” in dir ver‐
borgen, da du den Umfang deines ungeteil‐
ten, unteilbaren einen „Ich” nicht kennst. ‒
.Es ist jedoch keinhöheres” und kein
niederes” Ich in dir, aber in deinem einen
„Ich” ist alle Unendlichkeit verborgen,
und es umfängt die tiefste Tiefe, wie die
höchste Höhe in der Geisteswelt...
217 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Du selbst mußt wählen, ‒ und du
wählst” hier nur durch Tat, ‒ was du
dir selber offenbaren willst in deinem
Ich”...
.In deiner eigenen Unendlichkeit, ‒ im
Mittelpunkte des von deinem „Ich” um‐
faßten Seins, ‒ wird dir aufs neue dann
dein Gott „geboren” werden! ‒ ‒ ‒
.Auch dann wirst du zuerst ihn noch als
anderes Sein empfinden, bis du sodann er‐
kennst, daß er dich selbst in deinem
ganzen ungeteiltenIchumfaßt. ‒
‒ ‒
218 Das Buch vom Lebendigen Gott
DIE HOHEN KRÄFTE DES ERKENNENS
.Ihr glaubt an euren „Fortschritt” und
bemerkt nicht, daß ihr euch zumeist im
Kreise dreht. ‒ ‒
.Ruhelos seid ihr bestrebt, alles zu zer
fasern, alles zu zersplittern, alles zu zer
spalten, ‒ und da sich gewiß nicht leug‐
nen läßt, daß ihr auf solche Weise manches
Wissen euch erworben habt, so scheint es
euch gewiß zu sein, daß euer Tun dereinst
zur Lösung aller Rätsel dieser sinnlich faß‐
baren Natur euch führen müsse.
.Aber: ‒ alles Zerspaltene wird sich ins
Unendliche weiter zerspalten, alles Zersplit‐
terte ins Unendliche weiter zersplittern las‐
sen, und immer wieder werdet ihr entdecken,
daß sich aus dem, was ihr in seine letzte Fase‐
rung zerfasert glaubt, noch neue Fasern lö‐
sen lassen...
221 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Hier ist die Grenze eures Forschens nur
durch erdenhaft bedingtes Unvermögen, wei
ter zu zerspalten, weiter zu zersplittern, wei
ter zu zerfasern, festgesetzt. ‒
.Der Zwang des Aufhörenmüssens be
stimmt eure Forschungsresultate!
.Ich weiß wahrhaftig, was die Menschheit
solcher Art des Forschens dankt, und ferne
liegt es mir, die Weise eures Denkens hier
etwa zu schmähen.
.Allein, ‒ ich sehe auch die Schatten
seite solchen Tuns und sehe, daß ihr euch
durch eure Forschungsresultate blenden
laßt, wodurch ihr einer anderen und wahr‐
lich wichtigeren Art des Forschens mehr
und mehr euch selbst entrückt...
.Ihr habt auf eure Weise Staunenswertes
schon entdeckt, Bewunderungswürdiges er
funden.
.Das aber sollte euch nun nicht verführen
zu dem allzusicheren Überglauben, daß
222 Das Buch vom Lebendigen Gott
sich so auch einstens zur Erkenntnis kom‐
men lasse, in Bereichen die für alle Ewig
keit mechanischer Zerlegung spotten
und mit keinem Instrument zu fassen
sind. ‒ ‒
.Wenn euch die kleinsten Teilchen eines
physischen Gebildes endlich faßbar wurden,
so ist gewiß die Möglichkeit errungen, daß
der Verstand nun aus mechanischen Gege‐
benheiten seine Schlüsse ziehen, und daß so
letzten Endes sich Bedeutsames für unser
äußeres Erdenleben finden, entdecken und
er-finden lassen kann.
.Jedoch des so enträtselten Gebildes ur
sprünglichste Wesenheit ist euch so fremd
geblieben wie zuvor. ‒ ‒
.Alle Anerkennung eurer Arbeit und den
Resultaten, die sie reifen lassen kann; allein
‒ dem „Ding an sich” seid ihr nicht nä
her, auch wenn ihr alle Dinge dieser Sicht‐
barkeit in ihren allerkleinsten Teilchen,
223 Das Buch vom Lebendigen Gott
und dieser Teilchen wundersame Anord
nung erkennt, ‒ wenn ihr um jede Wir
kungsweise dieser Teilchen wißt und ihre
Kräfte so zu dirigieren lernt, daß sie nach
eurem Willen wirken müssen...
.Nicht unter dem Mikroskop ist das „Ding
an sich” zu finden, und niemals wird ein
Fernrohr euch verraten, was ein fernes Welt‐
gebilde „in sich selbst zusammenhält”. ‒
‒ ‒
.Der Trieb zum Forschen ist euch einge‐
boren und erheischt Befriedigung.
.Ihr habt jedoch nur das feinereTier
an euch mit der Arbeit des Forschens be‐
traut, und laßt die hohen Kräfte eurer
Seele, die euch hier dienen könnten, acht‐
los in euch im Dämmerdunkel, ohne sie zu
entwickeln...
.So baut sich das „feinere Tier” nun seine
Denkvehikel und sichtbaren Instrumente,
224 Das Buch vom Lebendigen Gott
um euer Denken und Forschen ins Unend‐
liche zu verbreitern, ‒ doch eure Resul‐
tate führen nur zu neuen Fragen, vor denen
ihr dann ratlos stehenbleiben müßt...
.Wohl aber gab es in der Vorzeit Men‐
schen, denen eure Art zu forschen nur als
Torheit galt, und die mit ihren höchsten
und in sich geeinten Seelenkräften, ohne
euren Apparat die letzten, tiefsten Fragen
lösten. ‒ ‒
.Sie fanden hin zum Grunde aller
Gründe, ‒ doch ihrverbreitert nur
die Oberfläche. ‒ ‒ ‒
.Ihr wißt von allen Dingen klug zu sagen,
wieso sie also sind wie sie sich zeigen, wes
halb ihr Wirken einmal sich ergibt, ein
andermal versagt, und manches Andere
mehr, ‒ doch niemals dringt ihr zu den
letzten Gründen vor, denn was ihr „Gründe”
nennt, sind immer nur die Wirkungen von
225 Das Buch vom Lebendigen Gott
Ursachen, und hinter diesen liegen erst
die wahren Gründe, die keiner von euch
aus Erfahrung kennt...
.Die Kräfte der Seele aber, ‒ wenn ihr
sie aus eurem „Ich” heraus beherrschen
lerntet, wie sie beherrscht sein wollen, ‒
werden euch auch die letzten Gründe er‐
hellen, denn sie sind mit ihnen gleicher
Art, wenn auch nicht gleicher Wirkungs
form...
.Erweisbar wird diese Art von „Grün‐
den” freilich jenen nur, die selbst bereits
der Seele Kräfte zu gebrauchen wissen, ‒
während eure Beweise immerhin leichter
zu erlangen sind, obwohl sie auch nur dem
verstehbar werden, der die Voraussetzungen
sich erworben hat, auf denen die Beweise
eurer Art beruhen.
.Jede Kraft wird nur entwickelt durch
Betätigung.
226 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wenn ihr daher eurer Seele Kräfte nicht
schon in kleinen Dingen anfangs zu benüt
zen wißt, werden sie niemals so erstarken,
daß sie euch ihre hohen Wunder offenbaren
können.
.Es gibt hier vieles zu erkennen, was
wahrlich lohnen würde, daß ein Mensch sein
Leben lang, und wenn es hundert Jahre hier
auf dieser Erde währen sollte, darum dient...
.Doch müßt ihr erst einfach werden wie
die letzten Dinge selbst es sind, bevor sich
das Einfachste euch entschleiert...
.Ihr seid im Denken viel zu kompli
ziert geworden, als daß ihr ohne „umzu‐
lernen”, Wirkliches im tiefsten Sinn er
fassen könntet. ‒ ‒ ‒
.Hier möge euch die allen zugängliche ir‐
dische Erfahrung Belehrung bieten:
.Vieles erschien euch vor noch nicht lan‐
ger Zeit als „wüster Aberglaube”, ‒ bis
227 Das Buch vom Lebendigen Gott
euer eigenes Forschen euch erkennen ließ,
daß solchem Aberglauben doch ein Erken
nen zugrunde lag, das euch vorher ver
schlossen war, während sehr einfach
denkende Gehirne es zu erreichen wuß‐
ten. ‒ ‒
.Jeder wird Beispiele genug zur Verfügung
haben, so daß ich es wohl unterlassen kann,
hier solche aufzuführen.
.So ist auch vieles heute noch in Sage
und Mythe, im Glauben der Völker, und
selbst in manchem ausgesprochenen „Aber
glauben” des Volkes verborgen, was einer
späteren Zeit dermaleinst als reifste Er
kenntnis zutagetreten wird. ‒
.Daß es heute noch nicht von denen er‐
kannt wird, die es „wissenschaftlich” auf
ganz anderen Wegen suchen, liegt an der
ungeheuerlichen Kompliziertheit unse‐
res landläufigen, „berufsmäßigen” Denkens,
das sich zu einfachen Vorstellungen nicht
228 Das Buch vom Lebendigen Gott
mehr bequemen will, weil es sich nicht mehr
dazu bequemen kann, ohne den allergröß
ten Teil seiner einstigen Schulung, ‒ und
sei sie auf einer „Volksschule” nur erfolgt,
‒ zu vergessen. ‒ ‒ ‒
.So sind denn viele Dinge äußerem For‐
schen oft wie „versiegelt”, und mühsam
nur wird weniges davon erkannt. ‒
.Den Kräften der Seele aber, sofern sie
genugsam entwickelt sind, kann nichts
von alledem verborgen bleiben.
.Es steht bei euch, ob eure Enkel erst in
späteren Tagen, und gezwungen sich den
Tatsachen die ihr erkennen könntet, beu‐
gen sollen, oder ob ihr ein Wissen ihnen
hinterlassen wollt, das sie nicht erst berich
tigen müssen...
.Auch jede, in Sage und Aberglaube
versunkene Wahrheitskunde stammte in
ihrem Ursprung einst von Menschen, die
229 Das Buch vom Lebendigen Gott
ihrer Seele Kräfte zu gebrauchen wußten,
aber das innere Dunkel in denen, die nach
ihnen kamen, ließ diese nicht mehr erfas
sen, was gegeben war, so daß die ursprüng‐
liche Wahrheit bald mit wildem Unkraut
wirrer Tagesträume überwuchert war, und
nun kaum noch aus der Überwachsung rein
hervorzulösen ist. ‒
.Beharrliches und vertrauensvolles Suchen
in der Seele wird aber jedem Suchenden den
gleichen Brunnen öffnen, aus dem einst die
Weisen ferner Vorzeit in sich schöpften,
so daß er alsdann mit aller Klarheit in sich
besitzt, was unter der Überwucherung des
Aberglaubens kaum noch zu erkennen ist,
was ihm aber dann, aus eigenem Wissen her
erkennbar wird. ‒ ‒
.Doch, ohne beharrliches Suchen im eige‐
nen Innern, ‒ mit gleichem Mute und
gleicher Ausdauer geführt, wie ihr heute
noch nach Außen sucht, ‒ wird euch nie
mals offenbar werden können, was jene
230 Das Buch vom Lebendigen Gott
Kräfte vermögen, die in euch selbst ver‐
borgen sind. ‒ ‒
.Ihr seid Bewahrer höchster „Wunder
kräfte”, ‒ derweil ihr euch im Äußeren
bemüht um dürftigen Gewinn!
.Die hohen Kräfte des Erkennens, auf die
ich hier den Sinn zu lenken suche, sind in
jedem Menschen, ‒ allein sie schlafen einen
tiefen Schlaf, bis sie der Eigner in sich selbst
erweckt und seinem Willen eint...
.Die meisten Menschen rüsten sich zum
letzten Schlafe, ohne je auch nur geahnt zu
haben, welche Schätze ihre Seele ihnen
bot...
.Wohl dem, der ihre Kräfte des Erkennens
noch zur rechten Zeit in sich zu wecken weiß!
.Er wird sein wahres Leben hier schon
auf der Erde finden und sein Unsterb
liches schon hier im Sterblichen erken
nen. ‒ ‒ ‒
231 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Das aber ist aller geistigen Belehrung
Endzweck, denn was sollte es nutzen, hier
von Geistigem zu reden, das uns ewiglich
erhalten bleibt, ‒ wäre dieses Geistige der
inneren Erlebensfähigkeit des Erdenmen‐
schen so entrückt, daß er es während seines
Erdenlebens doch nicht fassen könnte! ‒ ‒
.Nur das, was hier im Irdischen uns
schon Erlebnis wurde, kann uns geleiten,
und uns neues Leben deuten, wenn wir dieses
Irdische dereinst verlassen werden!
232 Das Buch vom Lebendigen Gott
VOM TODE
.Wir stehen hier vor dem dunklen Tore,
durch das die Menschen schreiten müssen,
wenn sie dauernd von der Erde scheiden.
.Vieles wurde dir verheißen, und vieles
wurde dir angedroht, was hinter diesem
Tore liegen soll.
.Ich weiß nicht, welcher dieser Lehren
du deinen Glauben schenken magst?
.Alle aber werden, ‒ durch alltägliche Er‐
fahrung gezwungen, ‒ in dem einen Punkte
einig sein, daß niemals du in diesem dei
nem heutigen Erdenkörper wiederkehren
kannst, sobald du ihn einmal verlassen hast. ‒
.Viele sagen dir, du würdest wiederkom
men in einem neuen Leibe, zu einer spä
235 Das Buch vom Lebendigen Gott
teren Zeit, und sie haben sich herrliche „Re‐
geln” erdacht, nach denen sich die Zeit
deiner Wiederkehr in einen Erdenleib be‐
stimmen soll.
.Andere lassen dich mit dem Tode deines
Erdenleibes auf immer vernichtet sein, da
sie dem Augen-Schein allein vertrauen, der
ihnen nach dem Tode eines Erdenmenschen
nur eine starre „Leiche” zeigt, und daneben
nichts aus dem sie schließen könnten, daß
dieser Mensch noch irgendwie im Leben sei.
.Es irren beide Glaubensweisen!
.Du selbst kehrst schwerlich wieder, aber
niemand weiß, wie viele deiner Seelenkräfte
du dereinst, mit dir vereinigt, dir erhal
ten kannst, wenn du aus diesem Erdendasein
scheidest.
.Die du hier dir nicht geeinigt hast, wirst
du verlassen müssen, gleich dem Körper
dieser Erde, und so wie dieses Erdenleibes
236 Das Buch vom Lebendigen Gott
dann aus ihrer zeitweiligen Form gelösten
Kräfte alsbald in andere Lebensformen über‐
gehen, so werden auch die von dir zurückge‐
lassenen Seelenkräfte sich einen anderen
Bereich ihrer Wirksamkeit suchen in einem
Erdenmenschen.
.Auch in dir sind heute viele Seelenkräfte
am Werke, die einst in anderen Menschen,
vor deiner Erdenzeit, wirkten.
.So könnte man die Erdenmenschen mit
Fug und Recht unterscheiden, in „seelisch
Jüngere” und „seelisch Ältere”, je nach
der Zeitdauer, die ihre Seelenkräfte bereits
in früheren Menschen am Werke sah...
.Unter den Menschen, die heute zu glei‐
cher Zeit auf Erden leben und die gleiche
Anzahl Jahre zählen seit ihrer irdischen Ge‐
burt, gibt es viele mit weit „jüngeren
Seelenkräften als sie der Mehrzahl eigen sind,
und ebenso nicht wenige mit weitaus „älte
ren” Seelenkräften...
237 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Jeden dieser Sonderfälle wird man schon
im äußeren Leben daran erkennen können,
daß der betreffende Mensch überraschend
anderes empfindet als die größte Zahl seiner
Mitmenschen und Altersgenossen, ‒ daß er
gleichsam aus seiner Zeit „herausfällt”,
und entweder Neigungen zeigt, die einer
kaum vergangenen Zeit entsprochen haben
würden, oder solche, die einer lange zu
rückliegenden Kulturepoche gemäß sich
auszuwirken suchen, was nicht ausschließt,
daß beide Arten in der ihrem Erdenleben
gegebenen Zeit durchaus dieser Zeit gemäß
zu wirken, und ihr oft hohe Werte zu ver‐
mitteln wissen...
.Die Fülle der Kräfte, die jeweils deine
„Seele” bilden, wechselt immerdar, solange
du im Erdenleibe lebst.
.Bald sind es mehr, bald weniger See‐
lenkräfte, die in dir wirken...
238 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Du wirst auch kaum einen von dir als
seelisch nahestehend” empfundenen
Menschen durch den Tod für diese Erden‐
zeit verlieren, ohne ein „Erbe” seiner See‐
lenkräfte zu empfangen, ‒ denn außeror
dentlich selten sind jene Menschen, die
alles, was sie an Seelenkräften in sich zur
Wirkung kommen sahen, in sich geeint,
und selbst vereint mit ihrem Gott, in ihr
nachirdisches Leben mit „hinüberneh‐
men” können...
.Die meisten, der Erde „Sterbenden”,
lassen ein reichliches „Erbe” zurück. ‒
.r das geistige Auge ist deine „Seele”
eine leuchtende, lebendigeWolke”,
aus unzählbaren strahlendenPunk
ten”: ‒ deinen Seelen-Kräften, ‒ gebildet,
und diese Lichtwolke ist in steter Verände
rung, solange du auf Erden lebst...
.Aber nicht die gewaltige Fülle deiner
Seelenkräfte macht den „Reichtum” deiner
239 Das Buch vom Lebendigen Gott
Seele aus, sondern die Einigung der in dir
tätigen Seelenkräfte in deinem „Ich”, in
deinem geistgezeugten Willen. ‒ ‒
.Du wirst dir nur jene Seelenkräfte zu
dauerndem Besitz erhalten, die du in dir
geeinigt haben wirst, wenn deine Stunde
des Abschiedes von diesem Erdenleben
kommt...
.Hast du dich nicht auf Erden hier mit
deinem Gott vereinigt, dann wirst du auch
nach deines Erdenkörpers Tod noch
nicht mit ihm vereinigt sein!
.Du wirst dann als „Ich” im allumfassen‐
den Geiste leben, in deiner substantiellen
geistigen Form, und je nach dem, was du
im Erdenkörperleben dir an Geistigem er‐
wirktest, wird diese Form gebildet sein, und
wirst du Macht besitzen, in ihr dich auszu‐
wirken...
240 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Unter hoher Leitung wirst du weiter‐
schreiten auf deinem „Wege”, bis sich der‐
einst dein Gott in dir gestalten kann...
.Aber es wird alsdann die Zeit bis zu die‐
ser Vereinigung wie eine „Ewigkeit” er‐
scheinen, denn auch im geistigen, erdenkör
perfreien Sein gibt es ein Entsprechendes,
wie hier die Empfindung des Raumes und der
Zeit...
.Es fehlt dir dann jedoch die Macht, dein
dir verbliebenes Seelenkräftereich, in dem,
und durch dessen Auswirkungsgegebenheiten
allein dein geistiges Erleben möglich wird, ‒
weiterhin nach deinem Willen zu wandeln..
.Du mußt mit dem, was du dir während
deines Erdenlebens an Seelenkräften zu ei
nen wußtest, nun ewig dich bescheiden...
.Dennoch wird niemals ein menschliches
Ich”, auch wenn es noch so arm an See
lenkräften einging in das Leben des Gei
stes, um in ihm seinen „Weg” zu Gott zu
241 Das Buch vom Lebendigen Gott
vollenden, auch nur die leisesteSehn
suchtempfinden, wieder zurückkehren
zu können in das Erdenkörperleben, ‒
einerlei, was es in ihm zurücklassen mußte...
.Aber es gibt ein solches, verändertes
Wiederkommen, ‒ jedoch nur in drei be‐
sonderen Fällen:
.Für jene, die es als Folge ihres üblen
Wirkens im Erdenleibe zu erdulden ha‐
ben...
.Für solche, die ihren Erdenleib am
Weiterleben und Erleben hinderten, da
sie vermeinten, durch den Tod sich einer un‐
ertragbar erscheinenden Qual, oder irgend‐
welchen Nöten, entziehen zu können...
.Und endlich für solche, deren Erden‐
lebenszeit zu kurz war, als daß sie schon ir‐
gendwelche Seelenkräfte sich im Willen hät‐
ten vereinen können, so daß sie unfähig
bleiben müßten, geistiges Erleben zu er‐
reichen, würde ihnen die Möglichkeit zur
242 Das Buch vom Lebendigen Gott
Erlangung von Seelenkräften, wie sie das
Erdenleben allein zu bieten hat, nicht ein
zweitesmal geboten...
.Der gleiche Grund ist auch entscheidend
für die beiden ersten Kategorien, allwo
entweder ein „Ich” in Frage kommt, das
auch in ausreichendem Erdenleben kei
nerlei Seelenkräfte sich zu einen vermochte,
da das Tierhafte seines Trägers auf Erden
solchen Willen erstickte, ‒ oder ein „Ich”,
das alle, ihm schon geeinten Seelenkräfte
preisgab in dem Moment, in dem es dem
Gedankenzwang erlag, seinen irdischen
Träger, als seinen, ihm zur Zeit gegebenen
Selbstdarstellungs-Organismus, vernichten
zu müssen...
.Den Menschen, für die ich diese Beleh‐
rungen hier niedergeschrieben habe, mag es
genügen, nun zu wissen, daß sie nur durch
eigene Schuld dahin gelangen können, die
Nöte des Lebens im tierhaften, allen phy‐
sisch-materiellen Einwirkungen ausgesetzten
243 Das Buch vom Lebendigen Gott
Erdenleibe ein zweitesmal erdulden zu
müssen...
.Daß aber die allzufrüh durch unerbitt‐
liche physische Gesetze um ihren irdischen
Selbstdarstellungs-Organismus gebrach‐
ten Menschengeister ihn ein zweitesmal,
‒ und wenn auch dies durch physische Ge‐
setzauswirkungen umsonst gewesen wäre,
selbst mehreremale wiedererlangen kön‐
nen, was gegebenenfalls auch für die bei
den ersten Kategorien zutrifft, ‒ wird je‐
der, der nun zu ahnen beginnt, was das Er‐
denleben für die „Rückkehr” des einst „ge‐
fallenen” Menschengeistes bedeutet, nur als
die notwendige Auswirkung der Liebe, die
alles Geistige, auch wenn es tief gefallen
ist, umfaßt, in seinem Herzen voll Dank
empfinden können...
.Möge jeder, der diese Worte liest, sie in
sich bewahren, und stets mehr und mehr
alsdann erkennen lernen, daß ihm sein Er
dendasein die unerhörte Macht verleiht,
244 Das Buch vom Lebendigen Gott
sein weiteres Schicksal selbst zu be
stimmen!
.Wie diese Macht auf rechte Weise zu ge‐
brauchen ist, wird in diesem Buche gezeigt.
.Es sorge sich aber keiner um die der Erde
Gestorbenen, die „hinübergingen” ohne be‐
reits in ihrem Erdenleben soweit gelangt zu
sein, daß sich ihr Gott in ihnen „gebären”,
‒ daß sie sich mit den ihrem „Ich” geein‐
ten Seelenkräften ihrem Gotte vereinen
konnten!
.Auch sie umfaßt wahrlich die ewige
Liebe!
.Sie finden an allen, die jemals zur Ver‐
einigung mit ihrem Gott gelangten, ihre
getreuesten Helfer, denn alle Seelenkräfte
„berühren” sich im Reiche des substantiellen
Geistes, und was die Geeinten in Gott auf
Erden schon erlangten, und was sie im
Geiste erlangen, das „leiten” diese Kräfte
weiter auch zu ihnen, denen ihr Gott noch
nicht im „Ich” „geboren” ward! ‒ ‒ ‒
245 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Zugleich aber wird diese Hilfe geleitet
durch die Niegefallenen, die im Reiche
des Geistes in gleicher Weise die einst ge‐
fallenen Menschengeister zurück ins Ur
licht führen, wie schon hier auf Erden,
wo immer sie dem Willen zur Rückkehr
begegnen...
.Strebe du danach, dein höchstes Ziel
schon hier auf Erden zu erreichen, aber
ängstige dich nicht um jene, die es hier
noch nicht erreichen konnten!
.Du kannst ihnen jedoch auch deine Hilfe
bieten, wenn du voll lebendiger Liebe
ihrer gedenkst! ‒ ‒ ‒
.Sie alle werden einst in ihrem Gott mit
dir vereinigt sein....
.In dir wirst du, ‒ vereint mit
deinem Gott, ‒ einst allen bewußt ver
einigt sein, die du umfassen kannst in
deiner Liebe! ‒ ‒ ‒
246 Das Buch vom Lebendigen Gott
VOM GEISTE
.Ihr lebt in einer Welt, der „Geistiges”:
Verstandesarbeit ist.
.Was diese Welt als „Geist” bezeichnet,
ist Begriff und Denken, ‒ oder gar: ‒
die Virtuosität, durch schnell gefundenen
Gedanken das Entlegene in frappierenden Zu‐
sammenhang zu bringen. ‒
.Dem „Geiste” aber, der als substantielle
Wirklichkeit die Welt durchleuchtet, ist
alles, was die Menschen dieser Tage „Geist”
benennen, ‒ nur bloßes Werkzeug irdisch‐
allzuirdischen Erkennens...
.Die Welt in der ihr lebt, weiß nur noch
von dem „Werkzeug”, und glaubt in ihm
das „Werk” zu haben. ‒ ‒
249 Das Buch vom Lebendigen Gott
.So wurde euch der „Geist der Welt
zum Blender eures „Seelen-Auges”!
.Es wird schwer sein, ihm, der euch nun‐
mehr beherrscht, und hinführt, wohin er
euch führen will, noch Widerstand zu lei‐
sten! ‒ ‒
.Der Geist, der selbstbewußt in seinem
eigenen Lichte lebt, ist nichts Verschweben‐
des, nichts, was sich nur im frommen Glauben
fühlen läßt.
.Er ist nicht nur so „wirklich”, wie ein
Baum, ein Stein, ein Berg, ‒ ein Blitz, der
aus der Wolke niederfährt, sondern in ihm
allein kann unser irdischer Begriff der
Wirklichkeit” erst seine irdisch nicht
zu findende vollkommene Entsprechung
fassen...
.Wenn schon kein Ding von relativer
Wirklichkeit durch eines Menschenhirnes
Vorstellung von ihm an sich verändert
250 Das Buch vom Lebendigen Gott
wird, ‒ wie wollt ihr wähnen, daß die ab
solute Wirklichkeit nach eurem Wahn sich
wandeln könne!?!
.Die Bilder eurer Vorstellung berühren
nicht einmal das kleinste Erdending im
Grunde seines Daseins, und so auch läßt
der Geist der Ewigkeit sich wahrlich nicht
von dem berühren, was ihr als „Geistbe
nennen möget, solange ihr sein substan
tielles Sein noch nicht in euch erfassen
könnt...
.Ihr werdet nun heute vielleicht und in
dieser Stunde die Wahrheit meiner Worte
zu erkennen glauben, ‒ morgen aber schon
betört euch wohl aufs neue der „Geist” die
ser Welt. ‒
.Ihr werdet ihm, heute entrinnen wol‐
len, um den wirklichen Geist zu suchen,
aber ich fürchte, ‒ morgen schon werdet
ihr wieder vom „Geistder Gehirne ge‐
blendet sein. ‒ ‒
251 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Ihr werdet heute wohl vom Sein des
substantiellen Geistes etwas zu erahnen
glauben, ‒ aber schon morgen befällt euch
doch wieder Kleinmut und Zweifel, und
ihr gebt die Mühe auf, zu suchen, was ihr
heute fast schon „greifbar” glaubtet. ‒ ‒
.Noch immer habt ihr so gehandelt,
wenn einer euch vom Geiste sprach, der
von dem Geiste, der das All durchleuch
tet, reden durfte, da er in ihm lebte, und
der daher aus eigenem Erfahren ihn
bezeugen konnte. ‒
.Vielleicht aber, ‒ gibt es doch einige
unter euch, die ernstlich bereit sind, alle
ihre Kräfte einzusetzen, um eines Tages
selbst die Wirklichkeit von der ich rede,
in ihrer unsagbar erhabenen und gewaltigen
Einfachheit zu erfassen?! ‒
.Zu denen will ich mich wenden, denn nur
ihnen können meine Worte von Nutzen
sein. ‒
252 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Euch, die ihr entschlossen seid, dem
„Geiste” der Gehirne fürderhin nur noch
zu geben was das Seine ist, damit er nicht
um das Erkennen urewigen, wesenhaf
ten Geistes euch betrügen könne, ‒
euch sage ich nun hier erneut, damit ihr es
in eure Herzen hämmert:
.Geist ist nichts Erdachtes!
.Geist ist nicht die Kraft des Denkens!
.Geist ist substantielles, aus sich sel
ber seiendes, lebendiges Licht!
.Alle Unendlichkeiten sind erfüllt von
diesem Geiste und alles lebt aus ihm, aber
der Erdenmensch kann ihn nirgends finden,
außer: ‒ in sich selbst. ‒ ‒ ‒
.In euch selbst ist und lebt er, seiner selbst
bewußt, wie er im unendlichen All seiner
selbst bewußt das All durchlebt!
.Er ist nicht in euren Gehirnen allein,
oder nur in eurenHerzen”!
253 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Der Körper des Erdenmenschen ist zwar
tierischer Art, aber dieses Tierische birgt
geheimnisvoll in sich einen geistigen Or‐
ganismus...
.Ihr selbst seid „Tempel” des Geistes, und
in jedem Glied an euch, wie in jedem
inneren Organ steht ihm ein heiliger
Schrein auf unsichtbarem Altar...
.Bevor ihr daher nicht im ganzen Kör
per, von den Zehen bis zum Scheitel, euch
selbst empfindet, werdet ihr niemals den
Geist empfinden können, nie vermögen, mit
eurem Gotte euch zu einen!
.Dieses Selbstempfinden, durch den gan‐
zen Körper, der in sich ein Heiligtum des
Geistes birgt, muß eure vornehmlichste Auf‐
gabe sein, und sie ist bereits in allem einbe‐
griffen, was ich bisher zu sagen hatte, wenn
auch in anderer Weise davon die Rede
war. ‒ ‒
254 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Hier will ich im besonderen davon
sprechen!
.Ihr müßt bewußt zu werden trachten,
nicht nur im Gehirn, ‒ nicht nur im
Herzen”!
.Bewußtsein lebt in euch vom Inner
sten bis zum Äußersten eures Körpers, ‒
ja selbst in jeder seiner Zellen, ‒ allein es
ist noch nicht vereint mit eurem Selbst-Be‐
wußtsein...
.Doch wenn ihr wollt, und standhaft
bleibt in eurem Streben, dann könnt ihr nach
und nach in jedem Teil des Erdenleibes das
ihm eigene Bewußtsein finden und eurem Ich‐
Bewußtsein so vereinen, daß ihr dann nicht
mehr ‒ nur im Kopfe, und da selbst
doch nur im Gehirn, ein wenig um euch
selber wißt. ‒ ‒ ‒
.Hütet euch aber, eure Nerven zu er‐
regen und zu überreizen, ‒ denn diese Art
255 Das Buch vom Lebendigen Gott
„Bewußtsein” eures ganzen Leibes kennt ihr
alle längst schon viel zu gut! ‒
.Wer nicht bei jedem Fortschritt auf dem
Wege seelisch ruhiger und klarer wird,
der geht nicht den richtigen Weg! ‒ ‒
.Wollt ihr zum Ziele kommen, dann müßt
ihr in völliger Ruhe des Körpers und
der Seele, der Nerven und der Gedan
ken, ‒ euch in jedem Atom eures Körpers
in eurer Seelen-Natur, als „Seele” dieses
Atoms zu empfinden trachten, um die Ur
Seelenkraft euch zu einen, die in und mit
ihm euch gegeben ist...
.Es sind keine seltsamen „Übungen” zu
verrichten und keine gewaltsamen Anstren‐
gungen sind hier nötig, oder gar nützlich!
.Ruhiges Empfinden durch den gan
zen Leib, so oft ihr dazu Neigung fühlt,
und eure Zeit es euch erlaubt, euch solchem
Empfinden ungestört hinzugeben, wird euch
256 Das Buch vom Lebendigen Gott
nach Wochen oder Monaten die ersten Früchte
zeigen.
.Vergeßt aber nicht, daß ihr nur euch
selbst in jedem Körperglied, und nicht
etwa das Glied als solches empfinden ler‐
nen sollt! ‒ ‒
.Wenn ihr euch so dann von innen und
außen, von unten bis oben, „selbstempfin
den” könnt, dann werdet ihr staunen, und
mit Dankbarkeit in hoher Freude in euch
fühlen, was dieses Erdenleben ist, das euch
bis heute noch so „unvollkommen” er‐
scheint...
.Euer ganzer Leib aber wird eine uner‐
ahnte Erneuerung dabei erfahren.
.Wem Glieder seines Leibes fehlen, der
wisse, daß jedes Glied in geistiger Substanz
vorhanden ist, auch wenn es nie im Äußeren
vorhanden war, ‒ und daß in gleicher Weise
jedes Glied in seiner geistigen Gestalt vor‐
257 Das Buch vom Lebendigen Gott
handen bleibt, auch wenn es im Äußeren
vom Körper abgetrennt wurde.
.Im geistigen „Leibe” gibt es keine Ver‐
stümmelung!
.Im geistigen „Leibe” ist jeder Menschen‐
geist Sammelpunkt aller Schönheit, die er
seiner „Seele” geben kann, in der sich der
Geistesleib „erlebt”, ‒ und die im Geiste
zu „sehen” vermögen, erschauen in ihm nur
das, was durch Seelenkräfte Gestalt ge
wonnen hat, nicht aber irgend einen Mangel
der physisch sichtbaren, durch materielle
Einwirkung bestimmten Erscheinungsform...
.Seid ihr nun an diesem Punkte angelangt,
und empfindet ihr euch selbst im Ganzen
eures Leibes als ein Ganzes, dann werdet
ihr wahrhaftig auch den Leib zu ehren wissen,
als das Äußere des „Tempels”, der in sich
das allem Außensinn verhüllte heilige Myste‐
rium geistigen Lebens birgt, wie es allein
258 Das Buch vom Lebendigen Gott
der Menschengeist auf seiner Rückkehr
in das Licht aus dem er einst sich löste, er
langen und erleben kann...
.Nun aber muß es sich dennoch erst zeigen,
ob schon die Seele jene Reife erlangte, die
es dem geistig „älteren” Bruder, der sie er‐
schaut, auch möglich macht, ihr zum Leiter
und Führer zu dienen. ‒
.Ohne ihn würde schwerlich einer aus
euch hier im Erdenleben schon zum Be
wußtsein im allumfassenden Geiste ge
langen, auch wenn schon der „Leib” des
Geistes im Erdenkörper bewußt empfunden
wird!
.Keine eurer Mühen geht verloren,
aber aller Mühen Siegespreis wird euch
erst dann zuteil, wenn ihr den Höhenweg
beendet habt, der euch nur findbar ist
unter innerer geistiger Führung...
.Immerhin aber wird euch vieles schon
auch durch die eigene Beharrlichkeit
allein erreichbar.
259 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Sobald ihr euch durch den ganzen Erden‐
leib in eurem geistigen Leibe empfinden
lerntet, beginnt ihr, ohne daß es eines be‐
sonderen Wollens bedürfte, den Geist in
euch und im ganzen All ‒ zu „atmen”, und
vielen ward damit schon solches Glück zu‐
teil, daß sie für lange Zeit dabei verweilten,
erkennend, daß sie höherem Erleben vor‐
erst noch nicht gewachsen waren...
.Nehmet aber unbesorgt, was man euch
geben wird und vertrauet dem Gesetz des
Geistes, das keine Willkür kennt und stets
nur euer Bestes bewirkt!
.Der Weg zum „innersten Osten” liegt
gangbar vor euch hingebreitet, und euer wa
ches Wollen nur bestimmt, ob man euch
bald auf ihm gewahren wird...
.Die Lande des „innersten Ostens” aber
umfassen viele Wohnstätten, und jedem
ernstlich Suchenden wird dort seine Wohn‐
statt zuteil, ‒ niemals eines Anderen Stätte..
260 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Hier herrschen nicht minder bestimmte
Gesetze des Geschehens, wie in der Außen‐
welt. ‒ ‒
.Auch kein Leuchtender des Urlichts
kann sie beugen!
.Er kennt nur ihre Art und Wirksamkeit,
und all sein Trachten ist, die Menschen, die
zu seiner Zeit der Erdball trägt, wie die einst
kommenden Geschlechter, zu ihrem Glück
‒ zu ihrem höchsten Ziel zu führen. ‒
‒ ‒
.Dazu dient seine Verkündigung!
.Dazu hilft ihm das geistige Gesetz, dem
er aus allen seinen Kräften dient...
.Er wirkt aus dem Geiste, der das Ur
Seiende ist, und er wirkt nur aus der Kraft
des Geistes...
.Aus dem ewigen substantiellen Geiste
aber gestaltet sich „Gott”, ‒ wie ein „De‐
261 Das Buch vom Lebendigen Gott
stillat” des Geistes, ‒ in jedem Menschen,
der mit Inbrunst seinem Gott entgegenstrebt,
und in Geduld den Tag erwartet, der ihn so
vorbereitet findet, daß sein Gott sich in ihm
selbst „gebären” kann. ‒ ‒ ‒
.Gott ist Geist, ‒ jedoch: ‒ des Gei
stes höchste Selbstformung! ‒
.Sich selber formend aus sich selbst,
offenbart sich des Geistes höchste Seins
form ‒ als „Gott”! ‒ ‒ ‒
262 Das Buch vom Lebendigen Gott
DER PFAD DER VOLLENDUNG
.Wähle du, o Suchender, für deine
ersten Schritte schon den Pfad des wahr
haften Lichtes, sonst wirst du dereinst dich
leicht verleiten lassen, den schlimmen Pfad
der schillernden Schlange zu betreten,
wenn du an den Fuß des „großen Gebirges”
gelangst, dahin man zur Not auch auf
Schleichpfaden kommen kann, statt auf
dem Pfade, den die Leuchtenden des Ur
lichts durch die Wüste bahnten. ‒ ‒
.Du kannst diesen Pfad des wahrhaften
Lichtes gleich zu Anfang wählen, wenn du
alle niederenWünsche” von deinem
großen und reinen Wollen zu entfernen
weißt. ‒
.Wirst du aber „den edlen Pfad der
Weisheit”, der dich hinauf zu den hellen
265 Das Buch vom Lebendigen Gott
Firnen führen soll, auch dann noch „wäh‐
len” können, wenn du, mit „Wünschen
beladen, am Ende des Weges durch die Wüste,
steile Felsenhöhen vor dir siehst, und nun
keuchend nach dem letzten Ziele spähst?? ‒ ‒
.Wisse, daß dann das Licht der Wahrheit vor
dem Auge deiner Seele nur wie ein fernes
Leuchten durch den Nebel dringt, und daß
dir der Höhenpfad zu diesem Lichte alsdann
unendlich” erscheinen wird!
.Nebenan aber führt der „Pfad des Irr
tums” zu einem flimmernden, gleißenden
Lichte in nächster Nähe.
.Dieses „Licht” aber ist der trughafte
Glanz derSchlange”, deren Leib, ‒ in
vielen Farben schillernd, ‒ den Erdball
umspannt...
.Wehe, wenn du ihr verfällst!
.Sie wird dich locken durch das verführen‐
de, ununterbrochene Zucken der schimmern‐
266 Das Buch vom Lebendigen Gott
den Schuppen ihres Hauptes, und wenn du,
wißbegierig, nahe genug in ihren Bereich
gelangtest, wirst du ihr Beute zum Fraße
werden. ‒ ‒ ‒
.Kannst du, mein Freund, die Wahrheit
ahnen, die hier, als Symbol verschleiert sich
dir nahen will?!
.Wohl dir, wenn du Symbole wahrhaft
deuten” lernst!
.Sie werden dir tiefe Dinge sagen!
.Dinge, die sonst meist unsagbar bleiben
müßten!
.Dinge, die niemals sich in ihrer Nackt
heit zeigen würden! ‒ ‒
.Ich will es aber versuchen, hier auch Jene
zu erreichen, denen Symbole annoch „dun‐
kel” sind.
.So höre denn andere Worte, aber wisse,
daß sie gleiche Wahrheit meinen!
267 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wenn du, o Suchender, zum erstenmale
den Drang in dir empfindest, die Schleier zu
lüften, hinter denen du ahnend die Wahrheit
fühlst, dann wird dir immer ein „Führer”
nahe sein aus jener Welt des Lichtes, die ewig
deine Heimat werden soll.
.Du wirst die Nähe dieses Führers fühlen,
ohne recht zu wissen, was dein Gefühl be‐
wegt...
.Unwillkürlich wirst du dem Führer fol
gen. ‒
.Du bist dann auf dem „Pfade”, der durch
die „Wüste” führt..
.Die „Wüste” aber wird aus den Sand‐
körnern gebildet, die das äußere Schein-Er‐
kennen der Erdenmenschenhirne schuf. ‒ ‒
.Jahrtausende schufen daran!
.Mitten durch diese „Wüste” haben hohe
Meister, ‒ kundige Wegebauer, ‒ einen fe‐
268 Das Buch vom Lebendigen Gott
sten Damm gebaut auf dem sich sicher schrei‐
ten läßt...
.Ringsumher lagern die allzeit veränder‐
lichen Sanddünen äußerlichen Gehirn-Er‐
kennens: ‒ stets wechselnd in ihren Linien,
‒ unsicherer Grund dem Fuße, der sie be‐
tritt...
.Der Pfad aber auf dem Damme, den die
„Leuchtenden” der Seele schufen, ‒ ist Fels. ‒
.Du fühlst Sicherheit!
.Mutvoll schreitest du voran.
.Lange Zeit wirst du geduldig weiter‐
schreiten müssen, bis du an jene bedeutsame
Stelle gelangst, allwo der Felsdamm durch
der „Wüste” Sand dann das „große Gebirge”
erreicht und damit zu Ende ist...
.Nun mußt du dich entscheiden, denn
vor dir liegen zwei Pfade, die du zuerst nicht
recht zu trennen wissen wirst.
269 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Bald wirst du dem einen, bald dem an‐
deren dich anvertrauen wollen. ‒ ‒
.Der eine aber führt zu den Gipfeln,
der andere ‒ in die abgründigen
Schluchten und verborgenen Klüfte
der Berge...
.Du allein hast die Wahl, wohin du
dich wenden willst!
.Sicherlich aber wirst du sogleich den
Pfad zu den Gipfeln vom Pfade des
Abgrunds unterscheiden können, wenn
deine Füße vorher schon gewohnt waren,
festen „Fels” unter sich zu fühlen, denn
schlüpfrig und ohne Fußruhe ist der
Pfad zur Unterwelt...
.Schon auf dem Pfade über den Felsen‐
damm, werden unsichtbare Dinge dir ihr Da‐
sein zu erweisen suchen.
.Noch aber kannst du nicht unterscheiden,
wer da Lenker ist, der Kräfte, deren Wir‐
kung du erkennst. ‒
270 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Noch glaubst du hinter allen unsichtba‐
ren Kräften gleichen Willen. ‒ ‒
.Wisse aber, daß die niederen Reiche
des Unsichtbaren auch niedere Lenker
haben!
.Wisse, daß Meer und Land nicht so scharf
geschieden sind, wie die niederen erdensinn‐
lich nicht faßbaren Kräfte, die an der „Welt
der Materie” gestaltend und zerstörend wir‐
ken, von den hohen, im höchsten Lichte
erkennenden Mächten des Geistes!
.Die Lenker in den niederen unsicht‐
baren Reichen sind die furchtbarsten Feinde
deiner Seele.
.Nicht weil ihr Wille deiner Seele scha
den will, gleich dem haßerfüllten Willen der
Vernichtungsverdammten, die einst Erden‐
menschen voll höchster Erkenntnis waren
und erneut dem „Fall” ins Finstere erlagen,
‒ sondern nur durch Kräfte der An
ziehung, denen du schwer widerstehen
271 Das Buch vom Lebendigen Gott
kannst, wenn dich nicht hohe Geistesmächte
wirksam isolieren. ‒ ‒
.Wenn du Bereiche streifen wirst, die der
niederen Lenker Einwirkung erfahren,
dann wird sich zeigen wer du bist. ‒
.Suchst du allein nach höchster, ewiger
Klarheit, dann wird dich der Führer, der
ja ein Lenker höchster Kräfte des Geistes
ist, schützend isolieren können.
.Du wirst unter solchem Schutz dann auch
mit Sicherheit den Pfad zu wählen wissen,
der dich zu reinster Lichterkenntnis führt.
.Du wirst dann zum Leben im ewigen
Lichte der hohen Firnen des Geistes ge‐
langen. ‒ ‒
.War es dir aber um niedere Künste zu
tun, ‒ wolltest du nur „Okkultes” erfor‐
schen, um deinen Wünschen neue Kräfte
zu Dienern zu geben, dann wirst du unver‐
merkt der Hand des Führers entgleiten...
272 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Allein gelassen mit deiner schwachen
Kraft, wirst du eine Beute der Anziehungs‐
kräfte werden, die auf dich einwirken aus
dem Bereiche der niederen Lenker in den
dunklen Abgründen der ewigen Geburt der
Materie. ‒
.Du wirst ‒ vielleicht ‒ „okkulte
Kräfte” erlangen, besonders wenn du
strenge sexuelle Abstinenz zu üben weißt und
nur von Vegetabilien lebst, aber wehe dir
und allen die dir verfallen, ‒ wenn du
solche Kräfte erlangst! ‒ ‒
.Jene niederen Lenker sind die „Schaf
fenden des Grundes”, und die Zerstörer
alles dessen, was sich über den Grund, den
sie festigen, frei erheben will.
.Wähne nicht, daß sie dich die Geheim‐
nisse des Schaffens lehren könnten, wie so
mancher törichte „Zauberlehrling” es erwar‐
tet! ‒ ‒
273 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Sie werden sich nur gierig deines Wil
lens bemächtigen, denn alle Gewalten im un‐
sichtbaren Kosmos brauchen menschliche
Agenten, wenn sie auf menschliche in‐
karnierte Willenszentren wirken wollen,
‒ ‒ und nur als Zerstörender wirst du
ihnen dienen, auch wenn du aufzubauen
meinst.
.Die hohen Lenker können die Seele des
Erdenmenschen ebensowenig mit ihrer Ein‐
wirkung erreichen, wie die niedersten,
wenn ihnen nicht menschlich inkarnierte
Willenseinheiten dazu die „Brücke” schla‐
gen...
.Vielleicht ahnst du hier, was die Lehre
von dem „Sohne Gottes” besagen will, der
Mensch werden” mußte, um seine Men‐
schenbrüder „erlösen” zu können?! ‒ ‒ ‒
.Die Wirkungsweise geistiger Gewalten,
‒ sei ihre Wirkung nun von den höchsten
274 Das Buch vom Lebendigen Gott
oder den niedersten unsichtbaren Lenkern
ausgelöst und in ihrer Art bestimmt, ‒
kennt kein zeitliches, kein örtliches
Hindernis.
.Heute noch wirken durch hohe wie
durch niedere Lenker einst ausgelöste und
bestimmte Gewalten in der Seelenwelt des
Erdenmenschen, obwohl diese Gewalten
schon vor vielen Hunderten, ja Tau
senden von Erdenjahren, den Weg zu
den Herzen fanden, ‒ durch einen mensch‐
lichen Agenten...
.Wo auch ein solcher lebt oder lebte: ‒
die geistige Gewalt, die durch ihn zur Wir‐
kung kam, wird alle erreichen, die in ihr
ähnlichen Schwingungen vibrieren, mögen
die solcherart Prädisponierten auch auf des
Erdballs anderer Seite wohnen, oder erst in
einer zukünftigen Generation geboren wer‐
den...
.Während es aber ein sicheres Kennzei‐
chen hoher geistiger Lenkung ist, daß die
275 Das Buch vom Lebendigen Gott
durch sie erregten geistigen Gewalten nur
unter sorglichster Wahrung der Freiheit
im Menschen wirken, ‒ wie sie ja auch den
Erdenmenschen, der als „Brücke” dient,
zum freien Herrn der Kräfte, die durch ihn
wirken, vollendet, ‒ so kann man die nie
deren Lenker stets daran erkennen, daß
alles was durch sie zur Wirkung kommt,
den Beeindruckten zu binden sucht, so daß
er zum Sklaven dieser niederen Lenker
wird, auch wenn sie ihn im Wahn erhalten,
„Herr” der durch sie erregten Gewalten zu
sein...
.Das Ende dessen, der ihnen als „Brücke”
dient, ist „Auflösung” in qualvoller Nacht! ‒
.Die aber „Brücken” der hohen Geistes
lenker sind, bilden eine ewige, königliche
Gemeinschaft des Lichtes im Geiste, denn
in jedem aus ihnen ist ein „Stern” entzün‐
det worden, der, aus reinster Lichtkraft des
Geistes gebildet, ewig den Seelen der Erden‐
menschen leuchtet...
276 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Eine eitle, erklügelte Lehre, die dich zum
Glauben verleiten will, daß der Mensch in
ungezählten Erdenleben sich immer hö‐
her entfalte, weiß dir auch zu sagen, daß die
„Brücken”, die sich selbst erbauen, da‐
mit die höchsten Geisteslenker über sie hin
zum Erdenmenschen gelangen, nichts anderes
seien, als Menschen, die unzähligemale schon
das Erdenleben erlebten, nur jetzt am höch
sten Ziele ihrer Entfaltung angelangt, das
einst auch jeder andere Mensch der Erde
einmal erreichen müsse.
.Glaube nicht solchen törichten Worten!
.Du könntest sonst nur allzuleicht ein
Opfer der Täuschung werden, ‒ und aus
einem vermeintlichen, „zukünftigen Meister”
würde dann ein armer betrogener Sklave
seiner Eitelkeit! ‒ ‒
.Nicht jedem Erdenmenschen ist die
Bürde auferlegt, die nur die Wenigen tra‐
277 Das Buch vom Lebendigen Gott
gen müssen, die voreinst, bald nach ihrem
Fall aus hohem Leuchten, voll Erbarmen für
die Mitgefallenen, sich dargeboten haben,
Mithelfer hoher Geisteslenker zu werden, ‒
„Brücken” und Brückenbauer zugleich, ‒ im
Dienste ewiger Liebe..
.Nur der kann hier die „Meister”-Prüfung
bestehen, der schon des Brückenbaues Mei‐
ster war im Geistigen, und lange schon vor
seiner Inkarnierung in den Erdentieres‐
körper...
.Wissend wird er „Brücke” und des
Brückenbaues Meister dann als Mensch der
Erde erst an jenem Tage, an dem er der
leuchtenden Gemeinschaft seiner geistigen
Brüder nahen darf ‒ als einer, der auch
hier im Irdischen seine „Meisterprüfung”
bestanden hat. ‒ ‒ ‒
.Dann ist der „Sohn” der hohen geistigen
Väter” zu ihrem angenommenen geistigen
Bruder” geworden, als ein Leuchtender
des Urlichts...
278 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Aber ein jeder Erdenmensch, wer es
auch sei, kann „leuchtend” werden im
geistigen Licht, in ewiger Freiheit, ‒
auch wenn er das Licht empfängt, wie ein
Planet der eine Sonne umkreist.
.Im Reiche des Lichtes „neidet” keiner
dem anderen seinen Wirkungskreis, den ihm
der eine, ewigeMeisteraller Meister
schaft vertraute...
.Jeder, der in dieses Reich gelangt, ist ein
Vollendeter, frei in sich selbst, ‒ und je‐
der weiß, daß ihm Vollendung nur erreichbar
war in seiner Eigenform. ‒ ‒ ‒
.Es ist nur Folge deiner erdgezeugten
Nichterkenntnis, wenn du etwa nach
einer Form der geistigen Vollendung strebst,
die nicht aus deiner Individualität heraus
gefordert ist...
.Was soll es dir nutzen, eine Art der Vol‐
lendung zu erreichen, die einem Anderen
vorbehalten bleiben muß?! ‒ ‒
279 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Auch wenn du die höchste Form der
Vollendung fändest, die ein Erdenmensch
erlangen kann, und es wäre die deine
nicht, so hättest du umsonst gestrebt, dich
zu vollenden...
.Nur als Vollender dessen, was nur dir
allein gegeben ist: ‒ nur als Vollender
deiner selbst, gelangst du einst in jenes
ewigliche Licht, aus dem du ewig leuchten
sollst! ‒ ‒ ‒
280 Das Buch vom Lebendigen Gott
VOM EWIGEN LEBEN
.Hier will ich vom lebendigen „Lichte
reden: ‒ dem ewig unertötbaren „Leben”,
das alles Menschensein durchflutet!
.Ich will das Licht der Herzen euch
zeigen, das in euch lebt und euch erleuchten
kann! ‒ ‒
.Ihr alle, die ihr des Lebens Sinn erfassen
möchtet, wart auf den Wegen die zum Irrtum
führen, zu lange schon „Suchende”. ‒
.Ihr sollt zu „Findern” werden, wenn ihr
dem Worte eines Finders vertraut! ‒
.Ihr seid Könige, die ihr Reich nicht
kennen! ‒ ‒
.In euch selbst ist dieses „Reich”, das
eure Augen stets vergeblich zu erspähen
suchen, wenn ihr es außen sucht! ‒ ‒ ‒
283 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Ihr fragt ohne Antwort, und dennoch
fragt ihr immer wieder: ‒ „Wo ist das
Land, das uns verheißen wurde?!”
.„Sind wir zu Ende, wenn es hier zu
Ende geht, oder kann nach diesem Ende
unser Selbstsein weiterleben?! ‒ ”
.Sehet: ‒ die vor euch also fragten, sind
in euch, in eurem inneren „Reiche”, und
könnten euch da Antwort geben, wenn ihr
nicht taub geworden wäret im Lärm der
Außenwelt. ‒ ‒ ‒
.Eure eigene Seele ist das „Reich der
Geister”, die ewig mit und in euch leben
werden! ‒ ‒ ‒
.In euch selbst umfaßt ihr die Un
endlichkeit...
.In euch lebt, was war, was ist, und was
werden wird...
284 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Allgegenwart ist euer Sein, ‒ ‒ doch
ihr seid an das „Da-Sein” noch verhaftet, und
gegenwärtig nur, wo ihr dem niemals
Kommenden entgegen wartet! ‒ ‒
.Ihr glaubt noch, das Reich des Friedens
sei ein fernes Land in Sternenweite, derweil
es in euch lebt und ihr in ihm...
.Jeder, der dieses Reich in sich er-langte,
ist für ewig dieses Reiches „König”! ‒ ‒
.So, wie ihr alles Menschenwesen in
seinem ewigen Geistesleben dort finden
werdet, so werdet ihr selbst dort gefun
den, in allen, die dieses Reich in sich er
langten.
.Es ist ein einziges Reich der Geister,
aber jedem, der Unzähligen, die es in sich
fanden, „gehört” dieses Reich als unge‐
schmälerter Besitz, ‒ jeder ist dieses Rei‐
ches ungehinderter „König”, und sein Reich
285 Das Buch vom Lebendigen Gott
ist „Ewigkeit”, ‒ nicht anders, als ob er,
aus allen Unzählbaren, allein des Reiches
„König” wäre, das jeder nur als „das Reich”
seiner Seele besitzt...
.Ihr könnt das Reich der Geister nicht
er-langen, außer euch selbst! ‒
.In euch ist es allein für euch erreich
bar. ‒ ‒
.Wollt ihr „außen” suchen, so müßt ihr
der Täuschung verfallen, denn alles, was außer
der Ewigkeitswelt des innersten „Ich” sich
finden läßt, ist nur ‒ vergängliches „Bild”:
zeitweiliges Erleben, ‒ wie das Erleben
dieses todbegrenzten Erdenlebens...
.Dort, wo die Seele bei sich selber ist,
im „Ich” geeint und von ihm geleitet, wird
erst das „Reich”, das ewig währt, gefunden.
‒ ‒
.Dort gibt es keine Täuschung mehr!
.Dort nur allein ist „Ewigkeit” Besitz! ‒
286 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Euer „Ich” allein ist dieses „Reiches”
unbeschränkter Besitzer! ‒ ‒ ‒
.Unendlich an Zahl sind die „Könige”
dieses Reiches, und jeder, dem es „König‐
reich” geworden, ist in sich vereint mit al
len anderen die hier wohlberechtigt ihre
Krone tragen, ist der Eine, in dem Alle
herrschen...
.Nicht nebeneinander, sondern mit
einander, in-einander leben alle, die hier
ewig leben!
.So, wie ihr auf Erden von einem Menschen
sagt, er „lebe” sein Leben, wenn er es, gut
oder ungut, tätig genießt, ‒ so ist denn auch
hier alles „leben” ein Tun, und „Leben”
nicht nur Bezeichnung eines Seins-Zu
standes. ‒ ‒
.Hier ist „Leben”: ‒ das „Licht”, aus
dem der Geistige leuchtet, ‒ aus dem er
lebt”! ‒ ‒ ‒
287 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Ihr selbst seid „eingewoben” der ewi‐
gen Welt der Geister, und euch durchflutet
aller ewigen Geister „Leben”, ohne daß ihr
darum wißt! ‒ ‒ ‒
.Ihr fühlt euch noch in eurem „Ich”, ‒
als das ihr vorerst nur imHirnreflex
euch spiegelhaft empfindet, ‒ als unver‐
bundenes „Einzelsein”. ‒
.Lebendiges” jedoch ist stets vereint
mit allem Leben!
.Es gibt auf Erden nichts, und nichts
im ganzen All, und nichts im Geiste, was
sein „Leben” hätte, was zuleben” fähig
wäre, ‒ nur für sich allein! ‒ ‒
.Ein jedesEinzelsein” ist letzten En‐
des wahrhaft alles Sein! ‒ ‒
.Auch wenn es nicht erkenntnisfähig ist,
darum zu wissen! ‒
288 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Er-lösungkann ein Einzel-Sein nur
finden, wenn es im All-Sein sich erlebt, er
löst von allem anderen „Einzel-Sein”.
.Er-lösung” wird euch darum nur, wenn
ihr in eurem „Ich”; ‒ im „Ich” das ewig
euch erhalten bleiben soll, ‒ empfinden
lernt, daß alles „Ich” sich nur in diesem,
eurem „Ich” euch gibt, ‒ euch ewiglich sich
selbst ergibt: ‒ sich selbst vereint!
.In euch: ‒ im „Ich” der Ewigkeit, ‒
ist alles „Leben”, und in diesem Leben
findet ihr allein die wahrhaft „Ewigen”:
‒ die ewig Lebenden! ‒ ‒ ‒
.Längst hättet ihr sie schon gefunden,
wenn ihr nicht immer, eigensinnig und be‐
tört, nur dort nach ihnen suchen würdet,
wo sie nimmermehr zu finden sind!
.Umsonst sucht ihr euch einzudrängen
in die unsichtbaren Reiche dieser Außen
welt! ‒
289 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Noch eher könnte einer derer, die im
Ewigen leben, euch in der Sichtbarkeit,
bei hellem Sonnenlicht, „erscheinen”, als
daß er euch im unsichtbaren Physischen
begegnen könnte...
.In das, was in euch selber „ewig” ist,
müßt ihr euch zu versenken wissen, wollt
ihr denen euch bewußt vereinen, die be‐
reits im ewigen Leben sind! ‒ ‒ ‒
290 Das Buch vom Lebendigen Gott
IM OSTEN WOHNT DAS LICHT
.Nur wenige Menschen des „Westens”
ahnen die Wahrheit, wenn sie von den
weisen Männern des Ostens” hören, von
denen alte Überlieferung in stillen Kreisen
edler Wahrheitssucher spricht, ‒ und unter
denen, die hier dunkel ahnen um was es sich
handelt, sind wieder nur Allzuwenige, die
sich törichter Vorstellungen enthalten
können, sobald sie ihrer „Ahnung” bild
hafte Gestalt zu geben suchen. ‒ ‒
.Im Osten, im Herzen Asiens, wurde das
Messer des Gedankens am schärfsten ge‐
schliffen.
.Hier aber waren auch schon vor Jahr‐
tausenden die Großen, die über allem Den‐
ken den klaren Weg zur Wahrheit fan‐
den, der Wahrheit, die nichts anderes als
absolute Wirklichkeit ist, und nichts zu
293 Das Buch vom Lebendigen Gott
tun hat mit gedanklichen Erkenntnisbildern,
in denen man gemeinhin das, was man „die
Wahrheit” nennt, zu haben glaubt.
.Unter hoher Leitung fanden jene er‐
sten der „Brüder auf Erden” Weg und
Ziel...
.Seitdem unterweisen sie und ihre Nach‐
folger die Suchenden, die dazu „reif” be‐
funden werden, im Geiste durch den
Geist.
.Sie haben „den heiligen Schutzwall
des Schweigens” um ihre Vereinung ge‐
zogen, und nur der findet „Zutritt” zu ihnen,
den sie im Geiste als „reif” erkennen, ein
Erkennender im Geiste zu werden.
.Sie wissen, daß ihre Gabe denen nur von
Nutzen ist, die das Ende ihrer Mühen auf
dem „Pfade” nahe vor sich haben. ‒
.Allen aber senden sie aus ihrer Mitte
helfende Lehrer, und sie sandten sie zu
aller Zeit...
294 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Im Westen wie im Osten fanden sich stets
solche „wirkende Brüder”.
.An keinem äußeren Zeichen sind die
Glieder der hohen Vereinung erkennbar.
.Sie allein nur erkennen, wer zu ihnen
gehört. ‒
.Ihr geistiges Wesen ist tief verborgen vor
den Augen der Menschen.
.Keiner der hier Gemeinten wird jemals
versuchen, eine Gemeinde um sich zu
scharen.
.Keiner hat jemals solche Gemeinden be‐
gründet oder „gestiftet”!
.Was als „Gemeinde” in der Welt entstand
und sich auf die Stimme der „Brüder auf
Erden” oder gar ihrer hohen „Väter” im
Lichte berufen hat, war immer nur das Werk
noch ungereifter Seelen, die durch zu
295 Das Buch vom Lebendigen Gott
früh entfaltete innere Sinne fähig wurden,
einiges aus dem Kreise des innersten „Ostens”
zu vernehmen, wie Lauscher, die an
Schlüssellöchern horchen, und ohne daß
ihnen die Kräfte gegeben waren, auch das
Erlauschte nun in rechter Art zu deuten. ‒
.Sehr selten nur trat einer der Brüder
persönlich und mit klarem Bekenntnis seiner
Artung vor seine Mitmenschen im Getriebe
äußerer Welt, und für jeden der es tat, wurde
dieser Schritt zu einem bitteren Opfer..
.Wo solche Opfer nicht unbedingt von‐
nöten sind, sollen sie vermieden werden.
.Daher die Verborgenheit, aus der heraus
die „weisen Männer des Ostens” wirken. ‒ ‒
.Daher die Verschwiegenheit in die sich
jedes Glied dieses Kreises hüllt, solange seine
Aufgabe ihm nicht den Zwang auferlegt, sei
es in symbolischer Umschreibung, sei es in
deutlicheren Worten, seine geistige Art zu
296 Das Buch vom Lebendigen Gott
bekennen, die auch wahrlich nicht leicht
sich bekennen läßt...
.Die hohe Gemeinschaft der Leuchten‐
den, von der uralte Tradition ehrfürchtiger
Wahrheitssucher als den „weisen Männern
des Ostens” spricht, ist allein durch geisti
ges Gesetz gebunden.
.Ihre Glieder kennen keine Gelübde der
Askese und keine „Ordens”-Schwüre.
.Die Entfaltung der geistigen Kräfte hängt
nicht von solchen Dingen ab.
.Was aber durch das „Gesetz” verlangt
wird, dem diese Kräfte gehorchen, das ist
weit mehr als härteste Askese und das
strengste Büßerleben...
.Es müssen viele Vorstellungen aufgege‐
ben werden, die zwar auf an sich richtigen
Prämissen beruhen, aber nur die niederen
297 Das Buch vom Lebendigen Gott
Kräfte am Menschen berühren, wenn man
wissen will, was ein „Eingeweihter” dieser
Vereinung in Wahrheit ist. ‒
.Jeder aber, der es ist, wird euch erken‐
nen, unbeirrt durch eure irrtümlichen Vor‐
stellungen.
.Sein „Lehren” tönt auch nicht eurem
äußeren Ohr, ‒ selbst wenn ihr ihn „per‐
sönlich” kennen solltet. ‒
.Die Mitteilungen, die ein Geistgeeinter
etwa in der Sprache seines Landes gibt, ma‐
chen nicht sein „Lehren” aus...
.Sie sollen euch nur „Fingerzeige” sein,
damit ihr ihn, oder was seiner Art ist, wieder‐
findet in euch selbst: ‒ in eurem Inner
sten.
.Auch seine äußeren Worte aber wollen
empfunden, nicht „erklärt”, nicht gedank‐
lich zerfasert werden!
298 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wenn ihr jedoch zu seinen „Jüngern”
werden könnt, dann wird er in eurem eige
nen Herzen zu euch „reden”...
.Er wird aber niemals eure Sinne durch
die Reize schwüler Ekstase zu umnebeln su‐
chen, ‒ sondern neben euren irdischen
Sinnen wird er neue, geistige Sinne in euch
eröffnen.
.Ihr werdet zuerst sein „Lehren” verneh‐
men, ohne zu wissen, ob es der Freund und
Führer eurer Seele ist, oder ob ihr selbst das
seid, was in euch „spricht”. ‒ ‒
.Ein gewisses, reines, neues Fühlen jedoch,
das sein „Lehren” begleitet, wird euch aber
in Bälde sagen, daß mit „geweihter” Stimme
in euch „gesprochen” wird: ‒ durch un
mittelbares Erzeugen innerer Klarheit,
ohne Worte der Sprache des Mundes. ‒
‒ ‒
.Dieses, oft ganz unvermutete, ganz
unerwartete Empfangen eines klaren inne‐
299 Das Buch vom Lebendigen Gott
ren Erhellens geistiger Dinge, ‒ das so sehr
alles überstrahlt, was logisches Denken
sonst gewohntermaßen uns an „Klarheit”
bringt, ‒ mag euch immer ein sicheres Zei‐
chen sein, daß echtes geistiges „Lehren” sich
in euch bezeugt...
.GeistigesLehren” ist kein „Überzeu‐
genwollen”, sondern ein unmittelbares
Aufhellen dessen, was vorher im Dunkel
lag. ‒ ‒ ‒
.Ein Menschenbruder „spricht” so in euch,
der nicht mehr die Schallwellen der
Luft dem Ohre des Leibes senden muß,
wenn er empfängliche offene Herzen, die ihm
vertrauen, „lehrend” erreichen will...
.Vielleicht werdet ihr im Anfang noch
nicht alles „verstehen” können, was auf
diese Weise sich in euch ereignet, denn man
kann sehr wohl etwas in absoluter Klarheit
erkennen, ohne imstande zu sein, das Er‐
300 Das Buch vom Lebendigen Gott
kannte vor sich selbst gedanklich aufzu
lösen. ‒
.Bleibet ruhig in solchem Falle und „zer‐
grübelt” euch das Klare nicht!
.Lernet vor allem die Stimme, die in euch
„spricht” unterscheiden von den falschen
„Stimmen” eurer aufgeregten Phantasie! ‒
.Bleibet nüchtern und still, als ob es gel‐
ten würde, Längstgewohntes in euch zu
beobachten!
.Die Stimme des „Lehrenden” ist im Be‐
ginn der „Führung” so leise, wie ein ganz
zarter Gedanke, ein kaum wahrnehmbares
Fühlen.
.Aber der Führer im Geiste spricht kein
„Wort” in seiner geistigen „Sprache”, von dem
nicht ein sehr präzise unterscheidbares „Ge
fühlder Gewißheit ausginge, das schwer
beschreibbar ist, aber mit aller Sicherheit
301 Das Buch vom Lebendigen Gott
von jedem sofort erkannt wird, der es auch
nur ein einzigesmal erlebte...
.Kein eigener „Gedanke”, und sei er noch
so hoher Art, kann jemals dieses „Fühlen”
erzeugen, das der Geist erzeugt, in dem und
durch den der geistig Lehrende wirkt...
.Je mehr die Sicherheit wächst, mit der
ihr seine „Stimme” unterscheiden lernt
von allem was nicht seines Wesens ist, desto
klarer wird sie in euch „sprechen” können.
.Dann wird eines Tages „die große Stun
de” kommen, in der auch euer letzter,
leiser Zweifel euch verlassen haben wird!
.Werdet aber nicht ungeduldig, wenn ihr
nicht gleich das erste der Ziele in euch er‐
reichen könnt!
.Ihr wißt nicht, ob ihr schon „reif” genug
wurdet, um die „Lehre” mit Nutzen zu emp‐
302 Das Buch vom Lebendigen Gott
fangen, und hier trägt derLehrendeal
lein Verantwortung für alles was er gibt...
.Manchem wird die Gewißheit eher, man‐
chem später kommen, jedoch sie kommt ge
wiß, wenn ihr in Ruhe euch dem geistig
„Lehrenden” vertraut!
.Vergeßt auch nicht, daß wahre „Weisheit”:
Wirklichkeitserkenntnis ist, und daß
sich der wahren Weisheit Lehrer nur der
Wirklichkeit bedienen, wenn sie lehren, ‒
der Wirklichkeit, die nicht etwa das Kom
plizierteste im Sein, sondern an sich das
Allereinfachste ist! ‒ ‒ ‒
.Es gibt Gedankenkräfte, die stets zu
täuschen suchen, da sie selber nur aus Täu‐
schung leben...
.Der geistig Lehrende ist ferne ihren
Regionen!
.Nie wird er auch von Anderem euch zeu‐
gen, als von Dingen des Geistes, Dingen
der Seele, Dingen der Ewigkeit...
303 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Ihr werdet durch ihn erkennen, wer ihr
seid, und was der Mensch „an sich”, ‒ in
Wirklichkeit, ‒ im Kosmos bedeutet!
.Ihr werdet, wenn ihr dem vertraut, der
euch in euch „belehrt”, sicher werden wie
er selber sicher ist!
.Seine eigene Sicherheit wird er, der
Sichere, euch überlassen. ‒ ‒ ‒
.Ihr sollt aber niemals innerliche Fragen
stellen, bevordie große Stunde der Ge
wißheit” kam.
.Tut ihr es dennoch, so werdet ihr sicher
jenen täuschenden Gedankenkräften er‐
liegen. ‒ ‒
.Macht euch auch keine Vorstellung von
der Gestalt und Art des Menschen, in der
euer geistiger Lehrer hier auf Erden leben
mag, und wenn ihr einen Menschen kennt,
von dem ihr wißt: ‒ er ist ein Geistgeeinter,
304 Das Buch vom Lebendigen Gott
so hütet euch, nun allsogleich zu glauben,
es müsse nur dieser, euch bekannte Geist‐
geeinte, nun auch euer geistiger Lehrer sein!
‒ ‒
.Ihr braucht nicht zu wissen, wer aus dem
Kreis der Leuchtenden des Urlichts euch
geistig lehrt, und die es wissen, werden es
euch nicht sagen...
.Gebietet eurer Phantasie, damit sie euch
nicht bei wachen Augen am Gängelbande
irrer Träume führe! ‒ ‒
.Das außenmenschliche Leben des geistig
Lehrenden ist seine eigene Angelegenheit,
und er will nicht, daß man den Geist in
dem er wirkt, mit seiner erdenhaften Er
scheinung verwechsle. ‒
.Er will nicht, daß seine „Schüler” der
Persönlichkeit” Verehrung zollen, die
nur der Geisteskraft gebührt, aus der sie
wirkt. ‒ ‒
305 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Er „lehrt” allein die „Weisheit”, die
man „Wahrheit” nennt, und die in Wirk
lichkeiten sich dem „Schüler” offenbart...
.Er „lehrt” sie nur im Geiste, ‒ durch
die Kraft des Geistes.
.Dabei ist jedem, der auf solche Weise
lehren darf, zugleich bewußt und nur zu
sehr empfindbar, daß allein die Unvoll
kommenheit der Darstellung des Ewig‐
Wirklichen als Werk des Erdenmenschen
sich erweist, ‒ und jeder Leuchtende im Ur‐
licht wird die Ehrung, die man etwa seiner
irdischen Persönlichkeit entgegenbringen
mag, alsbald „verbrennen” auf dem ewigen
Altar, dem er als einer der berufenen Prie‐
ster dient. ‒ ‒
306 Das Buch vom Lebendigen Gott
GLAUBE,
TALISMAN UND GÖTTERBILD
.Einfach wie der Urgrund sind die letz‐
ten Geheimnisse der Natur.
.Trenne nicht durch die Willkür deiner
Gedanken, was aus der gleichen Wurzel
keimt, und du wirst allenthalben die glei
chen Gesetze finden...
.Man lehrte dich aber eine zweite Welt
erbauen, eine Welt ohne Grund und Ursache,
und dieses Erbauen des Nichtseienden
aus dem Nichts nannten deine Lehrer: ‒
Glauben”. ‒ ‒
.Nicht von dieser Art „Glauben” soll hier
die Rede sein, wenn ich dir vom Glauben
spreche! ‒
.Nicht dieser Glaube ist nötig zur Selig‐
keit deiner Seele! ‒ ‒
309 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wir wollen aber dein Empfinden öffnen
für eine ewige Kraft, die in dir lebt, und
stetig in lebendiger Bewegung, stetig
schaffend, deines Willens Kräfte in ge‐
formte Wirkung faßt. ‒
.Glaube ist Gestaltungskraft im Geiste!
.Glaube schafft die Form, durch die das
Wirken deines Willens sich bestimmt!
.Glaube ist die Wirkungsform des
Willens!
.Du kannst nicht wahrhaft wollen, ohne
zu glauben, ‒ denn ungeformter Wille
ist eine zerfließende Kraft und wird als
solche ohne Wirkung vergeudet. ‒ ‒
.Sobald du aber deinem Willen eine feste
Form durch deinen Glauben schaffst,
wird er zur mächtigen Gewalt und wan‐
delt selbst die scheinbar festgefügten Ketten‐
310 Das Buch vom Lebendigen Gott
glieder äußeren Geschehens derart um, daß
sie wie Wachs sich ändern nach deiner
Glaubensform...
.Deine Seele schmachtet, solange du
nicht glauben kannst, und sie wird dich
selbst zum Aberglauben verführen in ihrer
Not! ‒ ‒
.Deiner Seele „Leben” ist Wille, und
aller Wille will seine feste Form gewin
nen, in der er zur Wirkung kommen kann.
‒ ‒
.Wenn du erst fühlen wirst, was „Glaube”
wirklich ist, dann wirst du wahrlich glau‐
ben können...
.Dein Glaube ist das Modell, nach dem das
flüssige Erz deines Schicksals sich formt. ‒
.Dein Glaube braucht absolute Freiheit!
.Du selbst allein bist deines Glaubens
Norm! ‒ ‒ ‒
311 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Dir zum Bilde formt dein Glaube dei‐
nen Gott, wie er deine Götter formte...
.Ungeformt ist Göttliches in seinem un
ergründbaren Sein...
.Geformt nur wird es dir ergründbar.
‒ ‒
.Dir offenbart es sich in dir nur in
deiner Form!
.Darum kannst du deinen Gott nicht
deinem Bruder zeigen, denn er kann dei
nen Gott in Ewigkeit nicht schauen...
.Er sieht die gleiche Gottheit, aber ge‐
formt nach seinem Bilde...
.Du glaubst noch, deinen Bruder zu dei
nem Gott ver-führen zu können, aber wenn
er sich verführen läßt, wird er „ein Bild
anbeten und seinem Gotte entfremdet
werden. ‒ ‒ ‒
312 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Unendlichfältig offenbart sich der
Eine, und wehe denen, die Ihm auch nur
eine einzige Seiner Formen streitig machen
wollen!
.Im gleichen Augenblick, in dem du dei
nes Gottes inneres Bild einem anderen
Menschen schamlos enthüllst, hast du dei‐
nen Gott verloren! ‒
.Glaube nicht, daß unter allen Tausenden,
die sich um einen von ihnen allen hochge‐
lobten Gottesnamen scharen, auch nur
zwei wahrhaft Gläubige sind, die in diesem
Namen Gleiches glauben! ‒ ‒
.Der Glaube selbst aber kann sich eines
jeden Gottes- oder Teufels- Namens be‐
dienen...
.Die formende Kraft des Glaubens,
die deinen Willen bestimmt, ist die allei‐
nige Ursache aller „magischenWirkung.
.Weiße” und „schwarze” Magie grün‐
den in der gleichen Kraft!
313 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wie die Weltkraft, die der Blitz dir
kündet, dem Menschen dienstbar wird, sobald
er sie in Form zu bannen weiß, ‒ wie sie
sich binden läßt und aufbewahren in Metallen
und Gefäßen, ‒ so läßt sich auch die Kraft
des Willens, der durch den Glauben seine
Formung fand, in Gebilde der Materie
binden...
.In allen Kulten und bei allen Völkern
findest du den Glauben an „geweihte” Dinge,
denen hohe Kräfte eigen seien.
.Du spottest dieses Glaubens und nennst
ihn „Aberglauben”.
.Wenn du nur die Fabeln damit treffen
willst, die sich um solche Dinge wie ein wu‐
cherndes Geranke schlingen, dann bist du
wohl im Recht, ‒ doch hüte dich, die Wirk
lichkeit, die hier verhüllt ist, zu mißachten!
‒ ‒ ‒
.Ein jeder Gegenstand, den du mit
deinem, durch den Glauben klar geformten
Willen selbst „geladen” hast, ist ein „Ta
314 Das Buch vom Lebendigen Gott
lisman”, und solcher „Talismane” Wir
kung hast du oft genug erfahren, auch
wenn dir niemals zu Bewußtsein kam, was
Ursache der Wirkung war, und du im Traum
nicht daran dachtest, daß du dich selbst
mitTalismanenrings umgeben hast...
.Der Gegenstand ist freilich nur der
Träger und Bewahrer einer an sich freien,
‒ nun in ihn gebannten Kraft. ‒ ‒ ‒
.Ihm eignet sie nicht selbst!
.Dein Glaube formte deine Willenskraft
und lenkte sie, meist ohne dein Verstandes‐
wissen, hin auf jenen „Träger”, der sie nun
bewahrt, bis sie sich ausgegeben hat. ‒ ‒ ‒
.Dein neuer Glaube aber „lädt” erneut
den „Talisman”, auch wenn du ihn als sol‐
chen nicht betrachtest...
.Ein jedes Ding, das du gebrauchst, damit
dir dies und das gelinge, obwohl das Ding
zu deinem Tun nicht unbedingt vonnöten
wäre, ‒ ist einTalisman”, auch wenn du,
315 Das Buch vom Lebendigen Gott
„aufgeklärt” des „Aberglaubens” spottest,
hörst du von Menschen, die dergleichen Dinge
vollbewußt und steter Wirkung sicher, zu
gebrauchen pflegen. ‒ ‒
.Du ‒ bist nur unbedacht, ‒ doch Jene
wissen”!
.Ein Gleiches sind die Götterbilder!
.Der Fetisch in der Hütte eines Wilden,
wie das hohe Kultbild der Athena. ‒
.Das Bild des Heiligen im hohen Dom,
wie auch das „Gnadenbild” der alten Klo‐
sterkirche. ‒
.Sie alle sind „Träger” konzentrierter
Willenskräfte von gar vielen Menschen,
die durch den Glauben ihren Willen
formten und in das Bildwerk einzusen
ken wußten, ‒ ja auch in arme materielle
Überreste, die in Wahrheit, oder nur ver‐
meint, von einem „heiligen” Menschen stam‐
men. ‒ ‒ ‒
316 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Der Glaube derer, die vor diesen Din‐
gen beten, ist es wieder, der die hier gebun‐
denen Kräfte „löst”. ‒
.Darum kann keiner diese Kräfte lösen,
der nicht an sie glaubt, ‒ denn nur der
Glaube schafft die hohe Spannung dei‐
ner Willensströme, die jene gehäuften, und
im Glauben klar geformten Willenskräfte
zwingt, in deinen Willen einzuströmen und
mit ihm vereint, nach deinem Wunsch zu
wirken. ‒ ‒ ‒
.Wir aber wollen nun dich nicht etwa ver‐
führen, die „Talismane” aller Kulte zu ge‐
brauchen.
.Wir wollen dir nicht etwa nahelegen, daß
du die hohe Kraft der Götter- oder „Gnaden‐
bilder” an dir selbst erproben sollst, ‒ ob‐
wohl du diese Dinge frei erhalten mußt von
deinem Spott, wenn du in Wahrheit das
Gesetz erkennen willst, dem sie Verehrung
danken. ‒
317 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Dieses „Gesetz” allein sollst du erken‐
nen, und was es dir an Möglichkeiten bietet,
sollst du deinem Leben dienstbar machen
lernen. ‒ ‒
.Du bist nicht jederzeit in gleicher
Willenskraft, ‒ doch, wenn du in den Zeiten
deiner Stärke dir Bewahrer deiner Kräfte
schaffst, dann wirst du in der Zeit der
Schwäche wahre „Wunder” an dir selbst
erleben...
.Ein jedes Ding, das du zu gebrauchen
liebst, oder das dich Tag für Tag umgibt
kann dir zum Träger und Verstärker
deiner Willenskräfte werden, und du ver‐
magst es dann, in Stunden, die dich nicht
auf deiner Höhe finden, die Kräfteauszu
lösen” aus dem selbstgeschaffenen Bewahrer,
die du zu solchen Stunden brauchst...
.Vorzüglich aber eignen sich die Dinge
hoher Schönheit als Bewahrer!
318 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Was schon sein eigenes Dasein hoher
Formkraft dankt, wird dir am besten ei
gene geformte Kraft in sich erhalten. ‒ ‒
.Umgib dich mit solchen Dingen, die
du täglich neu in hohen Stunden füllen und
erfüllen magst mit jener Art geformter Wil‐
lenskraft, die dir vonnöten ist in Stunden
deiner Schwäche!
.Trage solche Dinge immer bei dir, wo‐
hin du dich auch begibst! ‒
.Glaube, daß du deine beste Kraft
diesen Dingen übertragen kannst, und
daß du sie wieder von ihnen zurückerlangst,
sobald du sie benötigst!
.Wahrlich, ‒ solcher Glaube ist kein
Überglaube”!
.Du ahnst noch nicht, wie „wirklich
deine Willenskräfte sind, und welche
Macht du in den Händen hast, wenn du den
319 Das Buch vom Lebendigen Gott
Willen durch den Glauben „formen
lerntest! ‒ ‒
.Zerstöre aber deinen Glauben nicht durch
eitle Reflexionen: ‒ wie dergleichen „psy‐
chologisch zu erklären” sei?! ‒ ‒
.Wenn einer dir von „Autosuggestion
hier reden mag, so lass' dich nicht betören!
.Mit solchen Worten ist hier nichts „er‐
klärt”!
.Man setzt da nur ein neues Wort, und
kann die Wirkung, die auf hohen Kräften
ruht, damit gewiß nicht fassen. ‒ ‒
.Natur wirkt ihrer Art gemäß und wartet
nicht, ob du ihr Wirken auch „erklären
kannst! ‒ ‒ ‒
.Wie wir die Dinge sehen, erfährst du in
diesen, meinen Worten.
.Ob wir die Wahrheit reden, kannst du
nur erfahren, wenn du selbst die Probe
unternehmen willst. ‒ ‒ ‒
320 Das Buch vom Lebendigen Gott
DIE MAGIE DES WORTES
.Wisse, o Suchender, daß für ein jedes
Zeitalter andere „magische” Kräfte notwen‐
dig sind, und lasse dich nicht beirren, wenn
du nicht zu jeder Zeit die gleichen, wunder‐
samen Kräftewirkungen gewahrst!
.Die hier zu „ordnen” haben, was zu ord‐
nen ist, lenken den „Strom” jeweils in jene
Kanäle, die das Land dort, wo es am dürr
sten ist, befruchten...
.In diesen Tagen sollst du daher keine
andere „magische” Wirkung erwarten, als
die „Magie” des Wortes. ‒ ‒ ‒
.Das Wort, im „magischen” Sinne aufge‐
faßt, ist aber die höchste der „magischen”
Kräfte...
323 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Es werden Zeiten kommen, da man, ‒
durch die Kraft des Wortes allein, ‒ Dinge
verrichten wird, die an „Wunder” grenzen...
.Ja: ‒ „Wunderwird man im Worte
wirken! ‒ ‒ ‒
.„Wunder”, viel wunderbarer als alles,
was die alten Zeiten „Wunder” nannten!
.Es werden Tage erscheinen, an denen man
Werke durch das Wort zu wirken wissen
wird, zu deren Gestaltung heute noch tausend
Hände und gewaltige Maschinen nötig sind...
.Noch sind die Menschen ferne diesen
kommenden Gezeiten. ‒
.Noch weiß man das Wort nicht zuspre
chen”! ‒ ‒ ‒
.Dennoch regt sich auch in dieser dunklen
Zeit bereits das Wort, denn des Menschen
Bahn ist an der Schwelle eines jener „lichten
Höfe” angelangt, die auch in tiefster Nacht
zuzeiten Hoffnung geben...
324 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Sieh um dich, und wohin du auch blickst,
wirst du die magische Kraft des Wortes in
ihren Vorboten, ‒ in ihren Zerrbildern
sogar, ‒ erblicken!
.Es zeigt sich so dem Menschen, daß das
Wort denn doch noch anderes vermag, als
nur Verständigung von Hirn zu Hirn zu brin‐
gen. ‒
.Wenn du weise bist, dann achtest du
auf solche Zeichen!
.Achte auf das Wort! ‒ ‒ ‒
.Man lehrte dich lange schon das Wort
verachten.
.Nur den Sinn solltest du zu ergründen
suchen.
.So hat man dich daran gewöhnt, vor allem
verstehen” zu wollen, ‒ du aber hast die
kostbarste Gabe des Herzens: ‒ deinen ein‐
zigen „okkulten” geistigen „Sinn”, ‒ das
Fühlenkönnen der Dinge dabei verloren...
325 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wenn du diesen „okkulten” Geistes-Sinn
wiedererlangen möchtest, dann bereite
dich, Worte nicht nur ihrem „Inhalt” nach
zu verstehen, sondern suche Worte, Wort‐
klang und Formung stets zu erfühlen! ‒ ‒
.Siehe, es ist Gesetz, und nicht Willkür,
was Worte zu magischen Kräften werden
läßt, ‒ was höchstemagischeKraft
in die Form des Wortes, in die Elemente
der Worte band, so daß es Worte: ‒ Worte
menschlicher Sprachen, ‒ gibt, die ei
nen Berg ins Wanken bringen könnten,
würde die in ihnen gebundene Kraft be
freit...
.Es gibt Worte, denen dein „Verstehen”
machtlos gegenübertritt, und dennoch
sprichst du sie nicht aus, ohne daß sie „ma‐
gisch”, deine Seele formen, obwohl du sie
keineswegs zu „sprechen” weißt in jener
Weise, in der sie alle ihre Kraft aus sich
befreit sehen würden...
326 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Ich könnte dir wundersame Dinge von
solchen Worten sagen, aber du würdest mir
unmöglich glauben können.
.Gläubig wirst du hier nur durch Er
fahrung werden! ‒
.Bedenke, mein Freund: ‒ Alles im
Kosmos hat seinen Rhythmus und seine
Zahl! ‒ ‒
.Auf Zahl und Rhythmus gründet sich
alle „Magie”! ‒
.Wer diese beiden finden kann, der hat
selbst den „Schlüssel”, der diese Pforte
öffnet...
.Für ihn schreibe ich nicht.
.Es ist aber auch keine Gefahr vorhanden,
daß ein solcher diese Worte zu Gesicht be‐
kommen würde.
.Zu wenige sind es, die den „Schlüssel”
fanden, und diese Wenigen lesen nur ein
327 Das Buch vom Lebendigen Gott
einziges, ewiges Buch, dessen „Worte”:
Leben, dessen „Sätze”: Geschehen sind.
‒ ‒ ‒
.Ich kann dir auch niemals Rhythmus
und Zahl des Kosmos „erklären”.
.Ich will dich nur lehren, des Wortes zu
achten, damit du im Worte finden mögest,
was du zu dieser Zeit vergeblich in anderer
Form zu finden trachten würdest.
.Achte genugsam auf das Wort, und du
wirst in Bälde Wahres von Falschem unter‐
scheiden, soweit es die Dinge des Geistes
betrifft.
.Alle geistige Weisheit schreitet dir ent‐
gegen im Rhythmus der Ewigkeit.
.Alle letzten Dinge tragen kosmische
Zahlen an der Stirnbinde, wenn sie im Ge‐
wande des Wortes erscheinen. ‒ ‒ ‒
.Die da vermeinen, daß der „Sinn” eines
„heiligen” Buches, ‒ eines Buches, das ein
328 Das Buch vom Lebendigen Gott
Wissender” schrieb, ‒ dir schon sein
Letztes, Tiefstes und Un-erhörtestes
enthülle, ‒ ‒ sie irren sehr...
.Mag dir der „Sinn” auch Tiefen des
ewigen Grundes erhellen, ‒ die letzten
Dinge, und ihr verborgenstes Geheimnis
mußt du aus der Art, der Form, dem Klang,
der Geltung der Worte „erfühlen”...
.Glaube nicht, daß es jemals auch nur
einem, der „Rhythmus und Zahl” beherrsch‐
te, gleichgültig war, auf welche Weise er
das Wort zu Worten stellte! ‒ ‒ ‒
.Dichter mögen allein nach Schönheit
streben, ‒ Seher geben den Worten ewigen
Klang! ‒ ‒ ‒
.Der „Seher” ist auch dann noch zu
erkennen, wenn er Dichter ist, und in dem
Dichter kann der „Seher” nicht verborgen
bleiben, ist er hinter Dichtungsworten im
Versteck. ‒ ‒ ‒
329 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wenn du nun Worte erfühlen lernen
willst, dann kann dir jedes Wort deiner
Sprache zum Lehrer werden...
.Suche aber nicht nach „Bedeutung”,
wenn du diesen Weg beschreiten willst!
.„Bedeutung” läßt sich nicht lange ver‐
hüllen, ‒ sie will sich dir zeigen. ‒ ‒
.Höre” in dir die Worte, von denen du
lernen willst!
.Du wirst alsbald sie „hören”, als ob sie
ein Anderer spräche, und das soll dir das
erste Zeichen sein, daß du auf sicherem Wege
bist, ‒ das Sprechen der Worte selbst
in dir vernehmen zu lernen, denn das Wort
hat wahrhaftig die Kraft, sich selbst zu
sprechen...
.Auch das Wort der Ewigkeit „erklärt”
sich selbst, wenn du es „hören” lerntest,
in dir! ‒ ‒ ‒
330 Das Buch vom Lebendigen Gott
.So scharf auch dein Verstand „ver‐
stehen” kann, ‒ du darfst ihn dennoch nie‐
mals in des Wortes Rede mischen. ‒
.Du sollst das Wort der Ewigkeit in dir
lebendig werden lassen, auf daß es so dir
seine letzte Weisheit zeige...
.Doch glaube nicht, ein Spiel zu treiben,
dessen man sich freut am ersten Tage, und
das man dann gelangweilt unterläßt! ‒ ‒
.Soll dir die Lehre wirklich nützen, dann
mußt du jeden Tag beharrlich üben, bis der‐
einst der Tag erscheint, an dem das Wort in
tiefsten Schauern sich selbst in dir erlebt...
.Dann wirst du erst durch die Erfahrung
wissen, was das Wort zu sagen hat! ‒ ‒ ‒
.Dann werden sich dir viele Tore öffnen,
vor denen du jetzt fragend, ohne Einlaß ste‐
hen magst. ‒ ‒
331 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Dann wirst du manches Buch „verstehen”,
das heute dir noch dunkle Rätsel birgt. ‒ ‒
.Ich sage dir nicht zuviel...
.Gehe zielsicher ans Werk!
.Die Zeit ist diesem Werke günstig! ‒ ‒
.Du kannst vieles erlangen, wenn du ohne
zu fragen ein weniges wagen willst. ‒ ‒ ‒
.Doch vergiß nicht: Du treibst kein
müßiges Spiel!
.Nur deine stete Beharrlichkeit wird
dich zum Siege führen! ‒ ‒ ‒
332 Das Buch vom Lebendigen Gott
EIN RUF AUS HIMAVAT
.Es geht eine Sehnsucht durch die Welt,
‒ ein zehrendes Verlangen, ‒ und eine
jede Seele, die nicht gänzlich verhärtet und
des Keimens unfähig geworden ist, fühlt sich
ergriffen.
.In Strömen heißen Menschenblutes ver‐
sank jene müde Skepsis, die ehedem zum
„guten Tone” zu gehören schien.
.Man „darf” wieder an Dinge glauben, die
nicht durch „Experimente” zu erweisen
sind, und wird nicht mehr verlacht, wenn
man zur Einsicht kam, daß Unsichtbares uns
umgibt und auf uns einwirkt, auch wenn
wir es noch nicht enträtselt haben...
.Das „Wunder” will wieder Wirklichkeit
werden, und das Reich des Glaubens weitet
seine Grenzen.
335 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Menschen, die, gleich seelischen Verstei‐
nerungen, regungslos blieben allem Geisti‐
gen gegenüber, wurden unter den dröhnen‐
den Hammerschlägen wutverzerrter Dämo‐
nen zu wahrhaft „Lebendigen”, und die
Masse der träge Schlafenden ist bereits un‐
ruhig geworden. ‒
.Jeder neue Tag darf ihr seelisches Er‐
wachen näher glauben...
.Die Erwachten aber werden Antwort
heischen von denen, die sie so lange im
Schlafe hielten, und sich verächtlich von
jenen „Führern” wenden, die ihren Fragen
frömmelnd „Grenzen” ziehen wollen, weil
ihre eigene Antwortfähigkeit versagt. ‒ ‒
.Die Menschheit ist bereit geworden, end‐
lich sich als Teil der Erde zu erkennen...
.Sie mag nicht mehr von Wolkensitzen
ihrer Götter träumen, und es naht der junge
Tag, an dem sie, ‒ wohl zum erstenmale,
336 Das Buch vom Lebendigen Gott
‒ den Sinn der Worte in sich selbst emp‐
finden wird, die einst ein Gottmensch zu
ihr sprach:
.„Das Reich der Himmel ist nahe herbei
gekommen.” ‒ ‒ ‒
.Denen, die sich des Gesalbten „Diener”
nennen, gefiel es jedoch, eine Mauer auf‐
zurichten, ‒ wie sie meinten: ‒ „zum
Schutze” derer, die nach des hohen Mei‐
sters Wort, das Reich der Himmel in sich
selber tragen...
.Menschen, die niemals das hier so klar
verheißene „Reich” in sich erlangten, warfen
sich auf Grund geglaubter Zaubervollmacht,
die ihren Machtwahn vor dem eigenen Ge‐
wissen sanktionieren mußte, zu Beherrschern
der Seelen ihrer Mitbrüder auf.
.Sie verbauten ihnen das Tor des Himmels,
wie es in ihnen selbst vermauert war, und
schufen alles, was auf Wirkliches zielte, be‐
flissen um, so daß nur Symbole und For
337 Das Buch vom Lebendigen Gott
meln übrigblieben, bei denen sich vom Reich
der Himmel träumen läßt, ‒ denn sie wuß‐
ten gar wohl, daß man ihrer nicht bedürfe,
um das „Reich” zu finden.
.Töricht sind alle, die da hoffen, die Mauer
seelischer Einkerkerung würde doch dereinst
dem Ansturm der Seelen weichen müssen!
.Zu fest ist diese Mauer durch den Mörtel
menschlicher Machtsucht in sich verbunden!
.Zu viele werden auch jederzeit die Mauer
um sich fühlen wollen, als daß sie jemals
ihnen genommen werden dürfte. ‒ ‒
.Zu lange schon an Sklaverei gewohnt,
würden sie untergehen als Freie! ‒
.Wohl werden sich im Laufe der Jahrtau‐
sende die Formeln und Symbole ändern,
die vor der Mauer aufgerichtet sind, damit
sie denen, die von ihr umschlossen wohnen,
nicht als Kerkermauer zu Bewußtsein kom‐
me, ‒ allein, die Mauer selbst wird blei
ben, solange auf der Erde noch die Macht
338 Das Buch vom Lebendigen Gott
begier im Menschen auf die Seelenangst im
Nebenmenschen rechnen kann, ‒ und an
diesem Bollwerk, fest gefügt aus Drohung
und Versprechen, zerschellt ein jeder, der
es vor der Zeit von innen oder außen her
durchbrechen möchte...
.Aber es gibt eine Möglichkeit, ohne
die Mauer zu durchbrechen, ihrem starren
Zwang zu entrinnen...
.Denen, die dem Erwachen nahe sind,
werden Flügel wachsen, und sie werden sich
hoch erheben über den Bannkreis der
Mächte, die sie so gerne in Schlaf und Traum
erhalten hätten...
.Wir sehen die Zeit des Erwachens nahe!
.An uns ist es, den Flug der zur Freiheit
Erhobenen zu lenken, bis er die schnee‐
bedeckten, im Sonnenglanze erstrahlenden
Höhen des „Himavat”, ‒ des „großen Ge‐
birges”, ‒ erreicht. ‒ ‒ ‒
339 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Es ist jedoch viele Hilfe nötig, denn es
wird ein großes Erwachen kommen.
.Wir wollen, daß auch kein einziger
der Erhobenen sich verfliege und endlich
todesmatt in einer Wüste niederfalle...
.Wir selbst aber können nur den großen
Flug des ganzen Zuges der Befreiten len‐
ken, und die uns helfen wollen, sollen die
Verflogenen suchen, damit sie nicht, von
trügerischen Zielen geblendet, die Rich
tung des Fluges dauernd verlieren. ‒ ‒
.An alle, die selbstlos helfen wollen,
ergeht der Ruf!
.Wer uns in seinem Herzen sich ver
pflichten will, die Irrenden zurückzuleiten,
der kann und darf uns Helfer sein.
.Es ist jedoch nur weise, liebereiche
Hilfe nötig, und keiner kann uns als Helfer
dienen, der sich den Irrenden aufdrängt
mit seiner Hilfe. ‒ ‒
340 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Auf rechte Weise helfen, heißt: dem
Irrenden voranzufliegen, so daß er ohne
Überredung, durch sein eigenes Erkennen,
wieder seine rechte Richtung finde! ‒
.Eure Hilfe mag wenig „zu sehen” sein,
‒ aber ein jeder aus euch zahlt eine
Schuld von Äonen her zurück, wenn auch
nur eine Seele durch ihn zum Ziele ge‐
leitet wird. ‒ ‒ ‒
.Ferne aber mögen uns alle bleiben, die
mit Emphase ihre Hilfe anbieten um sich
selbst dadurch in Wert und Rang vermeint‐
lich über andere zu erheben!
.Ferne mögen uns auch alle aufdring
lichen Wichtigtuer bleiben!
.Wer hier Helfer sein will, muß frei sein
von jeder Selbstgefälligkeit!
.Er muß seine Hilfe darbieten wo sie von‐
nöten ist, ohne von seiner Hilfeleistung zu
reden...
341 Das Buch vom Lebendigen Gott
.Wir wollen weder seinen Namen wissen,
noch von seiner Hilfe hören!
.Im Reiche des Geistes allein soll die
hilfreiche Tat gewertet werden, und nur im
Geistigen soll man den Helfer „kennen”!
‒ ‒
342 Das Buch vom Lebendigen Gott
EUCHARISTIE
Einmal wie tausendmal
schenkt sich der Eine,
der ewig Schenkende,
und bleibt doch immer
Sich Selber Besitz. ‒
Er ist nicht teilbar,
der Ewig Eine!
Wenn Er sich schenken will,
schenkt Er sich ganz. ‒
So oft Er auch immer
Sich Selbst verschenken mag,
so oft hat Er restlos
Sich Selber verschenkt
und bleibt doch
Sein eigen;
denn nicht nur einmal
besitzt der Eine,
345 Das Buch vom Lebendigen Gott
der ewig Schenkende,
Sich Selbst. ‒ ‒
Unendlichfach Einer
besitzt Er sich Selber
unendlichfältig. ‒
So wie Er einig ist
stets in sich Selber,
unendlichfältig
und doch stets Einer ‒,
so sind wir „Leuchtenden”
in Seinem „Lichte”
alle vereinigt:
als Vielheit nur Eins.
Großer Schenkender ‒,
des Lichtes Ursprung ‒,
Du selbst das „Licht”!
Du kennst keine „Sünde”
außer der einen:
Deines Willens,
der allzeit schenken will,
nicht achten.
346 Das Buch vom Lebendigen Gott
Du willst nur
offene Hände;
empfangsbereite,
offene Herzen;
Hände,
die freudig nehmen;
Herzen,
die deine Gaben
willig empfangen.
Du gibst dem Einen
und gibst dem Andern
unendlichen Reichtum,
und Keinem mangelt
des Andern Geschenk.
Wer Dich erkannte,
Du Großer Schenkender,
der weiß nichts von Neid.
Mehr als er tragen kann,
hast Du zu schenken,
und niemals endet
Dein ewiger Reichtum. ‒
347 Das Buch vom Lebendigen Gott
Wer nie genug hat
an Deinem Geschenke,
der ist Dir am liebsten ‒;
ihm schenkst Du
Dich selbst.
Du kannst ja schenken,
allen schenken,
und niemals
wirst Du ärmer sein
für Den,
der Dein Geschenk
verlangt. ‒ ‒ ‒
Ewiger!
Großer Schenkender!
348 Das Buch vom Lebendigen Gott
EPILOG
.Vor nunmehr neun Jahren erschien „Das
Buch vom lebendigen Gott” zum ersten‐
male im Druck und hat sich seit dieser Zeit
zahllose Freunde, die dankbare Schüler sei‐
ner Lehren wurden, in aller Welt erworben.
.Hier liegt nun der Neudruck vor, be‐
sorgt nach einer neuen Niederschrift.
.Der Inhalt der ersten Fassung blieb
unverändert.
.Für vieles aber wurde neue Form der
Darstellung gewählt, da sich allmählich zeigte,
daß dieses oder jenes Wort der ersten Fas‐
sung eine Deutung zuließ, die ihm ferne
bleiben muß.
.Anderes erwies sich mit der Zeit als all
zuknapp umrissen, so daß die weitere
Ausführung des Aufgezeigten angebracht
erschien, ‒ und endlich wurde jedes Wort
351 Das Buch vom Lebendigen Gott
erneuter Prüfung unterzogen, um jede
Möglichkeit zu irrigem Verstehen aus
zuschließen.
.Der innere Zusammenklang des Gan‐
zen erheischte ferner eine Änderung der
Reihenfolge der Kapitel, und eine Satz‐
anordnung, die das Wesentliche einpräg
samer für das Auge macht, da ich in allen
meinen Schriften geistig zu dem Leser
spreche”, und daher auf typographische
Behelfe sinnen muß, die ihm den Klang
der Rede innerlich erwecken können. ‒
.Ich danke allen, die mir zeigten, was
noch der Verdeutlichung bedürftig war,
denn ‒ anders wird ein Satz empfunden,
kennt man das, was er besagen will aus
eigener Erfahrung, als wenn das Mitge‐
teilte nacherlebend vorzustellen ist in
einer Seele, der noch die Erfahrung mangelt.
.Die aber glauben, ihren Scharfsinn auf‐
bieten zu müssen, um in meinen Worten
etwa „Widersprüche” zu entdecken, mö‐
352 Das Buch vom Lebendigen Gott
gen lieber bedenken, daß doch auch mir
wohl nicht entgangen sein dürfte, was ihnen
als so gewichtiger Fund erscheint. ‒ ‒
.Heilsamer dürfte es für sie sein, das, was
sie als „Widerspruch” empfinden, für sich
selber aufzulösen, aus der Erwägung her‐
aus, daß ich doch wahrlich meine Gründe
dafür haben mußte, wenn ich zuweilen Worte
stehen ließ, aus denen scheinbar Widerspre‐
chendes sich leichthin konstruieren läßt,
solange man noch nicht erfaßt, was man er‐
fassen sollte...
.Ausdrücklich aber sei nun hier auch aus‐
gesprochen, daß ich die neue Nieder
schrift, die hier gegeben ist, nunmehr der
ersten Fassung dieses Buches übergeord
net sehen will, da diese neue Fassung sich
zur früheren etwa verhält, wie ein in allen
seinen Teilen ausgebauter Dom zu seinem
Rohbau, dem noch die gemalten Fenster und
die Statuen der Altäre fehlten...
353 Das Buch vom Lebendigen Gott
.So wird nun „Das Buch vom leben
digen Gott” in seiner vervollkommneten
Form und neuen Gewandung gewiß auch
allen denen noch Bereicherung zu bieten
haben, die es längst schon in seiner ersten
Fassung kennen.
.Daß hier ein Buch gegeben wird, wie es
die Welt in diesen Tagen wahrlich braucht,
bezeugen heute dankbar viele Tausende,
die durch seinen Inhalt Kraft und Hilfe
fanden...
.Segen, Licht und Gewißheit wird es
Allen bringen, die es ohne Vor-Urteil zu
lesen wissen, und in sich aufzunehmen
willens sind!
.Im Spätherbst 1927.
 Signatur
354 Das Buch vom Lebendigen Gott
ENDE